Die Ställe

"Ach weisst Du, es ist gar nicht so schwer. Ein Mensch kann, wie ein Stück Holz im Wasser treiben. Er muss nur die richtigen Positionen einnehmen, von denen es einige gibt. Hat er dieses, ist es nur noch eine Frage von der richtigen Bewegung, dann passt es schon." Er sah Bashir mit einem leichten Lächeln an und legte das letzte Stück Leder zur Seite. Wie es aussah, waren sie fertig und draussen wurde es auch langsam schon dämmrig.

"Ja, da hast Du vollkommen recht. Zu viel Eile tötet allen Spaß," grinste er leicht und lehnte sich einen Moment entspannt zurück. "Lassen wir das Leben einfach auf uns zukommen. Etwas planen ist gut, aber zu viel das Leben verplanen auch wieder nicht."

Bashir brauchte für sein letztes Teil nicht sehr lange. Seufzend legte er es beiseite. "Sollten wir uns einmal wiederrtrreffen, dann bitte ich Dich, mich das Schwimmen zu lehrren. Würrdest Du das tun?" Immerhin klang es gar nicht so schwer, wie Barbatus es erklärte. Wenn er es konnte würde er das Geheimnis kennen. Und vielleicht war es ihm doch einmal nützlich.

"Leiderr muß ich jetzt gehen", sagte er und stand auf, um die Sachen zusammen zu räumen. "Danke fürr Deine Hilfe. Und fürr das gute Gesprräch."

Er beobachtete Bashir, bis dieser fertig war und zog erstaunt seine Braue hoch, als er dessen Bitte hörte. "Sollten wir uns jemals wieder begegnen und Wasser ist in der Nähe, will ich dieses gerne für Dich tun." Er lächelte leicht und reichte Bashir seine Hand um es zu besiegeln.

"Ja, ich werde auch los müssen, es wird gemunkelt, das Morgen eine Inspektion anliegt. Da muss ich noch mal alles durchsehen und gegebenenfalls hier und da noch was reinigen oder ordnen. Man will ja keinen Ärger," grinste er leicht. "Gerne geschehen. Jederzeit wieder!" Ob damit beides gemeint war oder nur eines, ließ er offen. Er erhob sich ebenfalls und als Bashir ging, ging dann auch er.

Es war mal wieder soweit,...alle Pferde wurden auf die Weide getrieben und die Ställe ausgemistet. Danach die Boxen inspiziert, ausgebessert und gereinigt.
Das Lederzeug, Sättel, Decken, alles wanderte nach draußen wo es unter großem Hallo der Equites und Calones gereinigt, ausgebessert oder ersetzt wurde. Primus ging mit Lucius und Ocellus, den Decurionen der Turma I und III durch die wuselnden Männer und bemerkte, daß der Frühling die Stimmung in der Truppe deutlich anhob.
Er wandte sich an Thilo,den Calone major.
"...und...wie sieht es aus?"Im Großen und Ganzen gut,...die Pferde sind bis auf die beiden alten guter Dinge,...wir brauchen 40 neue Satteldecken und 11 neue Sättel. Ich denke an 400 neue Lederriehmen für Ausbesserungsarbeiten,...Das Holz für die Boxen war noch am Lager und ich habe in der Fabrica 1000 Nägel angefordert. Wir brauchen auch noch 30 Paar Hufschuhe für die Dreijährigen...
Primus nickte und meinte,
"Mach mir eine Bestelliste fertig...sonst noch was?"
Thilo nickte,
11 Pferde kämen dieses Jahr in den Tournus,...das heißt wir brauchen Ersatz...
Sein Blick drückte dabei Trauer aus,...aber 10 Jahre bei der Legion waren ein langes Pferdeleben...

Auch Lupus war nicht wohl bei dem Gedanken, was nun mit den Pferden geschehen sollte. Er sah auf die Decurionen, die scheinbar alle ihren Gedanken nachhingen.
Jedoch wußte er auch, daß die Tiere nicht irgendeinem Metzger übergeben wurden.
Thilo fand immer wieder Abnehmer in den umliegenden Ortschaften die sich alle 10 Finger nach den Legionspferden leckten. Sie waren hervorragend ausgebildet und von Narben abgesehen immer gepflegt.
Er schlug Thilo auf die Schulter und meinte,
Naja,...du findest doch immer ein paar Abnehmer die ihnen einen schönen Lebensabend gestatten.
Thilo grinste bejahend.

Primus war sich dessen bewußt, sein Ansinnen galt mehr der Neubeschaffung. Das wäre doch ein prima Einstand für den neuen Kommandeur.
" 11 Pferde sagst du?...wir werden mit der Ausmusterung warten bis der Neue Tribun den Laden hier übernommen hat,...ich schätze er würde es wohl begrüßen solche Aufgaben zu übernehmen.
Bei der Gelegenheit könnte man ja vielleicht ein paar der Pferde von der Terentischen Zucht übernehmen.
Primus sah Thilo an,
"...sonst noch was, Thilo?"
Dieser schüttelte den Kopf, Nein,...das war soweit alles,...ich denke wir sind bis zum Abend hier fertig.
Primus nickte und verabschiedete Thilo. Dann wandte er sich seinen Offizieren zu.
" Lucius,...Ocellus,...ihr werdet auf Patrouille gehen,...die I. Richtung Borbetomagus,...die III. Richtung Confluentes,...sagen wir 30 Meilen,...seht euch um,...hört euch um....keine Fisimatenten oder Calamitäten...Aufbruch in einer halben Stunde,..."
Lucius nickte und fragte,
Kleine Gefechtsaustattung?
Primus sah Ocellus an und dieser zuckte die Schultern.
"Ja,..ich denke das wird reichen,..."
Die Männer salutierten voreinander und machten sich an die Arbeit.

Nachdem Potitus seine Ausrüstung in seine neue Unterkunft gebracht und sich kurz mit seinen Stubenkameraden bekannt gemacht hatte, machte er sich zuerst einmal auf den Weg zu den Ställen, um nach seinem Hengst Berenger zu sehen.
Das schöne Tier war die ganze Zeit unruhig gewesen. Ein neuer Stall und die Abwesenheit seines Besitzers und Freundes waren ihm nicht ganz geheuer. Potitus trat zu seinem Pferd und streichelte dem jungen Roß beruhigend den Hals. Leise redete er auf ihn ein und langsam senkte der Hengst die Nase und wurde ruhiger.

Potitus blieb noch einige Zeit bei Berenger und verließ dann die Ställe wieder, um zu seiner Unterkunft zurückzukehren.

Primus wartete mit Thilo dem Calone major auf die Vier Übeltäter.
Er hatte mit Thilo bereits gesichtet welchen Bereich sie ausmisten sollten und war sicher es würde ihnen eine Lehre sein,...zumindest kurzfristig.
Der Iulier war zu stolz und damit zu angreifbar in einer rauhen Umgebung wie der Legion.

Potitus war erschöpft und ihm taten alle Knochen weh nach dem ersten Tag seiner Ausbildung. Doch er hielt sich aufrecht und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, daß er nun am liebsten seine Koje aufgesucht hätte und nicht zum Strafdienst gekommen wäre.
Er betrat die Ställe und ging langsam die Stallgasse entlang, um sich zur Arbeit zu melden. Als er an seinem Hengst Berenger vorbeikam, blieb er kurz stehen, legte eine Hand auf dessen warmes Fell und sprach leise einige liebevolle Worte mit dem Tier, das die Ohren nach ihm spitzte.
Dann ging er weiter und entdeckte schließlich Decurio Terentius, auf den er zielgerichtet zusteuerte. Vor diesem nahm er die heute neu gelernte Habacht-Stellung ein und sagte mit fester Stimme: "Salve Decurio Terentius. Melde mich wie befohlen zum Strafdienst."

Primus wandte sich dem Iulier zu und nickte,
"Nun, Probatus,...ich habe gesehen, daß du ein Pferd hier eingestellt hast,...du glaubst doch wohl nicht, daß ich einen meiner Männer abstelle um deine Box sauber zu halten?"
Der Anflug eines Lächelns zog über sein Gesicht und er schloß,
"Abmarsch!...und wenn du fertig bist meldest du dich hier bei Thilo ab,...er hat die Aufsicht über die Pabula...wichtiger Mann,...Fachmann,...also mach´es anständig."
Primus tippte sich an die Stirn und entließ so den Probatus.
Er war mal gespannt wann die übrigen Übeltäter kamen. Für diese Schlaumeier hatte er was ganz besonderes auf Lager.

Potitus konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen, als er hörte, daß er sich mit seinem eigenen Hengst beschäftigen sollte. Er grüßte den Decurio, suchte sich alle nötigen Utensilien zusammen und begann eifrig mit der Arbeit. Manchmal konnte man ein leises, unterdrücktes Lachen aus der Richtung hören, wenn ihn der Hengst wieder einmal mit der Nase liebevoll geschubst oder an seinen Beuteln geknabbert hatte.

Die drei übrigen Strafdienstler kamen etwa eine halbe Stunde später an. Ihr Centurio war über die Vorkommnisse des Vortages so verärgert gewesen, daß er mit ihnen schon eine halbe Stunde Sonderexerzieren durchgeführt hatte. Durchgewalkt und verschwitzt meldeten sie sich bei Decurio Terentius.

Beim Anblick der drei meinte Primus,
"Nun meine Herren,...wie ich sehe seid ihr schon bevorzugt behandelt worden,...nun denn,...ihr dürft euch der Sickergrube widmen,...sie ist über den Winter recht voll geworden."
Er winkte Thilo, den germanischen Calone major heran und bat ihn die drei zur Sickergrube zu geleiten.
Dieser führte sie in einen Raum der übelst roch und wies auf eine große Klappe am Boden.
Dort findet ihr Eimer und draußen ist ein Gespann mit Fäßern. Die werden in drei Stunden abgeholt,...also...
Er wies mit beiden Händen auf die Eimer und wandte sich zum gehen hielt inne und meinte,
Wechselt euch möglichst ab mit dem auschöpfen...der Geruch der Gülle verwirrt einem manchmal den verstand und man wird besinnungslos...wäre schade wenn man euch da rausholen müßte.
Die drei würden auch so wochenlang nach Gülle stinken.

Die drei wurden grün im Gesicht, als sie die Klappe zur Sickergrube öffneten. Der Schläger, der sich durchaus bewußt war, daß er seine beiden Kumpane mit hineingerissen hatte, begann mit dem Schöpfen. Nach den ersten vier Eimern übergab er sich in die Grube, riß sich aber zusammen und schöpfte weiter.

Potitus, der auf Grund des üblen Geruches in der Stallgasse neugierig geworden war, nutzte einen unbeobachteten Augenblick zum Nachsehen. Als er den Strafdienst sah, den seine Widersacher aufgebrummt bekommen hatten, taten sie ihm fast leid. Er warf ihnen einen mitleidigen Blick zu, drehte sich wortlos herum und befasste sich weiter mit seiner Arbeit, die er noch nicht beendet hatte.

Nachdem Potitus Berengers Stall höchst penibel ausgemistet hatte und den Mist weggebracht hatte, nahm er sich einen Besen und kehrte die Stallgasse sehr gründlich, bis nicht mehr ein Strohhalm auf dieser war.
Dann suchte er den Calone major Thilo auf, um sich bei diesem abzumelde. "Melde gehorsamst, Box und Stallgasse sauber."

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Thilo nahm die Meldung entgegen und nickte,
Gut Probatus,...du kannst dann gehen,...und noch eins Probatus,...
Thilo trat auf den jungen Iulier zu und meinte,
Der Decurio hält zwar Stücke auf dich,...aber ich würde dir empfehlen etwas vorsichtiger zu sein und nicht auf jeden Ehrenhandel anzuspringen.
Er knipste mit einem Auge und schloß,
Niemand kann dich beleidigen,...du weißt es besser,...du bist jetzt in der Legion,...man erwartet daß du ein Vorbild für uns Barbaren bist,...
Er lächelte und tippte sich an die Stirn um dann wider in der Tiefe der Pabula zu verschwinden.

Potitus nickte und lächelte. "Danke, Thilo, ich werde es mir merken. Warte bitte...", hielt er Thilo davon ab, sich zurück zu ziehen, "... kannst du mir sagen, an wen ich mich wenden muß, um die Erlaubnis für einen oder besser regelmäßige Ausritte mit meinem Hengst zu bekommen? Weißt du, er ist noch ein junges Tier und wird anfangen zu rebellieren, wenn er zu lange nicht bewegt wird. Vor allem, weil er das nicht gewöhnt ist."

Thilo wunderte sich über das Selbstbewußtsein des jungen Iuliers,aber gerade dieses Selbstbewußtsein wird ihn wohl diese Suppe eingebrockt haben.
Er hört der Anfrage aufmerksam zu und entgegnete,
Hmm...schwierig,...als Probatus hast du bis zum Abschluß deiner Grundausbildung keinen Ausgang , soll heißen, du darfst das Castellum nicht verlassen.
Er sah sich das Pferd kurz an und meinte dann,
Ich werde mal mit dem Decurio reden,...vielleicht kannst du ihn ja nach Dienstschluß auf dem Campus bewegen,...die Equites machen am frühen Abend schon mal Reitübungen dort,...ich kläre das.
Komm Morgen nach Dienst noch einmal her, dann weiß ich Bescheid.
Er nickte dem Iulier zu und ging seiner Wege.

Potitus kam wie abgesprochen am nächsten Abend nach Dienstschluß wieder in die Ställe. Er war heute abgeschwitzt, sein Onkel Sparsus hatte sie doch ganz schön geschliffen. Er begab sich zuerst zu Berenger und streichelte ihn ein paar Minuten, dann machte er sich auf die Suche nach Thilo.

Primus holte gerade seinen mächtigen Hengst aus seinem Stall als er den jungen Iulier sah.
"Sieh an, Probatus,...Thilo erzälte mir von deinem Wunsch."
Er klopfte Orcus auf den Hals und sah den Iulier fest an.
"Ich kann deine Sorgen verstehen Iulius Potitus,...jedoch solltest du dein Begehren vorher mit deinem Centurio abklären...
Orcus schnaupte ungeduldig, fühlte sich zurückgesetzt.
" Sag´ihm, von mir aus geht es in Ordnung, wenn du dich nach Dienstschluß unseren Reitübungen anschließt."
Schnell schwang er sich in den Sattel und rieb Orcus zwischen den Ohren.
"Es ist besser so, glaub´mir, sonst fühlt er sich womöglich hintergangen...und das willst du doch nicht?
Wende dich danach an Vexillarius Terentius,...er weiß Bescheid."
Primus tippte an seine Stirn und verließ auf Orcus die Pabula.