Nur Trauer, Tod und Verlust, aber dann – ein Sonnenstrahl

  • Nach langen Jahren der Abgeschiedenheit kehrte ich heim … in meines Vaters Haus. Es war leer, kalt und gefüllt mit traurigen Gedanken.


    Mein Vater war tot, eine Schwester besaß ich auch nicht mehr. Sie galt als verschollen. Mein Mann … gefallen auf einem Feldzug. Zu einer Zeit, als ich ihn nötig brauchte und bereits sein Kind unter dem Herzen trug.


    Doch nie würde ich zulassen, dass die Zeit wie gewaltige Lavamassen den Name meiner Familie gänzlich verschlang. Durch mich existierte noch immer Vesuvia-Blut und ich trug es bei mir das Vermächtnis meiner Familie, der letzte Wunsch meines Vaters, den Erben und Sohn, der von nun an der seine war.


    Nie wieder soll Asche und Staub das Ansehen meiner Familie bedecken, nie wieder Tod und Verlust über das Leben triumphieren. Hier und heute ist der Wendepunkt, ein Sonnenstrahl durchflutet den düsteren Ort.


    Geboren im fernen Griechenland … zurückgekehrt um zu vollenden, was einst mein Vater vor Jahren begann. Vibius Vesuvius Marcellus, mein Sohn und von nun an mein Bruder. Ich leite dich bis zur Übernahme deines Amtes als Pater Familias der Gens Vesuvia. So wie es der letzte Wunsch des letzten Pater Familias, meines Vaters, vorsah.


    Ein Bild aus Babytagen...

  • In der Zeit, als ich auf Corsica weilte, um im Namen meiner Factio Vibullius zu unterstützen, erkrankte mein kleiner Sohn Vibius Marcellus schwer.




    Der erste Gang nach meiner Rückkehr war in das Lararium, denn mir war bewusst, wie lange dort niemand mehr geopfert haben musste. Ich fürchtete das Unheil, welches die Laren bringen konnten, beachtete man die Pflichten ihnen gegenüber nicht.


    Zu spät – das Unglück nahm bereits seinen Lauf.


    Als ich in das Zimmer meines kleinen Sohnes trat, saß die von mir für seine Betreuung beauftragte ältere Frau an seinem Bett. Müde schaute sie mich an. Ich ahnte Schlimmes.


    Eilig trat ich an das Bett und legte meine Hand auf die fieberheiße Stirn meines Jungen. Große Sorge stand in meinem Gesicht und trotzdem lächelte ich ihn an.


    „Es wird alles wieder gut.“ Versuchte ich zu beruhigen und ging mit der Betreuerin vor die Tür.


    „Er braucht einen Medicus, einen Aderlass oder sonst irgendwas. Die üblen Säfte müssen aus seinem Körper raus. Nur so kann er wieder gesunden. Eile! Kümmere dich! Ich bleibe hier.“

  • Endlich kam der Medicus und ich führte ihn sofort in Vibius’ Zimmer. Abwartend stand ich neben dem Bett und beobachtete seine Handlungen.


    Wie erwartet eröffnete er eine Ader und ließ Blut abfließen, was mir einerseits große Angst bereitete, andererseits auch Hoffnung gab. Alle Krankheitskeime sollte auf diese Art aus dem Körper hinausgeschwemmt werden.
    Anschließend nahm der ältlich wirkende Mann ein kleines, scharfes Messer und ritzte an mehrerer Stellen auf Vibius’ Brust und Bauch die Haut ein. Dort setzte er dann merkwürdige Glasgefäße drauf. Er meinte, er würde Schröpfen und dies sei ebenfalls sehr gut und unbedingt notwenig.


    Einerseits skeptisch, anderseits auch voller Vertrauen sah ich den Behandlungen zu.
    Nach etwas mehr als einer Stunde war die Prozedur beendet. Ich dankte dem Medicus, gab ihm etwas Geld und begleitete ihn hinaus.


    Bedrückt kehrte ich in das Krankenzimmer zurück. Ermattet lag Vibius in seinem Bett und nahm nicht viel von der Umgebung wahr.

  • Wieder und wieder kam der Medicus und sah nach Vibius. Mal machte er einen Aderlass, mal wendete er Medikamente an. Doch der Zustand von Marcellus verschlechterte sich zusehends.


    Alles Opfern und Anrufen der Götter half nichts. Am Morgen des zehnten Tages starb mein kleiner Sohn. Zu jung um offiziell betrauert zu werden, zu lange an meiner Seite, um ihn je vergessen zu können. Mehr und mehr zog ich mich aus dem Leben und der Öffentlichkeit zurück ...

  • Eine Hand rüttelte mich unsanft und riss mich aus meiner Lethargie.


    „Was ist?“ Nur widerwillig kamen die Worte über meine Lippen.



    „Er atmet wieder. Es war ein kurzfristiger Stillstand des Herzens, doch war er wohl noch nicht so weit, um zu den Göttern gerufen zu werden.“



    Verständnislos sah ich den Medicus an.

  • Sie war wieder in Rom und kam in die Casa. Kaum war sie angekommen, als man ihr schon mitteilte, dass Crispinas Sohn sehr krank sei. So eilte sie zu den beiden.
    Crispina, was ist geschehen. Ich kam gerade wieder an und man sagte mir, dass Vibius krank ist.

  • „Ach, ich weiß auch nicht. Ich bin noch ganz durcheinander. Erst stellt der Medicus den Herzstillstand fest und danach sagt er mir, dass Vibius doch noch lebt. Auch dachte ich zwischenzeitlich, ich wäre selbst gestorben.“


    Es konnten nur Minuten oder auch Stunden vergangen sein, aber mir kam es vor, wie ein halbes Leben.


    „Könntest du dich vielleicht kurz um Vibius kümmern. Ich muss mich erst einmal sammeln.“

  • „Nein, ich brauche nur etwas Zeit für mich. Möchte an den Hausaltar, den Göttern opfern und danken und meine weitere Zukunft überdenken. Nimmst du mir für kurze Zeit den Kleinen ab?“


    Mir schien alles wie ein Wink der Götter zu sein. Doch was sollte er mir sagen? War ich zu nachlässig in meinem Tun gewesen? Wenn dem so war, wie konnte ich mich bessern?
    Ich dachte an die Treffen mit Vertretern meiner Factio zurück. Oft genug wurde gemahnt, dass wir Vorbildliches vorleben sollten. War ich darin nicht gut genug gewesen?


    Ich nahm mir vor, in meiner Factio noch einmal um Rat zu fragen. Viel zu lange hatte ich mich vor der Welt vergraben. Entscheidendes musste ich ändern damit mich die Götter nie wieder auf diese Weise straften.

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