Die Krise der späten Republik
Seit den jungen Jahren des römischen Staates war es bestimmten Bevölkerungsschichten vorbehalten den Kriegsdienst zu leisten. Zum einen waren nur die oberen Schichten in der Lage, den finanziellen Aufwand eines Krieges zu tragen und dabei ökonomisch handlungsfähig zu bleiben, denn Ausrüstung und Verpflegung für einen Feldzug mussten von den Kämpfern selbst, also aus privaten Mitteln gestellt werden.
Zum anderen war das Kämpfen für die Gemeinschaft des römischen Volkes eine Frage der Ehre. Die Verteidigung der Heimat und die Vermehrung und Sicherung ihrer Macht wurde nicht als Pflicht, sondern als Recht empfunden.
Im Gegenzug zu den im Krieg erlittenen Schäden durften die Kämpfer die von ihnen erbeuteten Güter und Menschen als ihr Eigentum ansehen und zu ihrem privaten Besitz hinzufügen. Ihre Argumentation baute auf dem Grundsatz auf, dass der, der viel leistete, auch mehr belohnt werden musste als die anderen. So rafften einige wenige immer größeren Reichtum an.
Das römische Imperium wuchs und wuchs. Und mit ihm die militärischen Auseinandersetzungen in den immer mehr werdenden Provinzen. Um in diesen die Ordnung zu sichern, musste Soldaten abgestellt werden. Es reichte nicht mehr, wenige gut ausgebildete und schwer bewaffnete Soldaten einzuberufen, wenn es zum Krieg kam. Ein stehendes Heer musste geschaffen werden.
In den Jahren von 105-101v.Chr. führte der Feldherr Marius (156-86v.Chr.) aus dem Lager der Popularen als Konsul eine Heeresreform durch, die genau dieses Problem lösen sollte. Nach Marius durften auch untere Bevölkerungsschichten den Kriegsdienst ausüben. Die Ausrüstung, die nötig war, um eine schlagkräftige Truppe zu erstellen, wurde den Kämpfern von der staatlichen Gemeinschaft gestellt. Die eingenommenen Güter konnten in den privaten Besitz übernommen werden. Nach Beendigung des Feldzuges wurde jedem Kämpfer ein Stück Land in einer Provinz, teilweise aber auch in Italien übergeben. Das erste Mal in der Geschichte kann man von „Soldaten“, von Kriegern, die eine Bezahlung, einen Sold, für ihren Kampf erhalten, reden.
Diese Umstellung des Systems funktionierte anfangs hervorragend. Allerdings wurden nach und nach die Nachteile offensichtlich. So war nach kurzer Zeit das gesamte italienische Festland aufgeteilt. Nachrückende Soldaten konnten nur noch mit Landgütern in weiter entfernten Provinzen belohnt werden, was für Unmut sorgte. Diese unzureichende Versorgung mit „Belohnungslandschaften“ und der von vielen zeitgenössischen Analysten festgestellte mangelhafte Zustand des Heeres waren zwei wichtige Faktoren, die zur Krise der Republik führten. Ebenso stellte die Machtkonzentration auf die militärischen Führungspersönlichkeiten ein Problem dar, denn die Soldaten waren nun eher dem Feldherrn ergeben, der ihnen Reichtum versprach, als der Sache, dem Vorteil, Roms.
Gaius Julius Caesar ist wohl einer der berühmtesten Feldherrn dieser Zeit. Durch die Eroberung Galliens - und somit im Prinzip ganz Westeuropas - verschaffte er sich den Oberbefehl über riesige Truppenverbände, mit denen er im Januar 49v.Chr. den Rubikon, den Grenzfluss, dessen Überschreitung in Waffen untersagt war, überschritt. Was folgte waren der Versuch jenes Caesars, eine Alleinherrschaft nach dem Vorbild der Diktatur zu schaffen. Im Jahr 45v.Chr. ernannte ihn der Senat zum „Diktator auf Lebenszeit“. Der am 15.März 44v.Chr. von rund 60 Republikanern erdolchte Popular versuchte durch seine gnädige, aber dennoch durchgreifende Herrschaft, das System zu stabilisieren und ihm dauerhafte Stärke zu verleihen.
Diese wurde nämlich nicht erst seit den drei Punischen Kriegen (261-146v.Chr.) durch einen allgemeinen Abfall von alten Werten bedroht. So spricht Sallust in seiner Schilderung einer Verschwörung, die in dieser Zeit stattfand, davon, dass die Vorfahren Werte, wie z.B. Fleiß, gerechte Herrschaftsausübung und die Freiheit des Geistes von Korruption uns Machtgehabes, hatten. Stattdessen habe man zu seiner Zeit neue Werte gesetzt, wie z.B. Verschwendungssucht und Habsucht. Weiter heißt es: „Wir loben den Reichtum, hängen aber faul rum. Zwischen Guten und Schlechten wird kein Unterschied gemacht. Alle Belohnung für Tüchtigkeit hat der krankhafte Ehrgeiz in Besitz. Und das ist auch kein Wunder! Da Ihr jeder für seine eigenen Belange gesondert Eure Pläne fasst, da Ihr daheim Sklaven Eures Vergnügens, hier des Geldes und Eurer Verbindungen seid, daher kommt es, dass der Staat wehrlos gegenüber Angriffen ist.“ (Sallust, Coniuratio Catilinae, Kapitel 52).
Damit sind die Hauptprobleme der Zeit treffend beschrieben: Willkür, Verschwendung und Geiz, Verachtung des Alten, Korruption und „Vetternwirtschaft“, Machtmissbrauch und mangelhafte Ausübung mancher politischer Ämter.