• Antiope war fort, Hestia auch noch. Nur ein paar Sklaven waren im Haus und ich fühlte mich plötzlich, jetzt wo die einzige Freundin, die ich als solche bezeichnen konnte auch weg war, unendlich einsam.
    Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt gewesen zu fliehen. Versuchen nach Germanien, zu meiner Familie zu kommen, aber ich fühlte mich noch immer matt.


    Hestias Anweisungen mit dem Wollhemd hatte ich so lange eingehalten, wie sie da gewesen war. Danach war es schnell wieder verschwunden. Es war zu warm dafür. Ausserdem war ich sicher, dass es mir auch ohne gut genug gehen würde.


    Ich war, nachdem ich mehr oder minder alleine war. Durch das Haus gewandert und hatte überlegt, ob ich es jetzt wagen sollte zu fliehen. Ich musste mich nicht mehr um Antiope kümmern und der einzigen Person, der ich gegenüber noch eine gewisse Verpflichtung empfand war in den Bergen. Wann würde sie wiederkommen? Würde es reichen weit genug zu fliehen? Würde sie nach mir suchen lassen? Wahrscheinlich.


    Aber ich war immer noch nicht ganz auf dem Damm und so entschied ich noch einen Tag, maximal zwei zu warten, damit ich mich noch etwas erholen konnte.


    Es dunkelte schon und da ich nun nichts mehr zu tun hatte, begab ich mich in das Spatio und legte mich auf das schmale Bett. Es dauerte nur wenige Minuten, trotz der traurigen Gedanken, die in mir wohnten, bis ich vor Erschöpfung eingeschlafen war.

  • Der Traum riss mich aus meinem Schlaf. Schnell und schwer atmend starrte ich in die Dunkelheit, zitternd vor Kälte, aber vor allem wegen den Eindrücken, die der Traum hinterlassen hatte.


    Leid der Berge
    bleib ich nicht lang',
    neun Nächte nur;
    heiterer schien mir
    als des Heulen der Wölfe
    der Schwanengesang.


    Immer und immer wieder hörte ich diese Worte in meinem Kopf. Ich kannte sie wohl. Es hiess, Njörd hätte sie gesagt zu Skadi. Njörd, der die Bahn des Windes lenkt und das Meer und das Feuer beruhigt.
    Aber warum hörte ich diese Worte und warum in diesem Zusammenhang? Ich hatte meine Söhne gesehen und meinen Mann. Es war ein so schöner Traum gewesen, bis plötzlich Feuer erschien und Hergen erfasste. Ich sah sein süßes, kleines Gesicht und wie es von dem Feuer umrahmt war und dazu die Worte, immer wieder die Worte. Dann war ich aufgewacht. Schweissgebadet.


    Ich stand mühsam und schwankend auf und spürte, dass das Fieber zurückgekehrt war. Aber das war mir egal. Ich hatte etwas zu tun, etwas wichtiges.


    Ich bereitete alles vor und nur einige Minuten später war ich bereit.


    Ich kniete mich vor dem errichteten Werk und sprach leise und heiser mit mit zum Himmel erhobenen Augen:


    "Ásaheill ok Vana!
    Heilir Æsir, heilar Ásynjur, ok öll ginnheilög go !.


    Hamar í Nor ri helga vé þetta ok hald vör ok hindr alla illska!
    Hamar yfir mér helga vé þetta ok hald vör ok hindr alla illska!
    Hamar helga vé þetta ok hald vör ok hindr alla illska!
    Um mik ok í mér Ásgar ur ok Mi gar ur!"


    Nun war die Stätte geweiht, geweiht durch Thor und es sollte mir und den meinen Kraft und Schutz geben.


    Dann bat ich bei den Göttern um Schutz für meine Familie und meine Sippen, bat die Ahnen sie zu beschützen, bat darum, das ihnen nichts geschehen möge.


    Mit den Worten:


    "Den Rabengott ruf´ ich und alle Berater,
    Odin und alle Asen und Vanen:
    Gewährt mir Weisheit und heilsames Wirken,
    Rede und Rat und richtige Runen,
    Heil allen, die hier sind, und Heil ihren Sippen."


    Schloss ich meine Bitten und Opfergaben und konnte nur hoffen, dass die Götter mein Flehen erhört hatten und auf meine Familie acht gaben.


    Ich wusste durch Hestia, dass es meinem einen Sohn gut ging, doch was war mit seinem Zwilling, mit meinem zweiten Jungen? Und was mit meinem Mann und dem Rest meiner Familie und Sippe?


    Ich zitterte vor Kälte, obwohl mein Körper glühte. Als ich versuchte aufzustehen, schwankte alles um mich herum und ich sank zu Boden. Noch ehe ich ihn berührte, hatte ein fiebriger Erschöpfungsschlaf mich umfangen.

  • Ich wachte steif und frierend auf dem Boden auf und rappelte mich mühsam auf. Mir war etwas schwindelig und ich hatte unheimlichen Durst, deshalb suchte ich nach dem Wasserkrug und setzte ihn, ohne mir die Mühe zu machen einen Becher zu benutzen, an und trank in langen, gierigen Zügen.


    Das Wasser lief neben meinen Lippen in dünnen Rinnsälen entlang, aber ich bemerkte es nur vage. Als mein Durst gelöscht war, setzte ich ihn ab und mich auf den Stuhl, da mir immer noch schwindelig war. Auch das Frieren hatte nur bedingt nachgelassen.


    Ich hob meine Hand an die Stirn und spürte ihre Wärme. Die Finger zitterten leicht. Leise seufzte ich auf und beschloss, das ich ein wenig Bewegung bräuchte, mich erfrischen sollte und auch etwas zu Essen. Obwohl ich eigentlich keinen rechten Appetit hatte. Aber ich wusste, ich musste etwas Essen.


    Ich machte mich etwas frisch und zog mir andere Sachen an, die die ich am Leib trug waren völlig verschwitzt von der Nacht. Dann ging ich langsam zur Küche. Der Weg erschien mir unendlich lang. Ich holte mir etwas Obst und aß es langsam und fast schon widerwillig.


    Dann ging ich zurück zur Spatio um etwas aufzuräumen. Nachdem ich ein wenig geräumt hatte, saß ich erschöpft und zitternd auf dem Bett.


    "Oh ihr Asen und Wanen, wenn es denn Euer Wunsch ist, so holt mich," flüsterte ich und legte mich hin. Wenig später schlief ich erneut erschöpft ein. Die ersten Stunden kämpfte mein Körper mit dem starken Fieber und ich warf mich unruhig in wirren Träumen hin und her, aber gegen Abend sank es langsam und mein Schlaf wurde ruhiger und entspannter.

  • Ich träumte. Schwere Träume. Schlimme Träume. Unruhig ging mein Schlaf im Laufe der Nacht, unruhig auch mein Atem, keuchend, panisch zuweilen, selten ruhig.


    Meine Lippen bewegten sich, doch drang kein Laut darüber. Das Fieber sank und stieg und sank wieder. Mehrmals schreckte ich hoch und sank nur kurze Zeit später wieder erschöpft darnieder um weiter diesen Schlaf zu fröhnen.


    Erst als es bereits im Osten anfing zu dämmern und die Sterne verblassten, wurde mein Schlaf weniger unruhig und die Träume weniger schwer und wirr. Doch ein Schatten hatte sich über mich gelegt und auch wenn mein Fieber begann konstant zu sinken, so war in diesen zwei Nächten und einem Tag eine Wandlung in mir vollzogen.


    Die Angst um die Meinen beherrschte mich bis ins Mark und zeichnete mich. Die Träume konnte ich nur schwer bis gar nicht deuten. Ob sie von dem Fieber so verwirrend waren oder von tatsächlichen Geschehnissen, die sich mir darboten vermochte ich nicht zu sagen. Aber ich wusste eines. Ich brauchte Gewissheit!


    Ich wusste, dass ich zu schwach war um mir diese selber zu besorgen. Ich konnte nicht einfach fliehen. Ich würde nicht einmal einen Tag durchhalten, nicht in meinem derzeitigen Zustand. Aber ich wusste, wer mir Gewissheit würde bringen können und so erhob ich mich, als die Sonne über den Horizont trat, mühsam vom Bett und vollzog eine ähnliche Zeremonie wie am Tag zuvor. Nur diesmal bat ich um die baldige Rückkehr von Hestia und ihrer Hilfe und den Beistand der Asen und Wanen.


    Danach, noch immer geschwächt, trank ich etwas und legte mich wieder schlafen. Da ich nicht in die Dienste des Hauses eingeteilt war, wurde ich auch nicht vermisst und so störte niemand den immer noch leicht unruhigen, aber erholsameren Schlaf als zuvor.

  • Es ging mir wieder etwas besser, wenn ich auch noch geschwächt war. Doch nun machte ich mir langsam Sorgen um Hestia.
    Ich hatte einen eigenartigen Traum gehabt und ich war mir sicher, dass ihr etwas passiert war.
    Unruhig stromerte ich durch Haus und Garten und musste immer wieder Pausen einlegen, weil ich schnell ermüdete. Eine Befragung der Götter hatte keine klare Antwort gegeben und so machte ich mir immer mehr Sorgen im Laufe des Tages.

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