Schlacht von Numantia

  • Ich blieb vor dem Kommandeur der Römer stehen und erkannte den Centurio wieder, mit dem ich vor der Stadt verhandelt hatte. Scheinbar hatte diese Kohorte wirklich keinen Tribunen dabei gehabt. Ich neigte mich zu meinem Hauptmann.


    "Einen Tribunen habt ihr unter den Toten nicht gefunden?"


    "Nein, General."


    Ich nickte mit dem Kopf, trat dann näher und bückte mich.


    "Wie ist Dein Name, Soldat?"

  • Ich merkte wie sein Blick erstarrte und in verächtlichem Tonfall sprach er seinen Namen aus. Ich zuckte mit keiner Miene.


    "Ich habe auch Männer verloren. Tapfere Krieger. Junge Helden und Väter. Meinst Du mir täte das nicht weh? Doch wir sind Soldaten, Du und Ich. Soldaten führen Krieg und im Krieg gelten andere Gesetze, das weißt Du selbst nur zu gut..."


    Ich blickte ihm in die starren Augen.

  • Ich bemerkte, das Decurio Crassus zu sich kam und hörte seine Frage.
    Ich flüsterte ihm leise zu "Decurio, ich bin froh, dass du noch lebst! Wir sind am Forum der Stadt und wurden gefangen genommen. Du warst ohne Besinnung, als man dich herbrachte"

  • Er hatte recht mit dem was er sagte, aber Livianus wollte keinesfalls eine Schwäche zeigen. Er war ein römischer Offizier und musste auch in dieser Lage Haltung bewahren.


    "Und? Wie wird es nun nach deinem glorreichen Sieg über eine römische Cohorte weitergehen! Du hast jetzt was du wolltest. Numantia gehört dir."


    Und bald wirst du derjenige sein, der hier belagert wird, dachte sich Livianus ohne es aber auszusprechen.

  • Ich blickte über den Platz.


    "Wie es weitergeht? Was meinst Du? Wenn wir verloren hätten? Wie wäre es dann weiter gegangen? Wie behandelt Rom seine Gefangenen?"


    Ich verharrte bewegungslos.

  • Livianus wandte seinen Blick von Sertorius ab und sagte dann mit ruhiger Stimme.


    "Höchstwahrscheinlich nicht anders als ihr Barbaren eure Gefangenen behandelt. Gegenüber seinen Feinden kennt Rom keine Gnade."


    Livianus sah sich um und blickte zu den anderen Soldaten. Er sah in ihre blutverschmierten und zerschunden Gesichter. Er wusste, dass er mit diesem Satz vielleicht sein Schicksal und das seiner Soldaten besiegelt hatte. Aber als römischer Offizier würde er nicht um Gnade betteln. Er wollte nach dieser Niederlage wenigstens seine Würde bewahren.

  • Crassus kam langsam wieder zu Besinnung und richtete sich auf. Er sah Sertorius und erinnerte sich an den harten Kampf. Und auf einmal schmerzte seine Brust wieder. Er legte sich langsam wieder auf dem Rücken und schloß die Augen. Dann sagte er im Liegen leise und krächzend:
    Du kämpfst wie ein Römner.

  • Ich erhob mich wieder und wandte mich an den Hauptmann. Dieser sah mich fragend an.


    "Was sollen wir tun, General?"


    Ich überlegte. Ich kannte die Römer nur zu gut und wusste, was sie mit Gefangenen machen würden. Ich nickte mit dem Kopf und hatte eine Entscheidung gefällt.


    "Jeder zweite wird gekreuzigt! Die anderen werden freigelassen um die Botschaft nach Tarraco zu tragen."


    "Und welche sollen wir kreuzigen?"


    "Das Los soll entscheiden..."

  • Livianus ergriff Sertorius Arm, riss ihn herum und starrte ihn in seine Augen.


    „Ist heute nicht schon genug Blut geflossen, Sertorius! Willst du unbedingt mehr sehen. Lass meine Männer gehen und behalte mich als deinen Gefangenen.“

  • Der Mann hatte Mut und das musste ich bewundern. Dennoch schüttelte ich seinen Arm ab und blickte ihn an.


    "Schon genug Blut vergossen? Das sagst Du? Ein Römer?"


    Ich konnte es kaum glauben.


    "Ich kenne die Römer. Ich habe in der römischen Armee gedient. Ich weiß wie sie kämpfen, ich weiß wie sie reagieren. Ich weiß, wie sie mit Gefangenen umgehen. Und ich weiß wie sie tausende von Menschen ohne mit der Wimper zu zucken an einem Tag ans Kreuz schlagen können. Hast Du schon einmal diesen Anblick gesehen? Ich habe es! Und es ist die einzige Botschaft, welche die Römer verstehen. Varus gib mir meine Legionen zurück! Das ist die einzige Sprache, die sie verstehen..."


    Ich hatte mich entschlossen.

  • Livianus schüttelte den Kopf.


    „Dann warst du anscheinend zu lange bei den Römern und bist nicht anders als sie. Du redest hier von einem freien, einem anderen Hispania und handelst dennoch wie ein Römer. Ob sich das die Leute von ihrem Befreier erwarten?“


    Durch die Menge der Einwohner Numantias und der Soldaten, die sich mittlerweile um den Platz vor dem Forum versammelt, hatten ging ein Raunen als sie dir Worte des Centurios hörten. Dennoch dachte Livianus das es zwecklos war mit Sertorius weiter zu verhandeln und stellte sich zu seinen Soldaten zurück in die Reihe.

  • Ich blickte den Centurio nur an, sagte aber nichts mehr. Zu meinem Hauptmann sprach ich:


    "Jeder zweite wird gekreuzigt! Die Römer sollen, wenn sie diese Stadt erreichen niemals vergessen, dass das Schwert, dass sie selbst über andere Völker brachten, eines Tages auch über sie kommen wird. Das was sie sähten, werden sie ernten!


    Und schafft mir die Leute hier weg. Sie sollen in ihre Häuser gehen. Ich habe sie nicht verschont und befreit, damit sie hier einen Volksauflauf veranstalten..."


    Der Hauptmann nickte mit dem Kopf.

  • Der Hauptmann ging durch die Reihe der Gefangenen und sah sich alle an. Dann trat er wieder zu mir.


    "Vielen von den Gefangenen sind verwundet. Sollen wir das berücksichtigen, oder wirklich stur nach Los durchgehen?"


    Ich blickte ihn an und meine Stimmer klang so hart, dass ich sie selbst nicht wiedererkannte.


    "Es soll das Los entscheiden. Ich will mich nicht schuldig machen und eine Entscheidung treffen. Es liegt bei den Göttern wer sterben, und wer leben soll..."


    "Ja, mein General."


    Er winkte einem anderen Offizier, der mit zwei Steinen wiederkam. Einem weißen Stein und einem Schwarzen. Dann ging er zu den Soldaten, teilte sie immer paarweise ein, so dass sie zu wählen hatten. Einer würde den weißen, der andere den schwarzen Stein ziehen...


    Er trat vor die ersten beiden.
    Das Los wurde gezogen.
    Ein Junger seufzte auf, er war gerade 20 Jahre alt.


    Dann trat er vor die nächsten beiden.
    Das Los wurde gezogen.
    Wieder schrie einer auf.


    ...

  • So ging das Losen durch die Reihen, bis ich daran war.
    Ich stand neben meinem Kameraden, der mir zuvor das Leben gerettet hatte.


    Ich betete zu den Göttern, dass sie ihn verschonen sollten, aber das Los wollte es anders. Mein Kamerad schaute mich mit traurigen Augen an, ich fasste ihn an der Schulter und sprach "Ehre und Stärke, mein Freund". Er antwortete "Für Rom und den Kaiser"


    Ich war betrübt, natürlich freute ich mich über mein Leben, aber sogleich verlor ich einen Kamerad, Soldaten und Freund.


    Das Losen ging weiter...............wie würde es meinem Decurio ergehen...........und wie meinem Bruder???

  • Das Los kam zu Crassus. Er schaute seinen Nebenmann an. Ein junger Probati. Crassus sagte zu dem Rebellenoffizier:
    Kreuzige mich und lasse ihn am Leben.
    Der Offizier blickte auf und grinste diabolisch. Wer bist du das du meinst mir Befehlen zu können? Crassus bekam einen Schlag auf den Kopf er sackte zusammen. Er hörte noch die Angstschreie des jungen Probati neben ihm, als der Offizier sagte, er würde gekreuzigt werden bevor ihm schwarz vor Augen wurde.
    So kam auch Crassus ungewollt um den Tod herum.

  • Das Los erreichte Balbus.


    Aus einem unverständlichen Grund hatte er Glück, wobei er drüber nachdachte, ob es wirklich Glück war.


    Als er in die Gruppe der "Glücklichen" zurückkehrte sah er, dass gerade der junge Probatus, dem er vor der Schlacht bei seiner Ausrüstung geholfen hatte am Losen war.


    Der Probatus schrie auf. Balbus wusste, was das bedeutete. Ihn ergriff ein Gefühl der Schuld, schliesslich hatte er ihm noch vor kurzem gesagt, dass er auf ihn aufpassen würde.
    Balbus stürzte auf ihn zu und rief: "Verschont ihn! Er ist doch noch ein Kind! Nehmt mich stattdessen!" Er wurde von einem der Barbaren mit den Worten: "Hier wird niemand verschont, den das Los erwählt hat!" niedergeschlagen. Balbus sackte zusammen und wurde bewusstlos.

  • Die Auslosung erreichte auch Centurio Livianus. Er wusste, dass er wie seine Vorgänger keine Chance auf eine Ausnahme hatte. Es würde nicht nutzen sein eigenes Leben anzubieten um damit dem neben ihm stehenden Legionär das weiterleben zu ermöglichen. Die Hände des feindlichen Soldaten drehten sich und er öffnete langsam die Handflächen. Livianus war ebenfalls vorschont geblieben. Der Soldat indessen ging teilnahmslos weiter.

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