Octavena strich nachdenklich eine Falte in ihrer Tunika glatt, ehe ihre Hand dann zu ihrem Finger glitt und den Ring, den sie seit ihrer Hochzeit dort trug, hin und her drehte. Der Tag war bis hierher eigentlich schon lang gewesen und sie hatte wieder einmal das Gefühl gehabt, sich zwischen ihren Kindern, dem Leben in der Villa und den Geschäften ihres verstorbenen Mannes vierteilen zu müssen, aber eine Sache hatte sie trotzdem noch auf ihrer mentalen Liste: Mit Naha sprechen. Eigentlich auch keine große Sache, eigentlich auch nichts Besonderes und eigentlich nicht einmal etwas, das Octavena allzu viel angegangen wäre, aber in solchen Dingen konnte sie schlecht aus ihrer Haut. Sie war vielleicht nur noch die Witwe eines ehemaligen Familienoberhauptes, aber sie hatte die Angewohnheit nie abgelegt, ein Auge auf die Familienmitglieder um sich herum zu haben. Ihre Tochter hätte es wohl so beschrieben, dass Octavena es nicht lassen konnte, ihre Nase in die Angelegenheiten anderer zu stecken, Octavena selbst hätte es wohl mehr als eine Art ... nun, freundliches aufpassen beschrieben.
Aber es stimmte, sie hatte das Gefühl, dass es nicht schaden konnte, mal wieder ein wenig mit Naha zu reden, und nach ein wenig Überlegen hatte sie beschlossen, die ganze Sache nicht zu aufdringlich anzugehen. Stattdessen hatte sie jetzt das Schöne mit dem Nützlichen verbunden und saß allein auf einer Bank draußen vor der Casa, um dort die letzten Sonnenstrahlen der Nachmittagssonne zu genießen. Dass Octavena außerdem genau wusste, dass Naha hier wahrscheinlich eher früher als später ebenfalls vorbeikommen würde, musste sie ja nicht ansprechen - und würde es auch nicht, wenn sie nicht musste. Seufzend lehnte sie mit halb geschlossenen Augen noch einmal die Kopf zurück - zum Glück war endlich dieser verdammte germanische Winter vorbei - richtete sich dann aber wieder auf, als sie Schritte hörte. "Ah, salve, Naha", grüßte sie die junge Frau. "Schön, dich zu sehen. Hattest du einen guten Tag?" Octavena lächelte und deutete auf den Platz neben sich. "Hast du Lust, dich zu mir zu setzen? Das gute Wetter will doch genutzt sein."