Lucius Decimus Maximian

  • "Schlecht", murmelte Valeria nur und im nächsten Moment sah sie Maximians Waschschüssel, zu der sie hinhechtete und sich keuchend darin erbrach. Wenigstens hatte sie es diesmal zu einem Behältnis geschafft. Es kam außer etwas Schaum auch nur Magensaft heraus, denn Valeria hatte schließlich nix gegessen. Seufzend und zittrig wischte sie sich den Mund und schenkte sich etwas Wasser aus einer bereitstehenden Karaffe ein und spülte den schlechten Geschmack fort. Dann erst wandte sie sich um und sah Maximian an.


    "Es ist nichts. Schon wieder besser, wirklich. Aber ich sollte wohl doch besser einen Medicus aufsuchen. Wer ist der Medicus der Familia hier in Tarraco?" sagte sie matt.
    Das vorherige Gesprächsthema schien vergessen. Schien. Weil valeria genau wusste, dass Maximian aus freien Stücken ging. Und das regte sie in diesem Moment schon wieder so auf, dass sie ärgerlich fauchte.


    "Lass mich ruhig allen. Ehre ist wichtiger als Liebe, nicht wahr? Ihr Kerle seid alle gleich!"


    Sie drehte sich rum und trank das Wasser aus. Dann machte sie ein bestürztes Gesicht.


    "Verzeih", murmelte sie sehr leise.

  • Blinzelnd sah er Valeria nach, wie sie zu seiner Waschschüssel sprang und sich darein übergab. Mit Daumen und Zeigefinger fuhr er sich derweil über die Augen und als Valeria sich zu ihm umsah und beteuerte, dass nichts war, ließ er die Hand fallen.
    "Ja, such einen Medicus auf. Geht das..."
    Er machte eine flapsige Geste zu der Schüssel hin.
    "Seit wann geht das so? Hast du heute schon etwas gegessen? Hast du Temperatur?"
    Die Sorgen standen ihm jedenfalls auf die Stirn geschrieben. Vielleicht hatte sie ja ein Fieber, aber dann gehörte sie besser ins Bett.
    "Der Medicus der Familie? Frag mich nicht. Bis auf dem Besuch damals beim Legionsarzt wurde ich bislang verschont. Frag am besten Gallus. Er ist schon lange in den Diensten der Familie und wird das wissen."
    Er hatte ruhig gesprochen und hatte schließlich einen Schritt auf Valeria zugetan. Er hatte nichts geahnt, aber der Ausbruch ließ ihn dort stehen bleiben, wo er war. Sie schrie ihn geradezu an und irgendwie... irgendwie schien das heute einfach nicht ihr Tag zu sein. Dann wandte sie ihm auch schon den Rücken zu, sodass Maximian seinen Blick völlig verdattert auf ihr Haar gerichtet hielt.
    Mit einem leisen Seufzen, nachdem sie ihn um Verzeihung gebeten hatte, trat er von hinten an sie heran. Er legte seine Arme um sie und drückte sie an sich, während er sein Gesicht in ihrem Haar vergrub, mit der Nasenspitze und den Lippen nach ihrem Hals suchend.
    "Du wirst nicht allein sein", sagte er nur und schloss die Augen, während er ihr so nahe war.

  • Sie weinte heiße, stille Tränen. Sie wollte nicht allein sein, nein. Sie wollte nicht hier sein, in der Familia und bei denen, die stets freundlich taten es aber nicht immer waren. Sie dachte da an Severa. Eigentlich wollte sie sich an Maximian ketten. Sie wollte ihm sagen, dass sie nicht seine Cousine war, dass sie vielleicht schwanger war und dass sie nicht wollte, dass er ging. Aber da war ein monströser Kloß in ihrem Hals, der das alles verhinderte. Zum Glück, möchte man sagen. Außerdem, was hätte es denn gebracht, wenn sie ihm das alles offenbart hätte? Er würde trotzdem gehen und sie allein zurücklassen. Und er würde erst zurückkommen, wenn sie bereits als und grau war. Zumindest in ihrer Vorstellung. Was, wenn er eine andere kennenlernte? Wenn er ihr untreu wurde, wenn er sie nicht mehr liebte, sie gar vergaß?
    Valeria verschloss die Augen davor und konzentrierte sich auf ihren zitternden Atem.


    "Ein paar Tage", meinte sie ausweichend.
    Es tat gut, von ihm umarmt zu werden und seine Küsse auf ihrem hals zu spüren. In seiner Umarmung drehte sie sich um und schmiegte sich mit geschlossenen Augen an ihn. Sie wollte das alles nicht hören. Sie würde allein sein. Sie würde es. Nur Maximian war zu gutgläubig, um es zu sehen. Leise weinte sie ihren Kummer in sich hinein, gelgentlich aufschluchzend, sonst aber ganz ruhig und das Gesicht in Maximians Armbeuge verborgen.

  • Eine ganze Weilie lang sagte sie nichts. Er sah nur die Tränen kullern, wenn er kurz die Augen öffnete. Was hätte Maximian gegeben, um zu erfahren, was in ihrem Kopf vor sich ging. Vielleicht hätte er ihr dann das sagen können, was sie hören wollte.
    Obwohl er das wusste. Sie wollte, dass er blieb. Sie hatte Angst, dass er nicht zurückkehren würde oder erst in vielen Jahren. Aber so würde es nicht kommen, dem war er sich sicher. Er hatte es ihr schon so häufig versprochen, doch ihre Angst schien immer zu bleiben. Die Angst, allein dazustehen.
    Das wiederum konnte Maximiam nur zu gut verstehen. Sie hatte keinen mehr. Alle, die sie kannte, kannte sie erst seit einigen Monaten. Nicht länger. Sie waren förmlich fremd. Sie hatte vieles durchmachen müssen. Der kürzliche Tod ihrer Mutter mochte zusätzlich eine Ursache für ihr Leid sein.
    Seit ein paar Tagen ging es ihr schon schlecht? Maximian wunderte sich, dass er das nicht früher mitbekommen hatte. Er drückte ihr noch ein Küsschen auf den Hals, ehe er den Kopf ein wenig hob.
    "Ich werde Gallus fragen. Du wirst dich hinlegen und liegen bleiben, bis er oder ich einen Medicus ausgegraben haben", ordnete er einfach an und würde auch keine Widerrede dulden.
    Dann drehte sie sich herum und schmiegte sich an ihn. Seine Arme hielten sie fest an ihn gedrückt, seine Hand hielt ihren Kopf, der sich an ihn lehnte. Er wusste, dass sie weinte. Es tat ihm in der Seele weh. Das alles tat ihm weh, dabei wusste er ja nicht einmal, was mit seiner Valeria geschehen war, dass sie neuerdings so verzweifelt, spontan und reizbar wurde. Er schob es auf ein Fieber und drückte ihr nur erneut seine Lippen auf den Kopf.


    Eine ganze Weile lang standen sie so da. Dann hatte Maximian seine Valeria einfach auf den Arm genommen und sie auf seinem Lager abgelegt. Seine Decke lag quer durch das Zimmer gerollt. Er nahm sie und deckte Valeria damit zu, ehe er sich zu ihr setzte und ihr die Tränen von den Wangen strich.
    "Geht es wieder?"

  • Etwas an seinen Worten ließen sie seltsam endgültig erscheinen. Valeria nickte nicht einmal, denn sie hörte heraus, dass er keinen Einspruch dulden lassen würde. Sie seufzte leise. Wenn er auch noch Gallus fragte und der eins und eins zusammenzog... Sie schluckte schwer.
    Sie klammerte sich an Maximian und ließ es zu, dass er sie sanft hoch hob und zu seinem Lager trug. Sachte bettete er sie und holte sogar noch eine Decke, was Valeria genug zeit verschaffte, um sich rasch die Tränen abzuwischen und ein aufgesetztes, dankbares Lächeln zu lächeln. Dabei wusste etwas in ihr mit unumstößlicher Sicherheit, dass sie nicht krank war. Sie wollte es nur nicht wahrhaben und schob es wie ihr Geliebter auf einen Infekt. Sie hatte sogar eigentlich Angst davor, zu einem Medicus zu gehen. Oder eher vor dem, was er feststellte. Trotzdem nickte sie tapfer, als Maximian ihr nun die neuen Tränen wegstrich. Sie griff nach seiner Hand und verflocht ihre Finger mit seinen, seinen Blick mit ihrem gefesselt. Sie glaubte, bis auf den Grund seiner Seele sehen zu können, doch alles was sie sah, waren wunderbare, meerblaue Augen, die sie seufzen machten. Etwas war zwischen ihnen. Und dieses Etwas würde da sein, bis einer der beiden ging und den anderen zweifellos im Stich ließ. Sei es Valeria nach Rom oder Maximian zur Legion. Und sollte sie wirklich schwanger sein, so ließ er nicht nur sie, sondern auch ihr ungeborenes Kind im Stich.


    "Warum nur kannst du nicht Händler werden oder in die Verwaltung gehen. Warum muss es ausgerechnet die Legion sein", flüsterte sie leise.

  • Seine Finger wechselten sich mit ihren ab. Er war, als wollte sie ihn einfach festhalten. Sei es mit einer Umarmung oder an den Händen - sie wollte ihm keine Chance lassen zu gehen. Maximian nahm sich vor, dass er eine Weile lang bei ihr bleiben würde, wenn sie das wollte, bis sie sich ein wenig beruhigt hatte. Wieder hob er seine und mit ihr ihre Hand, um auf ihren Handrücken einen Kuss zu platzieren. Merkte sie denn nicht, dass er sie auf Händen trug? Dass er nur noch Augen für sie hatte?
    Auf ihre Frage dann konnte er nicht antworten. Er konnte es nicht, weil er wusste, dass nichts richtig sein würde, weil er ihr all das schon mehrmals erklärt hatte und weil es ihr doch nur wieder wehtun würde. Er seufzte leise und beugte sich zu ihr, damit seine Lippen ihre Stirn erreichen konnten. Danach entfernte er sich nicht weit, sondern stützte sich mit dem Elllenbogen neben Valerias Oberarm ab und fuhr ihr mit der freien Hand durch die langen, goldblonden Haare, während sich auf seinem Lippen ein kaum erkennbares Schmunzeln formte.
    "Weil ich schon als kleiner Junge immer ein Holzschwert in den Händen hielt, um damit die Mädchen vor den Barbarenhorden zu schützen. Weil du in den kommenden Jahren sicher hier sein sollst."
    Er hmpfte ganz leise und ließ das Schmunzeln wieder verschwinden, während sein Daumen über ihre Schläfe strich.

  • Valeria verschloss gepeinigt Augen und Seele vor dem, was er ihr sagte. Für sie war das kein Argument. Auf einen mehr oder weniger kam es schließlich nicht an. Warum wollte er fort von ihr? Es wollte einfach nicht in ihren Kopf hinein. Bedeutete sie ihm denn gar nichts?


    Als der junge Blondschopf die Augen wieder öffnete, sah sie Maximians Gesicht dich vor dem ihren. Er fuhr ihr durch die Haare und streichelte ihr Gesicht. Das ließ alles nur noch schlimmer werden in diesem Moment. Abermals traten Tränen hervor. Ihr letzte Karte war die Schwangerschaft, sollte es wirklich eine sein. Sie wollte zu einem Heiler. Aber sie sagte es nicht. Sie wollte ihn nicht noch mehr besorgen, als er ohnehin schon war. Warum musste ausgerechnet er gehen und warum ausgerechnet jetzt? Merkte er denn nicht, dass sie ihn brauchte? Dass er der einzige war, der sich für sie interessierte? Und welche Barbarenhorden sollten wohl in das Imerpium einfallen? Wie sollte das möglich sein, wo es doch von so vielen Truppen bewacht und geschützt wurde?


    Valerias unverstehender, enttäuscht-wütender Gesichtsausdruck wich einem unendlich traurigen. Abermals kullerten Träne über ihre Wange und befeuchteten die daneben liegenden Haare. Maximian, warum willst du mich verlassen? Immer und immer wieder hörte sie das in ihrem Kopf. Doch sie sagte letztendlich etwas vollkommen anderes.


    Valeria schloss die Augen; und es war, als sei etwas in ihr gestorben.
    "Dann musst du wohl gehen", wisperte sie unendlich leise.
    Sie wagte nicht, Maximian noch einmal anzusehen, also ließ sie die Augen geschlossen und den Kopf von ihm fort gedreht.

  • Ohne, dass Valeria etwas sagte, kullerten die Tränen erneut über ihre Wangen, um in ihrem Haar zu versickern. Er verfolgte jede einzelne und hoffte, dass bald keine mehr fließen würden, doch es wurde dem hingegen noch schlimmer. Er hatte nie so viel Traurigkeit in zwei Augen gesehen, dachte Maximian und kam nicht umhin ein arg beklemmendes Gefühl in der Brust zu verspüren. Sollte es ihn zerreißen oder ihn retten, als Valeria die Augen schloss und den Kopf wegdrehte - er fühlte sich furchtbar und atmete zugleich auf, indem er kurz die Augen schloss.
    Was zerrüttete sie nur so? Man hätte annehmen können, dass sie ihn bereits gefallen wähnte, obwohl er noch nicht einmal losgezogen war. Es war zum Mäuse melken.
    Er seufzte leise und langgezogen, ehe seine Lippen die ihm zugewandte tränennasse Wange mit kleinen Küsschen benetzten. Er schmeckte das Salz auf seiner Zunge, atmete Valerias so guttuenden Duft ein, doch all das wurde von dieser tiefen Niedergeschlagenheit, die schwer im Raum hing, erstickt und geschluckt.
    Ganz nah verweilte er bei ihr, damit zumindest die Zuneigung nicht aufgesogen wurde und Valeria sich einsam fühlen musste. Maximian wusste, dass sie das bereits jetzt schon war, doch noch war er da. Wähnrend seine Wimpern wohl immer wieder über ihre Wange strichen, wenn er blinzelte, überlegte er, was er sagen könnte, damit nicht alles nur noch schlimmer wurde. Aber ihm fiel nichts weiter ein, als:
    "Valeria, Liebste... Ich bitte dich, mach es dir doch nicht so schwer."
    Geflüsterte Worte, eine wahre, der Verzweiflung nahe Bitte und ein mitklingender, unmissverständlich feststehener Entschluss.

  • Wie Schmetterlinge, die ihre Haut küssten, fühlte sich Maximians Wimpernschlag an ihrer Wange an. Unter anderen Umständen hätte sie ihn sicher weggeschoben, weil es kitzelte, nun aber ließ sie ihn gewähren, denn es beruhigte zugleich auch sehr. Das Gesicht hielt sie noch immer abgewandt, die Tränen kullerten noch immer und Valerias Gemüt glich noch immer dem, das sie vor wenigen Minuten gehabt hatte. Maximians Worte drangen irgendwie an ihr Ohr, ohne, dass sie in ihrem Schmerz und ihrer Angst vor dem Alleinsein gewusst hätte, wie. Und sie verursachten ein seltsam-nagendes Gefühl in ihrem Leib. SIE machte es sich schwer? Wenn er bliebe, wäre alles vergeben und vergessen und die Freude würde überwiegen. Also war er es, der er es ihr schwer machte. Zeugten denn ihre Tränen nicht davon, dass sie ihn so sehr liebte, dass sie Angst um ihn hatte? Wenn sie es recht bedachte, so war die Angst um Maximian viel, viel stärker als die vor dem Alleinsein. Das würde sie überstehen können, mit der Hilfe ihrer Frende, mit ihrer neuen Arbeit als Curator (von der er noch nichts wusste) und als Discipula. Dann hatte sie etwas zu tun.


    Valeria schlug die Augen auf und sah Maximian sehr lange an. Ganz so, als wolle sie sich jedes Detail seines Gesichts, jede Kontur und jedes Härchen einprägen. Dann schlang sie in einer heftigen Bewegung beide Arme um ihn und zog ihn so nahe zu sich herunter, dass ihre Stirn die seine berührte. Und nun brach es wie aus einem Wasserfall aus ihr hervor.


    "Ich habe solche Angst um dich! Ich möchte nicht, dass du so lange fort bist, dass du vielleicht nie wieder zurückkommst. Ich liebe dich Maximian! Du hast mein Herz und es wird keinen anderen geben, solange du es in Händen hältst. Und das wirst du immer tun."


    Sie hob den Kopf und Küsste ihn auf die Stirn. Dann fuhr sie mit einer Hand durch sein Haar.


    "Wann...wann wirst du denn gehen?" fragte sie zitternd, aber bemüht, fest und resignierend zu wirken.

  • Als Valerie ihn endlich wieder ansah, kam es ihm vor, als würde eine kleine Ewigkeit verstreichen. So wie sie mit den Augen über sein Gesicht fuhr, versuchte er darin zu lesen. Doch auch bei der Nähe schien das schwer. Er sah nur Traurigkeit, Liebe und Angst - nichts jedoch von dem, was Valeria gerade dachte, wenn sie ihn so ansah. Dann jedoch brach sie förmlich auf und ließ ihm Einblick in ihre Gedanken. Schweigend wartete er jedes ihrer Worte ab, denn er wollte mit einer Unterbrechung nicht bezwecken, dass sie sich wieder verschloss und von ihm abwandte.
    Nachdem sie geendet hatte, legte er seine Stirn wieder an ihre. Ihre Finger fuhren durch sein dichtes, kurzes Haar, während er noch ein wenig Ruhe walten ließ. Dann seufzte er leise und setzte sich wieder auf, Valerias Hände in seine nehmend.
    "Ich weiß es noch nicht. Vielleicht schon in zwei Wochen oder erst in vier. Und weißt du was? Wenn ich dort bin, werde ich die Briefe schreiben. Du wirst wissen, wie es mir geht und dass ich jeden einzelnen Tag in Gedanken bei dir bin. Ganz davon abgesehen habe ich so früh ganz sicher noch nicht vor nicht mehr zurück zu kommen."
    Seine Lippen waren ganz leicht gekräuselt, ein Lächeln angedeutet. Seine Daumen strichen über Valerias Handrücken und ihre Finger. Dann beugte er sich zu ihr, doch ehe er sie küsste, sagte er noch:
    "Es wird mir nichts geschehen, denn ich werde immer aufmerksam sein, weil ich dich liebe und dich wiedersehen möchte."

  • "Oh Maximian!" klagte Valeria, dann versank sie in einem innigen Kuss mit ihm. Sie schien ihn gar nicht mehr loslassen zu wollen, liebte sie ihn doch so sehr. Als sie ihn dann doch widerwillig losließ, behielt sie seine Hand in ihrer und strich mit der anderen durch sein Haar. Schluckend betrachtete sie ihren Geliebten, seufzte.


    "Ich will das hoffen und täglich beten für dich. Ich werde Discipula um Meridius' Willen, aber ich werde der Fortuna dienen, um Glück für unser beider Schicksal zu erbitten. Ich...ich bin Curator der Schola Hispaniae geworden... Das war auch eine Sache, weswegen ich zu dir gekommen bin."


    Sie lächelte schwach.
    "Kannst du...kannst du bitte deinen Lehrer aufsuchen und ihn bitten, mich zu untersuchen?"

  • Zumindest war Valeria nun anscheinend nicht mehr so untröstlich. Das beruhigte Maximian schon. Der Abschied würde so oder so noch schwer genug für sie werden...
    "Tu das. Ich werde auch zu den Göttern beten, damit sie für dein Wohl sorgen", sagte er.
    Erneut überraschte Valeria ihn, als sie ihm eröffnete, dass sie Curator an der Schola hier geworden war. Seine Augen erhellten sich ein ganzes Stückchen. Wenn das keine guten Neugkeiten waren! Ihre neu gewonnen Aufgaben würden sie ablenken. Jetzt und später auch.
    "Das ist toll! Ich freue mich für dich."
    Maximian wäre nicht er gewesen, wenn er nicht zumindest einmal während einer Unterhaltung schelmisch grinsen würde. Also tat er es.
    "Aber wehe, es kommen mir klagen, dass du zu nachgiebig mit den Schülern umgehst."
    Natürlich spielte er darauf an, dass sie ihm so häufig nachgab. Er zwinkerte und fuhr seinerseits durch Valerias Haar, als sie ihn schon wieder lächelnd, zwar schwach, aber immerhin lächelnd, darum bat, Apollonius herzubringen.
    "Für dich tu ich alles", sagte Maximian, sodass es halb wahr und halb scherzhaft klang. Sie wusste, wie er es meinte. Mit einem letzten Kuss wollte er sich schon auf den Weg machen.

  • Sie nickte zögerlich und sprach unwissentlich Maximians eigene Gedanken aus.
    "Ja, das ist es. Und es wird mich ablenken."
    Sie seufzte und schmunzelte bei seinen Worten ebenfalls, wenn es doch ein aufgesetztes Schmunzeln war. Valeria liebte Maximian dafür, dass er es schaffte, sie aus tiefster Trauer auf ein höheres Niveau des Seins zu schieben - ganz allein mit einem Lächeln.


    Und bei seinen letzten Worten wusste sie wirklich, wie sie gemeint waren. Sie seufzte tief und küsste ihn ein letztes Mal, ehe sie ihn entlassen wollte, doch dann fiel ihr ein, dass es doch sehr verdächtig wirkte, wenn sie in seinem Bett liegen blieb. Rasch erhob sie sich, sich dabei an die Schläfen fassend. Beinahe sofort wurde ihr wieder übel, doch sie schaffte es, die Übelkeit mit wenigen Atemzügen zu dämpfen und letztendlich die Decke zurückzuschlagen und aufzustehen.


    "Ich sollte wohl besser nicht in deinem Bett liegen bleiben. Hinterher werden nur wieder dumme Fragen gestellt"; sagte sie umsichtig und lächelte leicht.

  • Maximian nickte. Genau das dachte er ja und er freute sich, dass auch Valeria daran dachte. Allerdings... wenn er daran dachte, dass sie daran dachte, immer daran denken zu müssen sich abzulenken, dann wäre es vielleicht nicht richtig zu denken, dass Valeria immer Ablenkund finden würde, wenn sie immer daran dachte.
    Wegen seiner eigenen Gedanken runzelte Maximian promt die Stirn. Jetzt hatte er sich selbst verwirrt. Und irgendwo war der Wurm drin... dachte er. Genug gedacht! Er schüttelte den Kopf und reagierte schließlich doch noch auf Valeria.
    "Das wird es. Warte hier."
    Er wollte sich schon umdrehen, um das Cubiculum zu verlassen, als er Valerias Anstalten bemerkte, sich aufzurichten. Ihre Haltung sprach Bände. Und ihre Worte hatten etwas.... Ja, er musste sich eingestehen, dass er mal wieder vergessen hatte, dass Valeria für die Familie nur seine Cousine war. Er räusperte und nickte abermals, während er zu ihr ging, um ihr zu helfen.
    "Du hast Recht. Wenn ich dich nicht hätte, wüsste gewiss die ganze Familie schon von uns", scherzte er und sah Valeria vielsagend und schmunzelnd an, ehe er ihr ein Küsschen auf die Wange schmatzte. Sie stand ja nun und er kontrollierte, ob das funktionierte. Es schien.
    Also öffnete er die Tür für sie und sah sie auffordernd an.
    "Ich schicke meinen Lehrer in dein Cubiculum. Warte dort auf ihn."
    Damit lächelte er ihr nommal zu und verschwand.

  • Der erste Tag des Unterrichts beim neuen Lehrer war vergangen. Das Gespräch mit seiner Mutter war überstanden. Sogar die Aufgaben hatte er erledigt. Wieder ein Tag weniger zu diesem einen, agnz bestimmten Tag, auf den er schon so lange wartete.
    Und jetzt brummte Maximian der Kopf, denn ein Gedanke fraß sich seitdem er bei Severa gewesen war immer tiefer in sein Bewusstsein. Dieser Gedanke war berechtigt und doch war er beängstigend. Ja, er machte ihm Angst. Denn jetzt, wo er erwachsen werden sollte, musste er noch mehr Verantwortung übernehmen. Und das bedeutete ihm gleichsam, dass er sein eigenes Tun und Handeln bewerten musste.
    Valeria. Wie konnte er erwachsen werden und gleichzeitig mit einer Lüge leben? Wie konnte er sie lieben, wenn sie doch die gleichen Vorfahren hatte wie er, ja, irgendwo sogar das selbe Blut in ihren Adern floss? Auf der anderen Seite wusste er nicht, wie er solche Gedanken haben konnte, wenn er Valeria doch nunmal liebte. Wenn er sich vor ihr rechtfertigen müsste, würde er das nicht können.
    Maximian ließ sich auf sein Lager fallen und schloss die Augen. Vielleicht war jetzt ja der Zeitpunkt gekommen, an dem er seine Cousine für ihre und seine Familie aufgeben musste. Er wusste, dass es so am besten wäre, dass es eigentlich auch die einzige Möglichkeit war. Jetzt, bevor nich irgendetwas passierte, dass sein Leben und das ihre ruinieren würde.


    Viele Gedanken schwirrten durch seinen Kopf, aber immer klarer schälte sich heraus, dass er zu Valeria ungerecht sein müsste, um allen anderen und letzendlich vor allem Valeria wieder gerecht sein zu können.
    Und diese Erkenntnis wog schwer. Sie ließ sein Herz kalt werden und einen Kloß im Halse entstehen. Gleichsam fasste er den Entschluss, dass er mit Valeria sprechen sollte. Am besten gleich am darauffolgenden Tag, denn viel Zeit würde nicht mehr bleiben, bis... ja, bis er aus Tarraco verschwinden würde. Auf ungewisse Zeit. Vielleicht für immer... Wer konnte das schon sagen.
    Seine Versprechen, die er Valeria gegeben hatte, würde er dann nicht mehr halten können. Sie würde unglücklich sein, jeden Tag, den er weit weg war. Warum sollte sie so leiden? Warum, wenn er ihr das lange Leiden verkürzen konnte, indem er es jetzt beendete? Dann würde sie nur einige Wochen leiden, vielleicht Monate. Aber früher oder später wäre es vorüber und sie würde ihn vergessen, denn er war weit weg.


    Max rollte sich auf den Rücken. Er schniefte und ihm war, als würde der Sauerstoff im Raume fehlen. Und so brachte er noch viele Minuten mit dem Denken zu. Viele Stunden.


    Alles nur, damit sich der ursprüngliche Gedanke festsetzte und allgegenwärtig, als einzig wahre Lösung, wurde. Dann erst verfiel er in einen unruhigen, verschwitzten Schlaf.

  • Am Morgen erwachte Maximan mit einem Kratzen im Hals. Wie ekelig, dachte er, räusperte sich und wühlte sich brummig aus der Decke. Schnell kleidete er sich an und das Kratzen verlor sich bald wieder. Dann trat er vor sein Cubiclum und bekam von einem Sklaven gesteckt, dass sein Vater heute angekommen sei. Der junge Mann war sichtlich überrascht, doch dann wurde sein gesichtsausdrück fröhlich.
    Hatte Meridius es also tatsächlich einrichten können, zu seinem großen Tag anwesend zu sein. Maximian strahlte und ging los, seinen Vater zu suchen.

  • Kam Maximian schleppend in Richtung seines Cubiculums gelaufen. Er fühlte sich alt. Furchtbar alt. Und seine Schultern wogen so schwer, wie er noch nie etwas schwer empfunden hatte. Nur sein Herz übertraf das Gefühl noch. Zuerst wollte er alles verdauen. Und das tat er am besten, wenn er allein war. Der Kopf, der dumpf puckerte, würde ihm das ohnehin danken.
    Später würde er dann Valeria aufsuchen. Um mit ihr zu reden. Um sie vieles zu fragen. Und um anderes zu beenden. Er schluckte.
    Da kam seine Zimmertür schon in Sicht.

  • ....und in genau diesem Moment hatte sich Valeria dazu entschlossen, dass sie frische Luft brauchte. Sie wollte spazieren gehen, sich ablenken, nachdenken...
    Nun aber öffnete sie die Tür zu ihrem Cubiculum - und stand wieder einmal vor Maximian, der ziemlich fertig aussah. Sie fror ein in ihrer Bewegung und starrte ihn an.

  • Heute wunderte ihn nichts mehr. Vielleicht bekam er aber auch einfach nichts mehr mit. Er lief noch ein paar Schritte weiter, blieb dann stehen und drehte sich schwerfällig herum. Ein paar Meter entfernt stand Valeria, starrte ihn an. Zuerst wagte er es nicht, ihr in die Augen zu sehen. Aber nach unzähligen Sekunden hob er ihn schließlich doch noch und blickte sie an. Wie er wohl aussah?
    Dass sie nicht sonderlich gut aussah, sah er auf den ersten Blick schon. Ja, richtig. Sie war vor ihm bei Meridius gewesen. Das erklärte vieles.

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