• "Und schon wieder sagst du, dass DU das Kind genau dort auf die Welt bringen willst. Es wäre umso leichter, wenn der Vater nach Mogontiacum reisen würde oder etwa nicht?"


    Iulianus musste seufzen, da sie es verstand geschickt ihren Fehlern auszuweichen und ihm nun sogar Unwissenheit vorzuwerfen.


    "Gehe, bevor dies hier eskaliert und ich meinen Bericht schreibe."


    Sagte er nun resignierend, obwohl er gerne gehört hätte, was er nun falsch gedeutet hatte. Ihre Bitte verweigern, das verstand sie nicht? Iulianus konnte einen weiteren Seufzer unterbinden, da sie ihr Privatleben dem Dienst an den Göttern offensichtlich vorzog.
    Kurz sah er ihr nach und wandte sich sogleich an die Berichte, die er noch durchzugehen hatte.

  • Livianus hatte am Tag von Meridius Hochzeit einen Abstecher in den Tempelbezirk gemacht, um den Pontifex Claudius Imperiosus Iulianus aufzusuchen und mit ihm über Valeria und ihre Versetzung zu sprechen. Er ließ sich bei dem Pontifex anmelden und wartete geduldig.

  • Der Gast wurde selbstverständlich zum Pontifex geführt, welcher ihn freundlich begrüßte.


    "Salve, der Herr. Du ersuchst mich um eine Bitte, ein Gespräch?"


    Iulianus kannte diesen Mann nicht, doch aufgrund der Rüstung schien dies ein hoher Militär zu sein.

  • Livianus nickte dem Priester grüßend zu.


    „In der Tat Pontifex. Mein Name ist Decimus Livianus. Ich bin der Legat der Legio IX.“


    Das musste vorerst als Vorstellung reichen. Das er Senator war, konnte man an den roten Schuhen erkennen, die er zu seiner Alltagsrüstung trug und das er ein Klient und engster Vertrauter des Kaisers war, tat vorerst nichts zur Sache. Livianus sprach weiter.


    „Ich bin hier um mit dir über Decima Valeria zu reden.“

  • Iulianus nickte. Ein Legatus Legionis, welch ein hoher Besuch. Sogleich zeichnete sich ein Lächeln auf.


    "Sei willkommen, Legatus Legionis."


    Bei seinem nächsten ausführungen verstummte Iulianus sogleich.


    "Worüber willst du denn reden?"


    Iulianus verstand, dass Valeria nun härtere Geschütze ausfuhr, sogar Verwandte nun hinzuzog, um für ihre fehlenden Argumente einzustehen.

  • Livianus führ nach der Aufforderung des Pontifex mit seinen Ausführungen fort.


    „Ich weiß nicht ob du es bereits gehört hast, aber Valeria hat ihr Kind bei der Geburt verloren. Aufgrund dieser Tatsache und auch wegen interner Familienprobleme, die den Vater des Kindes betreffen, möchte ich, dass Valeria bei mir in Colonia Claudia Ara Agrippinensium bleibt. Soweit ich höre, hat sie ja bereits wegen einer Versetzung angefragt.“


    Er ließ den letzten Satz einmal so im Raum stehen und wartete auf die Reaktion des Pontifex.

  • Iulianus verzog seine Miene nicht, was ihm recht schwer fiel.


    "Wo, wann und wie hat sie ihr Kind verloren?"


    Sagte er nüchtern, obwohl ihm der Schein nicht lag. Natürlich hätte er ehrlicher sein können, vor Bestürzung ausgerufen oder sein Beileid ausgesprochen, doch primär war er Pontifex, sorgte sich um die Priester, welche ihm unterstellt waren. Der Verlust eines Kindes war immens.

  • Iulianus musste sich beherrschen, um nun nicht voller Wut über solch Leichtfertigkeit zu schreien, seine Hände empor zu heben und diese Frau des Cultes zu verweisen.
    Statt dessen hielt er sich zurück, brachte all seine Kraft auf.


    "Bei den Göttern, was hat sie bloß getan?!"


    Sagte er doch in einem nicht allzu leisen Tonfall.


    "Ich wusste es, ich habe es gewusst. Bei den Göttern, sie stürzt nicht nur ihr Kind, sondern ganz Rom noch ins Verderben mit ihrer Leichtfertigkeit!"


    Sofort stand er hastig auf. Man musste nun opfern, denn Iuno war offensichtlich zornig, ließ sie das Kind sterben.


    "Legat, ich muss dringend die Priesterinnen der Iuno aufsuchen, ein großes Opfer muss dargebracht werden. Iuno zürnt wohl!"

  • Livianus wusste im ersten Moment nichts mit der Reaktion des Priesters anzufangen und sah ihm etwas verdutzt an. Doch gleich darauf riss er entsetzt die Augen auf und seine Mine verfinsterte sich. Seine Stimme wurde lauter und nahm einen gewissen Befehlston an.


    „Pontifex! Setz dich wieder!“


    Seine Augen funkelten den Priester wütend an, doch er hielt sich noch so gut er konnte zurück. Wie konnte dieser Priester es nur wagen, Valeria mit solchen Vorwürfen zu belasten. Livianus Tonfall wurde nun etwas schärfer.


    „Du bist wohl von allen guten Geistern verlassen! Wie kannst du es wagen Valeria die Schuld am Tode ihres Kindes zu geben. Und was soll dieses dumme Geschwätz, dass sie Rom ins Verderben stürzt. Ich rate dir - Hüte deine Zunge und beruhige dein Gemüt bevor du es bereust.!“

  • Erschreckt, über die Macht, die sich der Mann einfach so über einen Priester nahm oder nehmen konnte. Blieb er stehen und vergaß seine Besorgnis.
    Scheinbar wusste der Legat nicht um die Hintergründe.


    "Ich weiß was ich tu, weshalb ich solch Befürchtungen hege. Sie behauptete, vor nicht allzu langer Zeit, dass sie nach CCAA versetzt werden wolle, dass Iuno es so woll. Du kannst dir vorstellen, was solch Behauptungen, besonders im Zusammenhang mit den Göttern, bei mir für eine Reaktion auslösten. Es ist Frevel einfach so mit der Meinung von Göttern zu argumentieren, einfach ohne Opfer, ohne Vorzeichen. Frevel ist das. Und nun, was höre ich?! Das Kind, eindeutig ein Zeichen der Götter, tot in dem von mir verbotenen Orte. Legat, ich sorgte mich um das Wohl des Kindes, was besagte Person niemals tat, unbedingt nach CCAA reisen wollte."


    Es war ihm nicht nach Lachen zumute, doch es traf die Situation eindeutig.


    "Sie behauptete allen Ernstes, dass ihre Familie in CCAA weilt, sie dieser nahe sein will. Welch Spott in meinen Ohren! Ihr nächster Verwandter, ihr Onkel, der Legatus Augusti pro Praetore, er weilt hier! Ihr Verlobter, welcher in deiner Legion sein musste, lebt in Tarraco! Ein Netz von Lügen und nun dieses Zeichen der Götter, ich habe es gewusst! Legat, was würdest du machen? Würdest du in solch einer Situation, welche den Zorn der Götter auf uns stürzen könnte, einfach so tatenlos zusehen?!"

  • Livianus hob eine Augenbraue an.


    “Ich an deiner Stelle würde mich vor allem besser erkundigen, bevor ich solche Anschuldigungen von mir geben und jemanden der Lüge bezichtige.“


    Er seufzte.


    „Valeria hat mir von eurem letzten Gespräch erzählt und mir ist es so vorgekommen, als ob du es warst, der sich von Anfang an quer gestellt hat. Was die Geburt betrifft, so sehe ich das wohl ebenfalls anders als du. Sie hat sofort danach - als es ihr wieder besser ging - Iuno ein Opfer dargebracht und dieses Opfer wurde angenommen. Von einer Missbilligung der Götter kann also keine Rede sein.


    Und auch was die Familie betrifft, so hat sie die Wahrheit gesprochen. Das letzte, das wir vom Vater des toten Kindes hörten war, dass er sich auf der Reise von Tarraco nach Colonia Claudia Ara Agrippinensium befindet um der Legio beizutreten. Wir fragen uns selbst wo das Schiff bleibt und haben seitdem nichts mehr gehört. Dennoch hat Valeria es geschafft wieder neuen Mut zu fassen und vielleicht ein neues Glück gefunden. Ich denke, dass dir dieses Glück als Pontifex genauso am Herzen liegen sollte.


    Also anstatt Anschuldigungen und schlechte Stimmung zu verbreiten, solltest du endlich nach einer Lösung suchen, die für alle Beteiligten annehmbar ist. Denn nebenbei erwähnt hat sie es neben ihren privaten Problemen auch in ihrer Funktion als Sacerdos nicht besonders leicht, da sie mir erzählt hat, dass es dort eine andere Sacerdos gibt – ihr Name ist mir leider entfallen – die ihr zu schaffen macht. Also hör damit auf deine Götter vorzuschieben. Du bist der Pontifex und nur du kannst etwas unternehmen.“

  • Iulianus, vorher noch stehend, setzte sich.


    "Sage mir, bist du primär Legat oder Zivilist? Was würde man sagen, wenn du aufgrund familiärer Probleme nach Mogontiacum ziehen würdest, wenn dich doch deine Legio in CCAA braucht? Würdest du hinfortreisen und deine Legio, Legio sein lassen? Was stellst du voran, dein privates Glück oder deine Aufgabe, in der man dich voller Vertrauen einsetzte, mit der du Rom verpflichtet bist?"


    Seine Stimme war monoton und er wusste, dass diese Fragen unnütz waren, da er selbst die Antwort kannte, sie zumindest von jedem erwartete. Aber es half den Sachverhalt ungemein aufzuklären.

  • Livianus atmete tief durch um sein Gemüt wieder etwas zu beruhigen und sprach dann in einem wesentlich ruhigeren Ton weiter.


    “Natürlich hast du Recht Pontifex. Als Legatus ist mein Platz bei meiner Legion. Würde ich dem nicht nachkommen, dann würde ich gegen den direkten Befehl meines Kaisers handeln und mir sehr viel Ärger einhandeln. Ich möchte auch gar nicht leugnen, dass es ein Fehler von Valeria war, ohne deine Erlaubnis nach Colonia Claudia Ara Agrippinensium aufzubrechen. Als Pontifex triffst du die Entscheidung, wo die Priester in deiner Provinz zum Einsatz kommen. Wenn du möchtest, so werden wir auch an einem Opfer teilnehmen um die Götter wieder zu besänftigen, wenn du denkst, sie wurden durch dieses Fehlverhalten erzürnt.


    Ich bin heute auch nicht gekommen um eine Auseinandersetzung mit dir zu suchen. Ich bin hier um darum zu bitten, dass Valeria bei mir in Germania Inferior bleiben kann.“

  • "Eines Opfers bedarf es nicht, falls Valeria schon in eben jenem schon ihre Entscheidung bereute, der großen Göttin opferte. Iuno hat sich ihren Tribut gezollt, Valeria dafür gestraft. Ich denke, dass sie nun besänftigt ist, was Valerias törrichtes Handeln niemals rechtfertigen kann."


    Nun würde er die ganzen Punkte, die Valerias Erzählungen entsprungen waren und dem Legaten ein falsches Bild darboten, abarbeiten.


    "Du sagst sie behauptet ich habe mich quer gestellt. Würdest du das nicht, wenn jemand deine Anweisungen nicht befolgt? Ich brauche sie hier, das ist Fakt.
    Nun zu dem Vater des Kindes. Valeria sagte, das es vonnöten wäre, wenn das Kind mit dem Vater vereint. Sie sagte er lebe in CCAA, sei bei der Legio, die ihm die Anreise hierher verwährt. Deine Legio, Legatus. Nun stellt sich heraus, dass der Vater nicht einmal in Germania, dass der Vater vermisst. Und das nennst du Wahrheit sprechen?
    Du sagst neues Glück, doch wie schon bereits von mir angesprochen, würdest du deiner Legio fern bleiben, aufgrund Liebschaften? Würdest du deswegen Rom, die Legio betrügen, dich dafür der Liebe hingeben können? Ich selbst bin in Liebe, doch trennt uns eine sehr lange Reise voneinander. Warum? Weil ich meinen Dienst, wie jeder Priester, meinen persönlichen Wünschen voranstelle. Was würden die Götter sagen, wenn ihre Priester sich selbst mehr dienen, als ihnen? Das wäre Frevel, genau das betreibt die besagte Person, wenn sie sich meinen Anweisungen entzieht, gegen jegliche Zustimmung verreist, sich selbst versetzt.
    Weiter sagst du ich verbreite miese Stimmung. Woran kannst du das begründen? Ich erfülle meinen Dienst als Pontifex Germanias, als Priester und du sagst ich verbreite schlechte Stimmung? Was herrschen hier für Zustände, wenn ein Mann, der sich die Pflichterfüllung einverleibt, nun so dermaßen schlecht dargestellt wird!
    Dein nächster Punkt, eine Sacerdos mache Valeria das Leben in CCAA schwer, dazu sage ich dir mal etwas. Erstens, Valeria darf nicht in CCAA leben, dazu hat sie keine Anweisungen, keine Versetzung! Zweitens suchte mich eben jene Priesterin auf, beschwerte sich über das herrische Auftreten, das beleidigende Auftreten, der Person, über die wir hier gerade disputieren. Diese Priesterin wurde nach CCAA rechtens versetzt, sie erstattete mir ausführlich Bericht und scheint sich im dortigen Cultus gut eingereiht und eingelebt zu haben und ich werde sie auch sicherlich nicht aufgrund solcher Auftritte Valerias nicht versetzen. Sie ist Opfer, nicht der Schuldige. Doch wie mir scheint, hat man dich fehlunterrichtet diesbezüglich.
    Ferner sagst du ich schiebe die Götter vor. Mein gutes Recht, bin ich doch dafür da ihre Omnipräsenz zu wahren. Das mache ich und missbrauche diese wahrlich nicht für private Zwecke, wie besagte Person es zu pflegen tut, sogar gegenüber Vorgesetzten und ranghöheren Priestern!"


    Iulianus musste sich wirklich zügeln, um nicht eine sofortige Entlassung aus dem Cultus Deorum pochent erwirken zu wollen. Es grenzte an Frevel diese Priesterin noch weiterhin im direkten Kontakt mit den Göttern zu lassen.

  • Livianus hörte dem Pontifex aufmerksam zu und wirkte dann für einen Moment nachdenklich.


    „Mir war wichtig beide Seiten zu hören Pontifex. Dies habe ich nun und möchte es auch vorerst dabei belassen. Ich werde mir die ganze Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen und mit Valeria reden. Ich danke dir, dass du dir für mich die Zeit genommen hast und hoffe wir sehen uns beim nächsten Aufeinandertreffen zu einem freudigeren Ereignis.“


    Livianus verabschiedete sich und verließ das Officium.

  • "Ich hoffe auch auf eine erfreuliche Konversation, als es unter diesen Umständen war. Mögen die Götter bei dir sein, Legatus Legionis. Vale."


    Verabschiedete er den Mann und setzte sich wieder auf den Korbstuhl, um an seinen Dokumenten zu arbeiten, welche einer Organisation bedürften.

  • Seine Pflicht war hier nun getan, er würde nach CCAA aufbrechen und von dort dann nach Rom.
    Dies meldete er, wie er es damals schon tat, seinem Scriba und gab ihm die Anweisung dies weiterzugeben.
    Von den Priestern hatte er sich schon längst verabschiedet.
    So ging er.

  • Der erste Tag als Sacerdos publicus pro Germania begann für Phelan. Er machte sich auf zum Tempelbezirk, wo er das Officium des Provinzcollegiums aufsuchte, in dem schon viele Mitglieder des Cultus Deorum, Discipuli, Sacerdotes und auch Pontifices, gearbeitet haben und stets im Dienste des Staates für das Volk ansprechbar waren.
    Die Tür war ein wenig eingerostet, es war schon länger keiner hier gewesen und das Schneewetter hatte die Schaniere rosten lassen und die Witterung hatte das Holz etwas verzogen. Das Officium war gar nicht mal so klein wie erwartet, aber das Chaos war wohl um einiges größer. Der junge Germane legte seine Tasche ab und machte erst einmal den Weg zu dem Schreibtisch frei, um erstmal diesen auf zu räumen. Danach würde er sich den Regalen widmen, in denen alles wichtige archiviert war. Einige Schrifrollen hatten auch noch ihren Platz zu finden.
    An der Wand hingen einige Urkunden. Es waren alles Urkunden der vorherigen Mitglieder des Cultus, die hier gearbeitet hatten. Zum einen die Urkunde des Pontifex Titus Claudius Imperiosus Iulianus, zum anderen die Sacerdotes Decima Valeria und Lucia Quintillia. Diese waren aber nur drei unter einigen.
    Seine Urkunde würde er auch bald hier her hängen, allerdings wollte er sich erstmal sinnvolleren Aufgaben widmen und sich vor allem erstmal Einleben.
    Massenhaft Arbeit würde auf ihn zukommen, gegenüber denen er aber keinesfalls missmutig, sondern in freudiger Erwartung war.

  • | Caius Iulius Dancmarius


    Wenige Tage, nachdem Verus in Mogontiacum angekommen war, erschien ein älterer Mann im Tempelbezirk. Es handelte sich um Iulius Dancmarius, der nichts mit der iulischen Gens in Rom zu tun hatte, sondern nur von einer germanischen Sippe abstammte, die unter dem göttlichen Augustus das Bürgerrecht verliehen bekommen hatte. Er hatte einen Großteil seines Lebens bereits hinter sich, war in der Colonia Augusta Rauracorum als Mitglied des Ordo Decurionum vom Magistratus zum Duumvir geworden, hatte vieles bewirkt und war zur Krönung seiner Karriere als Pontifex in das germanische Provinzcollegium berufen worden.


    In dessen Auftrag kam er nun nach Mogontiacum, wo seiner Information nach ein neuer Sacerdos aus Rom eingetroffen war. Und genau zu diesem wollte er...




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