In Begleitung zweier Prätorianer, welche mich stützten, da ich noch sehr schwach war und ich unbedingt meinen Willen gegen die Ärtze durchsetzen mußte, kam ich an der Rostra an. An der Ecke bat ich die beiden stehenzubleiben und zu warten. Ich ging mitten unter das versammelte Volk, da ich sowieso nicht laut sprechen konnte, nachdem ich all meine Kraft zusammennahm und die Zähne aufeinanderbiß.
Eine Gasse öffnete sich für mich und die Gespräche verstummten auf einen Schlag, als wenn sie nicht glauben konnten, was sie sahen.
Ich rang mir ein Lächeln ob der Schmerzen ab und begann zu erzählen:
Dies ist nun die denkwürdigste Begebenheit im Leben des Lucius Tiberius Vibullius, von denen das Volk Roms Kenntnis erlangen soll. Ohne mich an einen Vergleich der größten rednerischen Talente wagen zu wollen, glaube ich doch, den Umstand nicht mit Stillschweigen übergehen zu dürfen, daß ich durch meinen außerordentlichen Fleiß auf vielerlei Gebieten der Gelehrsamkeit bekannt bin und viele philosophische, im Stil der Akademiker ausgearbeitete Schriften hinterlassen habe, ja auch sogar in den für Prozesse und Gerichte geschriebenen Reden meine gelehrten Kenntnisse über meinen Betrieb Vibullius Rhetorik überall anzubringen und sichtbar zu machen suche.
Ich weiß um meine Schwächen, die mir besonders in der Krankenzeit nach einem Attentate bewußt geworden sind, daß ich durch meinen Hang zum Spotten oft in niedrige Spaßmacherei, dabei nicht selten das Geziemende außer acht lasse. Dagegen roch Germanica Nagiva am Tage des Anschlags, wie Phyteas spöttisch sagt, nicht nach dem Lampendocht, wohl aber nach dem Wassertrinken, nach dem Tiefsinn, nach der ihr zugeschriebenen Herbe und Strenge des Charakters. Überhaupt bin ich von Natur ein sehr zum Scherzen und Lachen aufgelegter Mensch, und auf meinem Gesicht sieht man stets ein Lächeln und Heiterkeit; auf dem der Germanica Nagiva hingegen liegt ein finsterer Ernst, und nicht leicht weichen Tiefsinn und Versonnenheit von ihrer Stirn. Daher nennen sie auch, wie sie schon selber sagte, ihre Feinde sie einen mürrischen und grämlichen Menschen; um nicht zu sagen, daß sie ihren Gegnern den Dolch ins Herz zu stoßen bereit ist, wie ich schmerzlich erfahren mußte. Da ich die Zeichen der Zeit nicht zu deuten vermochte, schickte mir Mercurius dieses Zeichen tiefstechender Erinnerung. Sagt man nicht umsonst: Per aspera ad astra.- auf den rauhen Weg zu den Sternen?
Mir wurde langsam auf dem Krankenlager bewußt, daß es nur eins geben sollte, wenn die Götter mich nicht haben wollten, denn quem di diligunt, adulescens moritur- wen die Götter lieben, der stirbt jung, während ich lebe!
In meinen Träumen sah ich den Styx und das Elysium und Morpheus zeigte mir schließlich den richtigen Weg zu meinem Schicksal: Um Nagiva ihre Schuld zu sühnen, zu der ich sie trieb, werde ich als Quästor Consulum kandidieren.
Mein Ziel sehe ich als Quästor in einer Zeit, in der die Habsucht blüht, wo die CU bequeme Beamte ihre besten Männer nennt, wo ein Bürger nur in bewaffneter Bekleidung der CU das Forum betreten kann und wo das Nehmen für nichts Schändliches gehalten, sondern derjenige noch gepriesen wird, der darin Maß hält, wo die Kunst darniederliegt, meine Kraft zum Wohle Roms einzusetzen und die Mißstände im Rahmen meines Amtes und darüberhinaus mit den anderen Gewählten anzugehen. Denn mit wen sonst sollte ich die Mißstände beseitigen, wenn nicht mit gemeinsam mit den Kommandeuren der Prätorianer und der Vigiles?
Das ich mein Ziel verfolge dürfte vielen schon geläufig sein. Denjenigen, welche mir noch nicht vertrauen möchte ich noch einmal einen Überblick über mein bisheriges Tun darlegen:
Da mir die Verantwortung der Frumentationslisten des Crassus übertragen wurden, verfüge ich über die Erfahrungen, eine imperiale Speisung mit dem gewählten Aedil organisieren zu können. Gemeinsam mit Commodus meinem Pater werde ich die Künste des Imperiums stärken. Die Tiberier arbeiten gemeinsam mit der Prasina an einem Amphitheatrum, dessen Grundsteinlegung in greifbare Nähe rückt. Aber auch die Flavier haben die Bildung des Imperiums im Blick. Gemeinsam mit Tiberius Flavius Animus erarbeite ich zur Zeit das Projekt einer Bibliothek. Beides wird mit gemeinsam mit der Schola Atheniensis der Adria Vinicia den Ehren und dem Ruhm Roms gerecht werden und sich ergänzen. Hierfür werden wir in Zukunft Hand in Hand mit der Rectorin arbeiten. Für militärische Belange stehen mir mit Rat und Tat der Praefectus classis und der Proconsul von Hispania zur Seite. Flavia Messalina Oryxa wird mich in religiösen Fragen und hoffentlich auch bald als Aedilis Curules unterstützen.
Ich weiß nicht, ob ich Euch raten soll, was ich mir zur Richtschnur genommen habe, aber eine optimale Zusammenarbeit über die Partei- und Ämtergrenzen hinweg garantieren in ihrem Zusammenhalt die Kandidaten, welche in Freundschaft die gleichen Ideale und Vorstellungen vertreten wie der Marcus Vinicius Hungaricus als Consul, die Adria Vinicia als Aedilis Plebeii und Marcus Dudius Falco als Tribunus Plebis. Mögen die Götter Euch die richtige Entscheidung treffen lassen!
Der Toga müssen die Waffen, der Beredsamkeit der Triumphlorbeer weichen!- auch diese Erfahrung ist wertvoll. Commodus mein Pater zeigte mir in Germanien diesen Weg.
Für das Volk, den Senat, den Kaiser- FÜR ROM!
Den letzten Satz rief ich mit meiner ganzen Kraft, aber es war zuviel für mich. Ich brach zusammen und die beiden Prätorianer kamen herbeigerannt und brachten mich wieder auf mein Krankenlager zurück.