Theorieausbildung: Segeln & Navigation

  • "So, kommen wir jetzt zu einem Teil der Ausbildung, der für Offiziere gedacht ist. Es geht hierbei nicht darum, wie man ein Segel hisst oder refft. Dazu muss man nur zur rechten Zeit am richtigen Tau ziehen. Nein, hier geht es darum, die richtigen Entscheidungen zu treffen, welchen Kurs man einschlägt und wieviel Segel man setzt.
    Beginnen wir mit dem Segel setzen. Prinzipiell gilt: Je mehr Segelfläche, desto schneller. Andererseits bedeutet viel Segelfläche auch viel Angriffsfläche für den Wind. Deshalb sollte man dringend darauf achten, bei sehr starkem Wind keine großen Segel zu hissen. Erstens könnten die Segel reißen, und zweitens könnte sogar der Mast brechen.
    Außerdem sollte man die Segel so zum Wind stellen, dass eine gedachte Linie senkrecht zum Segel den Winkel zwischen dem Kiel und der Windrichtung halbiert. So weit alles klar?"

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  • "Alles bis auf den Teil mit dem Wikel, der irgendwie irgendwas halbieren soll, Herr Kapitän", Titus wurde mittlerweile mit dem Fragenstellen etwas lockerer. Sein Vorgesetzter schien eine feiner Kerl zu sein und er hatte nun weniger das Gefühl sich profilieren zu müssen.

  • "Einfaches Beispiel: Wir fahren Kurs Nord. Der Kiel ist also auf der Süd-Nord-Linie. Der Wind kommt von West, ist also auf West-Ost-Linie. Der Winkel zwischen beiden Linien ist 90 Grad. Der Winkel wird halbiert durch eine Linie von Südwest nach Nordost. Das segel muss dazu senkrecht stehen, also steht es auf einer Linie von Nordwest nach Südost. Kannst du es dir vorstellen?"

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  • Ich nahm ein Stück Papyrus und farbige Tinte und skizzierte grob, was ich meinte.



    "Also, die rote Linie zeigt den Kurs des Schiffes. Die blaue Linie zeigt den Kurs des Windes. Die grüne Linie halbiert den Winkel zwischen dem Kurs des Windes und dem Kurs des Schiffes. Senkrecht zu dieser Winkelhalbierenden muss das Segel stehen, das ich als schwarze Linie eingezeichnet habe. Alles klar?"

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  • "Das war genug Bedenkzeit, ich löse jetzt die Aufgabe exemplarisch. Windrichtung 190 Grad, Heck ist auf 180 Grad, also ist die Winkelhalbierende auf 185 Grad. Senkrecht dazu steht das Segel, also verläuft es von 185+90=275 Grad nach 185-90=95 Grad."

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  • "Kommen wir jetzt zur Bezeichnung der Masten und Segel. Als Masten zählen zunächst einmal nur die senkrecht zum Deck stehenden Rundhölzer. Die meisten Handelsschiffe haben noch einen weiteren, nahezu waagerechten Mast, der über den Bug hinaus ragt. Dieser Mast heißt Bugspriet.
    Die Masten werden vom Bug zum Heck durchgezählt. Der Bugspriet zählt, wie gesagt, nicht mit. Wenn nun die Masten gezählt sind, können wir das Schiff benennen als Einmaster, Zweimaster, Dreimaster und so weiter.
    Bei einem Einmaster heißt der Mast einfach nur Mast. Bei einem Zweimaster schaut man nach, welcher der beiden Masten größer ist. Der größere Mast heißt Großmast. Steht der zweite Mast vor dem Großmast, dann nennen wir ihn Fockmast, steht er hinter dem Großmast, dann nennen wir ihn Besanmast. Bei einem Dreimaster ist der erste Mast der Fockmast, der zweite Mast ist der Großmast und der dritte Mast ist der Besanmast. Bei Viermastern kommt noch zwischen Groß- und Besanmast der Kreuzmast hinzu."

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  • "Kommen wir jetzt zu den Segeln. Die segel sind fast immer an einem Rundholz befestigt. Wenn dieses Rundholz horizontal steht und in seiner Mitte an einem Mast befestigt ist, so heißt es Rah, und das Segel heißt Rahsegel. Rahsegel sind immer viereckig. Ist das Rundholz horizontal und nur mit einem Ende an einem Mast befestigt, dann heißt es Baum.
    Galeeren haben Rahsegel. Normalerweise benennt man Segel nach dem Mast, an dem sie sich befinden. Eine Dreimast-Galeere hätte also ein Focksegel, ein Großsegel und ein Besansegel.
    Kommen wir jetzt zu den acht Segeln der Tempestas. Die Tempestas ist ein Dreimaster und hat an jedem Mast zwei Bäume. Der obere Baum zeigt schräg nach oben und heißt Gaffel, der untere heißt Baum. Die Segel zwischen Baum und Gaffel heißen nach den Masten, die Segel oberhalb heißen Toppsegel. Beginnen wir am Besan: Das große, untere segel heißt Besansegel, das kleinere, darüber liegende heißt Besantoppsegel. Die segel am Großmast heißen entsprechend Großsegel und Großtoppsegel. Die Segel am Fockmast heißen anders. Das große Segel heißt Schonersegel, das kleinere darüber heißt Schonertoppsegel. Außerdem sind noch zwei dreieckige Segel zwischen Fockmast und Bugspriet gespannt. Das untere, oder besser, hintere heißt Focksegel, das andere heißt Klüversegel. Alles klar, Ferrius Maximus?"

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  • "Gut. Morgen ist Stapellauf der Tempestas, also hast du in Paradeuniform im Hafen zu erscheinen. Du bist ja schließlich der Erste Offizier. In drei Tagen stechen wir dann in See. Bis morgen."

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