Reise mit schwerem Herzen

Nach einer Weile öffnete eine Sklavin, die zum Einkaufen auf den Markt geschickt wurde, die Tür der Casa und wäre fast über den dort auf den Treppenstufen sitzenden gestolpert.

Nachdem sie sich von ihrem Schreck etwas erholt hatte, fragte sie spitz: "Suchst du hier etwas Bestimmtes oder hast du keine andere Bleibe gefunden?"

"Mein Herr ist außer Haus. Du kannst aber vielleicht im Haus warten bis er wiederkommt. Warte hier, ich werde den Ianitor fragen.""

Die Sklavin setzte ihre Körbe, welche sie für die Einkäufe mitnehmen wollte, neben der Haustür ab und eilte in das Innere der Casa. Kurz darauf kehrte sie mit dem Ianitor wieder.

Der Ianitor musterte den Besucher und sagte dann: "Du hast eine Nachricht für meinen Herrn, hörte ich? Er ist nicht da. Du darfst die Botschaft, sie ist sicher schriftlich, mir geben. Ich werde sie an meinen Herren Falco weiterleiten."

Der Ianitor schaute leicht verärgert, das es ihm nicht gelungen war den Sklaven abzuwimmeln.

"Dann komm rein, anstatt hier auf den Stufen herumzulungern."

Der Ianitor führte Polybios in eine Dienstbotenkammer, die für derartige Zwecke zur Verfügung stand.

"Hier kannst du warten. Einen Krug Wasser und Brot wirst du auch bekommen. Ich lasse dich rufen, wenn mein Herr zurück ist und Zeit für dich hat."

Polybios durfte erfahren, das in der Casa Didia auch Sklaven weder Hunger noch Durst leiden mußten, wenngleich er mit einfacher Kost vorlieb nehmen mußte.

Nachdem er in der Dienstbotenkammer übernachtet hatte, wurde er am nächsten Tage zum Hausherren geführt.

"Salve Polybios. Danke für die Grüße deines Herrens. Richte auch ihm bei deiner Rückkehr die besten Grüße von mir aus. Wenn wir unser Gespräch beendet haben, solltest du noch etwas warten. Ich werde dir nachher noch einen Brief für ihn mitgeben. Nun aber zum Grund deines Besuches. Setz dich erstmal."

Der Sklave schien mir nicht mehr der Jüngste zu sein. Ich bot ihm einen Platz an.

"Mein Ianitor sprach davon, das du eine Nachricht von Maximus für mich hättest."

Ich schaute Polybios fragend an. Da dieser von unschönen Umständen sprach, vermutete ich das sein Besuch mit dem kürzlichen Tod von Lucius Tiberius Alexander zusammenhing. Dieser - ein Verwandter von Maximus - war Angehöriger der Cohortes Vigiles gewesen und wurde vor kurzem in Ausübung seines Dienstes getötet.

"Ja. Wir mußten den Leichnam bereits verbrennen. Eine vorherige Überführung nach Hispania wäre aus hygienischen Gründen nicht möglich gewesen. Die Verbrennung erfolgte im Rahmen einer Gedenkfeier und Alexanders Asche wurde in eine Urne abgefüllt."

"Den Wunsch deines Herren erfülle ich selbstverständlich gern. Jedoch habe ich die Urne mit der Asche des verstorbenen Optio Alexander - ich habe ihn posthum befördert - natürlich nicht bei mir in der Casa, sondern sie wird bis zur Überführung nach Hispania an einem Ehrenplatz in der Kaserne seiner Einheit aufbewahrt. Ich werde dir ein entsprechendes Schriftstück ausfertigen, das man dir die Urne dort aushändigt. Außerdem schreibe ich auch noch den erwähnten Brief an deinen Herren."

Ich erhob mich von meinem Platz.

"Warte in dem Zimmer, welches man für dich eingerichtet hat. Man wird dir meine Schreiben dort aushändigen. Oder hast du noch weitere Nachrichten deines Herren für mich?"

"Richte ihm aus, das ich mich über seine Worte sehr freue. Auch er genießt meine Wertschätzung und ich wünsche ihm viel Erfolg bei all seinen Unternehmungen. Seine Einladung werde ich gern annehmen, sollten mich meine Wege nach Hispania fürhen. Vorerst ist damit aber nicht zu rechnen, da ich während meiner Amtszeit als Tribunus Plebis Rom nicht verlassen werde. Richte Maximus weiter aus, das die Tür der Casa für ihn stets weit offen steht und auch ich mich über seinen Besuch freuen würde. Da er aber gegenwärtig mit seiner Einheit im Feldzug ist, wird daraus vorläufig wohl auch nichts werden. Er soll auf sich aufpassen. Ich möchte ihn heil wiedersehen."

Als ich Polybios dann zur Tür geleitet und ihn verabschiedet hatte, sagte ich noch: "Es wird etwas dauern bis ich die Schriftstücke für dich angefertigt habe. Sie werden dir dann in deine Kammer gebracht. Gute Reise."

Ein Sklave brachte geraume Zeit später die beiden Schreiben Falcos.

"Polybios, hier sind die beiden Schriftstücke, welche mein Herr dir mit auf den Weg gibt. Gegen Vorlage des einen bekommst du in der Kaserne der Vigiles die Urne ausgehändigt und bei dem anderen handelt es sich um einen persönlichen Brief an deinen Herren."