Meine Mutter war eine Sklavin. Genauso wie ihre Mutter zuvor auch. So wurde auch ich als Sklavin geboren. Ihr Leben war nicht leicht gewesen. Ihr Dominus hatte ihr oft nachgestellt und sie gezwungen, bei ihm zu liegen. Schließlich war sie schwanger geworden und hatte mich in einer mondlosen Nacht zur Welt gebracht. Sie hatte mir den Namen Lilith gegeben. Lilith, die geflügelte Nachtdämonin. Die erste Frau Adams, die sich nicht unterwerfen lassen wollte. Große Hoffnungen hatten in diesem Namen gelegen. Die Hoffnung, ich könne wie Lilith eines Tages, frei sein und davonfliegen.
Meine Mutter starb, noch bevor ich fünf Jahre alt war. All ihre Hoffnungen, die sie in mich gesetzt hatte, hatten sich nicht erfüllt. Das erste, was die Domina nach dem Tod meiner Mutter tat, war mich einem Sklavenhändler mitzugeben, der mich dann in einer fremden Stadt einem älteren Ehepaar verkaufte. Die neue Domina war für mich ein Glücksfall gewesen. Stets war sie gut zu mir gewesen, fast wie eine Großmutter zu ihrem Enkel. Sie hatte dafür gesorgt, dass ich schreiben und lesen gelernt habe und sie lehrte mich, was Recht und Unrecht ist. Wenn ich krank war, saß sie an meinem Bett und hat mich gepflegt. Sie erzählte mir Geschichten von einem Mann aus Iudäa und als ich ein paar Jahre älter war, nahm sie mich mit, zu ihren Geschwistern, wie sie sagte.
Als die Domina plötzlich starb, da verließ auch mein Dominus der Wille zum Leben. Er wurde schwer krank und starb dann auch bald. Der Dominus hatte mir immer versprochen, der Tag seines Todes sei mein erster Tag in Freiheit. Es kam jedoch ganz anders.
All die Jahre hatte sich der Sohn meines Dominus nicht blicken lassen. Erst als es darum ging, zu erben, war er sehr schnell zur Stelle gewesen. Das Haus seiner Eltern und alles was darinnen war, verkaufte er. Auch die Sklaven. Selbst die, die nach dem Wunsch ihres Dominus in die Freiheit entlassen werden sollten.
Von neuem gelangte ich in den Besitz eines Sklavenhändlers. Ich war siebzehn und schrecklich traurig, denn ich hatte ein weiteres Mal meine Familia verloren …