• Eine parkähnliche ummauerte Anlage die jenen der neureichen Familien nicht nachstand.

    Jahreszeitlich blühende Sträucher und Bäume, Blumenbeete, gepflasterte Wege, Wasserspiele

    und Lauben laden zum spazieren und verweilen ein.

  • Der junge Ajax führte Antonia Phoebe in jene Laube die vom Cubicullum des Dominus am Besten einzusehen war. Sie war alt aber wunderschön und gepflegt. Feine Marmorsessel mit dicken Kissen und bereitliegenden Decken standen mit Blick auf einen kleinen Teich und einem Wasserspiel. Die Laube war überdacht und zu den Seiten hin offen.

    Ajax bat Antonia Platz zu nehmen und entfernte sich schüchtern und mit hochrotem Kopf, erschrocken über die Gedanken und Bilder die seiner Vorstellung entsprangen.

  • Phoebe folgte dem Jungen in den Hortus. Sie sah sich kurz und es gefiel ihr hier auf Anhieb. Warum auch nicht? Es war gepflegt und üppig, und vermutlich der richtige Ort, wenn man ein paar Schriften studieren wollte. Zumindest, wenn es nach ihr ginge. Sie nickte dem Jungen zu und setzte sich in die angebotetene Laube. Nur kurz wunderte sie sich über die Gesichtsfarbe des Jungen, war dann aber selbst zu nervös um sich mehr Gedanken als nötig darüber zu machen. Es war ihr ja eh rech egal, was dieser dachte. Stattdessen schaute sie einem Wasserspiel zu und trippelte mit den Fingern auf der Lederrolle herum.

  • Lepidus verließ sein Cubicullum über die Terrasse und ging gemessenen Schrittes auf die Laube zu. Er warf einen Blick über die Schulter und grinste sich diebisch freuend Antigonos zu der ihm von Weitem mit der Bürste drohte. Bald trat er der Laube näher und führte vor Überwältigung beide Hände zum Mund. Bei den Göttern,...du bist deiner Mutter aus dem Gesicht geschnitten...wie lange ist das jetzt her? er vermied die üblichen Floskeln von Groß geworden, denn hier stand kein Kind vor ihm.

    Er rang seine Versuchung nieder ihr über den Schopf zu streicheln, wie er es weiland getan hatte wenn sie bei ihm und ihrem Vater für Unruhe zwischen den Schriftrollen suchte.

    Lächelnd meinte er, während er sich hinsetzte und sie bat das gleiche zu tun. Ich habe noch die Abschrift des Arrianus zusammen mit deinen Blumenmalereien und der Sonne die dem Ikarus gerade die Wachsflügel versengt. Er musste lächeln, er hatte dieses seltene Exemplar seinerzeit sehr günstig von ihrem Vater erstanden.

  • Als sich jemand ihrer Warteposition näherte, erhob sich die junge Frau. Die Amphore ließ sie liegen, ebenso die Lederrolle. Sie strich sich aufgeregt ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht und zurecht, was vermutlich völlig sinnlos und unnötig war, aber es war eben etwas, was ihr das Gefühl gab, vorbereitet zu sein und sie irgendetwas machen ließ.

    Dass dies völlig zu unrecht geschah, ebenso wie die Nervosität, zeigte die Reaktion des Mannes vor ihr. Immerhin ging es hier ja auch weder um eine Prüfung oder Ähnliches, noch war es eine unangenehme Begegnung, im Gegenteil.

    Rasch zeigte sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht und auch sie musste sich zurückhalten, den Mann nicht zu umarmen, denn eben, sie war kein Kind mehr. "Lepidus! Es müssen zehn Jahre oder mehr sein! Gut siehst du aus!" log sie, ein wenig unüberlegt, denn das war schlicht nicht nötig. Sofort fühlte sie sich schlecht dabei. Tatsächlich war der Mann alt geworden, älter als es die Zeit vermuten ließe, und sie war sich nicht sicher, ob sie ihn auf der Straße erkannt hätte.

    Sie folgte seiner Aufforderung und schmunzelte. "Oh, ich erinnere mich. Ich wollte einfach zeigen, wie sehr mich deine Geschichten begeisterten. Ich hoffe, ich habe nicht allzuviel verunstaltet." Für ein paar Momente blickte sie ihr schweigend aus der Nähe an. Ja, es war lange her.

    "Wie geht es dir?" War dann die naheliegende Frage. "Ich werde vermutlich eine ganze Zeit in Rom sein. Es tut mir leid, dass ich dich so überrasche."

  • Lepidus winkte ab. Er bemerkte die Bestürzung in ihrem Gesicht,...er wußte, daß er im Moment ziemlich desolat aussah. In seinem Alter steckte man eine Reise nach und von Germania hierher nicht mehr so ohne weiteres weg.

    Nein, nein...sie stellt im Gegenteil eine schöne Anekdote dar... er nahm eine der Decken und legte sie sich über die Beine. Lächelnd sah er sie an. Oh, mir geht es im Moment nicht wirklich schlecht,...das jahreszeitlich bedingte Dilemma ...aber genug von mir. Du hast eine Unterkunft in Roma? fragte er ernsthaft besorgt. Es wäre mir eine Freude dir hier bei mir ein nettes Cubicullum zu geben. Ajax kam mit gewärmten Würzwein. Lepidus nickte. Da steckte doch garantiert wieder Antigonos hinter.

    Er nahm sich einen Becher und sog den würzigen Duft ein. Leicht nickend meinte er, ...erzähl mir von deinen Eltern,...wie geht es ihnen? Zuprostend hob er den Becher.

  • Nun, es war meistens nicht sehr ratsam, offensichtliche Dinge zu leugnen, sich selbst zu belügen und dies auch von anderen zu erwarten. Phoebe wusste dabei durchaus, wie das war, und Lepidus natürlich ebenfalls. Die Dinge lagen, wie sie lagen, und man musste damit umgehen. Da half es wenig, das Thema totzuschweigen oder jedes Mal vor den Kopf gestoßen zu sein.

    "Dann ist ja gut," kommentierte sie seine Einschätzung seines Zustandes, und meinte damit vor allem seine anscheinend positive Einstellung dazu. Diese sollte man sich nicht nehmen lassen.

    Auch sie nahm einen Becher des Weines, dann prostete sie ihm zu und nippte daran. Wohltuend. "Ich habe eine Unterkunft in der Casa Antonia. Allerdings... du hast es hier auch sehr nett. Wohnst du allein hier?" Womit sie andeutete, dass sie sein Angebot mehr als verlockend fand. Mit den Antoniern hier verband sie immerhin nur sehr wenig.

    "Meine Eltern... Vater geht es wie immer. Die Geschäfte laufen gut!" Im Gegensatz zu der politischen Bedeutungslosigkeit der Familie lief der Handel, auf den man sich stattdessen konzentrierte, wirklich hervorragend. "Er lässt eine Statue von sich anfertigen, deswegen bin ich hier." Sie grinste und rollte ein wenig mit den Augen. "Oh, und Mutter... nun, ihr geht es auch gut. Sie ... erfreut sich an ihren Enkeln," meinte sie dann, und schaute dabei ein wenig zur Seite. Das Thema war keines, welches sie gerne ausbreitete. Schon gar nicht, dass ihr jüngerer Bruder Scaurus bereits Kinder hatte.

  • Lepidus lauschte den Ausführungen, nippte an seinem Würzwein. Lächelnd entgegnete er, Nein, nein, das währe dann doch wirklich sehr dekadent oder grenzenlos verschwenderisch...Die Villa ist ein Refugium der Aemilier, sie,...naja,...sie bietet allen Aemiliern Obdach, Rückzugsort, Heimstatt und ein Stück heile Welt , weißt du?

    Er machte mit seiner rechten Hand dabei eine hinweisende Bewegung. Alleine der Hortus lud schon zum bleiben und verweilen ein. Gelegentlich haben wir auch Gäste, illustre Gäste auf die du im Leben nicht kommen würdest, aber auch Bekannte aus den Provinzen des Imperiums. Wenn du willst, kannst du gerne auch hierlogieren,...wenn du damit niemanden vor den Kopf stößt.

    Dann hob er kurz den Zeigefinger ...aber es gibt Regeln, junge Frau. rezitierte er Antigonos, dem er gerne die Ausführung über dieses, größtenteils von ihm entworfene Regelwerk überließ.

    Es freute ihn, daß es den Eltern gut ging und sah verwundert auf, als sie von Enkelkindern erzählte. Soweit er es noch zusammenbekam hatten die beiden zwei Kinder, Phoebe und einen Jungen, Scato oder Scarus. Wobei der Junge der jüngere der Geschwister war. Wäre es sehr indiskret zu fragen ob die Enkelkinder deinem Leib oder den Lenden deines Bruders entspringen?

    Natürlich war es indiskret, aber so war er nun einmal. er ging den Dingen gerne auf den Grund.

    Er bemerkte ihre Befangenheit und erhob sich langsam. Komm, begleite mich ein Stück, ich soll nicht so lange sitzen, Bewegung tut mir gut. Er warf sich die Decke über die Schultern, bot ihr seinen Unterarm zum einhaken an und sie machten sich auf den Hortus zu durchwandern, dessen verschlungene Wegen eine Länge von fast 2 Meilen vorbrachte.

  • Ganz offensichtlich wohnte er ja zumindest mit Dienern und Sklaven hier. Andere Bewohner hatte sie noch nicht bemerkt, und dennoch war die Frage vielleicht ein wenig dumm, denn bei der Casa Antonia war es ja ebenso. Sie nickte dennoch. "Ja, natürlich, dumm von mir," wobei sie den Kopf schüttelte, verärgert über sich selbst. "Also, die Unterkunft dort ist ein wenig einsam...Und ich denke nicht, dass man mich vermissen würde." Sie schmunzelte. "Welche Regeln sind es denn?" Und meinte er etwa, ausgerechnet sie könne diese brechen? Und wenn ja, woher wusste er das? Sie war nie ein Unschuldslamm gewesen, aber in letzten Jahren doch deutlich braver geworden. "Ich weiß mich durchaus zu beherrschen."

    Als er dann die Enkelkinder wieder ansprach, verschwand die gute Laune wieder aus dem Gesicht, was ihr Gegenüber wohl bemerkte. Er rettete die Situation durchaus gekonnt, indem er die Rahmenbedingungen veränderte und es so ein wenig leichter für sie machte, auch wenn er ihr vielleicht nur etwas mehr Zeit gab. "Natürlich, gerne," gab sie zurück, erhob sich ebenfalls und legte ihren Arm in den seinen. Früher war sie kleiner gewesen, aber irgendwie fühlte es sich immer noch an wie damals. Gut, sehr gut sogar. Und vor allem vertraut.


    Man ging ein Stück, bis Phoebe endlich zu sprechen begann. "Scaurus hat zwei Kinder. Söhne." Auch das noch, das Glück war perfekt. "Sie sind sein ganzer Stolz, und du kannst dir denken, wie glücklich meine Eltern waren und sind." Ihre Tante war da ein wenig kühler, auch wenn sie versuchte, es den Kindern nicht anmerken zu lassen. Sie konnten ja nichts dafür. Wieder eine Pause, die sie brauchte um sich zu sammeln. "Vor allem, nachdem Lenaeus und ich ihnen diesen Wunsch nicht erfüllen konnten." Sie starrte dabei äußerst konzentriert ein Blumenbeet an. "Bis wir uns dann endlich haben geschieden haben." Da war es raus. Und das war gut so, das merkte sie sofort. Es brachte ja nichts, offensichtliches geheim halten zu wollen.

  • Lepidus genoß den Spaziergang mit der jungen Phoebe. Er genoß den gepflegten Hortus. Nun wenn du möchtest kannst du dich gerne hier einquartieren, wir haben sicher noch einen Platz für dich. Auf die Regeln angesprochen zuckte er nur die Schultern. Oh, ich denke da wird Antigonos, jener alte Griesgram von vorhin dich explizit instruieren. Er tätschelte ihr beruhigend die Hand auf seinem Arm. Ich denke es geht in Richtung Ruhe, nur angemeldete Besucher, keine Feiern, Beteiligung am Haushalt...da ist wohl in der Vergangenheit einiges schief gelaufen, weiland hatte mein Vater Antigonos mit einem Regelwerk betraut, in welchem die jungen Wilden, darunter auch ich...er schmunzelte ein wenig in der Erinnerung an die Zeiten bevor er zu den Stoikern stieß.

    ...zumindest hier im Haus Anstand und Würde wahren sollten...seither gibt es diese Regeln und ich halte sie ein.

    Er wies auf einen Bereich des Gartens in welchem Beete und eine geschnittene Buschanlage in Form des Familienwappens, des Einhorns den Mittelpunkt des Hortus markierten.

    Lepidus lauschte wieder dem Bericht über die Familienverhältnisse und schüttelte nur seinen Kopf.

    Naja, weißt du,...wer immer glücklich sein will, der muss bereit sein sich stetig zu ändern. Er lächelte sie warm an. Du bist noch jung und wenn es dir nicht gegeben ist Kinder zu gebären so hast du eine andere Aufgabe in dieser Welt. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Genieße dein Leben, irgendwo wartet der Mann der dir die Sterne vom Himmel holt. Und wenn es Iuno so will, dann werden die Dinge ihren Lauf nehmen. Dann nahmen sie ihren Gang wieder auf, stets mit einigen Schritten, außerhalb der Hörweite, gefolgt von Ajax der mit Argusaugen beobachtete ob Lepidus wieder stürzte, was in letzter Zeit häufiger vorkam.




  • "Griesgram? Auf mich wirkte er ganz nett." Aber gut, der erste Eindruck täuschte ja auch mal. Die Regeln indes waren keine Überraschung, sie hatte nichts anderes erwartet. Dies hier war ja keine Insula und man sollte seine Mitbewohner respektieren. Ebenso die Leute, die sich darum kümmerten, dass hier alles so gepflegt aussah. Man tat für seine Familie eben so einiges, auch das verstand sie mit seinem Wink gen Familienwappen.


    Sie erwiderte sein Tätscheln ihrer eingehakten Hand, indem sie ihre andere Hand auf die seine legte. So ein wenig Nähe war manchmal das einzige, was man brauchte, und oft wichtiger als jedes Wort, auch wenn das einem Mann wie ihm sicher nicht so recht passte. Zumindest nicht auf Dauer.

    Dennoch: Er hatte ja Recht. "Ja, ich weiß. Es geht weiter. Immer weiter. Daran kann man gar nichts ändern, auch wenn man es gerne wollte." Kurzes zögern, dann etwas leiser: "Vielleicht lag es ja auch gar nicht an mir." Einen Moment lang sagte sie nichts, dann schaute sie im Gehen einmal zu ihm herüber, lächelte ebenso warm. Er war immer noch ein so kluger Mann! Spontan kam sie ein wenig näher und legte den Kopf auf seine Schulter, eine vielleicht seltsam vertraute Geste, doch ihr war gerade danach. "Ich kann mir dich als jungen Wilden zum Beispiel kaum vorstellen. Warst du damals auch schon so schlau?" Womit sie das angeschnittene Thema erst einmal beenden wollte und zurück zu etwas seichteren Wassern navigierte. "Da fällt mir ein: Ich habe dir etwas mitgebracht! Es liegt noch in der Laube."

  • Lepidus wußte um die Leidenschaft die auch noch in seinem hohen Alter in Antigonos´ Lenden brannte. Nun, das war wohl auch seine Absicht, dir diesen Eindruck zu vermitteln, er ist ein Schlawiner mußt du wissen. Er selbst hingegen hatte sämtlichen amourösen Ambitionen entsagt. Nach dem Tode seiner geliebten Frau Iulia hatte er keine andere mehr angesehen, wenngleich auffällig viele in den ersten Monaten ihre Aufwartung machten. Doch er zog stattdessen in den Krieg, kam schwer verletzt zurück und rang monatelang mit sich selbst wieder aus dem Bett zu kommen. Einzig die Liebe zu seiner verstorbenen Frau die ihm zwei Söhne geschenkt hatte zwang ihn um deretwillen wieder auf die Füße.

    Oh,...meine Liebe man mitnichten nichts ändern! Diese Haltung kommt einer Resignation gleich. Du kannst vielleicht wenig am Fluß der Ereignisse ändern, aber du kannst dich so positionieren, daß du nicht weggerissen wirst, dich irgendwo verhedderst oder unkontrolliert auf Stromschnellen zurast. Die Analogie mit dem Fluss war ihm lieb, denn er sah im Leben einen Fluss der stetig seinem Ziel folgte bis er am Ende in das große Ganze überging. Er war ein wenig unschlüssig über die Nähe die sie zu ihm aufbaute, waren das seine Worte, war es der erbarmungswürdige Zustand? ...oder ...Nein, ...sicher nicht. Sie kam aus guten Hause und brauchte keine Almosen oder ähnliches. Vermutlich hatte er ihr nur einen Weg gewiesen, unbewußt...Sie riss ihn aus seinen trüben Gedanken und er mußte lachen. Oh, ...weißt du, ich bin ja nicht alt geboren,...ich habe das Leben in vollen Zügen genossen, zu nahezu allem Ja gesagt...und das ist einer der Gründe warum ich heute die Dinge eben anders betrachte...das hat nichts mit Schlauheit zu tun! Wäre ich früher schlau gewesen, wären mir viele unangenehme Erlebnisse erspart geblieben,...aber ich hätte auch beileibe nicht soviel Spaß gehabt! Sein Gesicht leuchtete auf als er die Freunde aus vergangenen Tagen Revue passieren ließ. Nur wenige waren ihm geblieben, die meisten waren inzwischen kränker als er selbst oder bereits im Elysium. Es gab nur eine Handvoll die das Leben bisher gemeistert hatten.

    Ihre Runde durch den Hortus näherte sich dem Ende und als sie ihm ein Mitbringsel offerierte tauchte die Laube bereits wieder auf.

    Das ist lieb von dir,...da bin ich aber mal gespannt! Er hatte erfahren, daß die meisten Menschen sich Gedanken machten wenn sie etwas schenkten, dies mit der Floskel "Das wäre doch nicht nötig gewesen" zu entwerten lag ihm nicht. Er ahnte bereits, was es ein könnte, denn sie stand im Grunde in einem Zusammenhang mit seiner Passion. Er freute sich und konnte es kaum abwarten die Laube zu erreichen.

  • "Ach, mit Schlawinern kann ich umgehen, keine Sorge," grinste sie. Dabei amüsierte sie sich weniger darüber, dass der Diener anscheinend immer noch jungen Frauen nachstarrte, sondern vielmehr, dass die beiden älteren Herren sich sicherlich einander brauchten, auch wenn das hier gar nicht danach klang. Vermutlich gab es regelmäßig ein paar Frotzeleien, aber ohne das Gegenstück würde jedem sicher auch etwas fehlen. Ein wenig wie ein altes Ehepaar eben. Phoebe fand dies allerdings recht sympathisch. Man musste sich nicht immer nur Honig ums Maul schmieren.


    Der Grund, weswegen sie sich an ihn lehnte war keinesfalls Mitleid oder gar die Hoffnung, dass sie damit etwas erreichen könnte, was auch immer das sein sollte. Nein, es war einfach Ausdruck einer gewissen Verbundenheit und Dankbarkeit, die sie spürte, und wenn es nur so war, weil er nicht über sie urteilte oder sie zurechtwieß, weil sie noch nicht wieder verheiratet war. Stattdessen hörte er zu, verstand ihr Problem und machte ihr sogar Mut. Das tat einfach gut und es fiel ihr ein Stein vom Herzen. Denn er hatte ja Recht, sie war wirklich noch jung und noch lange war nicht aller Tage Abend.

    Auch sein Ratschlag war praxisnah. Dinge geschahen, eben einfach so, aber es lag an einem selbst, was man daraus machte, ganz richtig.

    Die Segel richtig setzen, die Karten auf der Hand richtig ausspielen, seine Ziele den Umständen anpassen. Dies alles sagte letztlich das Gleiche aus, und alle Analogien stimmten gleichermaßen: Es war nicht immer alles so, wie man sich das wünschte, aber man war selbst seines Glückes Schmied und musste das Beste daraus machen. Und genau das hatte Phoebe ja auch vor. "Tja weißt du, deshalb bin ich ja nach Rom gekommen. Ich brauchte eine Veränderung. Vater hat mich da zum Glück unterstützt." Und das rechnete sie ihm hoch an. Sie war nichtmal sicher, ob ihm überhaupt irgendetwas an der Statue lag oder ob das nur ein Vorwand für sie war.


    "Ich hätte dich gerne auch früher gekannt. Wäre gerne mal mit dir um die Häuser gezogen." Sie schaute ihn einen Moment nachdenklich an, dann wandte sich die Aufmerksamkeit aber ihrem Geschenk in der Laube zu. Die Zeit verging, und manches kam eben nie wieder. Auch hier musste man eben das Beste daraus machen statt solchen Dingen nachzuhängen, es führte ja zu nichts.

    An der Laube löste sie sich von ihm - durchaus darauf achtend, dass sie ihn nicht aus dem Gleichgewicht brachte - und trat zu ihren Mitbringseln. Zunächst hob sie die handliche Amphore "Ein wenig Falerner. Ich glaube, du hast mir mal davon erzählt." Nicht, dass er ihn sich nicht selbst leisten könnte, aber wie so oft zählte die Geste allein.

    Nicht so bei ihrem anderen Geschenk. Ein wenig nervös, da sie sich damit wirklich bemüht hatte, hielt sie ihm die Lederrolle entgegen. "Es ist eine Abschrift von Krattipos von Pergamon. Es war gar nicht so leicht, so etwas zu finden." Sie nestelte ein wenig nervös mit der freien Hand am Stoff ihrer Tunica. Phoebe hatte extra bei einem Schriftgelehrten angefragt, der ihr dieses Dokument besorgt hatte und dafür eine Menge Münzen bezahlt. Dabei konnte sie unmöglich sagen, ob es sich wirklich um das handelte, was sie sagte oder eine Fälschung war. Auf jeden Fall berichtet auf der Notiz angeblich besagter Krattipos von einem Traum, in dem er eine verflossene Liebe wiedergetroffen hatte und diese Liebe erneuert hatte. Wie genau, beschreibt er nicht, sondern deutet höchstens an. Am Morgen verspürte er dann eine große Sehnsucht nach der Frau, die er schon ewig nicht mehr gesehen hatte.

  • Lepidus bedachte Phoebes Einlassungen größtenteils mit einem wissenden Lächeln. Aus ihr sprach die Jugend und das Ungestüm derselben. Er nahm den Falernen dankend entgegen und reichte ihn an Ajax weiter, der inzwischen zu ihnen gestoßen war.

    In die Bibliothek mein Junge,...in den Ständer neben der Sitzgruppe, den der dort ist gibst du in die Cusina,...Sophia soll ihn unter euch verteilen. Ajax nickte befliessen und verschwand in Richtung Villa, nur um von Antigonos abgefangen zu werden. Enttäuscht und mit leeren Händen kam Ajax wieder zur Laube und hielt sich fortan im Hintergrund.

    Mit einem ungläubigen Blick nahm er die Rolle entgegen und hielt sie an seine Brust gedrückt. Sollte es ein Original sein, war es unbezahlbar, sollte es die Abschrift eines Schüler sein, am besten vor seiner Zeit als bestellter Lehrer in Athen. Angeblich solles Ciceros Sohn und gar Brutus, den Caesarenmörder unterrichtet haben.

    Ich vermag kaum in Worte zu fassen was mir dein Geschenk bedeutet. Ich werde es in einem angemessenem Rahmen und in Ruhe studieren. Die Laube war mit Sicherheit nicht dazu geeignet. Er sah sie freundlich an und bemerkte eine Bewegung hinter ihr. Sein Neffe näherte sich. Listig dachte er sich, daß dieser sich nun Phoebe annehmen könnte damit er selbst sich in Ruhe der Rolle widmen konnte. Er wartete bis Bassus in Blickweite kam und winkte ihn zu sich.

    Phoebe, dies ist mein Neffe Marcus Aemilius Bassus, er wird in Bälde nach Germania aufbrechen um als Subpraefectus Alae unter der Fuchtel seines Vaters Nepos.Er lächelte diesmal ein wenig frivol. Bassus dies ist Antonia Phoebe, eine alte Freundin von mir aus Pergamon,...sie wird für eine Weile hier bei uns wohnen, selbstverständlich möglichst weit weg von deiner Räuberhöhle,...sei so gut und kümmere dich ein wenig um sie, ich,...mir ist nicht wohl, ich sollte ins Haus gehen.

    Er nickte Phoebe zu und wandte sich mit einem Augenzwinkern an Bassus. Sie ist wirklich eine alte Freundin, Bassus,...sie liegt mir am Herzen. Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen als er die beiden jungen Leute verließ und mit Ajax, dessen Hilfe er künstlich erbost ablehnte auf die Villa zustrebte.

  • Bassus war ein wenig genervt. Die Eskorte war immer noch nicht da. Er streifte mit seiner Lederrüstung voll bewaffnet durch den Garten um sie geschmeidig zu machen als er in der Laube seinen Onkel mit der wohl schönsten Frau stehen sah, die er je gesehen hatte. Bevor er sich versah winkte ihn sein Onkel heran und stellte die Erscheinung als eine alte Freundin vor,...ja klar...alt. Er kam sich plötzlich mit seiner Rüstung ein wenig fehl am Platze vor. Als sein Onkel mit seinem sibyllinischen Andeutungen verschwand stand er wie ein Ochs vorm Berg.

    Also tat er das was er in solch einer Situation immer tat, er lächelte sein Herzensbrecherlächeln und sagte,...Hallo,...

  • Phoebe war sehr gespannt, wie ihre Geschenke ankommen würden. Der Wein, nun, das war eine reine Höflichkeit welche in der Tat vermutlich 'nicht nötig gewesen' wäre. Doch die (vermeintlich echte) Abschrift war natürlich das, womit sie Lepidus eigentlich eine Freude machen wollte.

    Daher bekam sie auch kaum mit, wie der Junge davon lief und bald darauf wiederkehrte, viel zu spannend war die Reaktion des Gastgebers. Und offensichtlich hatte sie sich nicht getäuscht, der alte (ältere) Mann war beeindruckt, das war nicht zu übersehen.

    Sie selbst konnte das nicht komplett nachvollziehen, aber natürlich verstand sie durchaus, dass es sich um die Weisheiten eines weisen und geschichtlich bedeutenden Mannes handelte. Und dass diese eben etwas wert waren, gerade wenn man man sich so sehr mit diesen Dingen beschäftigte, wie Lepidus das tat. Er war dafür ja auch eigens nach Pergamon gereist und hatte ihr jugendliches Ich ertragen. Wenn man dies wusste und sah, war es nur noch erstaunlicher, dass er sie damals nicht in die Ägäis geworfen hatte, als sie einfach etwas auf seine kostbaren Schriftstücke gemalt hatte. Sie selbst hätte es an seiner Stelle zweifellos getan.

    "Es freut mich sehr, dass es dir gefällt. Und ich hoffe, dass es deinen Erwartungen entspricht."


    Phoebe war erleichtert und zufrieden mit sich selbst, ahnte aber nicht, was der Andere schon plante und ausführte. Als er jemandem winkte wandte sie sich herum und musterte den Neuankömmling fragend, dann, nach den erklärenden Worten, nochmals deutlich kritischer. Es war relativ eindeutig, was hier geschah. Der andere Mann sollte ihr Gesellschaft leisten, damit Lepidus sich zurückziehen konnte. Soweit war das kein Problem, immerhin war sie ja unangekündigt hier angekommen, aber die Andeutungen des Alten waren dann doch ein wenig zu zweideutig. Nun, nichts, womit sie nicht umgehen konnte.

    "Es ist wirklich schön, hier zu sein. Bis später," mit diesen Worten verabschiedete sie den Hausherren und wandte sich dann dem jüngeren Mann zu.


    Mit einem Mal war Lepidus fort und man stand sich allein im Garten gegenüber. Beide Seiten ein wenig ratlos, doch nur, weil man jemanden Neues kennen lernte, musste dies ja nichts schlechtes sein. So zumindest Phoebes Philosophie. Und nun, der Mann in der schneidigen, neuen Uniform war doch ein Anblick! "Chaire, Bassus. Steht ein Angriff bevor?" scherzte sie also schmunzelnd und erhob sich, da er ja auch stand, während ihr Blick aus den blauen Augen auf ihm ruhte.

  • Bassus sah sie ein wenig irritiert an ob ihrer Begrüßung. Dann verstand er und hob lächelnd die Hände. Ach, die Rüstung,...oh...nein! Die ist neu und noch ziemlich steif im Leder, daher muss ich sie eintragen um sie etwas geschmeidiger zu machen...du wirst es nicht glauben, aber ich schlafe darauf!

    Das war eine Information die ihr ganz gewiss den Schlaf rauben wird! tönte eine Stimme in seinem Kopf. Verlegen sah er sich um und grinste dann wieder ein wenig. Netter alter Schuppen hier was?...ich äh,...ich hörte du ziehst hier ein?...ich meine...du äh,...wohnst für eine Weile hier?

    Das wäre schön, unter anderen Umständen. dachte er bei sich. Was es wohl mit der "alten" Freundin auf sich hatte? Onkel Lepidus war eigentlich was das körperliche anging eher ein Kostverächter. Daher wollte das Bild, was sich ihm aufdrängte so gar nicht passen und je tiefer er in ihren Augen versank störte ihn auch dieser Gedanke.

  • Die junge Frau sah ihn verdutzt an. Meinte er das wirklich ernst? "Ist das denn nötig?" Erneut musterte sie ihn, etwas genauer diesmal. Da waren harte Kanten, Schnallen, solche Dinge. Das konnte es doch nicht wert sein? Es nötigte ihre allerdings auch ein wenig Respekt ab, wenn dem wirklich so war. "Was man so alles auf sich nimmt, um unsere Grenzen zu schützen..." sinnierte sie vor sich hin und bekam seine Verlegenheit daher gar nicht so recht mit.

    Stattdessen lenkte Bassus das Gespräch wieder auf Angenehmeres und sie lächelte. "Ein wunderschönes Domus. Es ... steht noch nicht ganz fest. Aber vielleicht wohnen wir bald unter dem selben Dach. Zumindest für eine Weile," schränkte sie ein.

    "Stimmt etwas nicht?" fragte sie ihn dann besorgt, als er sie für ein paar etwas zu lange Momente fast schon anstarrte. Vielleicht schnürte ihm die Rüstung die Luft ab?

  • Lepidus stand mit der Rolle unter dem Arm und lugte zwischen einem Spalt des Vorhangs nach draußen zur Laube. Es ärgerte ihn, daß seine Weitsicht immer verwaschener wurde. Er nahm zwei Gestalten wahr, die sich gegenüber standen. Mit einem resigniertem Seufzer ließ er den Vorhang zufallen und machte sich auf zur Bibliothek. Seine Gedanken kreisten dabei um die Rolle, seinen Neffen und ob sie tatsächlich noch ein Cubicullum für Phoebe frei hatten. Er hatte sich da einfach einmal aus dem Fenster gelehnt.

  • Bassus zuckte mit den Schultern, es war nötig. Auf ihre Feststellung hin entgegnete er Ich werde nicht mehr allzu lange hier in der Villa sein. Ich habe eine Einberufung nach Germania. Wieder ein verlegenes Schulterzucken.

    Du wirst also nur mit Onkel Lepidus und wenn es hart auf hart kommt mit seinem Sohn meinem Cousain Nero...sollte er mal wieder hier auftauchen. Sein Gesicht wurde ernst als er fortfuhr. Aber wenn du eine solch alte Freundin bist, dann wirst du ja über ihn Bescheid wissen.

    Ein schwarzes Schaf gab es in jeder Familie. Doch Nero überstrapazierte einfach jeden hier im Haus. Er mochte ihn und seine hinterhältige Freundlichkeit nicht. Nero war der Typ der kleine Kätzchen in den Kamin warf nur um sich an ihrem Geschrei zu erfreuen. Bassus wurde einmal Zeuge eines solchen Vorgangs und hat ihm in die grinsende Fresse geschlagen, seitdem waren sie wie Feuer und Wasser. Niemand mochte ihn, noch nicht einmal seine Schwester Aemilia, eine Heilige, die in jedem etwas Gutes sah, außer in Nero. Marcus, der älteste Sohn des Lepidus war meist unterwegs in alle Herren Länder um Märkte zu erschließen und seinem Vater seltene Schriften mit zu bringen.

    Marcus ist ein guter Typ. Bodenständig, vielleicht ein wenig zu ernst. Ach,...kennst du eigentlich seinen Sohn Marcus? Er muss doch auch mal mit in Pergamon gewesen sein.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!