Eisenkarawane
In den kupfernen Baumkronen tanzte das Sonnenlicht, als ob die Natur ein letztes Fest vor dem Einbruch des Winters feierte. Das erste Herbstlaub rollte leise raschelnd über die staubige Straße, ein Anzeichen der nahenden Kälte. Was wie ein friedlicher Herbsttag im freien Germanien hätte sein können, wurde jäh unterbrochen vom dumpfen, rhythmischen Hämmern eisenbeschlagener Hufe, das sich aus dem Südwesten näherte. Doch da war auch das Rollen von Rädern und das schwere Schnaufen von hart arbeitenden Ochsen.
Bald verdarb der Anblick der narbigen, bärbeißigen Männer von der Turma Secunda die Idylle, von denen fast jeder sowohl germanisches Blut in den Adern als auch germanisches Blut vergossen hatte. Für die rückständigen Barbaren waren sie nichts weiter als Verräter, doch für jene Germanen, die Wohlstand und Fortschritt suchten, waren sie die mutigen Verteidiger ihrer Zukunft. Sie verkörperten eine germanische Tugend, die weit über das primitive Gezanke der Hinterwäldler hinausging, die sich in ewigen Kleinkriegen aufrieben und am liebsten ungestört von Rom bleiben wollten.
Matinius Sabaco, der römische Decurio der Turma, hatte sich schon als Kind wenig um die Idee der Volkszugehörigkeit geschert. Für ihn war es nie so einfach gewesen, dass einen Meter hinter der Grenze die Menschen plötzlich klüger oder dümmer wären. Ihn interessierte nur, ob das Herz eines Menschen am rechten Fleck saß. Er war bekannt dafür, die Germanen unter seinem Kommando zu hätscheln und feindliche Exemplare ohne Zögern zu töten – genau wie er es mit einem verräterischen Römer tun würde, wenn es nötig war.
Mit einer Selbstverständlichkeit, die fast an Frechheit grenzte, patrouillierte die Turma Secunda regelmäßig durch das freie Germanien. Die berittenen Soldaten boten Karawanen bestimmter Händler Geleitschutz, um sicherzustellen, dass die für Rom wichtigen Güter unbeschadet in die römischen Gebiete gelangten. Auch an diesem Tag begleitete die Turma eine Ladung der feinsten Eisenbarren, die sie zu einem Spottpreis von den Germanen erworben hatten – für die Römer ein Schnäppchen, für die Germanen ein Vermögen, das ihre haarigen Hände niemals zuvor gehalten hatten. Die einheimischen Händler fühlten sich sicher und während der letzten Rast hatten sie unbeschwert mit den Soldaten geredet und ihnen einen herrlich würzigen Fleischeintopf mit Sahnesoße auf eigene Kosten gekocht.
Sabaco, der im vorderen Drittel der Truppe ritt, war zufrieden mit seiner Leistung und der Ordnung, die er in dieser halben Wildnis aufrechterhielt. Die Operation Sommergewitter hatte sich aus Gründen verschoben, die nur die ganz hohen Tiere der Ala I Aquilia Singularium und der Provinzverwaltung kannten. Doch wie es aussah, entfaltete die Straße selbst bereits eine beachtliche Wirkung. Unter seiner Führung würde die Turma Secunda weiterhin das fragile Gleichgewicht zwischen römischer Macht und germanischem Stolz bewahren.