Seit er seinen fähigsten Ermittler unter Arrest gestellt hatte, zog sich Menecrates jeden Abend in diesen Raum zurück. Es handelte sich um einen geschichtsträchtigen Raum. Zur Zeit der Kriegswirren zogen sich sein Enkel und die aus Germanien entsandten claudischen Sklaven zur Beratung zurück, wie der claudische Besitz und vor allem unersetzliche Dokumente sichergestellt werden konnten, denn der Hausherr, Menecrates, hatte sich mit seiner Legio Secunda dem Kriegszug gegen den Usurpator Salinator angeschlossen.
In diesen Wänden tagte auch die Ermittlungskommission nach dem Sklavenaufstand wieder und wieder.
Vor allem aber hatte er sich hier mit Tiberius Verus getroffen, um geheime Gespräche zu führen. Das Band zwischen beiden Männern - einer Consul, der andere Gardeoffizier - wurde Tag um Tag stärker. Freundschaft entstand und das Vertrauen wuchs. Am Ende nahm Menecrates den verdienten Gardeoffizier als Klient auf, um ihn zu fördern, zu schützen und zu stützen, denn er spürte, dass der für ihn wichtige Mann strauchelte und wollte nicht, dass er letztendlich stürzte. Menecrates kannte das Fallseil: Es handelte sich um das angewendete Kriegsrecht - willkürlich ausgelegt vom damals wie heute amtierenden Praefectus Praetorio Caius Heius Vibulanus. Doch nicht nur ein Fallseil kam zur Anwendung. Ein Fallbeil aus Intrigen und Repressalien fiel und es kostete den Kopf des verdienten Mannes.
Der Verlust schmerzte Menecrates noch heute und dieser Tage riss die Wunde nochmals auf. Wieder gab es einen jungen Offizier, wieder war er über die Maßen engagiert und wieder stand die Anwendung des Kriegsrechts bei der Bewertung von Handlungen zur Debatte. Anders als damals hatte hier Menecrates die Fäden in der Hand, aber er war innerlich zerrissen. Je nachdem wie er das Kriegrecht auslegte, einer der beiden Männer verlor. Wendete er das Kriegsrecht analog wie der Preafectus Praetorio damals bei Tiberius an, verlor der aufstrebende Offizier Purgitius. Folgte Menecrates nicht dem Beispiel des Praefectus Praetorio, schrie das Unrecht - verübt an Tiberius - unerträglich laut.
Menecrates seufzte tief, ließ sich auf einen Stuhl fallen, stützte den Arm auf den Tisch und legte die Stirn in die Hand.