Die Reise verlief ab Antiochia ad Orontes ereignislos. Sie hatte uns an Babylon mit seinen glänzenden blauen Ziegeln vorbeigeführt, die wie Wasser in der Sonne erschienen. Von dort aus ging es durch Parthien, über karge Berglandschaften und von Oase zu Oase und zu Städten an Flüssen, bis wir nun in einem anderen Antiochia ankamen. Die Oasenstadt Antiochia in Parthia, am östlichen Ende des einstigen Seleukidenreichs und jetzt das östliche Ende des Partherreichs. Das Partherreich grenzte hier an das Reich Kuschana. In dieser Stadt lebten vor allem Baktrer und zu meiner Überraschung sprach man hier wieder Koine, wenngleich mit einem mir unbekannten Akzent. Die Stadt war vor allem aus Lehmziegeln erbaut, doch wiesen einige Gebäude eindeutig griechische Architekturmerkmale auf. Wir betraten die Stadt und fanden Unterkunft in einer Karawanserei.
Während ich diese Stadt gemäß meiner Karte als Antiochia in Parthia kannte, nannten die Einheimischen diese Stadt Marguš. Allerdings war in meiner Karte vermerkt, dass es sich um das einstige Alexandria Margiana handelte, was immerhin nach Marguš klang. Diese Stadt wurde aber laut Anmerkung in meiner Karte von Antiochos I. zerstört und neu gegründet. So waren sie halt, die Griechen. Ich konnte Marguš ich zwar nicht richtig aussprechen, jedoch hatte mein Sklave Hasdrubal, den ich inzwischen, so wie seine Eltern einst, Arpan nannte, keine Probleme mit der richtigen Aussprache.
Auf dem Weg hierhin hatte ich mit ihm jeden Abend mit dem Schwert geübt und inzwischen war ich deutlich besser geworden, als ich es meines Erachtens jemals war. Arpan würde sicher auch einen guten Lanista abgeben. Es wirkte wohl auch abschreckend, so dass keiner unserer Begleiter es gewagt hatte, uns zu bestehlen.
Der parthische Händler, der uns seit Antiochia am Oronthes mit seiner Karawane begleitete, hatte seinen Teil der Abmachung erfüllt und sich deshalb das versprochene Talent Silber verdient. Er war nun deutlich reicher und ich deutlich ärmer. Aber das machte mir nichts. Vertrag war Vertrag. Nachdem sich der Parther verabschiedet hatte, mussten Arpan und ich einen neuen Landeskundigen finden, der uns weiter nach Osten bringen konnte. Jedoch fiel es mir schwer, Baktrer und Parther auseinanderzuhalten.
Nach wenigen Tagen wusste ich, dass die Händler sich gerne zu großen Karawanen zusammenschlossen und zusätzlich Bewaffnete anheuerten, um sicher nach Osten zu kommen. Es gab wohl häufiger Überfälle. So fand ich auch heraus, dass momentan eine Karawane zusammengestellt wurde. Ich beteiligte mich finanziell am Schutz, wobei es auch gut ankam, dass ich mein Schwert nicht nur zu dekorativen Zwecken mit mir trug, sondern inzwischen recht gut handhaben konnte.
Die verbleibenden Tage bis zur Abreise konnte ich dafür nutzen, um Antiochia in Parthia etwas mehr zu erkunden. Die Stadt war größer, als ich dachte. Vermutlich lebten hier kaum weniger Menschen als in Antiochia am Orontes. Das Erbe der Seleukiden, vielleicht sogar Alexanders des Großen, war in Teilen noch lebendig. Zugleich waren aber auch unübersehbar parthische Einflüsse vorhanden. Die Baktrer schienen den Parthern ähnlich, doch gab es auch teils deutliche Unterschiede, insbesondere in der Religion. Hier gab es einige Tempel und Gemeinschaften einer mir unbekannten Religion, in der sie einen gewissen Buddha verehrten. Ich sprach mit den Priestern dieses Gottes, nur um in Diskussionen feststellen zu müssen, dass dieser Buddha wohl doch kein Gott war, sondern eine Art Philosoph oder Halbgott, der aus Indien stammte. Sicher war ich mir darin aber nicht. Die Lehren ließ ich mir grob erklären und stellte fest, dass es Parallelen zum Stoizismus gab. Leider genügte die Zeit nicht, um einige der Schriften der Buddhisten zu kopieren, doch machte ich mir Notizen zu den Lehren. Als Philosophie erschien mir dieser Glaube durchaus interessant zu sein.
Schließlich kam der Zeitpunkt, um weiterzuziehen. Wir waren eine Karawane mit fast 100 Kamelen. Auf Anraten der Händler verkaufte ich meine Dromedare und ersetzte sie durch zweihöckrige Kamele. Wir waren, inklusive mir und Arpan, acht Händler und zehn Wachen. Ich wäre gerne noch etwas länger in dieser Stadt geblieben, doch lag mein Ziel im Osten und es war wohl wichtig, rechtzeitig die Berge zu überqueren. Wenn man die Monsunzeit erreichte, würde das Wetter sehr unangenehm werden. Das wollte man nicht erleben, ließ ich mir sagen.
Bei Antiochia in Parthia handelt es sich um die Oasenstadt Merw, die ein wichtiger Ort an der Seidenstraße war.