Domus Aeliana - Tablinum

  • Sie nickte den Worten ihres Gatten zustimmend zu und lauschte dann weiter den Argumenten Antoninus'.


    "Mir kamen schon einzelne Meinungen zu Ohren, die deiner gleichen, doch von einer großen Anzahl, wie du es darstellst, kann man dabei nicht sprechen.


    Ansonsten muss ich meinem Gatten beipflichten. Dass du bei den Wahlen gewonnen hast, muss nicht unbedingt eine Zustimmung zu deinen Ideen sein, besonders wenn es um das Quästorenamt geht, dem doch relativ wenig Einfluss in solch wichtigen Dingen, die du hier in Angriff nimmst, zukommt.


    Und wie du bereits auch sagtest, diese Entscheidung liegt allein bei unserem Kaiser, der den Frauen die Möglichkeiten, die sie nun haben, erst gab, und ich bezweifle doch, dass er dies wieder revidieren würde.


    Aber deine Vorstellungen interessieren mich nun doch: Du schlägst vor, keine Frauen im Senat zu erlauben? Wie siehst du Frauen im Cursus Honorum?"

  • "In der Vergangenheit waren gerade die Wahlen ein deutlicher Richtungsmesser der Sympathien und der Antipathien der Wähler zu den jeweiligen Kandidaten gewesen. Völlig gleich, auf welches Amt sie sich beworben haben.
    Meine Rede und Argumentation bei der Kandidatur und mein Auftreten auf der Bühne anderer Kandidaten war in großem Maße geeignet, mir viele Feinde zu machen und trotzdem habe ich mit deutlichem Abstand die meisten Stimmen erhalten. Wer über diese Tatsache hinwegsieht, verkennt die Lage. Ich habe die große Hoffnung, dass der Kaiser meine Ansicht teilen wird.


    Um ehrlich zu sein, halte ich Frauen im Cursus Honorum allgemein für deplaziert, aber es geht weder hier noch bei der Audienz beim Kaiser um meine ganz persönliche Meinung, sondern um eine Kompromissfindung zwischen den Anhängern der aktuellen Regelung und denen, die bisher auf ganzer Linie ignoriert wurden. Daher halte ich eine Einfrierung des Frauenanteils im Senat auf dem derzeitigen Stand der Anzahl 2 als eine machbare und für alle Seiten akzeptable Lösung. Ich rechne damit, dass sich die Frauen dann verstärkt den zivilen Verwaltungen zuwenden werden und ohne dass ich diese Betätigung gut finde, kann ich sie aber akzeptieren. Auch eine Betätigung in den unteren Rängen des Cursus Honorum wäre dann akzeptabel, wenn man auf eine Zusage vertrauen könnte, dass keine weitere Frau mehr Einlass in den Senat findet."

  • "Mit der Einfrierung des Frauenanteils meinst du wohl, dass die derzeitigen Senatorinnen bleiben dürfen aber keine weiteren in Zukunft hinzukommen sollen?
    Es würde wohl auch dem Cursus Honorum allgemein den Reiz für Frauen nehmen, da dann nur eine Karriere bis Aedil möglich wäre."

  • "Genau das habe ich mit Einfrieren gemeint und natürlich rechne auch ich damit, dass der Cursus Honorum für Frauen damit an Anreiz verliert. Allerdings würden bei mir weibliche Kandidaturen dann auch nicht mehr zu Magenkrämpfen führen, wenn ich nur sicher sein könnte, dass der Senat zukünftig verschlossen bleibt."


    Noch immer grübelte Antoninus nebenher herum, wie er den Aeliern deutlich machen könnte, dass die hohe Stimmenanzahl für ihn eine deutliche Aussage hergibt. Er musste darauf noch einmal eingehen.


    "Zurück zur Kandidatur und dem Wert, den ich der Stimmverteilung beimesse. Ist es euch bekannt, dass ich bei den vorletzten Wahlen ebenfalls kandidiert habe und mit deutlichem Votum der Wähler gescheitert bin? Erst bei diesen Wahlen habe ich das Frauenthema zum Wahlkampfthema gemacht.
    Eines jedenfalls könnt ihr sicher nicht wissen. Im Gegensatz zur vorletzten Wahl waren vier konservative Wähler zum Zeitpunkt der Stimmabgabe verhindert, die bei der vorletzten Wahl noch für mich gestimmt haben. Trotz dieser Stimmverluste in den eigenen Reihen fiel das Ergebnis mehr als deutlich aus. Das ist kein Zufall sondern zeigt Ansichten der Bürger, die in dem Maße noch nie zum Vorschein gekommen sind."

  • Einigermaßen verblüfft sah Antoninus den Aelier an. In keinem Disput der Vergangenheit war die Person der Augusta aufgetreten.


    "Mir geht es nicht um die aktuellen Rederechte und Sitzrechte im Senat, sondern nur darum, wie die Zukunft aussehen kann. Im Blickpunkt stehen dabei Bürgerinnen aus Häusern wie deinem und meinem. Die Person der Augusta ist in keiner Diskussion inbegriffen. Wie könnte sie das auch sein?"


    Antoninus wollte zurück zum Thema.


    "Mir ist nicht deutlich, welche Position ihr einnehmt. Kann ich darauf hoffen, dass die Stimmen derer, die ich vertrete, zukünftig vernommen werden? Habe ich euer Verständnis dafür, dass wir uns einen Kompromiss wünschen? Darf ich darauf vertrauen, dass ihr bei der Mitgestaltung dieses Kompromisses beteiligt sein werdet? Immer vorausgesetzt, ich kann unseren Kaiser von der Dramatik der Situation für einen Teil der römischen Bürger überzeugen."

  • “Was die Augusta damit zu tun hat will ich dir sagen:
    Allem Anschein nach missfällt dir und deinen Freunden die Anwesenheit von Frauen im Senat. Die Augusta ist aber zweifelsohne eine Frau und ihr steht nach dem Gesetz das Recht zu, sich an Diskussionen des Senats zu beteiligen und dort aktiv das Wort zu ergreifen.


    Nun magst du einwenden, dass an bestehenden Rechten nicht gerüttelt werden soll. Was aber, wenn der Kaiser geruht, neben Iulia Ulpia Drusilla eine weitere Frau mit diesem Rang zu ehren?


    Was sagst du zudem dazu, dass in der jüngeren Vergangenheit die Bereitschaft, sich im Cursus Honorum in den Dienst Roms zu stellen, spürbar gesunken ist und wir vielleicht noch weniger Kandidaten haben, wenn die Frauen faktisch davon ausgeschlossen werden?“

  • Manchmal war ihr Gatte einfach vergötterungswürdig, so wie in diesem Moment.


    Zwar konnte Adria doch den Missmut einiger Menschen im Reich verstehen, was dieses Thema angeht. Andererseits war sie doch die falsche Person, die sich dazu äußern sollte. Auf Antoninus' Seite sein, gegen Frauen in der Politik sein und trotzdem sich den Platz im Senat warmhalten, sich auf dem Glück ausruhen, dass es bei ihrer Standeserhebung einfach noch andere Zeiten waren? Das wäre mehr als ungerecht anderen Frauen gegenüber. Oder einen Sitz im Senat deswegen aufgeben? Würde ihr genauso schwer fallen.


    Und so horchte sie Quartos Argumenten, die durchaus nachvollziehbar waren, auch wenn sie in den Augen Antoninus keinen ausreichenden Grund darstellen, von seiner Meinung abzuweichen.

  • Antoninus hatte sich bezüglich der Augusta vorhin nicht unwissend gezeigt, sondern schlicht festgestellt, dass ihre Person nicht zur Diskussion stand. Er wunderte sich, dass man ihn offenbar nicht verstanden hatte.


    "Die Augusta steht deswegen nicht zur Diskussion, weil ihre Person unstrittig ist und weil sie auf einer gänzlich anderen Ebene als andere Frauen steht. Daher ist es unnötig, sie in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Auch bin ich hier, um über die regulär möglichen Standeserhebungen und Ehrungen nach Ableistung des Aedil zu sprechen und nicht über Sonderfälle."


    Als die Sprache auf den Cursus Honorum kam, nickte Antoninus zufrieden.


    "Ich bin darüber erfreut, dass du von dir aus auf den Cursus Honorum zu sprechen kommst. Nehmen wir doch einmal die Angelegenheit auseinander. Als erstes finde ich gut, dass du das rückläufige Interesse am Cursus Honorum ansprichst. Da möchte ich gleich einmal festhalten, dass dieser Zustand zu verzeichnen ist, ohne dass der von mir angestrebte Kompromiss zur Sprache kam, geschweige denn eingeführt wurde. Er könnte also späterhin nicht mehr ursächlich für einen Rückgang verantwortlich gemacht werden.
    Kommen wir dann zu den Kandidaturen der vergangenen, sagen wir vier letzten Wahlen... Moment."


    Antoninus zog eine kleine Wachstafel unter seiner Toga hervor.


    "Insgesamt waren es 40 Bürger, die für die Quaestorenämter bis hin zum Aedil kandidiert haben. Das sind die strittigen Ämter, die, falls mein Kompromissvorschlag angenommen werden kann, von einem wie ihr fürchtet sinkenden Interesse der Frauen betroffen sein könnten.
    Von diesen 40 Bürgern waren 36 Männer und 4 Frauen. Wir sprechen hier also von einem Zehntel aller Kandidaten. Zieht man hinzu, dass 50 % dieser Frauen vom Wähler eine deutliche Absage erhalten und von allen möglichen Kandidaten die wenigsten Stimmen erhalten haben, ausgeschieden und bei einer erneuten Wahl auch nicht mehr angetreten sind, bleiben ganze zwei Frauen übrig, die in den vergangen 7 Monaten ein Amt als Quaestor oder Aedil erfolgreich belegt haben.


    Wenn ich dich richtig verstehe, machst du dir also vor allem Sorgen, dass wenn dieser Anteil weiter zurückgehen wird, es im Cursus Honorum spürbar unbesetzte Ämter geben wird."


    Antoninus blickte Quarto fragend an.


    "Nicht zu vergessen die Tatsache, dass es zu den Frauen, die wegfallen könnten, also 2 in 7 Monaten, ein Gegengewicht an konservativen Männern gibt, die sich zum Teil aus der Politik heraushalten, weil man ihre Ansichten auf ganzer Strecke ignoriert. Jetzt frage ich dich, Senator Quarto, sind diese Männer nicht ebensoviel wert wie die Frauen, deren Interessen du glaubst schützen zu müssen, was du den Männern aber versagst?"

  • “Das überzeugt mich nicht, Quaestor. Diesen Männern, von denen du da sprichst, steht es vollkommen frei für Ämter des Cursus Honorum zu kandidieren. Niemand hindert sie daran, außer sie selbst. Wenn sie darauf verzichten, weil sie gegen Frauen antreten müssten, so findet das keinesfalls mein Verständnis. Du selbst bist schließlich auch angetreten.


    Aber ich sehe, dass du dich sehr gut auf dieses Gespräch vorbereitet hast. Das freut mich, denn wie oft habe ich schon Männer von Dingen reden hören, von denen sie im Grunde genommen überhaupt nichts wussten.


    Es stimmt wohl, der Anteil der weiblichen Bewerber zum Cursus Honorum ist eher gering. Ebenso ist es der Anteil der stimmberechtigten Senatorinnen im Senat. Gerade einmal 1/7 sind Frauen, wenn ich es richtig abschätze.
    Man könnte diese Tatsache aber auch sehr gut als Argument gegen deine Sache verwenden, findest du nicht?
    Außerdem ist es doch schon jetzt so, dass du und deine Anhänger Frauen im Senat verhindern können. Wenn die Anzahl derjenigen, die deine Auffassung teilen, so groß ist wie du sagst, dann hat jede Kandidatin bei den Wahlen einen schweren Stand und der Kaiser berief in der jüngeren Vergangenheit niemanden in den Senat, der nicht mindestens die ersten beiden Stufen des Cursus Honorum beschritten hatte.


    Es tut mir leid, Questor, aber ich fürchte, dass du in diesem Haus keine neuen Anhänger deiner Forderung finden wirst. Doch bin ich mir sicher, dass mein Vetter Hadrianus sich mit großer Begeisterung deiner Sache anschließen würde. Er bewohnt mittlerweile wohl das Forum Romanum, wie ich unlängst vernommen habe.“


    Quarto bemerkte den leeren Becher seines Gastes. “Noch Wein?“

  • Antoninus lehnte weiteren Wein dankend ab. Er konnte unmöglich den gesamten Tag zu Gast bei den Aeliern weilen. Sein Amt bürdete ihm viele Pflichten auf und seinen Gang zu den Senatoren hatte er sich zusätzlich auferlegt.


    "Es ist ein Factum, dass in Rom die Interessen der emanzipierten Frauen, nicht aber die der konservativen Männer und Frauen geschützt werden. Dies anzugleichen oder auf ein gerechtes Maß zu bringen, ist mein Anliegen und wenn ich in diesem Hause dafür keine Unterstützung finde, muss ich das so hinnehmen. Ich werde mich aber dadurch keineswegs entmutigen lassen, denn mein Mut trägt bereits erste Früchte. Er bestärkt andere Männer und Frauen, sich deutlicher als bisher in dieser Sache zu äußern oder danach zu handeln. Mir allerdings liegt an einem gütlichen Kompromiss, als an Handlungen, die manche Frau verletzen könnte."


    Antoninus erhob sich, denn er meinte Schlussworte des Aeliers gehört und seinerseits selbst formuliert zu haben.


    "Ich danke euch für euer Gehör."

  • “Und wir danken dir für deinen Besuch, Marcus Aurelius Antoninus. Mögen die Götter dich auf deinem weiteren Weg geleiten und wer weiß, vielleicht werden wir uns in absehbarer Zeit einmal im Senat wieder sehen, sollte sich deine Karriere so weiter entwickeln wie doch wohl zu hoffen steht.“

  • In diesem Moment trat Hungi in das Tablinum. Er gönnte sich einen Blick durch den Raum, er wollte ja sehen, ob sich etwas verändert hatte (nur dummerweise erinnerte er sich nicht wirklich mehr daran, ob er überhaupt schon mal hier war und wenn ja, wie dieser Raum ausgesehen hatte), dann trat er auf den Hausherrn zu.


    Salve Aelius Quarto. Ich hoffe, ich komme nicht zu sehr ungelegen?

  • “Der Kaiser? Worum es sich wohl jetzt nur schon wieder handelt? Seit dem er aus Germanien zurück ist, sprüht er geradezu vor Tatendrang. Also… für seine Verhältnisse.


    Es wäre wohl besser, wenn ich gleich zu ihm ginge.“

  • “Nein.“, gab Quarto zurück und dabei lachte er, naja, zumindest fast.
    “So langsam kenne ich mich hier auf dem Hügel ganz gut aus. Bitte verzeih mir, wenn ich deshalb gleich aufbrechen will. Du bist nur deshalb gekommen?“
    Er konnte manchmal ebenso kurz angebunden sein, wie er in anderen Fällen weitschweifig war.

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