Der Sonne goldener Schein
Es gab einmal eine Zeit in meinem Leben, in der ich nur glücklich war. Ich war der Stern meines Vaters, meine Mutter lehrte mich all ihre Künste und mein älterer Bruder liebte mich. Es mangelte uns an nichts - ob nun materiell oder immateriell.
Ich erinnere mich an das Lachen meiner Mutter. Sie sang wunderschön und wenn ich meine Augen schließe, dann kann ich sie heute noch in meinem Geist hören. Ihr Haar duftete immer nach Gladiolen, ihren Lieblingsblumen. Sie war oft streng mit mir, da ich kein Interesse und keine Begabung für Hausarbeiten als Kind hatte. Nur widerwillig lernte ich Spinnen und Weben, hatten wir doch mehr als genug Vermögen um Kleidung und Stoffe zu kaufen wie ich oft trotzig erwiderte. Selbst heute noch verabscheue ich das Spinnen und Weben, auch wenn ich gerne nähe und sticke.
Oft stahl ich mich davon und steckte meine Nase in Schriftrollen, Sprachen erlernte ich sehr leicht. Manchmal war ich ein wenig neidisch auf Pius, der so viele spannende Dinge lernen konnte und ich musste stundenlang am Webstuhl stehen oder Wolle spinnen bis mir die Finger bluteten. Aber oft genug belohnte mich Mutter mit einem Lied oder einer Geschichte während wir im Sonnenschein draußen saßen nach der getanen Arbeit zwischen den duftenden Blumen im hortus.
Pius leistete oft uns dabei oft Gesellschaft und selbst Vater stand oft am Rande des Gartens und lauschte der warmen Stimme seiner Frau. Ich lag im Gras und schaute den Wolken beim Vorbeiziehen zu und Pius setzte sich zu Mutter auf die alte Steinbank, seinen Kopf an ihre Schulter gelehnt. Lepidus stand lässig an eine Säule gelehnt mit verschränkten Armen am Rande des Gartens, wollte den Moment nicht stören. Alles war in das goldene Licht des Spätnachmittags getaucht, alles war perfekt. Hätte dieser Tag doch niemals geendet, wäre diesem Tag doch niemals eine Nacht gefolgt.