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  • Einmal mehr stapfte ich in diesen Tagen durch die die Flure der Casa Didia. Außer ein paar Sklaven begegnete ich niemandem, was mir allerdings ganz recht so war.
    Ich wollte in Ruhe nachdenken, in meinem Zimmer konnte ich das nicht, mir war, als würden die Wände mich erdrücken.
    So ging ich den Gang entlang und kam schließlich zum Garten, wo ich mich auf einer Bank niederließ und die Pflanzen anstarrte.
    Im Winter blühten sie zwar nicht, aber das störte mich im Moment auch herzlich wenig.


    Irgendwie schien die Berufung zur Vestalin für mich von Tag zu Tag interessanter zu werden, doch ich wusste, es wäre aus den falschen Gründen.
    Victor und Sulla. Beide wunderbare Männer und doch grundverschieden. Und beide sagten, sie würden mich lieben...Es gäbe sicher tausende Frauen, die mich darum beneiden würden. Doch ich wusste es besser. Es gab nichts an einer solchen Situation, weshalb man beneidet werden könnte.


    Wenigstens einem von beiden würde ich das Herz brechen, falls seine Liebe aufrichtig gemeint war. Und doch wollte ich das nicht.
    Ich wollte keinem von beiden weh tun.
    Fast wünschte ich, ich wäre in Gallien geblieben. Viele Gallier, nur die Großtante, nach der ich ab und an sehen musste und ansonsten...Männer hatten mich dort so gut wie nie angesprochen. Ich begann mich zu fragen, was in Rom anders war.
    Vielleicht lag es an meinem Bruder, obwohl ich mir nicht wirklich vorstellen konnte, dass Sulla und Victor nur auf gute Beziehungen zu Falco aus waren.


    Eine halbe Stunde saß ich nun schon hier und war doch noch immer kein Stück weiter gekommen.
    Gut, ich rief mir die Bilder der beiden nochmal ins Gedächtnis...
    Da war auf der einen Seite Victor...der Soldat. Ich kannte ihn, ich liebte ihn. Und er liebte mich, wenn ich mich nicht irrte. Selbst die Sibylle schien nur dahingehend Einwände gegen unsere Hochzeit zu haben, dass bisher alles zu schnell ging. So war es wohl auch. Wir hatten alles ein wenig überstürzt.
    Auf der anderen Seite Sulla...Dichter, Priester...was genau er war wusste ich eigentlich gar nicht. So wie ich im Grunde nichts von ihm wusste. Nichts, als dass er sich in mich verliebt zu haben schien. So wirklich überzeugt war ich davon allerdings immer noch nicht.


    Warum dachte ich überhaupt darüber nach, fragte ich mich jetzt. Ich war verlobt, liebte meinen Verlobten, warum sollte ich daran etwas ändern?


    Ich wusste es nicht. Was wusste ich überhaupt noch?
    Dass ich allein wohl nicht damit fertig wurde, das wusste ich. Naja, immerhin etwas. Aber wen bei allen Göttern sollte ich um Rat fragen?
    Victor? Unmöglich. Falco? Nein. Kopfschüttelnd stand ich auf und rieb mir fröstelnd die Arme.
    Nicht schlauer als vorher, aber der Lösung vielleicht etwas näher verließ ich den Garten wieder...

  • Ich hatte mir heute vorgenommen, der Casa Didia einen Besuch abzustatten. Ich kannte Liliana und Lucia bereits sehr gut und auch Aelia seit kurzem. Von allen Plebejerfamilien war das diejenige, mit der ich enge Beziehungen pflegte. Ich verstand mich mit allen Frauen der Familie Didia sehr gut und im Übrigen war es das Haus unseres Pater factionis.


    Mir selbst gestand ich insgeheim ein, dass mich einerseits die Anteilnahme und andererseits auch die Neugier heute hier vorbei trieb. Gar zu sehr erinnerte mich Aelias Situation an meine. Vielleicht konnte ich sogar helfen…


    Auf dem Weg zur Porta warf ich einen Blick in den Garten der Casa. Gerade sah ich Aelia noch wie sie sich anschickte, den Garten zu verlassen. Schnell winkte ich in der Hoffnung, dass sie mich noch bemerkte.

  • Aus den Augenwinkeln bemerkte ich eine Person, die mir zuzuwinken schien.
    Als ich hinsah entdeckte ich Deandra, was mir ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Ich ging zu ihr, um sie zu begrüßen.
    "Salve Deandra! Was führt dich denn hierher?", fragte ich.

  • „Salve Aelia“, grüßte ich herzlich zurück. „Da wir uns ja bisher überwiegend auf Factioversammlungen trafen, dachte ich mir, ich sehe einfach einmal bei dir in der Casa vorbei. Ein Besuch bei den Didiern stand sowieso schon lange an.“


    Ich lächelte Aelia freundlich an. „Na ja und dann las ich einiges in der Acta und ich weiß nicht…, aber vielleicht…, wenn du willst…“ Etwas hilflos brauch ich hab und zuckte mit den Schultern.


    „Also, vielleicht hilft dir ja ein Gespräch mit einer Freundin Klarheit oder Lösungen zu finden.“
    Fragend sah ich Aelia an.

  • Bei ihren ersten Worten nickte ich lächelnd. Ja, die Facitoversammlungen waren dank uns wohl nicht ganz so staubig wie man es erwarten könnte. ;)


    Als sie dann auf mein "kleines" Problemchen zu sprechen kam verzog ich mein Gesicht zu einer Grimasse.
    "Ich danke dir, ich kann im Moment wirklich jemanden brauchen, der mir dabei helfen könnte...mit meinem Bruder, oder am Ende sogar meinem Verlobten kann ich ja nicht darüber reden...", meinte ich und schmunzelte kurz.
    "Wenn ich nur wüsste...", seufzend schüttelte ich den Kopf.

  • „Weißt du, Aelia, auch ich stand kürzlich vor einem ähnlichen Problem. Komm, lass uns doch an einen ungestörten Platz hier im Garten gehen.“


    Mitfühlend legte ich meinen Arm um Aelia während wir liefen.


    „Ich glaube, kaum jemand anderer kann so gut nachfühlen wie ich, was derzeit in deinem Kopf und Herzen vor sich gehen muss. Wenn du willst, erzähle ich dir von meiner Gewschichte, aber vielleicht möchtest du mir erst einmal dein Herz ausschütten?“

  • Dass Deandra auch so etwas erlebt hatte war mir nicht ganz neu, auch wenn ich mich bisher gescheut hatte, danach zu fragen.
    "Erzähl.", bat ich, vielleicht half mir das ja schon weiter.

  • Ich lächelte. Bisher hatte ich mit noch niemanden über meine Geschichte gesprochen, Aelia würde die Erste sein. Wobei sich in meinem Fall bereits alles zum Besten geklärt hatte. Ich ließ mich auf einer Gartenbank, umgeben von Rankpflanzen, nieder. Ein verschwiegenes, fast schon romantisches Plätzchen. Tja, wo sollte ich anfangen?


    „Es ist nur ein paar Wochen her, als ich vor einer ähnlich schwierigen Situation stand wie du derzeit. Anders in meinem Fall war, dass ich mich von einem Moment auf den anderen entscheiden musste, wogegen du glücklicherweise Momente, vielleicht Tage oder gar Wochen der Überlegung hast. Das ist sehr viel wert, Aelia. Nicht auszudenken, wenn man überstürzt die falsche Entscheidung trifft. Glücklicherweise traf ich auch unter diesem Druck die richtige.“


    Ich machte eine kurze Pause und ging in Gedanken noch einmal den Tag der Ankunft meines Paters durch. Es waren die schwierigsten und zugleich glücklichsten Momente meines bisherigen Lebens gewesen. Doch war in Aelias Fall wirklich alles vergleichbar?


    „In meinem Fall liebte ich beide Männer gleichermaßen. Den einen schon ewig, den anderen erst kurz, aber beide mit großer Intensität, wobei ich im Grunde fast schon an Letzteren gebunden war. Es ist so entsetzlich schwierig, wenn man getroffene Entscheidungen überdenken oder gar revidieren muss und noch viel entsetzlicher ist es, einem liebenden Menschen zu verletzen. Das heißt jetzt nicht, dass es bei dir ähnlich laufen muss, ganz bestimmt nicht. Sagen will ich damit nur, dass ich nachfühlen kann, welches Martyrium du gerade durchlebst.“


    Mitfühlend sah ich Aelia an. Ich mochte sie sehr. Sie war mir so ähnlich.


    „Ich ließ mich in meiner Entscheidung ganz allein von meinem Herzen leiten“, begann ich erneut. „Sicher ist das nicht in jedem Fall klug zu nennen, aber ich halte es dennoch für die einzig richtige Basis. Sehr oft sind in Rom gänzlich andere Gründe wichtig, die zwei Menschen lebenslang aneinander binden. Hast du denn schon einmal ganz in Ruhe und tief in dich hineingehört? Weißt du ganz sicher was in deinem Herzen vorgeht?“

  • Aufmerksam hatte ich Deandra zugehört. Ich war froh, mit einer 'Leidensgenossin' sprechen zu können. Als sie begonnen hatte, hatte ich mich ebenfalls hingesetzt und sie angesehen.
    Auf ihre letzte Frage hin senkte ich den Blick und schwieg kurz.
    "Ich weiß es nicht...das genau ist das Problem fürchte ich.", antwortete ich und blickte auf.
    "Weißt du...alles war in Ordnung, ich hätte nie daran gedacht einen anderen Mann zu lieben, noch einen anderen zu heiraten. Da taucht plötzlich dieser Sulla auf..."
    Ich brach ab und schüttelte den Kopf.
    "Eigentlich ist es Unsinn. Ich fühle nicht das gleiche wie bei Victor, wenn ich ihn sehe und doch...Er ist wie besessen..."

  • „Er beeindruckt dich?“ Fragend blickte ich Aelia an.


    Ich dachte kurz nach. Könnte mich wohl ein anderer Mann beeindrucken? Ich schüttelte den Kopf.


    „Aelia, ich kann und will dir keineswegs auch nur den Ansatz eines Rates geben, denn jeder muss selbst seine Entscheidungen treffen, aber eines kann ich dir mit ruhigem Gewissen sagen: Mich selbst könnte kein anderer Mann mehr beeindrucken und wäre er noch so gescheit oder charmant. Es wäre wichtig für dich herauszufinden, ob er und wenn ja, aus welchem Grund er dich beeindruckt. Nicht jeder Grund wäre dabei von Belang. Umgedreht trifft gleiches zu. Ist Victor in der Lage dich so zu beeindrucken, dass jeglicher Gedanke an einen anderen nicht mehr Bedeutung hat als ein flüchtiger Augenblick.“


    Eigentlich schien alles einfach zu sein aus meiner Sicht. Doch für den Betroffenen ist es das nie. Ich wusste das sehr wohl und lächelte Aelia verständnisvoll an.

  • "Beeindrucken würde ich nciht direkt sagen...", antwortete ich nachdenklich.
    "Ich finde es eher...er ist merkwürdig. Ich meine, welcher normale Mann würde mir weiterhin Avancen machen, nachdem ich ihm mehrmals gesagt habe, dass ich ihn nicht will?"
    Ich verstand worauf Deandra hinauswollte, aber bedeutete, dass Sullas Hartnäckigkeit beeindruckend war automatisch, dass ich Victor nicht mehr wollte?
    Für mich schien das eher unwahrscheinlich.
    Oder war das meine Antwort? Keiner von beiden? Keiner?
    "Glaubst du..." Ich brach ab, suchte die richtigen Worte.
    "Was, wenn keiner von beiden...wenn ich keinen von beiden nehmen würde? Zwei Herzen gebrochen?!"

  • Ich musste schmunzeln.


    Komisch, eigentlich müssten wir verwandt sein, solch eine große Ähnlichkeit verbindet uns. Ich selbst dachte ebenfalls in meiner misslichen Lage über den Verzicht auf beide Männer nach.“


    Ich umarmte Aelia. Dann schaute ich sie wissend an.


    „Du weißt es in deinem Herzen, wenn einer von beiden soo wichtig für dich ist, dass du unmöglich auf ihn verzichten kannst.“

  • Ihr Schmunzeln wirkte ansteckend, so schmunzelte ich auch kurz, wurde aber gleich wieder ernst. So kannte ich mich überhaupt nicht.
    Ich war kein ernster Mensch. Und nun ging ich schon seit Tagen mit bedrückter Miene umher.


    "Dann muss ich wohl nochmal tief in mich hineinhören...", murmelte ich und seufzte. Das würde wohl nicht an einem Tag geschehen, schließlich würde der Rest meines Lebens von dieser Entscheidung abhängen.
    "Danke Deandra, es hat mir sehr geholfen, einmal mit jemandem darüber zu sprechen."
    Lächelnd umarmte ich sie.

  • "Jederzeit wieder, Aelia."


    Ich stand auf und zupfte meine Tunika zurecht. Eigentlich wollte ich noch zum Officium des scriba pontifex maximus. Hoffentlich hatte ich heute mehr Glück als das letzte Mal.


    "Wir sehen uns ganz bestimmt bald wieder", versprach ich beim Abschied, dann machte ich mich auf den Weg...

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