[Centuria] Cohors II, Centuria IV

Crispus kam in die Unterkunft, einen Brief von Avitus. Er hatte ihm ja schreiben wollen - jetzt kam der Gute ihm zuvor. Also las er das ganze noch einmal und machte sich dann daran, ihm zu antworten.

Varus hat sich in der Stadt ein großes Faß Bier gekauft wofür der ganze Wochensold draufging. Aber was sollte sich ein Probatus der Legion sonst schon großartig kaufen, etwa Einrichtungsgegenstände? Varus stellte das Faß ab und überlegte was er tun sollte, das Faß alleine auszutrinken würde keinen Spaß machen, daher sah er sich um ob Kameraden in der Nähe waren. Dies wäre eine Möglichkeit mal die anderen Probati besser kennenzulernen, bisher hatte er kaum Gelegenheit dazu gehabt. Vielleicht kommt auch dieser Maxentius mit dem er beim Arbeitseinsatz kurz gesprochen hatte.

Crispus betrat die Unterkunft, wo er zu seinem Erstaunen den Probatus Germanicus mit einem gewaltigen Fass entdeckte. Er blieb in der Tür stehen und sah mit kritischem Blick zu ihm...

"Probatus, hast du dir das ganze Fass gekauft?"

fragte er dann.
Nicht, dass es verboten war, sich ein Fass Bier zu kaufen - aber für ein schmales Probatus-Gehalt war es doch eine Investition...

Varus sah den Optio in der Tür stehen und setzte zu einer Erklärung an. Obwohl er wusste dass es nicht verboten war ein Fass Bier zu kaufen, machte ihn der kritische Blick des Optio etwas unsicher.

"Ja, Optio Petronius, ich habe das ganze Fass gekauft und es hat mich 10 Sesterzen gekostet, aber das ist nicht so tragisch, man bekommt hier schließlich alles was man zum Leben braucht, da kann man sich auch schonmal was besonderes gönnen. Natürlich will ich das Faß nicht ganz alleine austrinken,
jeder der mittrinken möchte kann kommen und ist sogar ausdrücklich dazu eingeladen."

Crispus legte den Kopf schief und nickte
"Das will ich dir auch geraten haben, Probatus! Morgen geht nämlich die Ausbildung weiter und ich kann dir aus eigener Erfahrung sagen: Man sollte am Abend davor nicht so viel trinken!"

Damit ging er weiter - er konnte ja nicht mit den Probati trinken gehen...vielleicht, wenn sie Legionäre waren...

Als Maxentius die Unterkünfte betrat, ging gerade der Optio an ihm vorbei aus denselben. Er salutierte :
"Optio Crispus! Willst du dich nicht dazugesellen?"

Varus hatte ihm ja schon gesagt, dass er das Fass Bier gekauft hatte, allerdings nicht alleine trinken wollte.

Crispus blieb überrascht stehen und drehte sich um. Dieser Probatus...wie hieß er noch gleich? Redivivus, genau...stand vor ihm.

"Nein."

antwortete da und wirkte damit schroffer, als er es eigentlich gemeint hatte. Irgendwie machte der Exerzierplatzdienst einen automatisch hart klingend. Aber es war ein freundliches Angebot gewesen...deswegen hängte er noch rasch ein

"Danke!"

hinterher.

"Na gut. Dann einen guten Abend."

Maxentius fragte sich, ob der Optio keine Lust hatte, mit den Probati Zeit zu verbringen oder ob er einfach nur keine Zeit hatte. In jedem Falle fand er es schade, denn er hätte seine Vorgesetzten gerne wenigstens ein bisschen besser kennengelernt. Er orientierte sich da an seinem Ziehvater, der einst gesagt hatte, dass auf dem Schlachtfeld man einzig und allein für seine Nebenmänner kämpft, nicht für eine Idee oder ein Reich. Ist dann die Bindung zu eben jenen stark, so kämpft man umso härter und entschlossener. Wie auch immer;

er salutierte noch einmal und ging hinein, um Varus zu begrüßen. Ein paar Probati, denen er bescheid gesagt hatte, was heute Abend anstand, folgten ihm.

Varus sah Maxentius und einige ihm unbekannte Probati, über deren Erscheinen er sich aber ebenfalls freute. Er ging zur Tür und begrüßte Maxentius sowie die anderen Besucher.
"Immer herein in die gute Stube, heute abend wird ein wenig gefeiert, nach dieser ganzen Schinderei muss man sich doch auch mal etwas gönnen".

"Wahre Worte, Varus!"

Maxentius grinste.

"Einen Circus bauen ist wahrlich nicht wirklich gemütlich."

Die Probati gingen in die Unterkunft und setzten sich. Maxentius nahm direkt neben Varus platz, er wollte noch etwas besprechen.

"Als ich dir von meiner Familie in Tarraco erzählt habe, da hast du mich nachdenklich angesehen. Ich hatte das Gefühl, dir ging etwas wichtiges durch den Kopf, was war das?"

"Ich habe versucht dich einzuschätzen, du ist für mich der römische Soldat so wie man sich ihn vorstellt, du vertrittst voll und ganz die Tugenden die von einem Soldaten der römischen Armee erwartet, aber in der Praxis nicht immer vertreten werden."

"Du erzähltest mir auch dass du dich mit deinen Ansichten in deiner Gens nicht wohlfühlst. Ich würde gern mehr über die Gens Rediviva erfahren."

"Nun, um ehrlich zu sein, weiß ich selbst nicht sonderlich viel über meine Gens. Ich habe nur mitbekommen, dass mein Vater durch irgendwelche korrupten Vorgänge zum Duumvir ernannt worden ist. Er hatte sich zu spät zur Wahl gestellt, und irgendein 'Kontaktmann' der Familie hat dafür gesorgt, dass er trotzdem aufgestellt wurde. Das widerte mich an, und ich bin so schnell wie möglich wieder gegangen."

"Ich kenne auch niemanden aus meiner Gens persönlich, den Pater Gentis Medicus Germanicus Avaraus kenne ich mit Namen, auch von Germanica Aelia, der früheren Comes von Germania Inferior habe ich gehört. Irgendwann habe ich sogar mal Namen aus deiner Gens mitbekommen, ich glaube es waren Rediviva Helena und Rediviva Minervina, bin mir aber nicht sicher."

"Das mag gut sein, das sind meine Tante und meine Cousine. Wo hast du sie getroffen bzw. von ihnen gehört? Und wenn du niemanden aus deiner Gens kennst, wo bist du aufgewachsen?"

"Ich habe nicht einmal wirklich von ihnen gehört, als ich auf dem Weg hierher durch die Stadt zum Castellum ging, bekam ich viele Gesprächsfetzen mit und darunter waren auch diese beiden Namen, ich hatte sie schon wieder vergessen, erst durch dich sind sie mir wieder eingefallen."

"Ich bin aufgewachsen auf einem Bauernhof in der Nähe von Colonia Claudia Ara Agrippinensium, meine Eltern waren Germanen die auf römischem Territorium lebten. Als sie starben verließ ich den Hof und ging in die Stadt, dort wollte ich mich um das römische Bürgerrecht bemühen, doch ich erfuhr dass ich der Sohn der inzwischen verstorbenen Germanica Salonina und des ebenfalls verstorbenen Gnaeus Germanicus Corbulo bin und somit auch Bürger Roms. Nach diesem Schock überlegte ich was ich tun sollte und wie ich in der römischen Gesellschaft Fuß fassen konnte, ich entschied mich der römischen Legion beizutreten und so machte ich mich auf den Weg hierhin. Ich weiß aber nach wie vor nicht wie ich von meinen leiblichen Eltern zu meinen Zieheltern kam und werde es wahrscheinlich auch nie erfahren."

"Hm, deine Geschichte ist der meinen nicht unähnlich, mit dem Unterschied, dass meine Zieheltern römisches Bürgerrecht haben. Ihr Hof ist auch in der Nähe von Colonia Claudia Ara Agrippinensum.

"Dann waren wir ja fast Nachbarn, komm trink noch einen Schluck."

Varus füllt Maxentius' Becher bis an den Rand wieder auf.

"Das ist wohl wahr. Darauf trinken wir! Prosit!"

Maxentius hob den Becher und hielt die anderen Probati an, dies auch zu tun. Gemeinsam stießen sie auf eine neue (hoffentlich) Freundschaft an, welche zwischen Soldaten ja so ungemein wichtig war, auch wenn dies häufig vergessen wurde.

"Sag mal, Varus", grinste Maxentius, "hast du eigentlich in der Zeit, die du jetzt hier bist, mal irgendeine schöne Frau getroffen?"

"Schön wärs, hier im Castellum wird man vergeblich nach schönen Frauen suchen und rausgekommen bin ich auch noch nicht oft, gibt es denn einen Ort den du mir empfehlen könntest?"

| Rufus

"Salve, ich hoffe ich störe euch nicht bei euren romantischen Gesprächen..."

Rufus hatte die Türe geöffnet und seinen Kopf hereingesteckt. Dann zog er den Rotz hoch und schluckte ihn runter. Mit einer Handbewegung rieb er sich Kinn und grinste.

"Man erzählt sich, dass hier jemand ein Bierfass rein geschleppt hat. Ist diese Information richtig? Falls das so ist, wäre es nur mehr als fair, wenn die Zimmernachbarn auch was abkriegen... Harharhar"

Er lachte dreckig.

"Ah ja, Neuer, das mit den schönen Frauen vergiss am Besten gleich. Was Du brauchst, ist eine die Dich ficken will. Harharhar. Eine die keine Ansprüche hat. Ich häng hier schon seit zehn Jahren in der Legio rum, bin Legionarius, werde immer Legionarius bleiben. Als Legionarius kannst Du das heiraten aber vergessen, Heiraten darf man in der Legion erst ab dem Rang eines Tribunen oder Praefecten. Keine hübsche, schöne Frau wartet so lange auf Dich. Bis Du so weit bist, ist sie nicht mehr hübsch, oder hat sich schon einen anderen geangelt..."

Er wandte seinen Kopf und spuckte ins Freie.