Langsam bohrte die Sonne ihre Strahlen in den morgendlichen Himmel. Wir trotteten fast im Gänsemarsch zu dem Kern der Ortschaft. Noch kein Mensch war unterwegs, doch das störte die Matrosen nicht, sie klopften einen Händler heraus gaben ihm die Einkaufsliste und warteten bis dieser alles herbeischaffen würde. „Ihr beide geht schon mal die Gasse entlang, an ihrem Ende wendet ihr euch nach rechts, geht weiter den Hügel hinauf, bis ihr ob versteckt hinter einer Obstwiese einen Bauernhof seht, er ist bekannt für sein gutes Obst und seine wohlgenährten Hühner. Da wartet ihr auf mich“. Der die Anweisung gegeben hatte, war der, der mich auf dem Schiff gestoßen hatte. „Ist gut“, maulte ich, sah Chari an und winkte mit dem Kopf. Das war die Gelegenheit endlich einmal unbeobachtet mit einander zu reden.
KRETA - und was nun?
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Charislaus nickte gehorsam auf den Befehl des Matrosen hin und schritt brav in die Richtung die ihnen aufgetragen worden war. Die Gasse entlang, am Ende rechts, Hügel rauf, Obstwiese eines Bauern. Dort sollten sie warten. Linos hatte den Befehl ebenfalls bestätigt und in die passende Richtung genickt. Charislaus lief so, dass er mit Linos auf gleicher Höhe war und schwieg einen Moment. Still lief er neben ihm her und wartete, während sie den vorgegebenen Weg folgten.
Es dauerte nicht lange, dann waren sie außer Hörweite der Matrosen. Chari wartete noch einen Moment, ehe er zu Linos schaute.
"Los!", flüsterte Chari, packte Linos am Handgelenk und rannte los, was seine verletzten Beine hergaben.
Dies war ihre einzige Chance zur Flucht. Nur weg, erst einmal mussten sie so viel Abstand wie möglich zwischen sich und dem Kahn aus dem Abgrund bringen. Plato hatte gut geschauspielert, der Mann hatte ein Herz aus Gold. Charislaus wusste, dass er ihnen die Chance geschenkt hatte von dem Schiff zu kommen und so ihren Häschern zu entfliehen. Er wollte den Mann nicht enttäuschen. Denn er wusste, sonst würde Plato auffliegen und die Schurken würden ihren Groll an dem guten Mann auslassen!
Chari rannte und zerrte Linos dabei hinter sich her. Weiter nur weiter, irgendwo mussten sie einen Unterschlupf finden.
"Halt die Augen nach einem Versteck auf!", japste Chari und zerrte Linos weiter.
Sie mussten sich verstecken und in Sicherheit bringen. Diese eine Chance mussten sie nutzen und sie mussten bestehen.
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Meine Gedanken überschlugen sich fast. Alles prasselte auf mich ein. Noch während ich sie sortierte, folgte ich Charislaus wie ein Kind. Natürlich mussten wir weg, uns verstecken, wir waren ja in größter Lebensgefahr. Ich konnte es nicht fassen, alle ließen uns unbeobachtet ziehen? Das hatte doch einen Grund. Für mich gab es einiges zu klären. Wo waren wir? Wie sollte ich meinen Auftrag erfüllen. Wo konnten wir uns verstecken? Aber vor allem, auch wenn es noch so erfreulich für uns war, warum ließ der Tiberier uns laufen? Scheute er sich doch uns zu ermorden?
Zum Glück mussten wir nicht gegen den, vor dem Feuer flüchtenden, Menschenstrom laufen. Die wollten zum Meer, wir aber suchten unseren Weg abseits. Fast auf dem Hügel angekommen, kam uns ein alter Mann entgegen der einen Esel, dem links und rechts ein Korb voller Äpfel umgeschnallt war, an einem Seil mit sich führte. Als er uns entdeckte, wurde er langsamer, ich spürte regelrecht sein Misstrauen. „Salve, wir haben uns verirrt, wo befinden wir uns?“ Zweifel standen in dem Wetter gebräunten Gesicht. Er antwortete mir in einer Sprache die ich nur zu gut kannte, in dem griechischen Dialekt meiner Heimatinsel. „Wir sind auf Kreta?“ Fast schon jubilierend kam meine Frage. „Wo? Wie heißt die Stadt da unten?“ Nachdenklich murmelte ich „Lappa? Lappa sagt mir nichts. Aber egal, sag kannst du uns helfen? Wir brauchen ein Versteck?“ Meine Fragen kamen etwas holprig, aber ich konnte sie noch, die Muttersprache. Aufmerksam hörte ich zu und nickte, lachte und klopfte Leonides, so war sein Name, freundschaftlich auf den Rücken.
Jetzt übernahm ich die Führung. „Hörzu Chari, der Mann, Leonides ist sein Name, hilft uns, weil ich ein Creter bin. Wir sollen zu dem kleinen Bauernhof dort oben gehen und Sofia, seiner Frau sagen, er hätte uns geschickt, wenn Fremde kämen, solle sie uns verstecken.“ Nachdenklich schaute ich den Weg runter.
„Ich glaube nicht, dass sie uns suchen, sie hauen ab, bringen sich in Sicherheit und lassen uns hier.“
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Chari war verblüfft und erleichtert zugleich. Sie fanden noch einen guten Menschen, der ihnen helfen wollte. Linos sprach mit ihm und einen Augenblick später schon durfte Charislaus erleichtert aufatmen. Sie sollten zu einem kleinen Bauernhof laufen und der Frau des Bauern sagen, dass Leonides sie geschickt hätte. Fremden sollten sie aus dem Weg gehen. Dass musste ihnen der Mann nicht zweimal sagen, nachdem was sie erlebt hatten.
"Danke Leonides", flüsterte Charislaus, wohlwissend das der Mann ihn nicht mehr hören konnte. Doch die guten Worte sollten den freundlichen Herrn begleiten, der sie so selbstlos unter seine Fittiche genommen hatte.
"Das hast Du sehr gut gemacht Linos. Das war erstklassig. Wir müssen uns beeilen und uns von Fremden fernhalten. Wir dürfen unserem Retter keinen Ärger machen. Plato hat sein Leben für uns riskiert, Leonides ebenso. Er weiß nicht, welche Mordsgesellen auf dem Schiff lauerten. Auch wenn es ablegt, weiß ich nicht ob wir sicher sind. Ich habe immer noch Angst, dass sie kommen und uns das Schlimmste antun.
Lass uns zu dem Bauernhof gehen Linos. Wir warten dort einige Tage und dann brechen wir auf, um nach Hause zu kommen zu unseren Herren. Wir werden vorsichtig sein und es wird bestimmt etwas dauern, aber wir werden es schaffen Linos", sagte Charislaus fest und überzeugend, er wollte Linos und sich selbst Mut machen.
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Leonides war am Abend zurückgekehrt und hatte uns mitgeteilt, die Impetus wäre ausgelaufen. Selten in meinem Leben habe ich geflucht, doch nach dieser Nachricht konnte ich mich nicht zurückhalten. „Hatte ich es mir doch gedacht, wir alleine sollten fortgehen, was für ein Blödsinn. Plötzlich hatte er so viel Vertrauen, dass er uns alleine losziehen lies. Ich hoffe nur er lässt Plato und seine Leute leben. Trotzdem sollten wir noch warten und die Lage erst sondieren. Wer weiß vielleicht kehrt er zurück? Bei ihm muss man doch auf alles gefasst sein.“
Sofia und Leonides taten ihr bestes damit es uns so gut wie eben möglich ging. Leonides ging auch mehrmals zum Hafen runter um nachzusehen ob die Impetus zurückgekehrt war. Wir beobachteten so gut wir es konnten von dem Hügel aus das Städtchen. Nur noch hier und da kräuselte sich noch eine dünne Rauchfahne zum Himmel. Die Menschen waren zurück zu ihren Häuser um nach zu schauen was noch zu retten war, mit den Aufräumarbeiten und wieder Aufbau zu beginnen.
Niemand Fremdes näherte sich Leonides Grundstück. Alles war ruhig geblieben. Chari und ich halfen dem Ehepaar und gemeinsam aßen wir mit ihnen.
Nach ein paar Tagen schauten Chari und ich uns den Sonnenuntergang an. „Schön ist es hier oder? Trotzdem, ich glaube wir beide haben Heimweh nach Rom oder sogar nach unseren Herren. Was denkst du? Sollen wir wir uns morgen zum Hafen aufmachen und schauen wann wir das nächste Schiff ausläuft und uns mitnehmen kann?“ Erwartungsvoll schaute ich meinen Freund an.
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Charislaus hörte Linos zu und zuckte mit den Schultern. Er wusste nichts über den Meuchler, er kannte den Mann nicht.
"Woher weißt Du so viel über diesen Mann? Wer ist er überhaupt? Und was hat er mir Dir oder Deinem Herrn zu tun? Wir können nur Plato danken, dass er uns die Flucht ermöglicht hat Linos. Leider können wir ihm genauso wenig helfen, wie dem Mann am Hafen der ermordet wurde. Ich hoffe nicht, dass dieser Mörder zurückkommt. Was er dann mit uns vorhat ist doch klar, er wird uns ebenfalls beseitigen. Wir wissen was er getan hat, wir haben es mit eigenen Augen gesehen. Solche Männer hinterlassen bestimmt keine Zeugen. Das wir entkommen sind verdanken wir Plato. Wir dürfen nicht versagen, weder für uns noch für ihn. Sonst war all seine Hilfe umsonst Linos", antwortete Charislaus hilflos.
"Meinst Du der Meuchler kehrt zurück? Dann müssen wir uns einen anderen Weg nach Hause suchen. Die Gefahr ist sonst zu groß, dass er doch zurückkehrt, uns aufgreift und uns genauso etwas antut wie dem Mann im Hafen.
Ja schön ist es hier. Sehr schön sogar und die Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft von Leonides ist erstaunlich und bemerkenswert. Doch lange dürfen wir hier nicht bleiben, falls Dein Verdacht richtig ist, wäre dieser gute Mann ebenfalls in Gefahr, weil er uns geholfen hat. Männer wie der Meuchler kennen keine Gnade. Wir könnten versuchen den Hafen zu beobachten, ob wir den Meuchler sehen. Falls nicht fragen wir bei einigen Schiffen ob sie uns mitnehmen würden. Sollte das nicht gehen, haben wir dann die Möglichkeit auf dem Landweg zurück nach Hause zu kommen?", fragte Charislaus hoffnungsvoll.
Leider hatte er überhaupt keine Ahnung, wie sie sonst zurück nach Hause kommen sollten. Er hatte vorher noch nie eine Reise unternommen.
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Erstaunt schaute ich meinen Freund an. „Ich weiß doch nicht viel von ihm.“ Das stimmte auch, ich hatte mich vor der Abreise und noch auf dem Weg von der Impetus zur Stadt, nicht nur auf eine tagelange eher wochen-, wenn nicht gar monatelange Suche gefasst gemacht. „Es war nur sehr wenig was ich von meinem Herrn erfahren habe. Das wichtigste war für ihn, der Tiberier war ein wertvoller Mensch, einer dem er vertraute. Und glaub mir, dieses genügt mir. Ich erfuhr seinen Namen, dass er Prätorianer ist, dass die reale Möglichkeit besteht er wäre im Auftrag des Kaisers unterwegs. Bei dieser Aussage kam ich zu dem Ergebnis, er wäre ein Speculator, denn schau die meisten Menschen in Rom, selbst die ohne Kenntnisse des Militärwesen wissen, was die Schwarzen treiben und was eine solch eine Aussage dann heißt. Mein Herr gab mir aber auch zu verstehen dass er vielleicht am Sinn seines Lebens zweifele. Für mich bedeutet dies, entweder will so einer mit seinem Leben abschließen oder beginnt eine verzweifelte Tat.“
Ich machte eine kurze Pause betrachtet die, von Meer her aufziehenden Wolken. „Aber wenn ich mir das so überlege, kann letzteres nicht sein. Nicht nur weil mein Herr ihm keine Dummheiten zutraut, nein überleg doch mal, er und die seinen machten alles um diese Kiste an Bord zu holen. Meinst du er hätte uns wirklich umbringen wollen? Die Gelegenheit hatten sie doch oft genug. Für ihn war nur wichtig, dass er uns vorerst unter Kontrolle hielt. Er konnte dabei nicht, wie er es bestimmt gewohnt war, alles bis ins kleinste Detail planen, er musste immer wieder neu reagieren. Gut er hat den Einen zu unserem entsetzen umgebracht, doch wir kennen die Umstände nicht. Uns musste er nur mit Angst und Drohungen gefügig machen. Von dem Augenblick an, als die Kiste an Bord kam, galt für ihn nur noch uns los zu werden und das Teil ungestört zu seinem Bestimmungsort zu bringen. Jetzt nach langen Überlegungen, Zusammenreimen glaube ich nicht mehr daran, dass er unseren Tod plante.“
Die Äpfel von Leonides gehörten schon zu meiner ständigen Weg Begleitung. Wieder einmal rieb ich einen Apfel an meiner Tunika und bis herzhaft hinein. Kauend meinte ich: „ Genauso wie du es sagst machen wir es. Unseren Gastgebern werde ich ein Entgelt geben. Auch wenn, Gastfreundschaft hier heilig ist, kann ich nicht erwarten, dass sie zwei Männer tagelang bewirten. Du wirst sehen, ich schaffe das schon. Ja und was den Landweg betrifft, zuerst müssen wir aber von der Insel runter und auf das Festland. Komm wir sagen es unseren Gastgebern, schlafen uns aus und morgen in der Früh geht es los. Wir haben doch Glück und Leben noch, das ist doch am wichtigsten.“
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Charislaus grübelte über die Worte nach.
"Ein Mörder sollte ein wertvoller Mensch sein? Ich weiß nicht viel von Gesetz, Recht und Ordnung, aber das Mord ein Verbrechen ist, dass weiß sogar ich. Möglicherweise hatte sich der Mann der ermordet worden war, etwas zu schulden kommen lassen. Dass kann durchaus sein und streite ich auch nicht ab. Es kann sogar sein, dass diese Männer den Mann verhaften sollten. Aber was unterscheidet sie denn dann noch von den Verbrechern die sie jagen, wenn sie jeden einfach ermorden? Nichts.
Sie haben ihn weder angehört, noch haben sie ihm gesagt was er angeblich verbrochen hat und Beweise haben sie ihm auch nicht vorgelegt. Gut das kann alles vorher passiert sein. Aber die Prätorianer richten doch nicht über die Leute. Die Urbaner genauso wenig.
Du siehst da etwas falsch Linos, falls es den Männern nur um die Kiste ging die sie nach Hause schaffen wollten, dann brauchten sie uns nur so lange bis sie an Bord des Schiffes waren. Du hast Recht, sie haben uns mit Angst gefügig gemacht. Aber danach waren wir nur lästige Zeugen. Natürlich konnte er uns auf dem Schiff herumlaufen lassen und kümmerte sich nicht mehr um uns. Wohin hätten wir denn fliehen sollen? Ich bin der festen Überzeugung, dass er uns einfach über Bord geschmissen hätte auf der Heimreise, damit wir ertrinken.
Geht es nur um die Kiste, ist schon ein Mann gestorben. Da spielen zwei Sklaven keine Rolle. Das er unseren Tod plante, denke ich nicht. Dafür sind wir zu unwichtig für ihn. Aber wir sind ein Dorn in seinem Fleisch. Er wird uns wegwischen wie Dreck, totschlagen wie eine lästige Fliege. Dafür plant auch niemand einen Mord Linos.
Dieser Mann ist nicht verloren. Jene die ihm in die Quere kommen sind verloren. Er hat den Sinn seines Lebens verloren und beendet deshalb andere Leben? Ist das der Sinn seines Lebens geworden? Dieser Mann ist grausam und schändlich Linos. Sollte es so sein wie Du sagst, dann lässt dieser Unhold andere Menschen für seine Probleme büßen und bezahlen. Sie bezahlen mit ihrem Leben dafür. Aber irgendwann wird auch sein Glück enden. Und Männer wie er, fallen wie sie gelebt haben Linos. Er wird durch ein Schwert sterben. Rom ist nicht mehr weit und die Urbaner werden davon erfahren. Ich kann nicht glauben, dass der Kaiser so ein Verhalten akzeptiert oder befehlen würde.
Rückblickend mag er gar nicht mehr so schrecklich sein Linos, aber das täuscht. Das ist nur die Erleichterung dass wir der Bedrohung entkommen sind. Lass Dich davon nicht mitreißen. Ich bin auch froh und glücklich, aber mir steckt der Schrecken noch immer in den Knochen und ich werde meinem Herrn von den Taten berichten. Das muss ich tun. So ein Mann darf doch nicht frei in Rom herumlaufen. Er wird wieder morden, das steht fest. Es hat ihn nicht interessiert. Eine Kiste hat ihn mehr interessiert als das Leben eines Mannes. Wer weiß was darin war? Es kann nur etwas Schreckliches sein", antwortete Charislaus und man hörte seiner Stimme an, welches Grauen er dabei empfand.
"Das ist eine gute Idee, wir werden ihnen etwas Geld dalassen und dann machen wir uns auf den Heimweg. Ich fühle mich, als weiß ich im Moment gar nichts mehr Linos, doch ich hoffe für uns das Beste. Das wir eines Tages wieder Zuhause sein werden und uns sicher fühlen. So halten wir es, gestärkt und ausgeschlafen werden wir sicher ein Stück weit kommen. Du sagst es zum Glück sind wir wohlauf und am Leben. Das verdanken wir Plato, dass werde ich dem Mann niemals vergessen. Er hat uns gerettet, dafür danke ich ihm. Wir müssen uns für unsere Reise auch etwas Proviant kaufen, wir wissen nicht wie lange wir unterwegs sein werden", überlegte Charislaus und rieb seine verletzten Knie.
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Ich hörte aufmerksam auf Charis Einwände. Er hatte ja recht, einen Menschen zu töten war das schlimmste in meinen Augen, was man einem anderen Menschen antun konnte. Egal ob es ein freier Mensch war oder aber ein Sklave. Für mich waren es Menschen auch wenn das Imperium und all die anderen Mächte es anders sahen. Seufzend wandte ich ein: „Sicher kann er für meinen Herrn ein wertvoller Mensch sein. Als er mich losschickte wusste er doch nichts von dem, was hier geschah.“ Zum Kaiser wollte ich mich nicht äußern, ich kannte seine Vorstellungen und Einstellung nicht. Doch das viele die an einer Machtposition saßen diese ausnutzten und für sich zurechtlegten war, dachte ich, allgemein bekannt. „Du ahnst nicht wie schrecklich es für mich war den Mord mit an zusehen. Ich der gegen jede Art von Gewalt und der dazu gehörigen Werkzeuge bin, bezahlte meine Überzeugung mit körperlichem Schmerz.“ Jetzt zog ich meine Tunika aus und zeigte Charislaus meine Narben auf meinem Rücken, die von den Peitschenhieben in der Form eines Adlers angeordnet waren. „Diese Bestrafung hat meine Überzeugung eher noch verstärkt. Was denkst wie ich gelitten habe bei meinem letzten Herrn wenn ich die täglichen grausamen Bestrafungen der anderen Sklaven mit anschauen musste. Wie oft wurde ich bestraft, wenn ich versuchte ihnen zu helfen und Linderung zu verschaffen. Aber bedenke, wir wissen nicht was der Mann getan hat, ob er befragt wurde, ob er sich verteidigen konnte, wann und warum er geflohen ist. So gut wie er die Gelegenheit erhalten muss sich zu rechtfertigen, muss der Tiberier diese auch erhalten. Oh nein, ich lasse mich nicht täuschen und werde ihn bei meinem Herrn anklagen. Eines müssen wir uns aber merken, erinnerst du dich was er zu Plat sagte Wenn ich mich recht erinnere waren das seine Worte * "Ich kann dir nur so viel sagen, dass diese Kiste für viele Menschen von hoher Bedeutung ist und unbedingt nach Ostia muss. Es ist mir egal, was mit mir ist und ob du mich oder meine Männer mitnimmst aber diese Kiste muss zum Hafenmeister in Ostia* Außerdem war es ihm sehr wichtig, dass seinen Männern nichts geschah. Ich denke er ist nicht von Grund auf Böse, wie ich selber ihm immer wieder unterstellte, etwas hat ihn zu seinem Tun getrieben. Wir sehen nicht in einen Menschen hinein.“
Bevor wir uns am nächsten Morgen zum Hafen aufmachten, hatte ich den Milchkrug geleert und und in einem unbeobachteten Augenblick in ihm das vorgesehene Entgelt gleiten lassen. Am Hafen angekommen stellten wir, wie erwartet fest, die Impetus war natürlich weg. Was uns Sorgen machte in den nächsten Tagen ging kein Schiff in Richtung Rom. Ich suchte mir ein Stöckchen setzte mich auf einen Stein und malte auf dem sandigen Boden die Umrisse von Creta, weiter den Südzipfel des griechischen Festlandes und Italien. „So schau, wir können nach Athena und dann den langen Festland Weg nehmen. Oder wir fahren von Corinthus die Westküste Griechenlands entlang, bis wir rüber nach Brundisium segeln können. Von da geht es zu Fuß in Richtung Rom. Auf diese Weise vermeiden wir unsere Ostküste, wo sich vielleicht die Impetus tummelt. Entscheide du, ob wir den langen Landweg, damit du wenigstens noch viel von der Welt sehen bekommst oder ob wir so schnell wie möglich nach Rom reisen." Natürlich hatte ich selber genug und das Gefühl total versagt zu haben, doch Charislaus mochte ich nicht damit belasten. Er war schon reichlich genug mit meiner Bekanntschaft gestraft.
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"Nun woher sollten wir auch wissen was geschehen würde Linos? Wir können nicht ermessen, warum manche Menschen für unsere Herren wertvoll sind. Aber im Falle dieses Meuchlers ist es besser auch nichts zu wissen. Wir würden uns fürchten, weil die Wahrheit sicher schrecklicher ist, als jede von uns gefasste Gedanke dazu. Bei mir ist es ebenso, ich habe nichts für Gewalt übrig. Aber das heißt leider nicht, dass die anderen Menschen es auch so sehen. Trotz das wir friedlich sind, greifen uns andere an oder würden uns Schlimmstes antun. Wir haben es selbst erlebt", sagte Charislaus erschöpft.
Linos hob seine Tunika und entblößte seinen geschundenen Rücken. Charislaus fragte sich, warum anderen nur so etwas angetan wurde. Vielleicht hatten manche einfach Freude daran, andere leiden zu sehen. Und besonders schienen sie sich zu freuen, wenn sie die Ursache des Leids waren. Er würde solche Menschen nie verstehen und er war froh darum.
"Es ist grausam wie man Dich behandelte Linos. Sie haben Dich bestraft, weil Du anderen helfen wolltest? Verstehe das einer. Ich verstehe es nicht. Natürlich soll jeder die Gelegenheit erhalten sich zu seiner Anklage zu äußern. Der Meuchler ebenso wie sein Opfer. Was dieser Mann verbrochen hat, wissen wir nicht Linos. Er könnte ein Verbrecher gewesen sein, oder so unschuldig wie wir. Aber gehört er auf offener Straße erschlagen, ohne jede Verurteilung?
Du hast Recht, die Kiste war ihm wichtig. Wichtiger als alles andere, wichtiger als Menschenleben, wichtiger als er sich selbst. Wer weiß ob er sich selbst schon längst aufgegeben hat Linos. Doch das sind alles Mutmaßungen die uns nicht helfen. Gleich ob dieser Mann durch und durch böse ist, verzweifelt, oder sogar einen guten Grund dafür hatte diesen Mann zu töten. Er hat getötet und das in aller Öffentlichkeit. Zudem haben sie ein Lager angezündet. Ein Feuer ist eine Gewalt für sich. Niemand kann ahnen, wie es sich ausbreitet und wen es alles verschlingen wird. Diese Männer hat es nicht interessiert Linos. Sie interessierten sich für gar nichts. Sie haben das schlimmste Gefühl im Herzen getragen bei ihrer Tat - Gleichgültigkeit. Betrachtet Dich einer mit Liebe, ist dies wunderbar. Betrachtet Dich einer mit Hass, ist es schrecklich. Doch das wahre Grauen ist die Gleichgültigkeit. Danken wir den Göttern dass wir es fort geschafft haben", erklärte Chari und setzte sich hin.
"Ob der Weg lang ist, macht mir nichts aus. Ich würde weder lang noch kurz wählen Linos, sage mir bitte welches ist der sicherste Weg? Diesen Weg sollten wir wählen. Sind wir länger unterwegs ist das nicht schlimm. Du siehst an unseren Gastgebern, es gibt auch gute Menschen. Unterwegs muss ich etwas Schreibmaterial kaufen, ich muss einen Brief schreiben. Halte bitte mit nach einem Händler und einer Poststelle Ausschau", bat Charislaus und rieb sich die Augen.
Etwas von der Welt sehen klang so schön, vielleicht würden sie das noch, aber dafür mussten sie sicher sein. Chari spürte wie der Hunger an ihm nagte, aber die Müdigkeit gewann über die Hunger.
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Natürlich bemerkte ich wie müde Charislaus war und da er sich die Augen rieb. Bei mir war es nicht anders, wenn zur Zeit auch der Hunger noch überwog. Ich hatte meinem Freund aufmerksam zugehört und verstand
durchaus warum er so hart in seinem Urteil war. Leider befürchtete ich, so ganz konnte ich mich seinem Urteil über Tiberius und seinen Männer nicht beugen. Wenn dem Getöteten eine Unschuldsvermutung zugebilligt wurde, so stand es ihnen auch zu. Wussten wir denn ob der Tote nicht doch rechtskräftig verurteilt worden war und er nur die Gelegenheit hatte zu fliehen und sie den Auftrag hatten, das Urteil zu vollziehen? "Lass uns ein andermal darüber weitersprechen", war ich kurz ein. Nein so einfach all das nicht. Heute Abend aber waren wir zu müde, suchend schaute ich mich um. „Eine vernünftige Coupona haben wir noch nicht gesehen und selbst die Stabula lassen hier in der Hafenumgebung zu wünschen übrig. Wir müssen das nehmen was bleibt. Bestimmt ein verdrecktes Loch. Wir hätten uns mit Decken und Kleidung eindecken müssen, das werden wir Morgen als erstes erledigen. Doch komm versuchen wir da drüben unter zu kommen."Zum Frühstück trieb der Hunger uns Puls mit ein wenig Garum durchsetzt rein. Bei einem Händler erwarb ich, Reisesäcke, einigermaßen saubere Decken, Mäntel und eine Tunika für jeden. Es waren gebrauchte
Sachen, neues würden wir und in einer größeren Stadt zu legen, in der wir dann auch eine Therma aufsuchen konnten.Mit Broten und Wein eingedeckt betraten wir ein Schiff nach Corinthus, welches noch heute ablegen würden.
In einer windgeschützten Ecke begann ich Chari von meinen Zukunftsplänen zu berichten. „In Corinthus finden bestimmt Schreibmaterial und eine vernünftige Poststelle. Da sitzen doch überall Scriba und bieten ihre Dienste an, die müssen ja ihr Material auch kaufen. Wenn das erledigt ist schlage ich vor, eine Therma zu besuchen, dann geht es uns bestimmt gleich besser“, lächelte ich ihm zu. „Eine gute Taberna mit Schlafplätzen finden wir dann auch noch. Ich schlage vor wir wählen den vorgeschlagenen Weg an der Westküste entlang um dann nach Brundisium zu segeln. Es scheint mir der sicherste Weg, denn Tiberius wollte ja unbedingt nach Ostia. Wir wollen ja schnell nach Rom, um dort zu berichten was geschehen ist oder?"
Eine Weile beobachtete ich nachdenklich die anderen Fahrgäste bevor ich weitersprach. „Der von mir vorgeschlagene lange weg scheint mir bei genauerem nachdenken dann doch nicht so geeignet. Er mag ja schön und interessant sein, doch mir ist eingefallen wir müssten einige Bergketten überwinden, viele
Landstriche werden auch gefürchtet wegen den Räuberbanden. In der Winterzeit solch eine lange Reise zu unternehmen scheint mir dann doch nicht so gut. Ich habe dir die Wahl gelassen, doch ich finde, das solltest du vorher noch wissen.“Um Chari Zeit zu geben, holte ich ein Brot und eine Flasche Wein heraus. Das Brot teilte ich und gab Charislaus die eine Hälfte, zupfte von meiner ein Stück ab und steckte es mir in den Mund.
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"Du hast Recht, lass uns den Schrecken vergessen und nach vorne schauen. Wir sind all dem entkommen, später blicken wir vielleicht anders darauf zurück. Doch im Auge des Sturms sieht alles anders aus Linos. Und genau da hatten wir gestanden. Doch jetzt ist er vorübergezogen und wir ziehen selbst auch weiter. Ich habe gehört, dass manche Gasthäuser Schlafmöglichkeiten mit vielen Betten haben. Ich denke das wäre sicher. Wir übernachten mit anderen Gästen im selben Raum, dadurch ist dort schön warum und viele Leute hören mehr als nur zwei. Das sollten wir uns überlegen", schlug Charislaus vor und gähnte.
Linos wollte sich am Morgen mit Proviant und Ausrüstung eindecken. Eine gute Idee, denn ohne konnten sie kaum die Reise bewältigen. Solche Planungen musste man von vielen Seiten betrachten, damit man nichts vergaß. Neue Sachen trugen sie, allerdings gebrauchte Neuware. Charislaus freute sich sehr darüber. Einerseits waren die Sachen nicht so teuer, sie waren eingetragen und sie vielen in der Menge nicht auf. Damit war ihre Tarnung fast perfekt. Naja jedenfalls hoffte Chari, dass es so war. Von Tarnung hatte er eigentlich keine Ahnung, aber jemand in neuer Kleidung zog die Blicke auf sich und genau das mussten sie vermeiden.
Sie betraten ein Schiff nach Corinthus, noch am selben Tag sollte es ablegen. Ihr Frühstück war Puls und Garum gewesen, Chari erinnerte sich an die mahnenden Worte von Herr Scato. Er hatte Garum verboten, da es ungesund war. Weshalb hatte Charislaus vergessen. Doch er fühlte regelrecht den enttäuschten Blick von Herr Scato auf sich ruhen aus der Ferne. Es tat ihm leid, aber er war müde gewesen und so hungrig, dass er sich erst jetzt an das Verbot erinnerte.
"Linos mir ist gerade etwas eingefallen, jetzt schäme ich mich ein bisschen. Ich erzähle Dir später davon", erklärte Chari und nickte zu der Information, dass sie in Corinthus Schreibmaterial kaufen konnten.
"Das ist sehr gut, ich werde Schreibmaterial kaufen und einen Brief an meinen Herrn schreiben. Diesen werde ich bei der Poststelle aufgeben und ich hoffe das er meinen Herrn erreicht. Danach in die Therme klingt sehr gut. Waschen wir uns die Erlebnisse der letzten Tage von der Haut. Ich denke dann wird es uns besser gehen Linos, viel besser. Die Therme sind immer etwas besonders und danach ist man schön müde und entspannt. Also nicht, dass ich nicht schon müde genug gewesen bin. Aber das was eine andere Müdigkeit. Im Moment fühle ich mich schlicht erleichtert.
Ja eine Taberna werden wir finden, wie gesagt gut wäre doch eine wo man in einem großen Raum mit anderen Gästen nächtigen kann. Oder vielleicht haben wir sogar die Möglichkeit, im Schankraum irgendwo schlafen zu dürfen, am Feuer oder in der Nähe vom Herd. Wir können ja mal fragen. Das waren bei uns früher sehr beliebte Plätze, bei meinem alten Herrn.
Genau lass uns den Weg an der Westküste entlang nehmen, wenn Du sagst dass es der sicherste Weg ist, dann wählen wir ihn. Brundisium heißt unser Ziel, das werde ich mir merken. So viele fremde Namen, weißt Du das mein alter Herr auch sehr gerne gereist ist? Natürlich freiwillig, jedenfalls gehe ich davon aus, dass er freiwillig reiste. Wo liegt Ostia? Solange Tiberius weit weg von uns ist, ist alles gut. Wie gesagt Linos, mir ist nicht wichtig wie schnell wir reisen, ich möchte nur sicher reisen. Das ist mir wichtig, wir wollen schließlich in einem Stück ankommen.
Falls Dein Herr diesen Tiberius wirklich kennt, wird er wissen was vorgefallen ist. Oder Tiberius wird es ihm erzählen, sobald er in Rom ist. Ob uns überhaupt jemand glauben wird Linos? Ich denke nicht. Wer gibt etwas auf das Wort von Sklaven? Ich befürchte dass Dein Herr Dir kein Wort glauben wird, wenn Du so über einen seiner Freunde sprichst. Was möchtest Du Deinem Herrn denn sagen? Das was wir gesehen haben? Schlimmstenfalls Linos wird er Dich für eine solche Anschuldigung bestrafen lassen. Bestenfalls hält er Dich nur für verrückt. Gleich was Du sagst Linos, Du bist nur der Sklave Deines Herrn und Du wirst nur Dir selbst schaden. Es kann sein, dass Tiberius gar nicht mit Deinem Herrn befreundet ist, dass er uns damit auch nur Angst machen wollte.
Doch das weißt Du nicht und wenn sie Freunde sind, wird Dein Herr nicht zulassen, dass Du schlecht über seinen Freund redest. Deshalb überlege Dir gut, was Du Deinem Herrn erzählst. Denk an Deinen Rücken Linos und die schweren Narben. Denk an Deine alte Heimat die Du irgendwann wiedersehen möchtest.
Berge im Winter hören sich sehr schön an, aber Räuberbanden nicht. Wir sind keine Krieger Linos, wir können diese Reise nicht wagen, wenn dort solche Gefahren lauern. Über Berge könnten wir noch klettern, aber was wollen wir gegen Räuber tun? Aber Du kannst mir von den Bergen berichten, falls Du magst. Warst Du schon dort? Hast Du sie gesehen? Wie weit man wohl schauen kann wenn man auf so einem Berggipfel steht Linos", dachte Charislaus nach und nahm mit glücklichem Lächeln das Brot und den Wein entgegen.
Charis biss ein Stück Brot ab und behielt es für einen winzigen Moment im Mund, um den Geschmack zu genießen. Dabei beobachtete er ebenso die Fahrgäste. Ein geschäftiges Treiben herrschte auf Schiffen, dass stellte er mit Erstaunen fest. Überhaupt war die Seefahrt erstaunlich, wie man nur durch Wind an jeden Ort der Welt kommen konnte, solange er nur an einem Meer oder Gewässer lag.
"Das Schiff ist richtig schön Linos. Weißt Du was mir gerade durch den Kopf ging? Das der Wind Schiffe an fast jeden Ort der Welt tragen kann, sie müssen nur am Wasser liegen. Vielleicht ist Plato gar nicht zurück nach Rom gesegelt, sondern auf und davon, wohin auch immer. Eines Tages macht er das vielleicht, wer weiß? Er hat ein Schiff und ist frei. Ein Schluck auf unseren Freund Plato Linos", sagte Charislaus und nahm einen Schluck Wein, den er dem Kapitän widmete.
"Und ein Schluck auf uns und unsere Reise Linos und auf Brundisium", erklärte Chari und nahm einen weiteren Schluck Wein. Brundisium wäre die erste Stadt in der Fremde, die er besuchen würde und die sie entdecken konnten. Der Name klang etwas brummig und gemütlich, Chari hoffte dass seine Einschätzung stimmte und setzte sich gut gelaunt hin.
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Aufmerksam hörte ich zu. Charislaus teilte mir seine Sorgen Zweifel und Ideen mit. Das wichtigste was ich aber erkennen konnte war die Furcht, der ich mich auch nicht verschließen konnte. Doch aus Erfahrung wusste ich, wir durften nicht zulassen, dass sie uns beherrschte. Ich würde versuchen alles dafür zu tun. Einen guten Gasthof würden wir bestimmt finden. Ich wusste nur zu gut, was für eine Sorte Mensch so nahe am Hafen einkehrten. Einmal abgesehen vom Schmutz, Gestank, Ungeziefer würden wir auf Betrunkene,
Diebesgesindel, Halsabschneider, wenn nicht sogar auf ganze Banden dieses Gesindel treffen. In der Stadtmitte gab es sicherlich weitaus bessere Unterkünfte.„Du musst dir keine Sorgen machen, ich kenne zwar nicht den Ruf den mein Herr zur Zeit in Rom hat, doch eins weiß ich mit Sicherheit, er glaubt mir. Er weiß dass ich ihn niemals belügen würden, selbst wenn die Wahrheit mir zum Nachteil angesehen würde.“ Der Claudier war ein Mann der seine festen Vorstellungen und seine Prinzipien hatte, er hielt an ihnen fest, auch wenn sie von manch einem, ihm zum Nachteil angesehen wurden. Er hielt eisern an seiner Kaisertreue, an den Götterglauben, genauso an alt hergebrachten Traditionen, und festen Regeln in dem Leben eines ehrbaren Römers. Wenn gleich er Neuem nicht unverschlossen blieb. In meinen Augen versinnbildlichte er das Urbild eines alten Geschlechts. Ich rieb mir die Stirn, dass waren meine Gedanken und mein Freund hatte bestimmt seine eigenen Gedanken zu den Reaktionen seines Herren.
Erschrocken sah ich Chari an, was sagte er da. „Nein!“ zu heftig kam dieses nein von mir, bestimmt würde ich Chari damit erschrecken. „Die Berge und die Vorstellung wie schön sie im Winter sind, das sind Träume, Wunschbilder. Selbst im Sommer lauern dort Gefahren. Gefahren, wie Steilwände Steinschläge, starke Winde, niedriege Wolkenfelder, die die schmalen Wege an den Steilwänden entlang mit einer gefährlichen Feuchtigkeit bedecken. Die Gefahr eines Absturzes besteht ständig. Je höher du kommst um so größer wird die Atemnot. Beim Abstieg besteht die Gefahr. dass dich dein Körpergewicht zu schnell nach unten führt und du nicht mehr abbremsen kannst und über den Weg hinaustrittst. Die schlimmen Wetter überraschen dich unversehens, du musst oft nicht nur für Stunden sondern für Tage auf einem Weg oder schmalen Felsvorsprung verharren. Zum Übernachten bleibt dir oft kaum mehr Platz. Im Winter ist all das noch viel Schlimmer, abgesehen von dem Schnee der dir oft nicht nur die Sicht nimmt. Alles ist vereist, nicht nur die Weg, die Wände, die dir sonst halt geben könnten sind mit einer Eisschicht bedeckt. Noch schlimmer ist, da lauert der kalte Tod. Die Kälte setzt dir zu, nagt an deinem Gesicht, deinen Gliedern. Einzelne Teile deines Körpers können erfrieren. Irgendwann wirst du so müde, dass du dich nur noch nach Schlaf sehnst. Doch du darfst nicht einschlafen, das wäre dein Tod. Oft genug geben Menschen nach. Lassen sich von der Müdigkeit einlullen, geben ihr nach und der sanfte Tod hat wieder ein Opfer gefunden.“
Erschrocken über mich selber sah ich Charis an. „Entschuldige bitte, ich wollte dich nicht erschrecken.“
Nachdenklich nahm ich noch einen Schluck Wein.
"Die Reise nach Brundisium hat noch einen Vorteil, vielleicht können wir noch vor ihnen zu Hause sein.
Schau wir müssen nur das Mare Adriatikum durchqueren um dorthin zu gelangen und können verschiedene Straßen nach Rom wählen. Die Impetus hingegen muss verschiedene raue Maare durchquere, unterwegs frische Nahrung und Frischwasser aufnehmen und zuletzt, da sie ja nach Ostia will, wie wir sicher wissen, die Mare Tyrrhenum. Unterwegs ist sie dem Wetter und den Begegnungen von Piratenschiffen ausgesetzt. Sie müssen von Ostia nach Rom wir aber können von der anderen Seite nach Rom und haben mehrere Möglichkeiten. Wenn unsere Nachrichten schnell sind, werden sie vielleicht schon in Ostia erwartet.“Zufrieden mit meinen Erklärungen schaute ich Charislaus an, spürte aber gleichzeitig wie sich Müdigkeit in mir breit machte. Schläfrig hörte ich seine Worte über die Schiffe. „Wo du das so sagst, das Gleiche empfinde ich immer wenn ich den Wolken zuschaue. Ich wünsche mir dann immer, auf einer liegend, davon treiben zu können. Ja nehmen wir noch einen Schluck auf eine gute Heimreise.“
Wie geplant legten wir in der Mittagszeit in Korinthus an. Jetzt hatten wir Zeit uns in der Stadt umzusehen, die Thermen zu besuchen, neue Kleidung und Proviant zu besorgen, Briefe zu schreiben und uns nach dem nächsten Schiff zu umhören, wie auch ein gutes Zimmer zu besorgen. Da wir kein Gepäck mitschleppten waren wir schnell an Land.
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Charislaus hörte Linos zu und hoffte, dass er mit dem Gesagten Recht hatte. Es war trotzdem besser, erst einmal vorsichtig zu sein. Jedenfalls schadete es auf keinen Fall, sie hatten genug erlebt in der letzten Zeit. Verärgerte Herren, dass war wohl das Letzte was sie gebrauchen konnten.
"Sei froh drum Linos, dass Dein Herr Dir glaubt. Dennoch sei vorsichtig, Du weißt nicht welchen Stand der Freund Deines Herrn hat. Wie lange kennen sie sich schon? Vielleicht sehr viele Jahre und wie viele Jahre dienst Du Deinem Herrn? Das alles musst Du bedenken. Ich möchte nur, dass Du vorsichtig bist. Du kannst Deinem Herrn natürlich sagen was Du möchtest. Der Ruf Deines Herrn? Darauf wird er auch bedacht sein. Drum gehe die Sache ruhig und überlegt an.
Danke für die ehrlichen Worte bezogen auf die Berge Linos. Die Wahrheit unterscheidet sich extrem von meiner Vorstellung, die ich in Bezug auf die Berge hatte. Ich habe mir gedacht, dass man ganz oben auf einem Berg stehen könnte und die ganze Welt überschauen kann. Oder zumindest einen Teil davon. Dass es dort oben keine Luft mehr gibt, die man atmen kann wusste ich nicht. Bis wohin reicht die Luft überhaupt? Weißt Du das?
Steinschläge, starke Winde, Räuber und Räuberbanden, nasse Wege, Sturzgefahr, keine Sicht und Wetter das sich schnell ändert. Also ich glaube ich muss meine Meinung über die Berge über Bord werfen. Besonders schlimm klingt die Kälte die einen in den ewigen Schlaf lockt. Irgendwie gruselig, nicht wahr? Und man weiß gar nicht, ob man nur müde ist, oder diese Kälte an einem zerrt.
Du musst Dich nicht entschuldigen Linos, Du hast mich nicht erschreckt. Nun ein bisschen schon, aber viel wichtiger ist, Du hast mir etwas beigebracht. Dafür Danke ich Dir", antwortete Charislaus.
Chari überlegte, wie viele Dinge die er nur aus Erzählungen kannte, wo in Wahrheit doch über eine ganz andere Realität verfügten wie die Berge. Vielleicht gab es auch so dichte Wälder, dass dort auch die Luft knapp wurde. Oder Höhlen die so stickig waren und tief, dass die Luft nicht mehr hinein gelangte.
"Falls wir vor ihnen in Rom sind Linos, dann müssen wir aufpassen das wir ihnen nicht versehentlich über den Weg laufen. Wir haben sie dann im Rücken, nicht wahr? Das macht mir ein mulmiges Gefühl. Piraten und schlechtes Wetter, das klingt nach großen Gefahren und ich hoffe Plato kommt sicher durch diese Gewässer. Ich weiß, ich sollte mir vielleicht für uns etwas anderes wünschen, aber das kann ich nicht Linos. Meinst Du unsere Nachrichten könnten so schnell sein? Wir sollten uns selbst per Post verschicken", lachte Chari gut gelaunt um die Stimmung ein bisschen aufzulockern.
"Auf Wolken in andere Länder schweben, nur der Wind bestimmt das Ziel. Wir würden auf unseren Wolken die ganze Welt erkunden Linos. Dinge entdecken die noch keiner vor uns gesehen hat. Und von oben sieht die Welt bestimmt ganz anders aus. Wie aus großer Distanz, da wirkt auch alles stets sauber und friedlich. Wir würden mit den großen Adlern den Himmel teilen und mit den kleinen schnellen Tauben, die ihre Botschaften von einem Menschen zu den anderen tragen. Wir würden an Bergen vorbei schweben und keine Angst haben müssen, denn auch da wäre genug Distanz zu ihnen.
Von unseren Wolken aus würden wir die Schlachten und Schlachtfelder sehen Linos. Und wir würden sehen, dass die Männer die dort unten kämpfen von unserer Wolke aus, im gleich sind. Das sie gar keine Waffen und Peitschen brauchen würden, wenn sie nur wollten. Das sie auch ohne die Kriege und Schlachten voneinander lernen könnten. Als Freunde und nicht als Sieger und Besiegte. Ohne all die Zerstörung, die Angst und die Not. All das würden wir von unseren Wolken aus sehen Linos. Doch wie zähmt man eine Wolke?", fragte Chari schlicht und freundlich.
Ihnen beiden waren wohl die Augen zugefallen, denn gegen Mittag waren sie schon in Korinthus. Charislaus rieb sich mit neuem Mut und gut gelaunt die Augen. Linos war genauso schnell bereit abzureisen wie er, denn sie beide reisten mit leichtem Gepäck.
"Korinthus Linos! Wir haben es tatsächlich geschafft. Auf uns warten die Stadt, un darin die Therme, die Geschäfte, ach einfach alles was Korinthus zu bieten hat. Komm, lass uns auf Entdeckungsreise gehen", freute sich Charislaus und zog Linos mit sich. Er hatte keine Ahnung wohin sie gingen, aber sein Herz wurde mit jedem Schritt leichter und die Angst fiel Stück für Stück von ihm ab.
"Unterwegs müssen wir uns stärken, irgendwo werden wir uns etwas zu Essen gönnen. Warst Du schon einmal hier?", hakte Chari neugierig nach.
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