Lucius Decimus Maximian

  • Er sah schrecklich aus. Sie fragte sich, was wohl geschehen sein mochte. Ob er bei Meridius gewesen war? Nach einer Ewigkeit sah er sie dann endlich an. Valeria starrte nur, unfähig, sich zu bewegen. Ihr Blick ging direkt in seine Augen und schien in seine Seele zu blicken. Dann holte sie Luft und erwachte aus der Starre. Sie warf Maximian einen unmissverständlichen Blick zu. Das konnte so nicht weitergehen. Sie mussten reden, und zwar jetzt.


    "Maximian..." flüsterte sie, nun wieder zu Boden sehend.

  • Der junge Mann stand noch eine Weile still, dann nickte er, drehte den Kopf dabei weg und sah nun eher zu Boden.
    "Ich muss mit dir reden", sagte er, ging los und trat in sein Cubiculum, für Valeria die Tür offenstehen lassend. Wenn sie hinein kam, würde sie ihn auf die Kommode gestützt sehen. So versuchte klare Gedanken zu fassen.

  • Valeria fand es nicht sonderlich höflich, dass er so handelte, wie er es tat. Aber nach einer Weile folgte sie ihm schließlich zumindest bis zur Tür seines Cubiculums. Dort verhielt sie und sah seinen Rücken an, denn er hatte sich auf die Kommode gestüzt und schien nachdenklich und verzweifelt zu sein. Sie räusperte sich leise, um anzugeben, dass sie da sei, und spielte leicht nervös mit ihren Händen. Die Tür war noch offen und bildete die letzte Fluchtmöglichkeit für Valeria in diesem Moment.

  • Maximian hörte das Räuspern. Sein Kopf dröhnte vielleicht... Er ließ ihn einen kurzen Moment hängen und wandte sich dann zu Valeria herum, die noch unter dem Türrahmen stand und leicht nervös erschien. Er seufzte leise.
    "Magst du nicht hereinkommen und dich setzen? Es wird einen Moment beanspruchen", sagte er in irgendwie doch recht strengem, aber auch traurigem Tonfall.

  • Valeria sagte nichts, schloss aber due Tür und setzte sich in den Korbsessel, der am weitesten von Maximian entwernt und am nächsten zur Tür war. Irgendwie war sie schon gespannt, was er ihr zu sagen hatte, wenngleich sie auch ziemlich traurig war.

  • Maximian sah ihr zu, nickte schließlich geistesabwesend und lehnte sich mit dem Gesäß an die Kommode. Er sah, wie Valeria da vor ihm saß. Normalerweise wäre er zu ihr gegangen, hätte sie versucht aufzumuntern, ihre Nähe genossen.
    Nicht jetzt. Auch wenn er sich nach ihrer Nähe sehnte. Er seufzte noch einmal und fuhr sich mit den Fingern über die Augen. Der dunkle Brei in seinem Kopf, zäh und kalt, wollte kein Anfang und kein Ende haben. Sich die Augen reibend sagte er und sah dann auf:
    "Du warst heute früh doch bei meinem Vater. Was habt ihr besprochen?"

  • Valeria musterte Maximian. Er sah aus wie...als... Sie schüttelte innerlich den Kopf. Gab es da ein Wort für? Überfahren? Niedergeschlagen? Niedergemacht vielleicht? Sie wusste es nicht. Aber er sah einfach nur absolut miserabel aus. Trotzdem sah sie keinen Grund, Maximian zu erzählen, was sie mit Meridius besprochen hatte, zumal sie ja auch nicht wusste, ob er es ihm schon erzählt hatte oder nicht.
    "Warum willst du das wissen?" fragte sie daher leise.

  • Maximian sah die junge Frau vor sich an. Er liebte sie so sehr und hatte sich inzwischen dafür hassen gelernt.... weil sie seine Cousine war. Aber das stimmte nicht. Langsam rieselte die Erkenntnis, die er vorhin schon einmal gemacht hatte.
    "Du bist nicht meine Cousine."
    Mit tonloser Stimme hatte er geredet, sah Valeria jetzt mit großen Augen an. Nicht seine Cousine. Nicht.

  • Valerias Augen blickten ihn überrascht an und ihr Herz setzte kurz aus, um dann augenblicklich schneller und fester zu schlagen. Meridius hatte es ihm erzählt! Valeria sprang auf, konnte sich einfach nicht zurückhalten. Doch den Drang, Maximian zu umarmen, dem widerstand sie. Stattdessen ging sie im Zimmer auf und ab und nestelte an ihren Fingern herum.


    "Ja! Ich wollte es dir sagen, aber...aber... Meridius und... Es tut mir so leid und..."


    Dann blieb sie stehen, vielleicht eine Armlänge von ihm entfernt, und sah ihn ängstlich an. Sie wusste ja nicht, was er dachte.

  • Er war mit Nachdenken beschäftigt. Er liebte keine Cousine. Das war ein Grund zur Freude, zu großer Freude. Das bedeutete, dass das Kind in ihrem Leib die besten Voraussetzungen hatte, um gesund geboren zu werden. Und überhaupt... die Monate lang, in denen er sich schlecht gefühlt hatte...
    Maximian sah auf. Valeria stand nicht weit von ihm entfernt, entschuldigte sich. Er blinzelte angestrengt. Da sammelte sich Flüssigkeit in seinen Augen. Und ehe er sich versah, war er auf Valeria einen Schritt zugegangen, hatte seine Arme um sie gelegt und sie an sich gezogen. Sein Kopf lehnte an ihrem und stille Tränen der Erleichterung rollten ihm über die Wangen, während er Valeria an sch gedrückt hielt.
    Aber es war nichts zu sagen. Er wusste, warum man ihm nichts verraten hatte. Er konnte die Gründe sogar verstehen.

  • Es rührte Valeria zutiefst, dass er sie plötzlich mit feuchten Augen ansah. Sie bekam ein zaghaftes Lächeln hin und dann fand sie sich ganz pltzlich in seinen Armen wieder, sog seinen Duft ein und legte unwillkürlich die Arme um seine Taille. Mit sanften Bewegungen fuhr sie seinen Rücken hinauf und hinunter, suchte ihn so zu trösten. Er tat ihr so leid. Und sie hatte ihn angelogen. Verstand er den Grund? Würde er ihr verzeihen?


    "Ich durfte es nicht sagen, Liebster... Ich durfte nicht. Es hätte alles zerstört. Ich hätte fort gemusst. Fort von dir. Ich wäre ein Niemand gewesen. Und dann...in Rom... Ich habe Meridius getroffen und ihm alles erzählt. Er sagte mir, dass ich es keinem sagen darf, auch dir nicht. Er sagte, es würde einen Weg geben..."


    Valeria weinte nun auch und schmiegte ihren Kopf unter Maximians Kinn an seine Brust.


    "Ich habe mich so schlecht gefühlt, so schuldig, wenn du dir Gedanken gemacht hast, weil ich vorgab, deine Cousine zu sein. Alles in mir hat geschrieen und wollte dir die Wahrheit erzählen. Aber....aber ich konnte nicht. Ich durfte es nicht....."


    Sie hob den Kopf und sah zu ihm hinauf.


    "Und nun weißt du es und es ändert nichts an der Tatsache, dass du...du...."
    Sie schluchzte und flüsterte leise weiter.
    "...mich nicht mehr willst."

  • Ihre Worte glichen seinen Gedanken, dafür hatte sein Vater gesorgt. Sonst hätte er es nicht verstanden. Zugegeben, er fragte sich immer noch, ob man es ihm nicht hätte früher sagen können. Aber viel hätte es dann wohl auch nicht geändert.
    Maximian schniefte und blinzelte neu aufkommende Tränen weg, während er Valeria weiterhin fest an sich gedrückt hielt und allein schon getröstet wurde, weil sie bei ihm war.
    Dann sah sie zu ihm auf. Ihr Blick war ganz verzweifelt und aus ihren Augen quollen beständig neue Tränen hervor. Ein Lächeln erschien auf Maximians Gesicht. Es wirkte vielleicht ein wenig unwirklich, aber er erinnerte sich daran, wie er ihr das erste Mal Tränen von den Wangen geküsst hatte. Damals wie heute schmeckten sie salzig, als seine Lippen Valerias Wangen berührten - zuerst die rechte, dann die linke.
    Dann sah er Valeria wieder an, schob sie ein wenig von sich. Das Lächeln entschwand. Er fühlte sich wieder so steinalt und schüttelte den Kopf.
    "Was ich will, ist, dass du jede Nacht ein Dach über dem Kopf hast, satt wirst und bei Romanus bleiben kannst. Einen Medicus, der auf dich aufpasst. Auf dich und..."
    Er sah an ihr herunter, sprach es aber nicht aus. Was war er gerade? Liebhaber? Cousin? Vater? Großvater?

  • Valeria senkte den Kopf und blickte zu Boden, damit er die Enttäuschung in ihren Augen nicht sehen konnte. Eben noch hatte er ihre Wangen geküsst. Dann kamen diese Worte. Sie wurde nicht schlau aus ihm.
    Nach einer sehr langen Zeit hob sie den Kopf. Die Tränen waren getrocknet und ihr Gesicht verriet keinen Gedanken hinter ihrer Stirn.


    "Ja. Ich gehe dann wohl besser wieder. Es ist nicht gut, wenn man uns weiterhin zusammen sieht", brachte sie mechanisch und gefühlslos hervor.
    Wenn er schon nicht die Kraft hatte, dann wollte sie wieder stark sein für sie beide. Auch wenn das bedeutete, dass ihr Herz langsam starb.

  • Sie verstand es nicht, aber er musste es leben. Er seufzte und sah wieder ziemlich gequält drein, schüttelte erneut den Kopf.
    "Nein, bleib da. Ich habe noch etwas, das wir besprechen sollten", sagte er, griff ihre Hand und brachte sie zu dem Korbsessel, damit sie sich hinsetzen konnte, nahm sich selber einen Schemel dazu und pflanzte sich darauf. Dann schwieg er eine Weile und griff irgendwann wieder nach ihrer Hand, um sie festzuhalten.
    "Es ist nicht so einfach.... wirklich."

  • Er führte sie zu einem Sessel, setzte sie hin. Valeria wollte eigentlich gehen. Und doch wollte sie nicht. Sie kam sich mehr als fehl am Platze vor und außerdem war da die drückende Enge um ihren Brustkorb herum. Beklemmung. Sie faltete die Hände im Schoß, doch Maximian nahm schon bald eine der Hände in seine. Sie wünschte sich, es möge nicht nur die Hand sein. Sie wünschte sich, sie wäre so klein, dass sie in seine Hand passen würde, damit er sie halten konnte. Und zugleich wollte sie allein in ihrem Cubiculum sitzen und nichts tun. Hinausstarren.
    Es war also nicht einfach. Fast hätte Valeria gelacht. Und das sagte er ihr? Dass es nicht einfach war? Valeria schluckte, hörte ihm aber ansonsten zu, was er zu sagen hatte. Gehen konnte sie immer noch, wenn sie wollte oder... oder die Situation es erforderte.

  • Sie schwieg. Er sah sie nur kurz an. Was war das in ihrem Blick? Anklage? Verzweiflung? Angst? Rasch senkte er seinen Kopf wieder und suchte im Gedankenbrei nach einem guten Einstieg. Aber so wie es aussah, gab es keinen. Also sprach er einfach drauf los.
    "Dieser Weg, von dem Meridius sprach... Ich möchte, dass wir ihn begehen. Und dazu gehört, dass wir den Schein wahren. Du bist meine Cousine, zumindest denken das die Menschen. Wenn wir aber so weitermachen wie bislang, wenn die Menschen es mitbekämen... Es wäre ein Skandal. Valeria, ich kenne meinen Vater erst seit einem Jahr. Ein Jahr lang lebe ich in seinem Haus und seither bereite ich ihm ständig nur Sorgen."
    Maximian schluckte und setzte sich mehr aufrecht, Valeria in die Augen fassend. In seinen Gedanken hing er schon einen Satz weiter.
    "Möchtest du eines Tages meine Frau werden? Mir wäre es eine Ehre.... Es ist mein Wunsch, es ist mein... Wunsch."
    Seine Brust fühlte sich ganz beengt an. So konnte er kaum atmen. Also senkte er den Kopf wieder, fuhr mit einem eiskalten Daumen über ihre zierlichen Finger in seiner Hand.
    "Ich werde das Kind nicht als das meine akzeptieren, ist es geboren."

  • "Ich...aber...WARUM?"


    Valeria sah ihn nur fassungslos an. Sie zitterte, riss ihre Hand aus der seinen. Was tat er ihr damit an? Den Schein wahren, das Kind nicht akzeptieren, der Weg...ein Skandal!
    Sie igelte sich ein, nicht nur körperlich, sondern auch gefühlsmäßig. Er war feige, so feige! Wollte sie so einen Mann? Wollte sie ihn ehelichen, wenn er bereit dazu war? Wollte er denn sein eigenes Kind adoptieren? Valeria presste die Augen zusammen und ihre Hände gegen ihre Brust. Nein. Da wollte sie nicht drüber diskutieren. Warum wollte er den Weg der Lüge gehen? Warum nicht nur öffentlich diesen Weg einschlagen? Nie wieder würde sie ihn spüren, mit ihm glücklich sein, allein sein! Was tat er ihr an, mit diesen wenigen dahergesagten Worten!


    Und doch....tief in sich drin wusste sie, dass es wohl die einzige Möglichkeit war. Dass es logisch und sinnvoll war.
    Sie öffnete die Augen wieder und sagte:
    "Erwarte nicht von mir, dass ich mich jetzt entscheide."

  • Auf eine Reaktion wie diese hätte er gefasst sein müssen, aber er war es nur zum Teil. Wie sollte man sich auch darauf vorbereiten können, einen geliebten Menschen leiden zu sehen? Wieder fühlte er sich steinalt. So zerknautscht, wie er aussah, hätte man ihn durchaus auch für einige Jahre älter halten können. Er rutschte vom Schemel, kniete so vor Valeria und sah sie zerweifelt und hoffend zugleich an.
    "Nein, das erwarte ich nicht. So wenig, wie ich erwarte, dass du mir vergibst, wenn ich das Kind verleugne. Aber dass ich es nicht akzeptiere, bedeutet nicht, dass ich ihm nicht der Vater sein will, der ich nun einmal bin. So lange ich nicht ausreichend verdiene, wird es nur innerhalb der Mauern dieser Casa möglich sein. Aber dann... Valeria, verstehst du? Wir werden eine Familie sein. Es wird nur ein wenig Zeit brauchen, bis es so sein wird, wie du es dir wünschst."

  • "Es wird niemals so sein!" schrie sie ihn an.
    Zugleich sprang sie auf, die Tränen hielt sie nun nicht mehr zurück. Seine Worte hallten hinter ihrer Stirn wider. Immer und immer wieder. Nur in der Casa, nur in der Casa, nur in der Casa, nur....


    "Was wird nur in der Casa möglich sein? Dass du mich liebst? Dass wir zusammen sein können? Red keinen Unsinn, Maximian! Das war einmal! Glaubst du denn, man wird uns jetzt nicht noch schärfer beobachten als zuvor? Glaubst du, es wäre gut, wenn auch nur das Gerücht einer Erzählung einer gemeinsamen Nacht an das Ohr deines Vater dringt? Nein, so dumm bin ich nicht! Ich war dumm genug, mich von dir schwängern zu, lassen, ja! Aber ich werde nicht so dumm sein und mich selbst quälen, weil ich in deiner Nähe bleibe, COUSIN!"


    Sie fuhr herum und wollte hinausgehen. Aber bis zur Tür war es ein weiter Weg...

  • Maximian wäre vor Schreck beinahe nach hinten umgefallen. Valeria schrie ihn an. Damit hatte er nicht gerechnet. Er schluckte, ließ sie aussprechen und hörte sich ein jedes ihrer Worte ganz genau an. Am Ende war er kreidebleich und starrte ihren Rücken an, der sich von ihm entfernte. Was hatte sie da gerade gesagt?
    Er bebte. Nein, so ging das nicht. Er presste die Lippen aufeinander und zwang sich zur Ruhe, dann ging er hinter Valeria her. Seine Hände waren schon auf der Höhe ihrer Schultern erhoben, doch er zögerte. Seine Finger zitterten wie wild. Er wollte ihr doch nicht wehtun.
    Dann legte er die auf ihre Schultern, nicht mal sonderlich schwer. Er wollte sie nur zurückhalten, denn er hatte Angst, dass er sie jetzt verlieren würde. Gleich senkte sich sein Kopf gegen ihren und er flüsterte, denn ihm war die Stimme abhanden gekommen:
    "Was willst du von mir hören, Valeria? Dass ich dich bitte, jetzt gleich meine Frau zu werden? Ich habe keinen Lohn, ich könnte nicht einmal mich selbst versorgen. Und selbst wenn ich ein Einkommen hätte... Die Geduld meines Vaters hat ihre Grenzen beinahe schon erreicht. Er würde uns von hier fortjagen. Was dann, Valeria? Wer kommt für den Medicus auf? Wo schlafen wir? Von was soll unser Kind leben?"

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