Schwimmen für die Tirones

  • Bei der Ankunft durften sie locker stehen, bevor Merula wieder einmal mit einer Frage bedacht wurde. Dieses Mal handelte es sich nicht um eine Wissensfrage, sondern eine Vermutung. Vermutet hatte Merula ja bereits zuvor, was heute auf dem Programm stand, es nur nicht ausgesprochen, daher begann er mit den ursprünglichen Gedanken.

    "Wir könnten zum Beispiel das Kämpfen unter erschwerten Bedingungen üben. Die Sonne blendet, das Wasser reflektiert, vielleicht müssen wir Kampfschritte und das Gleichgewicht üben, während wir im Wasser stehen." Er hob die Schultern. "Kann auch sein, dass die Überquerung mit Waffen geübt wird, wobei ich den Tiber dafür zu breit halte und mit zu starkter Strömung. Kann allerdings auch sein, dass kontrolliert wird, wer Schwimmen kann."

    Dazu benötigten sie allerdings keine Waffe, daher gab Merula auf zu spekulieren.

  • Nickend schaute der Cornicularius seinen Tiro an. „Gute Gedanken Furius, man sollte sie sich merken für die Ausbildung zukünftiger Rekruten. Letzteres ist der Fall. Mir ist bewusst, obwohl die Sonne scheint, ist das Wasser noch sehr kalt, doch die Sonne wärmt euch danach. Und frage ich mich, wer fragt im Ernstfall wie kalt das Wasser ist? Also, bis auf Obsidius, gehen alle zum Ufer, dort entledigt sich jeder der Kleidung, die er möchte, um danach in einer Linie anzutreten. Es wird auf mein Zeichen hin ein Wettschwimmen zum gegenüberliegendem Ufer geben. Wer nicht mehr kann, darf umkehren, wird die Aufgabe aber zu einem späteren Zeitpunkt wiederholen müssen. Dort wartet ihr auf mein erneutes Zeichen denn Obsidius hat inzwischen seinen Gladius ins Wasser geworfen. Ihr schwimmt und taucht danach. Mal schauen wer ihn mir bringt. Letzter Treffpunkt ist bei mir auf der Brücke. Und ab zum Ufer!“ Frugi wusste es war hart was er da durchzog, doch der Sommer war noch weit und bis dahin sollten alle zum Miles befördert sein, es war eine gute, disziplinierte Gruppe die er da ausbildete.

  • In Merulas Kopf arbeitete es ununterbrochen, seit er das Ziel des Ausbildungsabschnittes kannte, daher verpasste er den Moment, an dem Obsidius das Schwert ins Wasser warf. Er musste nachdenken, antworten und kombinieren. Sie hielten sich auch nicht alleine am Ufer auf. Sie standen an einer Stelle, wo die Tiberinsel den Fluss teilte. Bis zum Zeitpunkt, an dem die Aufgabe benannt wurde, dachte er nur über mögliche Vorhaben, aber nicht über die Ausführung nach. Erst jetzt sickerte ihm die Vorstellung ins Bewusstsein, sich dem kühlen Nass auszusetzen, was sogleich sämtliche Härchen aufstellte und eine Gänsehaut produzierte. Er entledigte sich nur der Tunika, um sich später in etwas Trockenes wickeln zu können. Mehr seiner Hüllen ließ er nicht fallen, denn er präsentierte sich nicht gern. Als er mit den Zehen des ersten Fußes die Wasseroberfläche durchbrach, schrumpfte sein bestes Stück auf Minimalmaß, obwohl sich der große Rest des Körpers noch an Land befand.

    "Scheiße, ist das kalt!" Er prustete, während er wie ein Storch Schritt für Schritt vorwatete. "Weiß jemand, wo das Ding liegt?" Schon jetzt klapperten seine Zähne, denn an Merula fand sich kein Fettpölsterchen, das ihn hätte wärmen können. Eine Antwort bekam er nicht, denn alle hatten mit sich selbst zu tun. Er wartete fast bis zum Schluss, bevor er mit einem Schrei bis zum Bauch ins Wasser eintauchte. Wie spitze Nadeln drang die Kälte in seinen Körper. Er hechelte, um sich vom Quieken abzuhalten und auf anderes zu konzentrieren als die thermischen Reize.

    Schließlich kam er zu dem Schluss, dass sein Zögern gleichzeitig das Hinauszögern der Situation bedeutete, also nahm er allen Mut zusammen und warf sich ins Nass. Durch sein Zögern kam er lange nach dem erteilten Zeichen und als Letzter in Gang, um ans andere Ufer zu schwimmen. Den Rückstand holte er nicht mehr auf, obwohl er als guter Schwimmer galt, aber da sich bereits nach kurzer Zeit die Muskeln verkrampften, hatte er Mühe, überhaupt durchzuhalten. Zurück ans Ufer wollte er nicht, weil dann eine zweite Schwimmprüfung drohte, also lieber einmal Zähne zusammenbeißen und durch.

    Er schleptte sich an Land und spürte den kaum vorhandenen Wind wie ein eisiges Tuch um sich. Da er Letzter war, musste er nicht lange auf das erneute Zeichen warten, aber er bedauerte seine Kameraden. Hoffentlich hagelte es am Abend für eine Prügel.

    Nun galt es, das verflixte Schwert zu finden. Wie ein wildgewordener Affe hampelte er über und unter Wasser herum, nur um in Bewegung zu bleiben. Das Einzige, was gut klappte, war die Sicht unter Wasser, aber das Schwert entdeckte er trotzdem nicht. Wenn nicht er, dann sollte jemand anderer das Ding finden und zwar schnellstmöglich, denn mittlerweile spürte er seine Füße kaum noch.

    Als er unter Wasser war, hörte er ein Grölen und tauchte auf. Mettius, das Schlitzohr, hielt den Gladius hoch und watete gen Ufer. Alle liefen hinter ihm her und spritzten sie dabei nass. Klappernd standen die Tirones am Ufer, während Mettius das Schwert zum Corni auf die Brücke brachte.

  • Octavius war sehr zufrieden mit dem Ergebnis des heutigen Tages, dies betonen war ihm eine Freude. „Tirones sehr gut gemacht, es freut mich , dass keiner von euch diese Übung wiederholen muss, außer dass Obsidius
    sie noch leisten muss. Da ihr euch nicht erkälteten sollt, so schnell wie möglich zurück zur Castra. Danach seid ihr für heute entlassen. Also ab anziehen, paarweise aufstellen Mettius wählt einen Partner und darf mit ihm die Gruppe anführen und aequatis passibus!“
    Frugi schlenderte hinterher, um ihnen Zeit zu lassen, damit sie sich ankleiden und antreten konnten. "Aequatis passibus!“ Erklang und die Rekruten marschierten zurück.

  • Die dünne Tunika wärmte nicht, aber sie schützte die feuchte Haut vor dem Wind, der auf ihr um ein Vielfaches kälter wirkte als die tatsächliche Temperatur. Merulas Lippen sahen bläulich aus und er zitterte, als er auf den Abmarsch wartete. Mettius durfte als Finder des Schwertes die Gruppe zur Castra führen und er wählte tatsächlich Merula als Partner aus. Das freute den vor Kälte klappernden Furier innerlich, aber außerdem würde er neben Mettius als Erster die Castra betreten. Er sehnte sich nach dicker Kleidzung und wollte eine Decke um sich spüren. Obwohl der Gleichschritt angezählt wurde, schritten Mettius und Merula mit Schritten in Übergröße voraus.

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