• Schnell ging ich durch die Straßen, das Anprobieren meines neuen Kleides hatte doch länger gedauert, als ich gedacht hatte.


    Endlich würde ich heute das Theater sehen. Dort sollten interessante Stücke gespielt werden.


    Als ich am Theater ankam sah ich eine mir wohl bekannte Gestalt und ein freudiges Lächeln überzog mein Gesicht.


    "Hallo Lucius, was machst Du denn hier ? Schön Dich zu treffen ! Möchtest Du dir auch das Stück anschaun ?"

  • Plötzlich erklang eine weibliche Stimme hinter mir. Ich nahm sie erst gar nicht wahr, weil in der Gasse ein wahres Stimmengewirr herrschte. Selbst das Lucius nahm ich nicht für voll, da bestimmt ein anderer gemeint gewesen ist. Oder? Die Stimme kannt ich doch? Ich drehte mich um und sah Sabina, welche mich freudig begrüßte.


    Salve an die Göttin des Tages. Man gönnt sich ja sonst nichts außer ein wenig Entspannung. Allerdings fällt mir die Entscheidung schwer- bei sovielen guten Stücken. In welches dieses Dramen und Tragödien zieht es dich denn? fragte ich mit einem augenzwinkerndem Unterton.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • "Ich habe mich noch gar nicht so informiert. Eigentlich wollte ich auf jeden Fall das Theater einmal von innen sehen. Was führen sie denn heute auf ?"


    Einen Moment lang studierte ich das Programm.


    "Hmmh, das hier hört sich doch sehr gut an. Eine Gruppe von noch jungen Künstlern führt "Eine Jagd durch Rom" auf.


    Ich grinste.


    "Schauen wir uns das Stück zusammen an, vorausgesetzt natürlich du bist in keiner anderen Begleitung ? Oder hast du noch einen anderen Vorschlag ?"

  • Eine Jagd durch Rom? das erinnerte mich an Ungutes. Antigone kommt heute noch oder Der Friede- eine Komödie. In unserem Zeiten ist der Friede wahrlich eine Komödie geworden. aber wähle selber, ich richte mich nach Dir, da ich ja in Griechenland studierte und die letzten Beiden Stücke schon mehr als oft genug sah.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Ich nahm sie bei der Hand, damit wir uns in dem Trubel nicht verlieren konnten. Gut, sehen wir uns den Frieden an, den Rom so schmerzlich vermißt. An der Kasse bezahlte ich ordnungsgemäß und wir befanden uns im Theater. Wir erreichten das cavea (Zuschauerraum) und mußten uns durch das vomitorium (Zugang) zu den Sitzreihen durchkämpfen. Endlich erreichten wir unsere Sitzplätze...

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Ich ließ mich von Lucius an der Hand durch die Menge ziehen und sah mich um.


    So groß hatte ich mir das nicht vorgestellt. Und die vielen Menschen, einfach herrlich.


    Als wir unsere Sitzplätze endlich erreicht hatten, setzten wir uns.


    "Einfach wunderbar, ich hätte nicht gedacht, das es hier so schön ist."


    Glücklich schaute ich Lucius an.


    "Ich freue mich wirklich sehr darüber, das wir uns hier getroffen haben."

  • Ich schaute sie an und freute mich, daß es ihr hier so gut gefiel. Wir saßen, wie es sich für einen Patrizier und eine Vestalin gehörte genau im orchestra. Es waren zwar nicht die ersten Reihen, da diese nur Senatoren vorbehalten war, aber eine wunderschönen Überblick über das Bühnengeschehen hatten wir auch von hier aus. Vor mich setzte sich natürlich wie immer ein langer größerer Herr, den ich erst einmal freundlich daraufhinwies, daß ich mich heute schon gespiegelt hätte und ich seine Glatze dazu nicht benötige. Er verstand das und rutschte auch artig eine Etage mit seinem Körper tiefer.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Vor Lachen hätte ich mich beinahe verschluckt, als der Herr vor uns artig seinen Platz räumte und konnte mich noch gerade so beherrschen.


    Grinsend schaute ich Lucius in die Augen.


    Plötzlich wurden die Lichter im Zuschauerraum ein wenig gedämpft, das Stück begann.

  • Als das Stück begann und die ersten Sätze erklangen:


    Sim-Off:

    Die Szene spielt in einem Vorhof eines Gehöftes; auf der einen Seite ist eine Schweinestall, worin ein großer Käfer gefüttert wird und zwei Knechte, emsig beschäftigt, der eine knetet an einem Backtrog Mistkuchen und der andere am Schweinestall, füttert den Käfer.



    Der erste Knecht:
    Schnell, reiche schnell dem Käfer einen Kuchen her!


    Der zweite Knecht
    (bei dem Backtroge)


    Da! Gib's dem Unhold, den der Henker holen mag,
    Und labe seinen Gaumen nie ein süßerer!



    bemerkte ich, daß ich immer noch oder schon wieder? Sabinas Hand in der meinen hielt.

  • Irgendwie kam mir die Handlung ein wenig merkwürdig vor, allerdings war es ja wohl eine Komödie.


    Flüsternd fragte ich Lucius.


    "Warum ist denn ein Käfer im Schweinestall ?"


    Dabei entdeckte ich, das Lucius immer noch meine Hand hielt und ich zog sie vorsichtig zurück.

  • Lass dich überraschen. Das waren ja gerade die ersten 2 Sätze des Stücks. flüsterte ich zurück. In der Zischenzeit erzählte der Chorführer etwas:


    " Armseliger, ach, was traf die das Fell? Brach etwa der borstige Zagel
    Mit Heeresgewalt in die Flanken dir ein, und zerbläute dir tüchtig den Rücken?"
    Solch faules Geschwätz, solch häßlichen Schund, solch niedrige Fratzen vertrieb er,
    Und schuf uns groß die gesunkene Kunst, und türmte den Bau in die Lüfte
    Mit Gedanken und Wort von erhab'nem Gehalt und nicht marktähnlichen Weizen,
    Das Gewöhnliche nicht durchziehend mit Spott, alltägliche Männchen und Weibchen..."

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Obwohl ich aufmerksam zuhörte, fiel mir der rechte Sinn hinter diesen Worten nicht so recht auf. Aber ich hörte weiterhin zu.


    Meine Gedanken schweiften allerdings ein wenig ab, ich fühlte mich in Lucius Gesellschaft wirklich sehr wohl.

  • Ich merkte, daß sie das Stück langweilte und um ihr etwas die Zeit zu vertreiben, beugte ich mich zu ihr hinüber und flüsterte ihr ein Gedicht von Horaz ins Ohr:


    "Venus du, der Cnidos gehorcht und Paphos,
    O verschmäh dein Cypros und komm, wo stehend
    Vielen Weihrauch Glycera streut, zur schönen
    Wohnung herüber!
    Folge rasch dein feuriger Knab', und gurtlos
    Dir der Anmut Göttinnen samt den Nymphen;
    Auch, die wenig ohne dich reizt, die Jugend
    Folge mit Hermes! "


    Ich lehnte mich anschließend wieder zurück und tat so, als wenn ich dem Bühnengeschehen folgen täte.

  • Mein Herz schlug einen Moment lang schneller, als ich die Worte von Lucius hörte.


    Ich schaute ihn an, er jedoch sah sich schon wieder das Stück an.


    Leicht verwirrt schaute auch ich mir das Stück weiter an und bekam gerade noch mit, wie der Knecht nun anscheinend mit dem Käfer sprach.


    So saß ich dann da, in Gedanken bei dem Gedicht. Dann beugte ich mich vorsichtig zu Lucius rüber:


    "Gibt es hier eigentlich auch eine Pause ?"

  • Ja natürlich- der 1 Akt ist gleich zu Ende- da kommen ja die Schlußworte.
    Ein Pferd, was neben dem Käfer im Stall stand, sprach zu dem Knecht:

    "Mein guter Herr hat eine Tollheit neuer Art,
    Nicht so wie Ihr, nein, unerhörter neuer Art:
    Den ganzen Tag lang hebt erhimmelan den Blick,
    Sperrt weit den Mund auf, hadert laut mit Vater Zeus
    Und ruft: "o Zeus, was denkst du endlich noch zu thun?
    Leg' ab den Besen, fege Hellas nicht hinaus!"


    Erleichtert atmete ich auf, als die Schaupieler die Bühne verließen und die Bühne schnell für den nächsten Akt umgebaut wurde.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Verdrücken! ich ergriff ihre Hand und zog sie so schnell hoch. für einen kurzen Moment kamen wir uns nahe und ich konnte ihr tief in die Augen sehen. Doch schnell drehte ich mich um und zog sie durch die Reihen, damit wir nicht den Beginn des 2.en Aktes stören würden.

    quidquid agis, prudenter agas et respice finem!

  • Es war ein schönes Gefühl, das Lucius wieder meine Hand nahm, wenn auch nur um mich durch die Menge zu ziehen.


    Draussen vor dem Theater atmete ich erleichtert auf.


    "Endlich draussen. Wie schön es hier ist. Sieh nur die Sterne sind schon am Himmel."


    Ich deutete nach oben. Es ist schon ziemlich spät, ich muß langsam nach Hause gehen.


    Unsicher sah ich mich um, es war schon dunkel. Angst hatte ich nicht direkt, aber nun...


    "Bringst du mich noch nach Hause ?"

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