Ein gutes Essen zum Ende eines guten Tages

  • Vom Forum Romanum kommend hatten wir uns in die Taverna Apicia begeben. Glücklicherweise gab es noch einen freien Tisch, so dass wir Platz nehmen konnten. Der Tisch wurde uns allerdings von einer gutaussehenden Sklavin gewiesen. Von dort hatten wir einen guten Blick auf das Trajansforum, das Tal des Forum Romanum und den Palatin.


    Der eine oder andere schien mich zu kennen. Vielleicht war ja etwas an den Gerüchten dran, dass ich inzwischen ein klein wenig Berühmtheit erlangt hatte.


    "Wir nehmen Falerner, und Wasser zum verdünnen. Und außerdem die heutige Auswahl der Speisen auf einer Wachstafel."


    Die Sklavin nickte und ging zügig holen, wonach ich verlangte. Kurz darauf kam sie mit zwei Gläsern, sowie je einer Glaskaraffe mit Wein und Wasser zurück. Die Wachstafel legte sie ebenfalls auf unseren Tisch, bevor sie sich wieder entfernte.


    Währenddessen wandte ich mich an meinen Vetter.


    "Suche dir aus, was du magst. Hier bekommst du mit Abstand die besten Speisen in Rom."

  • Die Auswahl der Taverne war hervorragend. Sie war nicht nur gut besucht, nein, die Aussicht auf Rom war ebenfalls atemberaubend. Eine kühle Briese wehte und war im Kontrast zu dem heißen Tag eine Wohltat.

    Man könnte sehen wie mehrere Menschen auf die beiden schauten und miteinander sprachen, sicherlich wegen Tacitus, der ja doch eine Berühmtheit war.


    Als die Sklavin mit den Getränken und der Wachstafel kam, schaute Stilo hungrig auf diese und riss seine Augen weit auf. "Mir scheint, dass hier die Speisen wirklich passend zur Atmosphäre, sagen wir, außergewöhnlich gut sind." Er ging mit den Finger die Tafel durch und staunte ebenfalls über die Vielfalt der hier angebotenen Speisen. Schließlich blieb sein Finger stehen, überlegte kurz und wandte sich wieder an Tacitus. " Ich glaube, ich werde den Fischteller nehmen. Hier steht, der Fang des Tages. Ich bin gespannt was es geben wird. Außerdem etwas Brot mit Oliven und Käse. Magst du ebenfalls mal schauen?"

  • "Auf jeden Fall. Ich muss sehen, was es Neues gibt."


    Nachdem mir die Wachstafel gegeben wurde, las ich sie aufmerksam durch. Da fand ich doch etwas.


    "Die Ente mit Feigen, Pistazien, Hühnerleber und gestocktem Pulsum in Gewürzsoße spricht mich an."


    Das war zwar eines der teuersten Gerichte, aber das machte mir nichts aus.


    "Diesmal lade ich aber ein. Darauf bestehe ich."

  • Die Einladung würde Stilo nicht ablehnen - so mal die Preise hier auch dementsprechend "gesalzen" waren.


    Tacitus Auswahl, die teuerste auf der Tafel, hörte sich sehr lecker an, aber auch jetzt würde Stilo bei seiner Wahl bleiben - die zeitgleich die günstigste Alternative war.

    Er nahm die Glaskaraffe und setze bei Tacitus an, "Wie möchtest du deinen Wein gemischt haben, Tacitus?", fragte er freundlich.

  • "Nun, da ja bereits Abend ist, darfst du gerne halb und halb mischen."


    Lächelnd nickte ich ihm zu. Langsam kühlte auch die Luft etwas ab und eine leichte Brise brachte etwas von der angenehm kühlen Luft in die Taverna. Meine Tunika war inzwischen durchgeschwitzt, was aber dank der Toga verborgen blieb.


    "So lässt es sich aushalten, meinst du nicht? Eine angenehme Luft, guter Wein, der Blick auf Rom und die Gesellschaft eines Verwandten."


    Gut, Verwandtschaft musste nicht immer geschätzte Gesellschaft sein, doch Stilo war definitiv jemand, mit dem ich jederzeit wieder etwas unternehmen würde. Vielleicht würde es ich auch einmal ergeben, dass er mir seine Heimatstadt zeigen könnte.

  • Lächelnd setzte Stilo die Karaffe an und tat wie ihm geheißen. Der Wein roch fruchtig und versprach, zusammen mit dem Mahl, diesen Tag ebenso spektakulär zu beenden.


    "Tactius, ich muss mich bei dir bedanken. Du hast recht, es lässt sich so aushalten, aber ebenso war der ganze Tag an sich atemberaubend. Ich habe so vieles gesehen, gelernt und bewundert, wie ich es mir auch nur erträumen hätte können. Und dafür möchte ich, nein ich muss, ich muss dir für alles danken!"


    Er hob sein Becher, der ebenfalls halb gemischt war, und strecke ihn Tacitus zu. "Auf uns, auf Rom, auf die Familie", dann senkte er ihn kurz, nahm tief Luft und hob ihn wieder an, "und auf dich, Tacitus!"


    Diesen Tag, da war sich Stilo mehr als sicher, würde er nie im Leben vergessen.


    Zugleich kamen die Bediensteten mit mehreren Tabletts, auf den die Speisen angerichtet waren. Der Duft stieg Stilo in die Nase und er konnte es kaum abwarten. Vor ihm wurde auf den Tisch ein Teller gesetzt, auf dem eine große Dorade platziert wurde. Dazu wurde ein Kännchen mit Garum gebracht sowie mehrere kleine runde Brote, von denen noch Dampf empor stieg.

    Rechts von Stilo wurde eine ordentliche Portion grüner Oliven, die mit Fenchel angesetzt waren, serviert. Der Käse, der als Letztes kam, rundete die Mahlzeit vollends auf.

    Ja, so lässt es sich aushalten, ging Stilo ein letztes Mal durch den Kopf.

  • Mir wurde ein Teller mit knusprig gebratener Ente vorgesetzt, über die reichlich Pistaziensplitter gestreut waren. Die Hühnerleber war in feine Streifen geschnitten am Tellerrand angerichtet. Die Gewürzsoße wurde in einer eigenen Schüssel gereicht, ebenso wie das gestockte Pulsum.


    Ich hob meinen Becher.


    "Auf uns, auf unsere Heimat, unsere Tugend und vor allem darauf, dass wir unserer Familie Ehre machen werden!"


    Nach einem Schluck Wein probierte ich zunächst das Pulsum. Es war mit Safran, Kardamom und Pfeffer verfeinert. Danach probierte ich die Soße, die ziemlich pikant war, aber auch Fenchelsaat, Rosmarin und andere aromatische Gewürze enthielt. Es war ausgesprochen lecker und der Geschmack passte sowohl zum Pulsum, als auch zur knusprigen Ente.


    "Ich hoffe, dass dein Mahl ebenso gut schmeckt wie meins. Das hier ist wirklich vorzüglich."


    Nach diesem Satz, den ich an Stilo gerichtet hatte, wandte ich mich an die Sklavin, die das Essen serviert hatte und neben unserem Tisch stehen geblieben war, um zu erkennen, ob die Speisen in Ordnung waren.


    "Mein Kompliment an den Koch. Er hat, wie immer, hervorragend gearbeitet."


    Die Sklavin verneigte sich mit einem erfreuten Lächeln.

  • Die verschiedenen Aromen der Speisen vermischten sich und versprachen ebenso gut zu schmecken, wie sie rochen.


    Stilo nahm ein Schluck aus seinem Becher und kostete etwas vom Fisch, während er die einzigartige Atmosphäre auf sich wirken ließ.

    "Das glaube ich dir gern. Auch das hier ist hervorragend. Dass eine so simple Speise mit den passenden Gewürzen zu etwas so köstlichen werden kann, das ist echt faszinierend."

    Unwillkürlich musste Stilo lachen. "Ob in den Legionen auch so leckere Rationen ausgeteilt werden?", fragte er ironisch und wusste, wie die Antwort darauf fallen würde.
    "Außerdem, wenn wir nach Germanien aufbrechen, werden wir uns dort mit Sicherheit nach solchen Speisen sehen. Was meinst du?"

    Er konnte sich keineswegs vorstellen, dass das Essen dort überhaupt das Niveau einer schäbigen Taverne erreichen würde.

  • Auf die, zweifelsfrei ironische gemeinte, Frage zum Essen bei den Legionen, hätte ich mich fast am Essen verschluckt, weil ich lachen musste.


    "Laut ehemaligen Soldaten ist die Verpflegung nahrhaft. Was den Geschmack betrifft..."


    Ich schnitt eine vielsagende Grimasse und lachte.


    "Das ist aber nur Hörensagen. Was das Essen in Germanien anbetrifft, kann ich nur wenig sagen. Ich vermute aber, dass wir am Tag vor unserer Abreise lieber noch einmal etwas hier essen gehen. Es wird für uns beide dann sicher längere Zeit nichts Besseres geben. Bei dir noch länger als bei mir. Aber, wie die Philosophen sagen, man soll nicht zu sehr an alltäglichen Dingen hängen. Seien sie auch noch so erfreulich. Und Essen ist, letztlich, etwas Alltägliches. Wobei das hier schon an der Grenze des Alltäglichen ist."


    Ich nahm meinen Becher und prostete Stilo zu.


    "Auf das nicht ganz so alltägliche Alltägliche, das wir gerade verspeisen."

  • Stilo erhob lachend seinen Becher und mit einer Geste prostete er zurück.


    "Auf das nicht ganz so alltägliche!" sagte er und nahm einen großen Schluck, ehe er sich wieder seinen Fisch widmete.


    "Wirklich hervorragend, sage ich dir." Er nahm dabei ein Stuck seines Brotes und tunkte es in den Sud hinein.

    "Wenn wir, sofern es die Götter wollen, eines Tages wieder zusammen hier sein sollten, dann werde ich dich hier einladen."


    Auf den letzten Bissen seiner Mahlzeit zukommend empfand Stilo eine gewisse Freude über den heutigen Tag. Er wäre niemals auf den Gedanken kommen, so eine unterhaltsame und informative Stadtführung zu genießen, geschweige denn überhaupt mit Gesellschaft die Zeit in Rom zu verbringen. Darüber war er dankbar und sich sicher, sobald Sie wieder daheim sind ein kleines Opfer für die Götter vorzunehmen.


    "Hast du ein Schutzgott, Tacitus?", fragte er augenblicklich.

  • Ich dachte über die Frage nach, während ich meine letzten Bissen herunterschluckte.


    "Nun, ich gehe davon aus, dass jeder, der einmal am Museion studierte, unter dem Schutz Apollos steht. Allerdings steh ich auch Iustitia nahe. Doch würde ich keine von beiden Gottheiten als Schutzgott ansehen. Denn keine andere Gottheit steht mir so nahe, wie Minerva. Sie hat mich überreich gesegnet. Und sie hat mich stets davor bewahrt, Dummheiten zu begehen. Ganz im Gegenteil sie führt mich und motiviert mich, stets weiter zu denken, als andere."


    Dass eine Minerva auch eine Kämpferin war, erwähnte nicht. Das erschien mir nicht relevant.


    "Und wie sieht es bei dir aus?"

  • Auf die Frage hin versank Stilo tief in seinen Gedanken. Gefühlt eine Ewigkeit schwelgte er in Erinnerungen an seine Begegnung mit dem Göttlichen.

    Er war noch ein kleiner Junge als er alleine auf dem Hügel über der Bucht stand und das Blitzspektakel beobachtete, dass sich über seinen Kopf abspielte.

    Die Wellen tobten und schlugen gegen die Küste. Die Gischt, vom Wind hergetragen, legte sich sanft über sein Gesicht. Damals spürte er die Kraft von Neptun und war im zutiefst verbunden.


    "Weißt du," fing er an, "ich habe mal die Kraft von Neptun gespürt. Es war atemberaubend und beängstigend zugleich. Seitdem bin ich ihm sehr nahe und opfere ihm jedes Mal, wenn ich die Gelegenheit dazu habe. Nur glaube ich, dass für meine Zukunft ein anderer Gott zuständig sein wird. Ohne, dass ich Neptun verärgern möchte oder werde, versuche ich mich mit Mars, den Kriegsgott. Ich denke, ich werde früher oder später seine Gunst benötigen. "

  • "Neptun ist bekannt dafür, sich mit einer Vehemenz zu zeigen, die uns Sterbliche Demut lehrt. Andere Götter sind da subtiler."


    Dieser Kommentar sollte Stilo zeigen, dass ich Verstand, was er mit der Kraft Neptuns meinte.


    "Und ich gebe dir Recht, dass du als Legionär sicher die Unterstützung von Mars gebrauchen kannst. Allerdings solltest du dennoch hin und wieder an Neptun denken. Einen solch jähzornigen Gott möchte man nicht als Gegner haben. Und ich weiß nicht, wie er reagieren wird, wenn er sich zurückgewiesen fühlt. Deshalb solltest du ihm stets zeigen, dass du weiterhin an ihn denkst. Er wird es zu würdigen wissen, wenn du ihm kleine Opfer bringst, selbst wenn er gerade nichts für dich tun kann. Und ich denke, dass du auch ab und zu Iuppiter opfern solltest. Immerhin sorgt er für Ordnung, so wie auch die Legionen für Ordnung sorgen."


    Ich klang nun irgendwie älter, als ich war, dachte ich mir.


    "Doch denke ich auch, dass du beobachten solltest, welchen Göttern deine künftigen Kameraden regelmäßig Opfer bringen. Vor allem die erfahrenen Legionäre werden wissen, auf wessen Hilfe man sich im Gefecht verlassen kann."

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