Vorstellungsgespräch

  • Eila war ein wenig nervös. Sie hatte sich entschlossen den Winter über in der Taberna zu arbeiten nachdem sie vom Besitzerwechsel gehört hatte. Auf einer Bank neben der großen Theke wartete sie auf den neuen Inhaber. Sie hatte ihn schon einmal von weitem gesehen,...ein großer Mann mit wettergegerbter Haut und schlohweißem Haar. Er wirkte ernst und bestimmt.

    Sie faltete ihre Hände ineinander und warf einen Blick in den morgendlich spärlich gefüllten Schankraum. Es waren hauptsächlich Logiergäste, Kaufleute auf der Durchreise. Irgendwann im Frühjahr würde sie einen bitten sie mit nach Süden zu nehmen.

    Da stand plötzlich jemand vor ihr und sah sie unbestimmt an.

  • SBonifacius betrachtete die zierliche Frau und taxierte ihre Körperhaltung aus der Ferne. Er fragte sich ob dieses Mäuschen mehr als einen Humpen Met oder eine Bratenplatte tragen konnte. Sie wirkte klein und zierlich. Sie entsprach so garnicht dem Beuteschema des gemeinen Tabernenbesuchers.

    Mit argem Zweifel machte er sich auf zu der Bank auf der sie saß und stellte sich vor sie.

    Salve, ich bin Bonifacius, der Wirt,...du hast Interesse hier zu arbeiten?

    S war eine durchaus hübsche junge Frau, die Tochter die er nie hatte. Nicht einen Moment betrachtete er sie als potentielle Bettgefährtin. Er war fast 50 und seine Libido wenig ausgeprägt. Seine Sturm und Drangzeit lag weit hinter ihm und vielleicht gab es in dem einen oder anderen Hafen sogar einen Bastard von ihm.

    Da durchfuhr es ihn wie ein Schlag. War sie eine von ihnen?

    Nun, dann erzähl´mal,...hast du schon mal serviert? Was hast du bisher gemacht und wo kommst du her?

    Besser die Verhältnisse zu klären bevor es Unstimmigkeiten gab.

  • Eila dachte kurz über das nach was sie schon alles im Laufe ihres kurzen Lebens getan hatte und schüttelte mit dem Kopf.

    Nein, im Kontor meines Vaters habe ich mich mit Buchführung und Lagerhaltung beschäftigt. Ich kann kochen, nähen,...reden und...zuhören.

    Sie zuckte mit den Schultern. Vor allem kann ich arbeiten, die Servierarbeit bedarf doch keines Magisters,...oder?

    Wenn sie sich die Serviererinnen so ansah, so waren es durchweg junge bis mittelalte Frauen, manche offenherzig, manche eben nicht. Sie zählte zu letzteren. Sie brauchte Geld für ihre Reise und ihre Bleibe für den Winter. Im Frühjahr würde sie nach Constantia zu ihrem Onkel reisen.

    Sie hob den Kopf und sah den Wirt ohne Scheu an. Sie hatte keine Angst oder hegte irgendwelche Befürchtungen es könne ihr etwas geschehen.

  • Bonifacius staunte nicht schlecht. Natürlich war sie nicht auf den Mund gefallen, doch irgendwie schien es bei ihr mehr Hand und Fuß zu haben als bei anderen Weibern. Er rieb sich das Kinn, gerade so als würde er nachdenken, obwohl er sich schon längst entschieden hatte.

    Nun, ich werde es mit dir Versuchen. Ich zahle dir zwei Denare am Tag. Du arbeitest entweder Früh- oder Abendschicht. Das Trinkgeld kannst du behalten, es werden meinerseits keine weiteren Dienstleistungen gefordert. Es war nicht unüblich, daß sich die Schankmägde etwas hinzuverdienten indem sie schnelle Liebesdienste anboten. Mancher Wirt nutzte dies indem er ein Auge zudrückte und eine Provision einstrich. Bonifacius war nicht so, er duldete keinen sexuellen Kontakt zwischen Gästen und dem Personal. Mochte sein, daß es anderswo so üblich war, hier jedoch nicht. Deshalb hatte er für besonders hartnäckige Freier einen stiernackigen ehemaligen Gladiator eingestellt, der sich sonst in der Küche aushalf.

  • Eila legte den Kopf auf die Seite und fixierte den Wirt.

    ...nur Abendschicht und Kost frei, ich muss morgens bei meiner Vermieterin für das Logis arbeiten. Sie half der alten Frau bei ihren Näharbeiten. Sie tat das gerne weil die arme Brunhild sie damals quasi von der Strasse aufgenommen hatte. Es würde ihr das Herz brechen, wenn sie vollends aus ihrem Leben verschwinden würde. Die zusätzliche Arbeit sollte ihre Reisekasse auffüllen. Denn sie wollte unbedingt im Frühjahr nah Süden aufbrechen.

    Sie sah den Wirt entschlossen an und hielt zum Vertragsabschluß die Hand hin.

  • Bonifacius musste ein Grinsen unterdrücken. Er bedauerte in diesem Moment zu alt für diese Frau zu sein. Sie hatte wahrlich ein Talent zum Handeln, sah gut aus und wußte sich zu verkaufen. Hier in der Provinz mochte das gut gehen, in Roma mochte man solche Frauen eher weniger.

    ...na schön,...nur Abenddienst. Sie konnte auch hier wohnen, er dachte sich aber, daß es Gründe für ihr Beharren gab. Die Kost war immer frei, jeder konnte sich etwas in den Mund stopfen, es gab genug, das war nicht das Problem. Er hielt es aber für angebracht ihren Wunsch und dessen Erfüllung als etwas besonderes anzudeuten, dem er nachgab um sie zu gewinnen.

    ...und Kost frei, abgemacht,...du kannst heute anfangen.

    Ein Handschlag besiegelte ihren Vertrag nach alter Väter Sitte, wenngleich es eher unter Männern üblich war.

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