Officium Praefectus Praetorio

  • Silanus respektierte die Ehrlichkeit des Präfekten, auch wenn es Unbehagen in ihn auslöste und er fast schon daran dachte, die ganze Sache schnell wieder zu vergessen, dem Präfekten für seine Zeit zu danken und zu gehen. Dennoch beantwortete er die Fragen des Prätorianers und wollte danach weitersehen, ob der Mann noch etwas zu sagen hatte.


    "Nun. Ich verbrachte meine Jugend auf Schulen und Universitäten in Athen und Alexandria. Meine Familie hatte eigentlich andere Absichten für mich und meine Zukunft, als der Dienst im Exercitus. Nach meiner Rückkehr nach Rom fand ich Anstellung bei Senator Decimus Livianus. Dazu sollte ich sagen, dass unsere beiden Gentes ihre Wurzeln in Tarroco haben und daher seit jeher sehr verbunden miteinander sind. Ich kenne die Gens Decima und ihre Familienangehörigen aus dem hispanischen Zweig der Familie bereits seit meiner Kindheit.


    Bevor Senator Livianus mit seiner Legio nach Parthia aufbrach ermöglichte er mir die Aufnahme in den Ordo Equester und verschaffte mir einen Posten als Tribun bei der Cohortes Vigiles. Bei der Vigiles führte ich wie es üblich ist Kommando über unterschiedliche Cohorten in verschiedenen Stadtbezirken Roms bis ich nach der Möglichkeit zu einem Wechsel in die Legio suchte. Nachdem ich als Privatsekretär des Senators bereits sehr viel Kontakt mit dem Militär und vor allem Verständnis für die Abläufe und Vorgänge in einer Legio gesammelt hatte, führte mich mein nächster Posten zur Legio XXII nach Aegyptus, bei der ich nun seit einiger Zeit unter dem Kommando von Praefectus Germanicus Corvus diene. Kampfhandlungen gab es in meinem Dienst im Exercitus bisher keine, was allerdings nicht bedeutet, das ich ungeübt im Umgang mit Waffen oder mit dem Kommando über Soldaten wäre.


    Was meine Verwandten betrifft, so hast du bis zu einem gewissen Grad Recht. Leider hat sich bisher keiner in meinem Familienzweig so hervorgetan wie etwa unserer Patron. Dennoch war meine Cousine Iunia Attica sehr lange Procurator a rationibus am Kaiserhof. Vielleicht ist sie dir ein Begriff. Eine weitere Verwandte, Iunia Urgulania, dient derzeit als Eutheniarchos in der alexandrinischen Verwaltung.


    Ein Empfehlungsschreiben kann ich dir leider nicht vorlegen, da wie du weißt, mein Patron nicht greifbar ist und auch sein Cousin, Senator Decimus Meridius, den ich ebenfalls zu meinen Freunden zähle, ebenso wie gesagt nicht in Rom verweilt.“

  • Crassus lauschte dem langen Vortrag des Iuniers aufmerksam und nickte sogar ab und zu als Zeichen dafür, dass er noch nicht eingeschlafen war. Aufschriebe oder Notizen machte sich Crassus aber trotzdem nicht. Und er ließ auch keine von seinem Scriba machen. Dafür sah er noch keinen Grund... und es sah gerade auch noch nicht so aus als dass sich das noch ändern würde.


    Ich will dir nichts vormachen, aber ich sehe bisher noch keinen Grund deiner Bitte nachzukommen. Ich kenne dich jetzt erst seit wenigen Minuten und auch wenn du mir schon etwas über dein Leben erzählt hast, so weiß ich immer noch nicht wer du bist. Und das bisschen was ich über dich weiß reicht mir nicht, um meinen Einfluß aufs Spiel zu setzen. Denn genau das würde ich tun, wenn ich dich dem Kaiser vorschlagen würde. Denn wenn der Kaiser meiner Bitte nachkäme und du als Tribun der Garde die Erwartungen nicht erfüllen würdest - von schlimmeren möchte ich gar nicht reden - würde das auf mich zurückfallen. Und dieses Risiko ist mir bei einem Unbekannten zu groß. Da du auch kein Empfehlungsschreiben hast, von deinem bisherigen Kommandanten zum Beispiel, kann ich deine Leistung noch nicht einmal im Ansatz einschätzen.

  • Silanus verstand den Einwand des Präfekten, was nicht bedeutet, dass ihn diese Antwort besonders glücklich machte.


    "Wie gesagt bin ich in Roma um das Examen Tertium an der Academia abzulegen und wollte mich lediglich Erkundigen, wie die Chancen für so eine Versetzung stehen. An dem Empfehlungsschreiben soll es nicht liegen. Sollte derzeit ein Tribunenposten frei sein, so würde ich ohnehin bei meiner Rückkehr nach Aegyptus zuerst mit meinem Präfekten sprechen und den offiziellen Weg einhalten."


    Er überlegte kurz, sammelte seine Gedanken und entschied sich dann, seine Gedanken frei zu äußern. Natürlich könnte der Schuss auch nach hinten losgehen und der Präfekt jemand sein, der keinen Wert auf offene Meinungsäußerungen legte. Doch dann würde dieser Punkt spätestens bei einem möglichen Dienst unter seinem Kommando ein Problem für Silanus werden, da er sich nur selten ein Blatt vor den Mund nahm.


    "Ob du mich nun gut kennen musst oder nicht lasse ich einmal dahingestellt. Ich hoffe, dass nicht jeder deiner Prätorianer ein Klient oder ein guter Bekannter von dir ist. Die Zeiten wo man ein Amt oder einen Posten auf Grund seines Stammbaums bzw. seiner Ahnen bekommen hat, halte ich für überholt. Ich hoffe daher, dass es auch bei mir kein all zu großes Problem darstellt, dass sich bisher nur wenige aus meiner Gens in besonderem Ausmaße hervorgetan haben."


    Er überlegte noch einmal kurz und versuchte dann eine Alternative vorzuschlagen, sofern dem Präfekten auch kein Empfehlungsschreiben seines derzeitigen Kommandanten überzeugen konnte.


    "Vielleicht wäre es für dich ja eine Alternative mich vor einer möglichen Beförderung zum Tribun, zuerst in einem niederen Stabsrang aufzunehmen, um mich so nach einiger Zeit besser beurteilen zu können. Ein Rang der mich nicht direkt in die Nähe des Kaisers bringt. Auf Grund meiner Ausbildung und meiner Erfahrung könnte ich mir auch Vorstellen für die Verwaltung und Versorgung einer Einheit zuständig zu sein."

  • Es ist unnötig, dass du mich darauf hinweist, in was für Zeiten wir leben, Tribun. Ich selbst habe alles was ich erreicht habe mir selber erarbeitet und ich habe nie etwas geschenkt bekommen. Ich verbitte mit also solche Andeutungen oder Unterstellungen. Haben wir uns verstanden?


    Crassus war sein Ärger über Silanus Aussage anzusehen. Auch wenn Silanus Kritik nur angedeutet war, so fühlte sich Crassus dadurch trotzdem beleidigt. So etwas hatte er in Verbindung mit seinem Namen noch nie gehört.


    Und selbst wenn ich nur meine Klienten und ähnliches auf diesen Posten sehen möchte, so habe ich darauf nur bedingt Einfluß. Die Stabsoffiziere werden durch den Kaiser bestimmt. Und an diesen musst du dich auch wenden, wenn du zu den Prätorianern möchtest. Du kannst nicht mit meiner Fürsprache rechnen. Aber ich werde auch keine Bedenken äußern. Zumindest keine die auf unserem heutigen Gespräch beruhen. Auf sein Angebot erst einmal einen "schlechteren" Posten anzunehmen und sich da zu beweisen ging Crassus nicht weiter ein. Das wäre ein merkwürdiger Schritt für einen Tribun gewesen. Nein, den Posten eines Princeps Praetorii sollte ein verdienter Centurio bekommen. So würde Crassus seinen altverdienten Männern nicht vor den Kopf stoßen wollen. Und damit war für Crassus das Gespräch auch beendet.


    Ich wünsche dir noch einen schönen Tag. Du darfst dich entfernen.

  • "Natürlich Praefectus! Vale!"


    Silanus salutierte vor dem Ranghöchsten Reichspräfekten und verließ ziemlich enttäuscht dessen Officium. Dieses Aufeinandertreffen hatte er sich ganz anders vorgestellt, als es letztendlich abgelaufen war. Vermutlich waren seine Hoffnungen auf einen Posten bei den Praetorianern damit hinfällig. Seufzend ging er Richtung Ausgang.

  • Nachdem ihm der Centurio gemeldet hatte, dass seine Einheit den Parther von Mantua nach Rom gebracht hatte, schickte sich Avitus an, mit dieser Meldung persönlich bei Crassus vorbeizugehen. Er lie sich anmelden und begrüßte den Patron nach dem Eintreten.
    "Sei gegrüßt, Gaius Caecilius"
    sagte er und winkte den Sklaven ab, der ihm einen gefüllten Becher anbieten wollte.
    "Der Parther..."
    hierbei fiel Avitus ein, dass er noch nicht einmal den richtigen Namen des parthischen Generals wusste
    "... ist in unserer Gewalt, hier in Rom"

  • Ah, wunderbar. Ich dachte schon die ausgesandten Männer würden den Parther erst im Feindesland gefangennehmen müssen, solange wie das gedauert hat. Oder erst einen Schnitzen oder sowas. Haben sich ja auf jeden Fall reichlich Zeit gelassen. Gibt es dafür eine Erklärung?
    Crassus bot erst jetzt seinem Klienten einen Sitzplatz an:
    Ist er soweit bei Gesundheit und vernehmungsfähig?

  • Dass die Männer zu lange gebaucht haben sollen, verstand er nicht ganz. Zwei Wochen sah er als durchaus hinnehmbar. Immerhin lag Mantua nicht gerade mal um die Ecke. Dennoch wollte er diese Bemerkung nicht einfach beiseite schieben.
    "Die Männer waren so schnell unterwegs, wie es ging. Auch der Aufenthalt in dem Lager der Prima wurde auf das Nötigste beschränkt"
    sagte er.
    "Das ist er. Ich wollte ohnehin zu ihm und sehen, was er uns zu sagen hat"
    Avitus empfand zwar keinen Stolz, wenn er daran dachte, mit welchen Mitteln man dem Parther notfalls zum Sprechen bringen würde. Aber was sein musste, musste manchmal eben sein.
    "Gab es in letzter Zeit eigenlich Meldungen, wie die Lage im Osten ist?"

  • Naja, egal wie sehr man sich anstrengt, es geht immer schneller. erwiderte Crassus auf Avitus Antwort. Crassus hatte mit einer deutlich früheren Ankunft gerechnet und dann hatten sich gefälligst die Männer nach ihm zu richten, nicht anders herum ;)
    Die Meldungen hielten sich bislang eigentlich in Grenzen. Natürlich hört man das ein oder andere Gerücht, besonders was den Verbleib von Livianus angeht, aber viel mehr auch nicht. Zumindest ist mir nichts über größere Militäraktionen im Grenzgebiet bekannt. Und wollen wir hoffen, dass das vorerst so bleibt...

  • Neugierig blickte sich Ursus um, fand die Castra Praetoria aber abgesehen von ihrer Größe nicht viel anders als das Lager in Mogontiacum. Er fand es nur irgendwie merkwürdig, daß hier zwei verschiedene Truppen untergebracht waren. Ob es wohl Konkurrenzdenken gab? Bestimmt.


    Der Praetorianer führte ihn zielsicher zum Officium des Praefecten und Ursus zögerte nicht, anzuklopfen.

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