• Nach dem kleinen Empfang waren drei Tage vergangen und eigentlich war Quintus schon wieder dabei, seine Sachen packen zu lassen, denn eigentlich wollte er zurück nach Mantua. Doch da meldete ihm kein Sklave, nein, der Vilicus selbst, dass das eine kleine Delegation der Valerii vor der Porta war. Etwas hektisch holte man die Besucher erst mal ins Atrium und bereitete dann im Tablinum alles für einen bequemeren Empfang vor. So hohen Besuch hatte man im Haus der Tiberii schon lange nicht mehr. Quintus hatte diesen Raum, der ja eigentlich das Arbeitezimmer des Hausherren war, nicht genutzt. Sein bisschen Korrespondenz hatte er in seinem Raum erledigen können. Nun aber holte er die Männer ab, unter denen sich zu seiner Überraschung auch Titus Valerius Messalla Catullus patmai.png und der Casperius, der Magister der Augustales befanden und führte sie ins Tablinum. „Edler Valerius, ich bin überrascht, wenn auch nicht unangenehm, dich zu sehen. Dich natürlich auch, mein lieber Magister Casperius.“ Begrüßte er erst mal die Männer, um die es offenkundig ging.


    Valerius Catullus nickte beifällig ob der Begrüßung. „Ich bin auch erfreut, dass du uns noch empfängst. Wie ich sehe, bist du im Aufbruch.“ Erwiderte er und der Casperius streute gleichfalls ein paar Worte der Begrüßung ein. Da aber offenkundig war, dass der Valerius diesen Besuch initiiert hatte, hielt dieser sich zurück. „Mir wurde zugetragen, dass du ein traditionsbewusster Mann bist und man sein Vertrauen in dich setzen kann.“ Eröffnete der Valerius erst mal.


    Quintus war skeptisch. Was diesen Besuch hier anging, wollte aber nicht unhöflich sein aber was wollten diese Männer von ihm? Er nickte dem Casperius zu. „Ich danke dir für deine Fürsprache, denn zweifellos bist du der Mann hinter diesen Worten. Womit also, werter Valerius, kann ich dir mit meinen bescheidenen Mitteln helfen? So ich es vermag, werde ich es tun.“ Tastete er sich erst mal vorsichtig heran, nicht dass er sich zu weit aus dem Fenster lehnte.


    Valerius Catullus „Ich hoffe auf deine Verschwiegenheit in dieser Sache.“ Sagte Titus und wusste, dass er sich auf sehr schlüpfrigen Boden begab, aber er hatte wenig andere Möglichkeiten. Er brauchte einen Mann, der nichts mit den Seilschaften in Rom zu tun hatte und wenigstens den Hauch eines Namens. Schon seit der Casperius von dem jungen Mann erzählt hatte, hatte man Erkundigungen eingezogen. sich dann den Mann auf der Feier vorsichtig beäugt und weitere Erkundigungen eingezogen.


    Quintus machte ein pikiertes Gesicht, weniger für sich, eher für seine Gäste. „Wenn dem nicht so wäre, ich nehme an, du hast Erkundigungen eingezogen, wärst du nicht hier.“ Gab er sehr trocken zurück, denn es war offensichtlich, dass der Valerius in der Patsche steckte und jemanden brauchte, der ihm aus dieser Scheiße zog. Nur wie er da ins Spiel passen sollte, verstand er nicht. Vorsichtshalber schickte er alle Bediensteten und Sklaven außer Hörweite und setzte sich dann wieder.


    Valerius Catullus „Du hast recht, das habe ich“ Sagte er mit etwas Unbehagen. „Darum ohne Umschweife. Meine Tochter Lucilla hat sich in Schwierigkeiten bringen lassen, von wem sei erst mal ohne Belang.“ Von einem Sklaven, dessen Ende schon besiegelt war. Dieses törichte Ding, hatte davon geschwafelt das sie ihn liebte. „Aber bevor du fragst niemanden, der heiratbar ist für eine Frau aus meiner Familie. Und wie du dir denken kannst, hat meine Familie politische Gegner und auch andere Feinde, die es gern sehen würden, wenn man meiner Tochter wegen Unzucht den Prozess macht.“ Jetzt war die Bombe erst mal geplatzt.


    Quintus rutschte mit Unbehagen auf seinem Stuhl hin und her. Seine abgeklärte Kaltschnäuzigkeit war wie weggeblasen, denn hier tat sich ein riesiges Loch vor ihm auf. „Und wie komme ich dabei ins Spiel?“ Fragte er nach, ob wohl ihm die Antwort schon schwante.


    Valerius Catullus „Nun werter Tiberius, du wohnst weit weg von Rom, niemand würde Fragen stellen, wenn das Kind, sagen wir, zwei drei Monate früher als erwartet, kommen würde. Wenn du es in deinem Haus aufhebst, wenn meine Tochter es dir als deine Frau vor die Füße legt, würde keiner Fragen stellen.“ Skizzierte der Valerius, wie er sich das im Groben und Ganzen vorstellte. „Du verstehst sicher, worauf ich hinaus will. Und du verstehst sicher, dass dir eine Braut aus solchem Hause nicht noch einmal angeboten wird.“ Damit war die Falle samt Köder ausgelegt. Der Tiberius war ein Niemand, ein Patrizier aus einer Familie, die in Rom quasi keine Rolle mehr spielte und der in der Provinz wohnte. Eine solche Braut war wie politisches Gold, wenn er eine Karriere anstrebte. „Die Chance, dass es ein Mädchen wird, ist ja gegeben und viele Kinder sterben in jungen Jahren. Du solltest dir also nicht so viele Gedanken über ein Kuckuskind machen. Du würdest meiner Familie und ich meine auch die weitläufigere, einen großen Gefallen tun. Andererseits wäre eben diese Familie auch sehr enttäuscht von dir, wenn du uns in einer solchen Notlage deine Freundschaft verweigern würdest.“ Mit dem letzten Satz, setzte er dem jungen Mann das Schwert auf die Brust.

  • Quintus' Herz krampfte sich zusammen. Er begriff, dass er dem Casperius auf den Leim gegangen war. Dieser hatte ihn vom ersten Moment an sauber eingewickelt. Quintus hatte geglaubt, den Mann mit seinem gespielten, sitzsamen, traditionsbewussten jungen Mann einwickeln zu können. Dabei hatte der Mann aber sein eigenes Spiel gespielt, ohne dass Quintus auch nur etwas geahnt hatte. Quintus begriff, dass dieser, als er ihn kennengelernt hatte, sofort in Ihm das Werkzeug für das Dilemma seines Freundes Valerius erkannt hatte. Die Valerii waren eine Familie, die in den höchsten Priesterämtern war. Da brauchte man so einen Skandal nicht und bei einem Haus voller Sklaven konnte man so etwas nicht geheim halten. Dann war es nur noch eine Frage der Erkundigungen, die man über ihn eingezogen hatte. „Nun, Edler Valerius, ich sehe dein Dilemma.“ Versuchte er, sich erst mal etwas Zeit zu verschaffen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen. Was tun, was tun? Grundheraus ablehnen, das war unmöglich. Die Valerii hatte so viel Einfluss, um auch noch den Rest des Ansehens seiner Familie in den Dreck zu ziehen. „Was, wenn es doch ein Junge wird und er überlebt? Dann habe ich einen Erben, der nicht von meinem Blut ist. Der Sohn eines Dichters oder dreierlei.“ Dass sich eine junge Patrizierin von einem Haussklaven hatte schwängern lassen, das war für ihn so abwegig, dass ihm der Gedanke nicht kam. Der Sohn eines Eques, vielleicht den sie bei einer Gesellschaft kennengelernt hatte, oder der Sohn eines reichen Bürgers, aber sicher kein Sklave.


    Valerius Catullus der junge Tiberius wand sich noch ein bisschen, aber die Dolche kamen näher, dachte der Valerius bei sich. „Nun sei versichert, dass in diesem Fall die Valierii deinen leiblichen Söhnen mit Geld so weit aus helfen werden, dass es diesen kein Schaden sein wird. Du verstehst, dass eine Enterbung eines ersten Sohnes meiner Tochter nicht in Frage kommt, das würde zu viel Aufsehen schaffen, das wäre nicht gut.“ Sagte er weiter, aber dieses Mal mit einem Gesicht, das keinen Zweifel aufkommen ließ, dass es am Geld nicht scheitern sollte.


    Quintus Magen rebellierte, aber er konnte nichts tun, denn wenn er jetzt zum Abort rannte, würde er seine Würde verlieren. „Du sagst, ihr würdet zahlen, aber was ist mit meiner Ehre oder was, wenn sie mir nicht gefällt?“ Griff er nach den letzten Strohhalmen. Aber schon als er es ausgesprochen hatte, merkte er, wie flach seine Argumentation wurde. So eine Braut angeboten zu bekommen, da ging es nicht darum, wie sie aussah, oder gar seine Ehre, die ja, so es keiner mitbekam, überhaupt nicht verletzt würde.


    Valerius Catullus mit einem süffisanten Lächeln auf dem Gesicht, sagte Titus. „Junger Tiberius sei kein Kindskopf. Als ob es beim Heiraten um Liebe geht.“ Eine groteske Vorstellung. Der ja leider auch seine Tochter verfallen war. „Und ich denke, wir wissen beide, dass eine solche Verbindung deiner Ehre ehr zuträgt. Willst du wirklich eine Braut aus dem Haus der Valerii, einer der ältesten Familien der Stadt, ablehnen? Bedenke wie viele Freunde der Familie dir das übel nehmen könnten.“


    Quintus verstand wenn ein Spiel verloren war. Es war eine Mischung aus Pflichtgefühl der Familie gegenüber und Hilflosigkeit die ihn einknicken ließen. „Wer könnte eine solch würdige Braut ablehnen.“ Sagte er mit einem etwas sarkastischen Unterton, gab sich aber geschlagen. Eine Hure! Wenn auch eine aus edlem Haus stammende, blieb seine Zukünftige eine Hure die sich hatte außerehelich schwängern lassen.


    Valerius Catullus überhörte den sarkastischen Unterton. „Siehst du, ich wusste, wenn mein Freund Casperius Megellus sagt, du bist ein vernünftiger Mann, dann kann ich mich darauf verlassen.“ Er nickte dem Casperius freundschaftlich zu. Ein Freund der Familie, der nicht gezögert hatte, ihm zu helfen, das würde er nicht vergessen. Vielleicht bekamen sie jetzt doch noch im letzten Moment die Kuh vom Eis. „Wir werden alles vorbereiten in zwei Tagen denke ich. Überlass die Vorbereitungen ruhig unserer Familie, du bist ja hier nicht so mit den Abläufen vertraut. Mein Villicus wird die Vorbereitungen in deinem Haus übernehmen.“


    Quintus Magen rebellierte immer mehr und er kämpfte wirklich. Sie hatten ihn sauber eingewickelt und verschnürt. Diese zwei alten Hasen hatten ihm eine schwangere Hure mit einem fremden Kind im Bauch als Braut angedreht. Es war unfassbar, wie blind er in diese Falle getappt war.


    Valerius Catullus strahlte übers ganze Gesicht, als er sah, wie sein zukünftiger Schwiegersohn mit der Gesichtsfarbe kämpfte. „Wir finden allein raus. Wie ich sehe, musst du die Freude erst mal verarbeiten.“ Sagte er, und auch der Casperius und die anderen beiden Männer verabschiedeten sich. Sie waren enge Verwandte und sollten, sollte der Tiberius kalte Füße bekommen, bezeugen, dass dieser ein gültiges Verlöbnis geschlossen hatte.

  • Quintus versuchte seine Fassung zu behalten, bis die beiden gegangen waren. Dann aber rannte er zum Abort und er danke allen Göttern, dass sein Darm erst da versagte. Dann, als das vorbei war, hatte er sich zu allem Überfluss auch noch übergeben.

    So hilflos hatte er sich nicht mehr gefühlt, seit er ein Kind war.

    Dann wischte er sich den Schweiß von der Stirn und ging zurück ins Tablinum.

    Dort ließ er sich von einem Sklaven einen Becher unverdünnten Wein bringen. Diesen stürzte er ohne nachzudenken hinunter und ließ sich den Becher noch mal füllen und stürzte auch diesen hinab. Erst als der Sklave den Becher noch mal gefüllt hatte, schickte er den Sklaven weg und setzte sich auf den Stuhl des Hausherren an den Schreibtisch und stellte den Becher ab.

    Er versuchte zu erfassen, was hier gerade passiert war. Es kam ihm vor wie ein Fiebertraum. Er sollte die schwangere Tochter des Valerius heiraten, damit nicht herauskam, dass sie sich unverheiratet hatte schwängern lassen. So weit, so gut, aber warum hatte er zugestimmt? Ach ja, die Familienehre, weil er befürchtete, dass die Valierii auch noch das letzte Bisschen in den Schmutz ziehen würden, wenn er es nicht tat.

    Die Drohung seines baldigen Schwiegervaters war eindeutig, wenn auch nett verpackt in dem Satz: Die gesamte Familie wäre enttäuscht, wenn er ihnen seine Freundschaft verweigern würde.

    Quintus verschwendet keinen Gedanken daran, dass seine Braut ja doch ganz hübsch und liebevoll sein könnte, nur daran, dass sie ihn mit ihrem Balg in diese hilflose Situation gebracht hatte. Dafür hasste er sie jetzt schon. Wenn es etwas gab, das er hasste, war es, keine Kontrolle über etwas zu haben.

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