• Tonfall und Gesichtsausdruck des Offiziers sagten mehr als Worte. Ich beschloss, mich zukünftig von dieser Thematik fernzuhalten. Schwerfallen würde mir das nicht, mit den Personen selbst hatte ich kaum Kontakt. Vorgenommen hatte ich mir allerdings, diesen beiden neuen Legionären Einsatzwille beizubringen. Ob es mir nun zustand oder nicht, ich war der Dienstältere und mir ging die lasche Einstellung vor allem von einem der beiden schon lange auf die Nerven. Ich hatte wenig Lust, die Leistungen meiner Zeltgemeinschaft durch Einzelne geschmälert zu wissen.


    Ich winkte dem Wirt zu.


    „Gibt es in deinem Hause auch noch einen besseren Tropfen?“ Ich verkniff mir, ungepanschten Wein zu sagen.
    Als der Wirt wiederkam, hob ich meinen Becher.


    „Trinken wir darauf, dass aus dem ersten Contubernium trotz der vielen Neuzugänge eine vorzeigbare Gemeinschaft wird. Das ist mein Ziel und dafür werde ich innerhalb der Gruppe sorgen.“

  • "Auf die Erste!"


    Sophus nickte, hob den Becher uns stieß mit Vesuvius an.


    Nachdem er einen großen Schluck genommen hatte, sprach er in Anbetracht der Tatsache, dass viele Soldatenfrauen mit nach Mantua gezogen waren und in der ganzen Stadt zahlreiche inoffizielle Familien anzutreffen waren, zum Kameraden:


    "Die Legion ist ja nicht alles im Leben. Hast du Familie, Vesuvius?"

  • Ich setzte meinen Becher ab. "Hmm, der war schon besser!“ Diesen Wein durfte man allerdings nicht mehr ganz unbekümmert trinken. Mit dem Geschmack stieg auch die Wirkung des Tropfens.


    "Tja, Familie.“ Ich strich mir über das Kinn. "Da habe ich nicht viel vorzuweisen. Zwei Cousinen, mehr ist da nicht. Eine wohnt in Mantua, wo die andere wohnt ist mir gänzlich unbekannt.“


    Nach einer kurzen Pause fügte ich noch hinzu:
    "Die Dame meines Herzens ist mir noch nicht begegnet. Dafür komme ich hier zu selten raus und nach deiner Familie frage ich jetzt lieber nicht.“


    Mit einem Schmunzeln sah ich Aurelius an. Ich war mir sicher, er verstand. Sollte er doch selbst erzählen, bevor ich wieder ungeahnt in ein Wespennest stechen würde. Vielleicht würde ich irgendwann einmal wissen, was heikel und was unbedenklich war. Vorerst blickte ich da nicht durch.

  • "Na, die Dame deines Herzens wird schon noch kommen...man sagt, die Mädchen Mantuas fliegen geradezu auf Legionäre der Ersten. Und was meine "Familie" betrifft, so wäre es besser, einen Mantel des Schweigens darüber auszubreiten."


    Da Vesuvius seinen Vater nicht mehr explizit erwähnt hatte, beschloss Sophus, lieber nicht nach dem alten Primus Pilus zu fragen. Der Centurio leerte den Becher und stellte ihn mit Nachdruck auf die zerkratzte Tischplatte.

  • "Tja, so ganz ohne Familie, der Kontakt ist bei mir auch eher dürftig, bleibt uns beiden wohl nichts anderes übrig, als uns voll und ganz der Legion zu widmen. Wenn du mich fragst, gibt es ein schlechteres Los als dieses.
    Ich kann auch nicht sagen, dass ich derzeit etwas vermisse. Dafür bin ich wohl noch nicht lange genug Legionär. Kommt Zeit, kommt Rat. Den einen oder anderen Ausgang werde ich schon zu nutzen wissen.“


    Ich sah in meinen Becher und dachte mir, so ein bisschen Spaß nebenher… Warum eigentlich nicht? Nur eben Familie, Verwandtschaft, also darauf hatte ich nun wirklich keine Lust.


    "Ich könnte mir vorstellen, dass es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich ist, einmal nach Rom zu kommen.“

  • "Ja, das ist wahr. Seit dem Umzug der Legio I nach Mantua hatte ich selbst - abgesehen von meiner Zeit als Quaestor consulum - nur in zwei Fällen Gelegenheit, die ewige Stadt wiederzusehen. Und nach der Soldatenzeit, wenn viele Haare grau, Beine müde geworden sind, wird man gewiss auch daran zweifeln, ob es von Vorteil wäre, den Lebensabend im Trubel der lärmenden und schmutzigen Großstadt zu verbringen. Und selbst wenn doch..."


    Ein wehmütiges Grinsen umspielte beim Gedanken an jene Stätte der Geburt und frühen Kindheit des Centurios Lippen.


    "...so wird man feststellen, dass sich im Reiche viel ändern kann, aber Rom stets Rom bleibt."


    Das Gasthaus hatte sich zu leeren begonnen; in einer Ecke zählte grinsend der alte Wirt die stattlichen Einnahmen des Tages. Auch Sophus erhob sich nun vom Tische, legte dem Wirt einige Münzen vor die Nase, verabschiedete sich von den wenigen noch verbliebenen Unteroffizieren, sowie Herius Vesuvius Claudius und verließ mit schweren Schritten das Wirtshaus in die kalte und rabenschwarze Nacht. Die morgige Fortführung des Geschütztrainings, so beschloss der Centurio in jenem Moment, würde mit einiger Verspätung beginnen - selbst dieser gepantschte Traubenmost hinterließ doch eine Gewisse Wirkung. Zum Glück musste er nicht zielen.

  • Ich blieb noch sitzen, als der Centurio und einige andere Soldaten das Gasthaus verließen, war doch mein Becher noch relativ voll. Obwohl die Gedanken aufgrund des Weines etwas schwerer als üblich flossen, gingen mir viele Ereignisse der letzten Zeit nochmals durch den Kopf.
    Vitulus fiel mir gerade wieder ein. Was war eigentlich geschehen? Wir trafen uns seltener in der letzten Zeit und auch heute im Gasthaus hatte er gefehlt. Ging der Freund jetzt andere Wege oder hatte ich ihn gar zurückgelassen? Mich überkam ein schlechtes Gewissen.


    Zügig leerte ich den Becher und stand auf. Zwei Sekunden lang musste ich um mein Gleichgewicht ringen. Im Sitzen hatte ich von der Wirkung des Getränkes nichts gemerkt. Nach dem Bezahlen, viel war es nicht, denn ich hatte nichts gegessen und musste auch nicht alle Weinbecher aus eigener Tasche bezahlen, schlürfte ich zur Tür und von dort Richtung Lager. Ich wollte in den Quartieren nach Vitulus suchen, hatte ich ihm doch eine gute Nachricht zu überbringen.

  • Als Claudius das letzte Mal in diesem Gasthaus gesessen hatte, war er Legionär gewesen und hatte mit seinem Centurio über die Qualität der LEGIO I und die persönlichen Karrierevorstellungen gesprochen. Heute saß er mit den Legionären seines Contuberniums am Tisch und wieder sprachen sie über die Qualität der LEGIO I. Claudius hätte den Wachbericht nicht lesen müssen, er hatte auch so erfahren, was die Legionäre am heutigen Tag bewegte.


    Er bestellte sich zum wiederholten Male einen großen Becher Wein und starrte in diesen. Gerade so, als würde auf dem Grund des Becher die Antwort auf seine Frage stehen: Würde er die Einheit wechseln und wenn ja, wohin. Er wusste nicht sicher, ob es in Hispania strenger zuging. Was er wusste: bei den Praetorianern war es wohl so und er hatte sogar erst kürzlich eine Anfrage von dort erhalten, die er ohne nachzudenken sofort abgelehnt hatte - damals.
    Er schüttelte den Kopf. Ob er das wohl heute auch getan hätte? Dumpf vor sich hinbrütend, schüttete er einen weiteren Becher in sich hinein und bestellte sich einen neuen.

  • Es war spät an jenem Abend geworden und der Optio hatte Mühe, den Weg zurück zum Lager zu finden. Der Wein hatte seine Gedanken abgetötet. Singend näherte er sich mit seinen Kameraden dem Kastell. An den morgigen Kater dachte er nicht im Geringsten.

  • Der frischgebackene Probatus Marcus Caecilius Decius betrat das Gasthaus und bestellte sich etwas Wein. Da er keine Kameraden entdecken konnte setzte er sich an einen Tisch und trank das Getränk schweigend.
    Er war sehr aufgeregt, er freute sich dass er nun wohl Mitglied der I. Legion war, andererseits erwartete er seine Ausbildung mit gemischten Gefühlen...

  • "Tja, werde ich tun, Ich bin schon gespannt auf die Ausbildung! Die Militärwettkämpfe finden statt? Sind von unserer Legion auch Offiziere dort? Wie gelangt man denn zu den Wettkämpfen?"


    Decius nahm einen großen Schluck von seinem Wein.

  • Der Legionär grinste. Er konnte sich noch gut an seinen Dienstantritt erinnern. Voller Tatendrang konnte es ihm damals nicht schnell genug gehen. Heute wusste er, dass die Qualität der Ausbildung wichtiger war als die Schnelligkeit derselben. Dann schwenkte seine Aufmerksamkeit zu den Militärwettkämpfen.


    "Gemeldet haben sich von uns nur Optiones. Hab gehört, sie treten dort überwiegend gegen Stabsoffiziere an. Ist natürlich hart, denn ihnen fehlt noch die Erfahrung, auch wenn sie als Offiziere der LEGIO I die beste von allen Ausbildungen empfangen haben.
    Die Wettkämpfe selbst haben bereits angefangen. Dort schaffst du es nicht mehr hin, denn die Reise nach Rom dauert ja mehrere Tage.“

  • "Tja, schade. Aber vieleicht habe ich ja später die Möglichkeit einer Teilnahme, nicht wahr. Wie ist denn das Leben in der Legion? Hier ist ja keine Grenze in der Nähe die es vor barbaren zu verteidigen gilt, was ja eigentlich schade ist.

  • "Sicher, die Wettkämpfe finden jährlich statt.“


    Verwundert schaute der Legionär den Rekruten an. Das Alltagsleben eines Legionärs bestand keineswegs in der Regal aus der Teilnahmen an Schlachten. Er für seinen Teil konnte da auch gut und gerne drauf verzichten. Denn das dumpfe Ausführen von Befehlen forderte ihn nicht genug. Er vertiefte sich dann lieber in das Studium von alten Akten, die ihm Aufschluss darüber gaben, wie man die Ausbildung und den Lageralltag optimal gestalten konnte. Dazu gehörte ein umfängliches Wissen, was er einerseits gern an die Grünschnäbel weitergab und anderseits durch seine eigene Ausbildung sich von den versierten Offizieren abschaute.


    "Das Leben in der Legion fordert jeden Einzelnen jeden Tag aufs neue. Verteidigung gegen Barbaren? Was brauchst du dazu großartig an Wissen? Wenn du aber planen sollst, wie man effektiv die Logistik der Legion einsetzt, wenn du dich zum Beispiel in der Geschützausbildung beweisen musst, DANN brauchst du Wissen. Spätestens dann, wenn du eines Tages selbst junge Rekruten ausbilden wirst, musst du sattelfest in deinem theoretischen Wissen sein und das, Kleiner, lernst du nicht in Schlachten. Dort geht es darum zu überleben, mehr nicht.
    Kleine Hanseln fangen in anderen Legionen an. Wer Wert auf seine Ausbildung legt, kommt zur Ersten. Keine Legion hat so viele erfolgreiche Kommandeure hervorgebracht, wie gerade die LEGIO I.


    Wir sehen uns.“


    Mit diesen Worten trank der Legionär aus und verabschiedete sich. Es warteten Aufgaben auf ihn. Er war gespannt, wie sich der Probatus im Training machen würde.

  • Ehe Decius noch antworten konnte, war der Legionär verschwunden. Die Auskünfte von ihm jedoch hatten Decius noch neugieriger gemacht. "Das scheint ja noch interessanter zu werden als es ohnehin schon ist"


    Und nach den Worten über die Legio I fühlte er sich doch etwas stolz, Angehöriger gerade dieser Legio zu sein.

  • Decius betrat das Gasthaus, setzte sich und bestellte einen Becher Wein.
    Nachdem er diesen erhalten hatte trank er schweigend und beobachtete das Treiben um ihn herum.


    Er sah einen Mann und eine Frau, die sich wohl in einem sehr lebhaften Streitgespräch befanden; An ihrer Kleidung erkannte er dass sie wohl zu den unteren Bevölkerungsschichten gehörten, und am Gebahren des Mannes dass er dem Wein wohl allzugern zugesprochen hatte.


    In einer Ecke saßen drei Römer, die sich die Zeit mit einem Würfelspiel vertrieben; Einem Schien das Glück mehr zu lachen als den anderen, weshalb sie ihn immer misstrauischer anblickten. Dort lag anscheinend etwas in der Luft.


    Decius trank seinen Wein und seufzte.

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