Zelle IX - Eireann

  • Als er sie der Lüge bezichtigte, zuckte Eireann zusammen und schüttelte abrupt ihren Kopf. Ihre Worte entsprachen der Wahrheit. Einzig und alleine wahre Worte waren über ihre Lippen gesprudelt. Und dennoch misstraute ihr der Urbaner. Wieso?
    “Ich bin keine Lügnerin. Mein Dominus würde mich verstehen.“
    Murmelte die Keltin leise vor sich hin. Nachdem der Urbaner die Sichtklappe wieder geschlossen hatte und Eireann alleine zurück blieb.


    “Du würdest mich doch verstehen Dominus.“
    Konnte man Eireanns Stimme erneut vernehmen. Während ihr matter Blick auf einem undefinierbaren Fleck an der steinernen Carcermauer ruhte. Wenn er sie doch verstand wieso kam er dann nicht um sie aus dem Carcer zu befreien? Vielleicht wurde ihr Dominus auch einfach noch nicht benachrichtigt?


    Wirre Gedanken kreisten der Silurerin durch den Kopf und ließen sie schließlich mutlos aufseufzen.
    “Ich bin unschuldig. Ich bin keine Lügnerin.“
    Wisperte die Dunkelhaarige leise vor sich hin und verharrte weiterhin in dieser stoischen Position auf dem Boden kauernd. Wie lange würde es diesmal dauern bis die Urbaner zurück kehrten?

  • Tatsächlich hielt sich der Urbaner strikt an seine Vorgaben die er Eireann mitgeteilt hatte. Denn mittlerweile waren drei oder sogar noch mehr Tage ins Land gezogen und die Klappe ihrer Zellentür blieb verschlossen. Warum? Wollten die Soldaten sie dadurch mürbe machen. Sodass sie sich verplapperte? Aber was sollte sie denn sagen? Die Wahrheit. Natürlich. Das was die Keltin seit Beginn des Verhörs tat. Nur wollte ihr der Römer einfach nicht zuhören. Oder vielleicht verstand er sie auch einfach nicht?


    Dabei trat Eireanns keltische Stimmfarbe nur noch zu Tage wenn sie sich besonders aufregte oder im Liebespiel. Wieso sie ausgerechnet in diesem Augenblick daran denken musste war der Keltin unbegreiflich. Und so schüttelte Eireann abrupt ihren Kopf. Nein! Von diesen Gedankengängen sollte sie sich schleunigst diastanzieren und sich lieber darauf konzentrieren den Carcermauern den Rücken zu kehren. Und dann würde sie sich nie wieder zu solch' einer Dummheit hinreißen lassen.


    Taumelnd erhob sich die junge Frau im nächsten Moment und näherte sich der verschlossenen, hölzernen Türe.
    “Hallo? Hört mich jemand? Bitte.“
    Bettelte Eireann und räusperte sich im nächsten Augenblick. Denn ihre Kehle war staubtrocken und das knurren ihres Magens hatte sie schlichtweg ignoriert. Auch eine Möglichkeit den Gefangenen mürbe zu machen und ihn dadurch zu einem Geständnis zu zwingen.


    Regungslos verharrte die junge Frau vor der verschlossenen Türe und hoffte inständig das sich diese heute für sie öffnen würde, um sie in die lang ersehnte Freiheit zu entlassen. Oder ihr zumindest etwas zu essen und zu trinken zu bringen. Alles Dinge die sich Eireann wünschte. Wobei der Wunsch nach Freiheit natürlich alles andere in den Schatten stellte.

  • Drei Tage waren nach der Lüge und der Gesichtsentgleisung der Sklavin vergangen und Lurco erschien erneut im Zellentrakt mit Caldus und Pullus. Die Klappe wurde aufgezogen.


    "Erneuter Versuch. Heute mit der Chance für Dich, die Wahrheit Deiner Worte zu beweisen.


    Du hattest gesagt...
    Dann jedoch hat mich die Ruine gerufen. Ich weiß das wirst du nicht verstehen Soldat.


    Das nächste Mal hast Du ausgeführt...
    Dann jedoch hat mich die Ruine gerufen. Die.. die Steine.. sie sangen ein wunderschönes Klagelied und erst meine Berührung brachte sie zum Verstummen.“",
    erklärte Lurco und hielt einen faustgroßen Stein vor die Klappe.


    "Wie Du erkennen kannst, handelt es sich hierbei um einen Stein. Da diese Gesellen laut Deinen Aussagen zu Dir sprechen, sprichst Du heute mit diesem Stein hier. Damit er nicht plötzlich verstummt, behalte ich ihn in der Hand.


    Frage den Stein woher er stammt, sprich wo ich ihn aufgehoben habe.
    Ist die Antwort korrekt, glaube ich Dir, dass Dich die Ruine gerufen hat.
    Ist die Antwort falsch, haben wir den Beweis Deiner Lüge.
    Sprich wir wissen, dass Du bezüglich der Ruine Märchen erzählst.


    Der Stein und ich sind bereit. Die Regeln sind Dir bekannt. Woher stammt der Stein?", fragte Lurco und nickte auffordernd.

  • Tatsächlich wurden Eireanns flehende Worte erhört und die Klappe öffnete sich. Endlich. Als sie dann jedoch den faustgroßen Stein in der Hand des Urbaners erblickte, wusste sie im ersten Augenblick nicht was der Soldat damit vorhaben könnte. Wollte er sie mit dem Stein tätlich angreifen?


    Bei diesem Gedanken rieselte der jungen Frau ein eisiger Schauer über den Rücken. Dabei zuckte sie jedoch nicht zusammen. Sondern blieb aufrecht vor der verschlossenen Türe stehen. Das sie sich der Gefahr aussetzte doch von dem Stein getroffen zu werden, war der Keltin bewusst. Denn noch immer fokussierte sie den Stein mit einem höchst wachsamen Ausdruck in ihren Augen. Jedoch hielt dieser Blickkontakt nicht lange an und Eireann senkte ihren Blick gen Boden. So wie es sich für eine gehorsame Sklavin gehörte.


    Als der Soldat schließlich erklärte was er von ihr forderte, spürte Eireann wie ihr das Herz bis zum Hals pochte. Nein. Das konnte nicht der Ernst des Soldaten sein. Wie sollte sie denn mit diesem Stein sprechen? Ihre Visionen konnte Eireann noch nicht kontrollieren und so überfielen sie diese Wachträume urplötzlich. Dies konnte sie dem Soldaten jedoch nicht mitteilen. Da er ihr sowieso kein Wort glauben würde. Was also sollte sie tun? Pure Verzweiflung sprach aus Eireanns Blick, die zum Glück ihren Kopf gesenkt hatte, sodass Lurco in ihrer Miene nicht lesen konnte.


    Hart schluckte die Dunkelhaarige und fokussierte schließlich den Stein.
    “Du hast diesen Stein vor der Castra gefunden Dominus. Dieser Stein lag dort bereits einige Zeit. Bevor du ihn aufgehoben hast.“
    Er würde ihr sowieso nicht glauben. Und dennoch versuchte es die junge Keltin. Auch wenn der Stein ein lebloser Stein blieb und nicht diesen Glanz verströhmte wie die Ruine des Ganymed.

  • "Falsch. Ich war so fair, einen der Steine aus dem abgebrannten Ganymed zu holen. Einem jener Steine, der angeblich bereits zu Dir gesungen hat. Dieser Stein war einer jener Steine, die den Leichnahm bedeckt haben. Das heißt, mit diesem Stein müsstest Du schon mal gesprochen haben oder nach Deiner Aussage der Stein mit Dir.


    Seltsam dass solche Gaben stets nur dann funktionieren, wenn kein Zeuge zum Beweisantritt anwesend ist.


    Wir stellen fest, Du hast weder hellsichtige Fähigkeiten, noch die Gabe mit Steinen zu reden. Lediglich die Gabe extrem schlecht zu lügen. Die Regeln sind bekannt. Bis in vier Tagen", sagte Lurco und verschloss die Klappe wieder.


    Die Tür wurde kurz geöffnet und der Gefangenen wurde ein Trug Wasser und ein Stück Brot in die Zelle gestellt. Danach wurde diese wieder verriegelt.


    Gemeinsam verließ Lurco mit Pullus den Zellentrakt, während Caldus Nicon mit Wasser, einem Becher Wein und einem gefüllten Fladenbrot versorgte. Immerhin war dieser Mann hier zur Eigensicherung verwahrt. Danach wurde Nicon wieder sicher eingeschlossen.

  • Natürlich glaubte er ihr nicht. Wieso sollte er auch. Somit blieb Eireann nichts anderes übrig als seinen Worten ruhig zu lauschen. Tz! Er konnte diesen Stein von überall herhaben. Jedoch ließ sie sich ihre Gedanken nicht anmerken und starrte stattdessen weiterhin zu Boden. Denn das er den Stein aus den Ruinen des Ganymed hatte glaubte ihm die Dunkelhaarige zum Beispiel überhaupt nicht. Sie konnte einen Uneingeweihten doch nicht in die Mysterien der Hellsichtigkeit einweihen. Und schon gar keinem Römer. So blieb die Keltin vollkommen regungslos vor der Türe stehen. Während seine Worte wie ein Todesurteil klangen. Endgültig und für immer.


    Als sich die Klappe schloss und Eireann wieder alleine war, schüttelte sie ihren Kopf.
    “Es war klar das er mir nicht glaubt. Hätte ich gesagt das er den Stein aus den Ruinen geholt hat. Dann hätte er behauptet dass er den Stein vor der Castra gefunden hat.“
    Sprach Eireann an sich selbst gewandt und atmetet im nächsten Augenblick tief durch.
    “Ich werde hier niemals herauskommen.“
    Murmelte die Silurerin mit einem mutlosen Klang in ihrer Stimme. Denn allmählich schwand ihre Hoffnung jemals das Tageslicht wieder erblicken zu dürfen. Und dieser Gedanke ließ die eigentlich stolze und furchtlose Keltin erstickt aufschluchzen.


    Den Krug Wasser und das harte Brot ignorierte Eireann im ersten Moment gänzlich. Bis sie sich wieder unter Kontrolle hatte und den harten Brotkanten wie eine Verhungernde hinunterschlang. Das Wasser dagegen trank Eireann dann doch gesitteter und nicht alles auf einmal. So stellte sie den noch halbvollen Krug neben ihr Strohlager, auf welches sie sich erschöpft sinken ließ.

  • Erneut betraten Pullus, Lurco und Caldus den Zellentrakt. Lurco öffnete die Klappe zur Zelle um das Verhör fortzusetzen.


    "Neuer Versuch. Halten wir fest, die Lüge bezüglich der Ruine ist aufgedeckt. Du kannst nicht mit Steinen sprechen. Nicht mal mit einem des Tatortes, mit dem Du laut Deiner Lüge schon gesprochen hast.


    Halten wir weiter fest, weshalb sollten die Steine ausgerechnet Dich anlocken? Beziehungsweise weshalb solltest Du einem Klagelied der Steine folgen, wo Du doch vor Ort beim Brand über die sterbenden Menschen gelacht hast? Und dem Geschädigten sogar den Tod gewünscht hast? Die Letzte die sich für die Klagen der Toten interessiert, wärst Du.


    Weshalb warst Du tatsächlich in der Ruine?", fragte Lurco.

  • Die Keltin war dünn geworden und dunkle Schatten hatten sich unter ihre Augen gegraben. Während ihr gleichmäßiger Atem verriet das sie schlief. Zumindest hatte sie dies bis vor kurzem getan. Denn Eireanns Schlaf war äußerst leicht. Und so schreckte sie augenblicklich empor, als sie hörte wie sich die Klappe abermals öffnete. Die Urbaner waren zurück gekehrt. Endlich. Und so stemmte sich die Dunkelhaarige in die Höhe und verharrte mit niedergeschlagenem Blick in der Zelle.


    Der Stimme des Soldaten lauschte Eireann schweigend und zuckte bei seinen Worten leicht zusammen. Sie hatte nicht gelogen. Jedoch blieb Eireann verstummt. Auch wenn ihr die verschiedensten Gedanken durch den Kopf geisterten. So sprach sie keine davon aus. Schließlich wollte sie die Römer nicht provozieren, in dem sie unbedacht sprach.


    Seine Worte waren falsch. Nicht richtig. Und doch behielt Eireann ihre Gedanken für sich. Was sollte sie erwiedern? Was wollte er hören? Die Wahrheit verstand er nicht. Und so atmete Eireann tief durch, bevor sie ihre Stimme erklingen ließ.
    “Ich war in der Ruine um.. um meine Spuren zu verwischen Dominus.“
    Dann verstummte Eireann auch schon und hielt ihren Blick weiterhin gen Boden gesenkt.

  • Nun war es also so weit. Das eigentliche Verhör würde beginnen. Die Wortwechsel zuvor sollten die Keltin offenbar zermürben. Bis sie dann schließlich einknickte und den Urbanern alles erzählte was diese hören wollten. Denn Eireann wusste wieviel auf dem Spiel stand. Ihr Leben stand auf dem Spiel, denn mit diesem experimentierte die Dunkelhaarige und balancierte dabei gefährlich nahe an Abgrund.


    Innerlich brach Eireann der Schweiß aus. Jedoch verharrte sie vollkommen regungslos an Ort und Stelle und hielt ihren Kopf weiterhin gesenkt.
    “Die Spuren die sich mir beim Brand des Ganymed offenbarten.“
    Ob er ihr nun glaubte oder nicht. Eireann atmetet langsam ein- und wieder aus. Während ihr das Herz furchtbar laut in der Brust pochte und ihre Handinnenflächen nun ebenfalls von einem leichten Schweißfilm überzogen waren.
    “Die Rabenschädel...“
    Erklang abermals die Stimme der jungen Frau. Bevor sie sich ihre trockenen Lippen beleckte. Ob sie nach diesem Verhör zumindest einen frischen Krug Wasser in die Zelle gereicht bekam?


    Danach zu fragen wagte Eireann nicht. Und so herrschte wieder Stille.

  • Bei den fragenden Worten des Soldaten schüttelte Eireann ihren Koof. Sodass ihre dunklen Strähnen um's Gesicht tanzten.
    “Nein. Keine Zeichnung von Rabenschädeln. Echte Rabenschädel. Ich habe sie gesehen. Es ist kein Einzelner Dominus.“
    Wisperte Eireann und schielte aus dem Augenwinkel kurz empor. Bevor sie ihren Blick sogleich auf den Steinboden zu ihren Füßen heftete.

  • Abermals schluckte Eireann hart und kämpfte ihre aufsteigende Nervösität nieder. Denn es prasselten weitere Fragen auf sie hernieder. Sodass die Dunkelhaarige verzweifelt lauschte und bereits gedanklich eine Antwort formulierte.
    “Die Schädel waren nicht befestigt. Die Schädel wurden in Mauerritzen gesetzt.“
    Antwortete die Dunkelhaarige und visualisierte jenes Bild vor ihrem inneren Auge.
    “Diese Schädel. Sie haben mich beobachtet. Die toten Augen haben mich verfolgt und mir gesagt das ich verschwinden soll. Deswegen wollte i c h die Schädel verschwinden lassen.“
    Ob die Keltin nun die Zeichnung meinte oder die Schädel sei mal dahingestellt.

  • "Du gibst also zu, bewusst einen Tatort manipuliert zu haben und damit billigend eine Strafvereitellung verursacht zu haben", antwortete Lurco und schrieb auch dies, wie alles andere auf seine Wachstafel.


    "Die Schädel haben das gesagt? Interessant. Ich habe noch einige Schädel dabei von anderen Tatorten. Sprich mit ihm", sagte Lurco, kramte einen der Rabenschädel aus der Tasche und hielt ihn in die Höhe.


    "Vielleicht klappt es ja besser mit Vögeln. Leg los, der Schädel und ich sind bereit", forderte Lurco die Gefangene auf.

  • Was? Einen Tatort manipuliert zu haben? Nein. Überhaupt nicht. Sie hatte doch nur ... die Rabenschädel berührt und auch die Zeichnung verwischt, als sie mit ihren Fingern darüber glitt. Alles unbewusst. Woher sollte sie dies denn auch wissen. Strafvereitelung. Welch' schreckliches Wort und so fokussierte Eireann die Steine zu ihren Füßen äußerst intensiv. Während ein beben ihren Körper erzittern ließ.


    “Diese Schädel sind nutzlos. Es müssen exakt die gleichen Schädel sein. Aber ich kann es versuchen.“
    Erwiederte die Dunkelhaarige und spürte wie sich die Gänsehaut auf ihren Armen intensiviertr. Ein deutliches Zeichen ihrer körperlichen und seelischen Erschöpfung. Doch noch hielt sie sich aufrecht und würde es tunlichst vermeiden, vor dem Soldat umzukippen. Auch wenn er diesen Zusammenbruch ohnehin nicht sehen würde. Denn die Türe war noch immer verschlossen. Lediglich die kleine Klappe war geöffnet.


    Und vor dieser Klappe erkannte Eireann schemenhafte Umrisse. Bevoe sie ihren Blick rasch zu Boden wandte und sich den Rabenschädel visuell ins Gedächtnis rief. Ihre Augen hatte die Keltin dabei geschlossen. Nur wie sollte sie mit dem Schädel sprechen? Was sollte sie fragen?
    “Die Schädel.. sie wispern immer wieder Corvus, Corvus, Dominus.“
    Erschrocken taumelte Eireann zurück und starrte die Türe mit geweiteten Augen an.

  • "Du hast meine Frage nicht beantwortet, um wie viele Schädel es sich gehandelt hat. Der Stein war exakt einer vom Tatort und Du hast ihm kein einziges Wort entlocken können.


    Der Schädel sagt Corvus? Lüge und reine Schutzbehauptung. Der Schädel sagt wie der Stein nichts. Wir stellen fest, Du kannst auch nicht mit Schädeln sprechen. Das dies ein Rabenschädel ist und seine Botschaft Corvus lautet, ist klar. Aber das sagt nicht der Schädel, sondern jene die sie hinterlassen.


    Kurzum es sagte einer der Mörder, kurz bevor er verstarb weil ich ihn aufgeschlitzt habe.


    Du treibst Dich also an einem Tatort herum, vernichtest bewusst Beweise und kennst den Namen der mörderischen Gruppierung", antwortete Lurco und trug auch das fein säuberlich in seine Wachstafel ein.


    "Ergebnis der heutigen Befragung. Eine unbeantwortete Frage, gleich Verschweigen also nonverbale Lüge. Und eine offensichtliche Lüge. Es hatte so gut für Dich angefangen. Du solltes Deine Märchenstunde lassen. Vielleicht beim nächsten mal die volle Wahrheit. Du kennst die Regeln, bis in fünf Tagen", sagte Lurco und verschloss die Klappe.

  • Und erneut schob der Urbaner ihrer lange ersehnten Freiheit einen Riegel vor. Fast so wie das Geräusch wenn sich die Klappe schloss und Eireann wieder alleine gelassen wurde. Doch noch befand sich der Urbaner vor ihrer Zellentür. Das Sichtfenster war nämlich noch offen und Eireann konnte einen Schemen vor der Sichtluke ausmachen. Bevor sie ihren Blick erneut zu Boden richtete und sie deutlicher spürte wie ihr Angstschweiß ausbrach. Wenn sich das Sichtfenster schloss hatte sie alles verspielt. Und dennoch hatten seine Worte erneut diesen entschiedenen Klang, der ihr einen eisigen Schauer über den Rücken jagte.


    “Ich bin keine Brandstifterin. Nein!“
    Zischte Eireann wütend und ballte ihre Finger zu Fäusten.
    “Bitte. Bitte komme zurück. Bitte.“
    Flehte die Dunkelhaarige und fokussierte die Türe. Als wollte sie diese mit ihrem Blick in Luft auflösen lassen. Ein wahrlich erheiternder Gedanke, wenn die Gesamtsituation nicht so angespannt und gefährlich wäre.
    “Dominus? Wo steckst du? Wieso kommst du nicht und rettest mich? Dir würden die Soldaten glauben wenn du ihnen sagst wer ich bin.“
    Murmelte Eireann mit dumpfer Stimme und kehrte der Türe den Rücken


    Auf die Strohmatratze gesetzt, zog sie ihre Knie an den Körper und umklammerte ihre Knie mit den Armen.
    “Dominus. Es tut mir so Leid.“
    Schluchzte die Keltin mit erstickter Stimme und blinzelte hastig die Wuttränen weg, die sich in ihren Augenwinkeln eingenistet hatten.

  • Die Klappe würde geschlossen und die Urbaner gingen einige Zellen weiter.


    "Ist unser Optio schon zurück?", fragte Lurco Caldus.
    "Ja er liegt im Krankenhaus, hört man munkeln", antwortete der Kollege.
    "Wir benötigen Nicon. Pullus Du bringst Nicon zu Cerretanus und ich befrage Kyriakos. Einverstanden?", fragte Lurco.
    "So machen wir es hau ab", stimmte Pullus zu.


    Lurco verließ den Zellentrakt und den Carcer und machte sich auf den Weg zu seinem Zeugen.


    Caldus schloss die Zelle von Nicon auf.
    "Raus mit Dir, man will mit Dir sprechen", sagte er lautstark, damit Nicon ihn auch hörte.
    "Na los jetzt. Je eher Du aufsteht, je eher bist Du draußen", warf Pullus ein.

  • Kein Laut war aus Eireanns Zelle zu hören. Kein Wunder. Die Keltin schlief. Auch wenn ihre Sinne wachsam waren und sie im Carcer niemals so tief und fest schlummerte, wie sie es zum Beispiel in einem Raum tat, in dem sie sich sicher fühlte. Lediglich das Stroh raschelte leise, wenn sich die Dunkelhaarige leicht im Schlaf räkelte. Eireanns Miene wirkte selbst im Schlaf angespannt. Denn an völlige Entspannung war innerhalb der Carcermauern nicht zu denken. Der Krug Wasser stand bereits seit einigen leer neben der zerwühlten Strohmatratze und die Ratten krabbelten um den Krug herum. Das leise Geräusch ihrer Krallen ließ die Keltin abrupt aus ihrem Dämmerschlaf empor schrecken. Als ihr Blick auch schon gen des leeren Krugs glitt.


    “Der ist leer, du dummes Tier. Da wirst du keine Chance haben. Aber versuche es ruhig.“
    Sprach Eireann an das Tier gewandt. Ob sich noch mehr dieser Nager innerhalb der Carcermauern und ganz besonders ihrer Zelle aufhielten, wusste die Dunkelhaarige nicht. Es interessierte sie schlichtweg auch nicht. Ihr einziges Ziel war es endlich aus diesen Carcermauern heraus zu kommen. Endlich wieder in Freiheit zu sein. Um dann reumütig und auf Knien zu ihrem Dominus zurück zu kriechen. Bei diesem Gedanken spürte Eireann wie ein Schauer ihre Wirbelsäule empor kroch. Wie würde der Magus reagieren? Würde er sie totprügeln? Das Recht dazu hätte er. Und gekostet hatte sie ihm auch nichts. Also wäre es auch kein Verlustgeschäft für ihren Dominus.


    Und während sie sich langsam aufrichtete zeichnete sich Resignation auf Eireanns Gesichtszügen. Würde der Carcer ihre vorläufige Endstation werden? Würde sie nie wieder das Tageslicht erblicken dürfen?

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