• Tiberios hatte weder Mitleid mit der ancilla und Straßenkindern wie Nymphis gehabt, noch jetzt mit den kleinen spartiatischen Neugeborenen, denen ein grausames Gesetz das Leben verbot, bevor sie gelebt hatten.
    Menschen waren winzige, kurzlebige Flammen in der Dunkelheit, und wenn die Dunkelheit sie überwältigte, erloschen sie wieder, es war müßig, irgendetwas zu bedauern.


    Nur wenn Tiberios jemanden mochte, kümmerte er sich um dessen Geschick.
    Und Terpander hatte er gerne. Er wollte, dass es ihm gut ging:


    „Ich halte dich nie und nimmer für einen Feigling!“, rief der junge Alexandriner aus, und dann fragte er:
    "Hättest du dein Kind töten sollen, wurde das von der geroisía geboten? Und du hast es getan ...oder..."
    Er senkte die Stimme:
    "...hast du nicht getan, was das Gesetz von dir verlangte?"

  • "Ich war kein Feigling zu diesem Zeitpunkt", sagte Terpander. "Die Entscheidungen der Ältesten stehen außer Frage und ihre Maßstäbe sind undurchsichtig. Es gibt keine Richtlinien, nur die Entscheidungen verbitterter Greise. Die Niedertracht hat viele Gesichter und die meisten sind faltig. Alte Männer, die nichts mehr vom Leben zu erwarten haben, sollten kein Volk regieren. Weder in Sparta noch in Rom. Das Beste wäre, sie mit 60 von der selben Klippe zu stürzen, wenn ihre Wehrpflicht um ist. Aber genau das ist der Zeitpunkt, in der sie in die gerousía eintreten können."


    In diesem Moment fühlte er sich selbst wie ein verbitterter alter Mann.


    "Die Traditionen haben ihren Grund. Aber wenn sie instrumentalisiert werden, werden zu Waffen, die das eigene Volk zugrunde richten. Und an dem Punkt, wo man das eigenen Volk schwächt, sind dem Feind Tür und Tor geöffnet. Was aber, wenn der Feind in den eigenen Reihen sitzt? Wenn man ihn nicht behandeln darf wie einen Gegner auf dem Schlachtfeld? Was soll man dann tun? Ist das noch Sparta? Was hättest du getan?"


    Dumme Frage ... vermutlich hätte Tiberios ein Gedicht geschrieben, um seine Erlebnisse zu verarbeiten. Eine kluge Denkschrift, eine zornige Rede, die nie jemandes Ohr erreichte.

  • "Auch bei uns sind die Ältesten die maßgebende Instanz gewesen, bis junge Männer wie der große Alexander alles über den Haufen geworfen haben.“, erwiderte Tiberios:
    Die neuen treibenden Kräfte waren jung: Alexandros, Antigonos, Seleukos, der Sohn des Ptolemaios, sogar unsere letzte Königin Kleopatra Philopator. Mittlerweile ist selbst das viele Generationen her, und die Betreffenden sind schon längst selbst Götter.


    Doch in Sparta hat die geroisía diese ganze Zeit über die alten Traditionen fortgeführt und wich keinen Fußbreit davon ab? Das meinte ich vorhin mit altertümlich.
    Der Historiker Polybios schrieb in seiner anakyklosis, dass jede Aristokratie, also Herrschaft der Besten durch Habsucht, Überheblichkeit, Ungerechtigkeit und Herrschsucht zu einer Oligarchie, also Herrschaft von Eigennützigen, degeneriert.


    Man muss die alten Männer nicht von der Klippe stürzen, aber nach einer Weile muss man sozusagen an ihnen vorbei stürmen."

    Tiberios lächelte nun etwas traurig und erwiderte:
    „ Was ich getan hätte? Du fragst einen Heloten...“, und er schüttelte den Kopf:
    „Ich hätte wohl nicht mehr getan als einen Brief oder wenn ich all meinen Mut zusammen nehme, einen bösen Spruch mit roter Farbe an irgendeine bedeutsame Mauer geschrieben.
    Doch sag mir, was hast du letztendlich getan?“



    Sim-Off:

    Die Niedertracht hat viele Gesichter und die meisten sind faltig. - den Spruch merke ich mir.

  • Viridomarus staunte nicht schlecht, was Terpander alles von sich preisgab. Dieser kleine wundervolle Grieche Tiberios, dem er alles anvertraute war ein wahrer Zungenlockerer! Ein Mann ganz besonderer Güte. Viri ärgerte sich ein wenig, dass er keinen Knabberkram mit nach oben genommen hatte. Das was er erfuhr, stellte jede Aufführung in den Schatten. Leben, Liebe, Tragik, Geheimnisse, Verrat und dazu ein seltsames Ritual. All das vereint in einem einzigen Akt. Das war schon ein Epos!


    Viridomarus musste sich zügeln, an manchen Stellen kein Ton von sich zu geben. Aber er war ein geübter Lauscher. Zwar hieß es, der Lauscher an der Wand, hörte die eigene Schand - das mochte hin und wieder zutreffen, vielmehr hörte er jedoch Informationen die oft Gold wert waren.


    Ein Kind, ein Vater, eine greisenhafte Männergruppe die über das Schicksal eines Neugeborenen entschieden. Ein Vater der es nicht als Feigling zum Sterben zurückließ. Es gab nur eine zweite Option... die Schlucht!


    Dieser Mann schien mehr Abgründe in sich zu tragen, als eine Horde Christen!
    Beim nächsten Besuch musste er sich geröstete Datteln mitbringen!

  • "Ich finde, dass man sie von einer Klippe stürzen sollte", grollte Terpander. "Mit welchem Recht verurteilen sie Schwäche, während sie selbst jeden Tag schwächer werden? Hätten sie Anstand, würden sie springen, wenn sie schon nicht die Ehre hatten, in der Schlacht zu fallen, wie sich das gehört.


    Einen Spruch hättest du also an die Mauer geschrieben. So. Und was würde er besagen?


    Was ich getan habe, ist leicht gesagt. Ich erfüllte meine Pflicht. Schwach und zierlich, wie mein Sohn war, hätte aus ihm vielleicht ein scriba werden können. Aber unter den Spartiaten gibt es keine scribae, man ist Krieger oder Kadaver. Es sei denn, man schafft es bis zum Tattergreis. Für meinen kleinen Achilléas aber gab es keinen Platz in Sparta und auch nirgendwo sonst auf der Welt."


    Er gab Tiberios´ Hand frei und starrte an die Wand.

  • „IUS SUMMUM SAEPE SUMMA EST MALITIA - Das höchste Recht ist oft die höchste Bosheit, von Terentius , hätte ich in Koiné an die Wand des Gebäudes geschrieben, in dem die gerousía tagt.“, antwortete Tiberios erbost über das grausame Geschick des Älteren:
    "Wenn ein Gesetz Böses gebiert, muss man nicht fragen, ob das Gesetz selbst nicht böse ist? Somit bist du nicht schuldig und doch voller Schuld. Ich ehre deinen Sohn Achilléas, Terpander, mit einen Opfer werde ich ihn ehren.“
    Tiberios senkte seinen Kopf, und seine Augen füllten sich mit Tränen.
    Er hätte so gerne die Macht besessen, Terpander zu trösten.. Doch er kannte keine anderen Tröstungen als Worte oder die Nähe seines Körpers.


    Terpander hatte seinem Sohn einen Namen gegeben und ihn somit als Kind anerkannt und dennoch war er gezwungen gewesen, ihn zu töten. Der Schmerz musste ihn buchstäblich zerrissen haben.

  • "Na, na", sagte Terpander. Er legte seinen Arm um Tiberios, der sich winzig und dürr für ihn anfühlte, und zog ihn an sich. "Reiß dich zusammen. Schwäche tötet, kleiner Tiberios", sagte er und klang dabei freundlicher als sonst. "Im Fall von Achilléas ist die Frage, wer der Schwächling war. Was nützt der Körper eines Löwen, wenn das Herz einer Maus darin schlägt? Ich habe viele Fehler begangen, für die stets andere bezahlen mussten. Das war meine Schwäche.


    Verstehst du nun, dass du Satibarzanes keinen Gefallen tust, wenn du ihn lehrst, dass seine Weichheit belohnt wird durch Aufmerksamkeit und Fürsorge? Seine Schwäche ist nicht nur die seines weichen Körpers. Genau wie bei dir, es ist euer Herz, das zu weich ist. Ich möchte, dass du stark wirst, Tiberios."

  • Viridomarus vor der Tür lauschte angestrengter denn je. Bei dem letzten Satz seines neuen Dieners musste er lautlos schnauben. Weicher Leib und Schwäche? Das er nicht lachte! Jeden seiner weichen Ringe hatte er sich durch harte Geschäfte erarbeitet! Jede Speckfalte zeigte seine Geschäftstüchtigkeit, seine Gerissenheit, sein Händchen für das liebe Geld. Was redete der Mann da nur für einen Unsinn?!? Sein weicher Leib war hart erarbeitet!


    Er sprach doch selbst davon, dass der Leib eines Löwen sinnlos war, wenn darin das Herz einer Maus schlug. Ein schlanker Löwe, war ein unfähiger Jäger. Nur wer erfolgreich war, lebte im Überfluss und diesen sah man dem Löwen wie dem Mann auch an.


    Bevor dieser Grieche anderen Lebenstipps gab, sollte er aufhören das Leben seiner Mitmenschen in der Wüste zu beenden, dachte Viri bissig. Natürlich bezahlten andere für seine Schwäche, wenn sie dabei tot im Sand liegen blieben. Für die Erkenntnis musste man nicht der Hellste sein.


    Nun solange sein neuer Mitarbeiter die Härte gegen seine Konkurrenz einsetzte oder dort, wo es Viri für angebracht hielt, hatte er natürlich nichts dagegen. Aber diesen jungen Mann derart den Kopf zu verdrehen, dass war nicht Recht. Wohin ihn selbst seine scheinbare Härte geführt hatte, wusste niemand besser als Viridomarus - in die Sklaverei, sie hatte Terpander in Ketten geschlagen.


    Wer war denn nun hier der Harte?
    Der mächte Spartaner oder der feiste Thraker?
    Viri kannte die Antwort und grinste von einem Ohr bis zum anderen.

  • Tiberios mochte es, dass Terpander den Arm um ihn legte und schmiegte sich an ihn, dann sagte er:


    „Ach, dominus Satibarzanes- ja, ich denke, dominus Lurco hat in seiner Weisheit beschlossen, dass ich die unwürdige und langweilige Aufgabe der Alphabetisierung übernehmen soll, während du,Terpander, die Aufgabe der weiterführenden Bildung zugesprochen bekommst. Er hält dich ja für einen Athener und solch Kinderkram für einen Lehrer, der die Ehre hatte, einen dominus Scato zu unterrichten, bestimmt unter deiner Würde. Mir macht das nichts – ich besitze nicht sonderlich viel davon, Würde meine ich.“


    Er lächelte nun und berührte mit seinem Zeigefinger leicht streichelnd Terpanders Lippen:
    „Da ich körperlich vermutlich keinesfalls dein Ideal bin, schließe die Augen und stell dir vor, ich sei ein jungfräuliches Mädchen. Auch das würde mich nicht stören. Deine Stärke ist die des Schwertes, lieber Terpander, meine Stärke ist die des Wassers. Du kannst mit dem Schwert Wasser zerteilen, aber danach fließt es zusammen, als sei nichts gewesen. panta rhei, sagt Heraklit, alles fließt.
    Sklaven, die sind wie du, enden am Kreuz oder verrotten im Kerker. Das habe ich keineswegs vor, hier darf ich einmal als der Erfahrenere sprechen, denn du bist seit sieben Jahren unfrei, ich jedoch seit neunzehn:
    Nicht dominus Satis Schwäche wird belohnt, sondern dass er sich wie Wasser verhält. Ein peregriner Lupo und ein Sklave haben da einiges gemeinsam. Doch stimme ich dir zu: Satizarbanes muss lernen, als freier Mann unter freien Männern zu leben. An dem Tag, an dem er mir einen unfreundlichen Befehl erteilt, habe ich mein Ziel erreicht, und ihn sozusagen emanzipiert, ohne dass er es je wissen wird.“


    Tiberios nahm seinen Finger weg und sah Terpander an:
    „Aber Achilléas ist nicht dein einziger Toter, nicht wahr?“, fragte er unvermittelt.

  • "Ein jungfräuliches Mädchen?" Er musterte das Gesicht von Tiberios, seinen schlanken Hals und die schmalen Schultern. Schwer war es nicht, sich das vorzustellen. Es gab Männer, die es genossen, in Frauenkleidern zu wandeln und sich mit einem Mädchennamen anreden zu lassen. Die Vorstellung hatte ihren Reiz. "Wie darf ich dich ansprechen, Hübsche?"


    Er betrachtete Tiberios etwas länger, als ziemlich gewesen wäre, weil er sich vorstellte, wie er so herausgeputzt aussehen mochte. Zwischen dem tragischen Schickal seiner Angehörigen und solchen Gedanken hin und herzuwechseln, war für Terpander kein Problem. Die beiden Dioskuren Castor und Pollux, die von den Spartiaten unter anderem verehrt wurden, standen für die vier Tugenden Athletik, Wagenlenken, Kriegskunst und Vergewaltigung. Leid und Lust waren für Terpander keine Gegensätze, er wusste beides zu verbinden. So sprach er übergangslos weiter.


    "Es warten außerdem noch die Mutter von Achilléas, die unserem Kind in die Tiefe folgte. Und Astérios, mein Erastes, der den Heldentod in der Schlacht fand. Er sollte mir Vorbild sein."

  • Tiberios errötete wirklich wie ein Mädchen, als Terpanders Blick auf ihm ruhte.
    Sanft lächelnd sagte er:
    Nenn mich, wie es dir angenehm klingt, lieber Terpander. Vielleicht Briseis, wie die Geliebte des Achilles oder Eudokia, die Wohlgefällige.“, und er schlang seine Chlamys kokett um seine Locken, als wäre sie eine Stola und legte den Kopf schief.


    Er hatte in seinem Leben genügend Frauen und Mädchen beobachten können, um ihre Gesten zu kennen, und ebenso wenig wie Terpander ein Problem damit, von Eros zu Thanatos und wieder zurück zu springen.


    „Die Mutter von Achilléas wollte demnach nicht, dass ihr Sohn alleine im Hades ist, er war doch noch so klein“, sprach er weiter:
    „Da ich das nun weiß, werde ich für beide opfern, für dein Kind und deine Frau.
    Dein Erastes dagegen wird, da er als Held fiel, in Elysion weilen. Ich möchte dein Herz erleichtern, denn ich glaube, dass dir deine Toten, da ihr irdischer Schmerz nur noch wie ein Echo für ihre Schatten ist, wenn du sie darum bittest, vergeben werden."

  • Terpander zog den verkleideten Tiberios an sich, um ihn festzuhalten. "Danke", sagte er. Etwas anderes, als den Toten zu opfern konnte man nicht tun. Außer man hieß Terpander. Zwar bezahlte er dafür mit einem Fluch, gejagt von unsichtbaren Kreaturen, aber er fand noch immer, vollkommen richtig gehandelt zu haben, während die Götter in ihrer Einfalt ihm Unrecht taten. Gerade war er jedoch zuversichtlich, den Fluch zu lösen, da ihm die Gegenwart von Tiberios gut tat. Mit seinem Beistand und der Hilfe des Magus würde es gut werden.


    "Briseis", wiederholte er den Mädchennamen und küsste ihn ... sie ... auf den von Stoff verborgenen Kopf. "Das klingt schön. Möchtest du mir einen Gefallen tun? Würdest du dich wagen, dich als Mädchen zurechtgemacht zu zeigen? Ich bin sicher, Viridomarus würde aus dir eine bezaubernde Schönheit machen."


    Im Gegensatz zu Satibarzanes, der sich beharrlich weigerte, einen ansprechenden Anblick zu bieten.

  • Tiberios ließ sich von Terpander festhalten und auf den Kopf küssen, dann nickte er, nachdem er einen Moment gezögert hatte.
    Das Zögern entsprang nicht Terpanders Bitte, er war ihm gerne gefällig. Auf gewisse Weise fand er Terpanders Begehren anregend und amüsant.


    Aber er wußte genau ,wie er als Mädchen aussehen würde: grauäugig, mit lockigem Haar, zierlich und hellhäutig. Man hatte ihm immer gesagt, er sei das Ebenbild seiner Mutter Caenis, und eine junge Caenis würde ihm aus dem Spiegel entgegenblicken.
    Tiberios wußte nicht genau, ob er eine Caenis sehen wollte.


    "Briseis finde ich auch sehr schön. Viridomarus darf mich gerne wie ein Mädchen zurecht machen. Die domini werden wohl nichts dagegen haben.“, sagte er leise.

  • "Wenn deine domini etwas dagegen haben, darfst du dich dabei nicht erwischen lassen", antwortete Terpander schmunzelnd. Sich unangemessen zu kleiden war nichts, womit man humorlosen Herren schadete. "Meine domini scheinen gegangen zu sein, ich höre nichts mehr. Dann werde ich Satibarzanes mal lehren, wie man die Ordnung nach dem Essen wieder herstellt. Du kennst unseren nächtlichen Treffpunkt noch? Ich erwarte dich dort ... Briseis."


    Er hoffte, Tiberios würde ihm diese kleine Freude gönnen, des Nächtens vor dem Stadtor im Kleid aufzukreuzen. Terpander erhob sich und half dem anderen Sklaven fürsorglich auf die Füße. Eine Frau durfte umkümmert werden. Wenn Terpander es sich recht überlegte, passte ein Kleid viel besser zu dem schwächlichen Scriba, als wenn er versuchte, sich als Mann auszugeben, der er nicht war. Terpander starrte Briseis noch immer fantasierend an, während er langsam die Klinke drückte.

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    SKLAVE - SISENNA IUNIUS SCATO

    Einmal editiert, zuletzt von Terpander ()

  • „Ich meinte eigentlich deine Hausherren.“, sagte Tiberios. Er horchte auf:
    „Oh, die domini Scato und Lurco sind schon gegangen? Ich wollte mich bei Ihnen noch für Ihre Gastfreundschaft bedanken. Ich werde Ihnen einen Dankesbrief schreiben, und bitte dich, ihnen in meinem Namen ...“ Tiberios, dachte Tiberios, bitte nicht Briseis:
    „...Schöne Grüße auszurichten. In der Tat ist es spät geworden, und ich muss nach Hause.“
    Er ließ sich von Terpander auf die Füße helfen, doch wirklich sicher war er sich nicht, was er lieber mochte, die neuerwachte Fürsorglichkeit des älteren Griechens oder sein raues Verhalten von früher.
    „In wie vielen Tagen von heute ab am Treffpunkt?


    Aber um was ihn Terpander dann bat, erschien ihm bedrohlicher als wenn er sich im Schutz der Casa Leonis weiblich gekleidet hätte: Nachts in der Via Appia vor den Toren der Stadt, wo es Gekreuzigte, Banditen und bestimmt noch furchtbarere Wesen gab, in einem Frauengewand als zartes Mädchen zu erscheinen.


    Tiberios dachte resigniert, dass er damit richtig gelegen hatte, Terpander bei den Ruinen des Ganymeds als nekydaimon zu bezeichnen: Der Spartiate war eindeutig aus der Unterwelt gekommen, um ihn heimzusuchen.

  • Gerade als es richtig spannend wurde, wurde die Klinke gedrückt! Viri verschwand nicht schnell die Treppe herunter, da dies zu auffällig gewesen wäre, sondern er verdrückte sich nach hinten und suchte sich dort eines der leeren Zimmer um mit den Schatten zu verschmelzen.


    Den Termin und den genauen Treffpunkt hatte er nicht mehr erlauschen können. Sei es drum. Viri wusste sich zu helfen. Er würde einige seiner Sklaven abstellen, die Nachts bei den Gekreuzten Wache hielten. Ein alter Spartaner und ein zartes Mädchen würden dort auffallen wie zwei bunte Hunde. Zur Not würde er sich sogar selbst die Nacht um die Ohren schlagen.


    Gemütlich wartete Viridomarus lautlos ab. Sollte ihn widererwartend jemand entdecken, schaute er sich gerade das Haus an.

  • "Morgen Nacht, Süße."


    Terpander lächelte sogar, ehe er sich abwandte, um durch die Tür zu treten. Er hielt sie für Briseis auf und geleitete sie dann galant die Treppe hinab. Seiner Meinung nach musste das dazu beitragen, dass Tiberios erkannte, dass es ihm besser ging, wenn er sich für Terpander als Frau aufspielte. Die Gründe, dieses Verhalten zu belohnen, lagen im egoistischen Bereich. Unten angelangt stellte Terpander fest, dass niemand mehr zu sehen war. Augenscheinlich hatte auch Viridomarus die Casa Leonis bereits verlassen.


    "Satibarzanes", rief Terpander und wies streng auf den Tisch, auf dem noch immer Geschirr und Essensreste standen.

  • Tiberios lächelte kurz und trat durch die Tür, die ihm Terpander aufhielt. Dann ging er von dem Maiordomus geleitet die Treppe hinab und dachte daran, wie beispielsweise Anippe die Treppe hinuntergegangen wäre, mit schwingenden Hüften, den schwarzen Lockenkopf stolz erhoben.


    Tiberios war ja mit drei fast gleichaltrigen Sklavenmädchen zusammen aufgewachsen: Den Griechinnen Timothea und Daphne und der Aegypterin Anippe. Sie waren fast immer heiter und vergnügt gewesen, und in den Winternächten, die in Alexandria kühl sein konnten, hatten sie aneinander geschmiegt geschlafen, wo sie Platz fanden.


    Und dennoch, gerade jetzt an Caenis oder das muntere Mädchentrio zu denken, das rief in ihm gemischte Gefühle wach.
    Er hatte so lange nicht mehr an sie gedacht – und nun dachte er, seit er sich selbst den Namen Briseis gegeben hatte, ununterbrochen an sie.



    „Bis Morgen, Terpander“, sagte Tiberios und rief noch einmal nach hinten:„Gute Nacht, dominus Sati!“


    Dann fiel ihm ein, wie er Terpanders Strenge besänftigen konnte, und er legte seine Hand leicht auf die Brust. des älteren Griechen. Die Chlamys hatte er immer noch halb über den Kopf gezogen:


    „Bitte plage dominus Sati nicht so arg, er war schon den ganzen Abend so fleißig.", bat er:
    „Gute Nacht, mein Lieber.“

  • Terpander stutzte. Das Spielchen hatte Briseis schon gut drauf. Das bestätigte ihn in seiner Meinung, dass Tiberios in Weiberklamotten gehörte. Das stand ihm gut zu Gesicht. So legte Terpander seine Hand auf das Herz und deutete eine Verneigung an.


    "Ich werde dominus Satibarzanes nicht überfordern, nur unterweisen, meine Holde. Und jetzt hinfort mit dir, bevor ich es mir anders überlege und schlechte Laune bekomme!"


    Er führte Briseis zur Porta, die er ihr aufhielt, nicht mehr ganz so galant wie die andere Tür. Zwar war er gewillt, Tiberios als Frau zu behandeln, doch Terpander gedachte nicht, sich von einem Weibsstück an der Nase herumführen zu lassen. Dafür sah er zu gut aus, um sich das gefallen lassen zu müssen.

  • Tiberios stand vor der Tür und zuckte die Schultern, bevor er sich umdrehte. Dass er gehen wollte, war keine Lüge, und Terpander wollte ihn auch offensichtlich loswerden.
    „Na, dass du schlechte Laune bekommst, möchte Briseis selbstverständlich vermeiden.“, murmelte Tiberios.


    Sein ehemaliger kyrios war weder geizig noch ungefällig gegenüber Gästen gewesen, die den jungen Scriba bemerkten, und einige Male war auch ein besonderer Wunsch dabei, aber er hatte nie selbst noch etwas bezahlen müssen.
    Terpander schien jedoch ganz selbstverständlich zu erwarten, dass Tiberios das Geld für ein Kleid und Schminke von seinem peculium nahm.
    Trotzdem konnte er Terpander nicht wirklich böse sein, etwas an dem Älteren rührte und faszinierte ihn zugleich.


    Tiberios fiel ein, dass er noch einige Vorbereitungen treffen musste bis morgen, angenehme und unangenehme.
    Und das der morgige Tag sein Geburtstag war. Das wußte niemand außer ihm selbst, denn die meisten Sklaven kannten ihren Geburtstag nicht, und selbstverständlich würde er keinerlei Aufmerksamkeit erfahren. Nur seine ersten sieben Lebensjahre war das anders gewesen.
    Der Fußmarsch zur Casa Furia würde dem furischen Sklaven gut tun und seinen Kopf wieder freimachen. Dabei konnte er zwei Briefe im Kopf formulieren, von denen es einer in sich hatte.



    >> Casa Furia - Sklavenunterkunft

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