Antiochia ad Orontem sehen - und weiterziehen

  • Nach einer – der Jahreszeit zum Trotz - ereignislosen Überfahrt von Ostia aus hatten wir den Hafen von Seleucia Pieriae erreicht. Dort hatte ich Kamele (die korrekterweise Dromedare genannt werden sollten) gekauft, um meine Waren und auch mich selbst und meinen Sklaven Hasdrubal zu transportieren. Von dort aus machten wir uns als kleine Karawane mit neun Kamelen, davon zwei Reitkamele für mich und Hasdrubal, auf den Weg nach Antiochia am Oronthes.


    Die Mauern waren beeindruckend, wenngleich nicht so beeindruckend wie die Mauern Roms. Die Stadt betraten wir über eine Brücke über den Oronthes, die in einem Stadttor endete. Nach der üblichen Befragung und Durchsuchung ging es in die Stadt. Von den Wachen hatte ich mir ein paar wertvolle Hinweise geben lassen und mich dafür großzügig gezeigt.


    Zu unserer Rechten stand das Stadion. Es war kleiner als der Circus Maximum, doch mit dem Stadion auf dem Campus Martius vergleichbar. Links von uns befanden sich Thermen und dahinter erhob sich der einstige Palast der Seleukidenherrscher. Die Fassaden schienen mir alle sehr neu zu sein. Jedenfalls waren sie besser in Stand gehalten als manches Gebäude Roms. Schließlich erreichten wir ein zweites Tor. Der Blick nach links offenbarte eine Straße, die in an einem Gebäude endete, welches ein Circus zu sein schien. Wir zogen aber weiter durch das Tor und landeten auf einer weiteren Brücke über den Oronthes. Mir wurde in diesem Moment klar, dass sich der Palast und die soeben gesehenen Gebäude auf einer Insel befunden haben mussten.


    Nun ging es an Thermen und danach an repräsentativeren Wohngebäuden vorbei, von denen einige mit Mörtel ausgebesserte Risse zeigten. Schließlich kreuzte unsere Straße eine weitere breite Straße, in die wir nach rechts einbogen. Es erstaunte mich, dass manche Gebäude sehr neu aussahen und andere wiederum Ausbesserungen zeigten. Schließlich entschloss ich mich, Passanten zu fragen, was es damit auf sich hätte. So erfuhr ich, dass vor einigen Jahren, als Divus Traianus hier weilte, ein Erdbeben die Stadt heimgesucht und große Zerstörungen angerichtet hatte. Nun verstand ich, was ich sah. Die neuen Häuser und Fassaden mussten eingestürzt gewesen sein und wurden deshalb neu errichtet, während die ausgebesserten Gebäude nur beschädigt worden waren und deshalb repariert werden konnten.


    Nachdem wir über einen runden Platz mit dem Nymphaeum gezogen waren und ein ganzes Stück später wieder Stadtmauern am Ende der Straße in Sicht kamen, sahen wir zu unserer Linken die Agora mit dem Tempel des Kapitolinischen Iuppiter. Ich suchte die rechte Straßenseite ab und erblickte schließlich die Herberge, die uns empfohlen worden war. Sie war definitiv nicht für ärmere Reisende und der Schutz, den sie für meine Waren versprach, war mir den Preis von einem halben Aureus für die Übernachtung wert.


    Am nächsten Morgen entschloss ich mich, zu frühstücken. Dort begegnete ich einem parthischen Händler, mit dem ich ins Gespräch kam. Wir diskutierten über Götter und die Welt, bis wir schließlich auf seine und meine Reise zu sprechen kamen. Er riet mir davon ab, durch Parthien zu reisen, weil mich die parthischen Händler als Konkurrenz empfinden würden. Auch seien Römer nicht überall gut gelitten nach dem letzten Krieg. Je mehr wir uns jedoch unterhielten, umso besser verstanden wir uns. Schließlich machte mir der Parther einen Vorschlag: Er würde mich durch Parthien bis an die Grenze nach Baktrien bringen, wenn ich dafür vor Iuppiter schwören würde, keine dauerhafte Konkurrenz für den Handel mit den Serern werden würde. Es sollte also meine einzige Reise mit Handelswaren sein. Gesagt, getan, begaben wir uns in den Tempel des Iuppiter und ich legte mein Versprechen ab. Danach mussten wir uns nur noch über eine angemessene Entschädigung einig werden. Bei einem Talent Silber waren wir uns schließlich einig. Das war vermutlich zu viel, aber dafür hoffte ich, nun einen landeskundigen Begleiter zu haben. Wir vereinbarten noch, dass ich nur Koine sprechen sollte und ich einen griechischen Namen nutzen sollte. Ich entschied mich für den Namen „Aristides“. Diesen hatte mir mein Lehrer am Museion gegeben.


    Hasdrubal war zwar nicht allzu begeistert und fürchtete um meine Sicherheit, doch beschloss ich, mein Leben und meinen Erfolg in die Hände der Götter zu legen und einfach auf den mir noch bis vor wenigen Stunden fremden Parther zu vertrauen.


    Da der Tag nun schon recht fortgeschritten war, übernachteten wir noch einmal in der Herberge und zogen schließlich am nächsten Morgen weiter nach Osten. Der Parther war der Führer einer Karawane von zwanzig Kamelen und drei Begleitern, was uns schon zu einer recht stattlichen Truppe machte. Wir zogen die ganze Hauptstraße entlang bis zur Porta Orientalis, von fast dem südlichen Ende bis fast zum nördlichen Ende der Stadt, was mir noch einmal die Größe Antiochias zeigte. Die Stadt musste ähnlich viele Einwohner haben wie mein geliebtes Alexandria. Langsam folgten wir der Straße in Richtung Beroea. Die Straße würde uns nach Osten führen, über Sura bis Dura Europos und Babylon und darüber hinaus.

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