Zelle X - Nicon

  • Nicon


    Das hatte man nun davon, wenn man den Urbanern ihre Fragen beantwortete! Er war viel zu nett gewesen, er hätte stattdessen einfach weglaufen sollen, wie es alle taten, wenn das Klimpern der Soldatengürtel und das Schlagen der genagelten Sohlen auf den Steinboden nahten. Nicon ging davon aus, dass man Kyriakos mit ihm erpressen wollte. Er sollte Aussage machen, sonst würde man Nicon foltern und töten. Nur würde das nichts nützen. Kyriakos konnte ein Stein sein. Nach einigen Stunden wurde von einer unerträglichen Unruhe und Übelkeit gepackt. Er presste den Mund an die winzige Gitteröffnung der ansonsten massiven Eisentür.


    "Wache! Ich habe meine Amphore beim Ganymed vergessen. Kann einer die mir bringen?"


    Dass sie leer war, hatte er vergessen. Kalter Schweiß stand auf seiner Stirn und sein Mund war vollkommen trocken. Die Zunge fühlte sich an wie ein Stoffklumpen, den jemand in seinen Rachen gestopft hatte und von ihrer Anwesenheit wurde ihm schlecht. Er versuchte, durch Würgen das Gefühl loszuwerden, doch seine eigene Zunge fühlte sich an wie ein Fremdkörper. Ihm kam Magensäure hoch. An was für einer Krankheit er litt, wusste er nicht, aber ihm war bekannt, dass der Wein dagegen half. Darum musste er darauf achten, nicht zu wenig zu trinken.


    "He", rief er heiser, nachdem er die Magensäure in eine Ecke gespuckt hatte, "ich brauche meine Amphore! Bitte!"

  • Wache - Publius Cantilius Caldus


    Caldus hatte es sich gerade etwas gemütlich gemacht, als Lurco und Pullus verschwunden waren. Und was war los? Einer der Neuzugänge plärrte. Natürlich. Was war auch anderes zu erwarten? Mürrisch stand er auf und ging zurück zu den Zellen.

    "Ja ja es erwischt immer die Falschen. Es gibt kaum einen Ort an dem es so viele Unschuldige auf einem Haufen gibt, wie den Carcer", schüttelte Caldus den Kopf.


    Der Bursche der sicherheitsverwahrt war, sah gar nicht gut aus. Caldus donnerte gegen die Tür, damit der Kerl ein paar Schritte zurück machte.


    "Amphore? Was ist los? Was ist in Deiner Amphore? Garum wohl kaum. Du siehst verdammt schlecht aus. Hast wohl nichts eingeschleppt hoffe ich", fragte Caldus argwöhnisch.

  • Nicon


    "Da war Wein drin", stöhnte Nicon und bei dem Gedanken an den köstlichen säuerlichen Geschmack brach ihm erneut der Schweiß aus und seine Finger begannen zu zittern. "Ich brauch das, das ist meine Medizin."

  • Wache - Publius Cantilius Caldus


    "Je mehr Du trinkst, je mehr wirst Du brauchen. Das ist ein Kreislauf aus dem die meisten nicht wieder rauskommen. Die Info nützt Dir jetzt nur nichts, Du brauchst einen Schluck. Ich gucke was ich auftreiben kann, solange reisst Du Dich zusammen und machst keinen Krawall!", warnte Caldus.


    Publius Cantilius Caldus verließ die Zellen und ging zurück auf seinen Platz wo er einem Kollegen bescheid gab. Dieser besorgte vom Bratwurststand gegenüber der Castra einen Becher voller Wein und brachte ihn Caldus.


    Mit dem Becher in der Hand kehrte er zum ausgedörrten Nicon zurück.
    "Ein Becher mehr nicht. Von der Tür zurücktreten!", befahl Caldus und schloss auf.


    Mit argwöhnischem Blick hielt er Nicon den Becher hin.

  • Nicon


    Wie befohlen trat der Lupo vom Urbaner zurück, um hernach gierig das dargebrachte Getränk zu schlürfen, als sei er ein Verdurstender, wenngleich man ihm gegenüber an Wasser nicht gegeizt hatte. Binnen Augenblicken war der Becher leer. Nicon schmatzte, um den Geschmack nachwirken zu lassen, und reichte das Gefäß zurück.


    "Danke. Gegenleistung?" Er machte eine unanständige Geste, da er gewohnt war, dass man ihm etwas schenkte, um ihn damit im Voraus zu bezahlen.

  • Wache - Publius Cantilius Caldus


    "Die Gegenleistung lieferst Du nachher meinen Kollegen die Dich verhören werden. Beantworte Ihre Fragen, jammere nicht herum und unterstütze damit die Ermittlungen. Das ist der schnellste Weg hier raus. Für Euch beide. Je länger Ihr Euch quer stellt, je länger werdet Ihr hier schmoren", antwortete Caldus und staunte nicht schlecht über den Zug den Nicon hatte. Eine Wunder war, dass er nicht noch den Becher ausleckte.


    Caldus nahm Nicon den Becher ab und verschloss wieder die Tür. Dann begab er sich zurück auf seinen Posten.

  • Nicon


    Nicon hatte die Zeit pragmatisch genutzt, indem er sie verschlief. Die sichere Umgebung beruhigte seine Nerven, Übergriffe im Schlaf musste er hier keine fürchten. Er genoss die Ruhe vor den Freiern, mit denen er sich sonst mehrmals täglich plagen musste und das Abklingen der Wunden war wohltuend. Er bekam regelmäßige Mahlzeiten und die Temperaturen waren Tag und Nacht konstant. Er schlief so gut wie lange nicht mehr. Nur der ewige Durst ...


    "Kann ich vorher noch einen Becher Wein kriegen", fragte er mit Pupillen, die hin und her zitterten.

  • Pullus wechselte mit Caldus einem Blick und der Wärter nickte.
    "Ja das geht in Ordnung, Du hast höflich gefragt. Na komm, ein Stück gefülltes Brot kannst Du ebenfalls dazu haben", antwortete Caldus.


    Er zog Nicon aus der Zelle und gemeinsam verließen die drei den Zellentrakt. Bei Caldus Wachstube angekommen bekam Nicon seinen Becher Medizin gegen das Zittern und ein gefülltes Brot.


    "Nach in Ruhe, danach geht es zum Optio", sagte Pullus entspannt.

  • Nicon


    Um sich zu zwingen, den Wein langsam zu sich zu nehmen, tunkte Nicon das Brot hinein und saugte die Flüssigkeit damit auf. Das matschige Brot aß er voll Genuss, nun musste er es nicht mit seinen kaputten Zähnen kauen. Er bekam wieder Farbe im Gesicht, sein Zittern beruhigte sich und die Übelkeit verschwand zusammen mit den quälenden Kopfschmerzen.


    "Danke", sagte Nicon am Ende und wischte sich den Mund mit den Händen ab, nachdem Wein und Brot vom Antlitz Romas verschwunden waren. "Ich bin so weit."

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