Domus Aeliana - Tablinum

  • Eine so positive Antwort überraschte sogar Sabinus, aber eben auf die positive Art! Er lächelte Quarto geradezu freudestrahlend an. "Dann soll es so sein!", sagte er. "Es ist mir eine große Ehre zu deinen Klienten zu gehören, Patron."


    Der Vinicier nippte ein wenig an seinem Wein und überlegte kurz. "Ich hätte da gleich ein erstes Anliegen, Patron! Es ist mein Ziel meinen beiden Onkel in den Cursus Honorum zu folgen und eben jenen zu beschreiten, dafür fehlt mir aber der nötige Ordo Senatorius..."

  • “Ich verstehe. Das ist ein ehrenvolles Ziel und eines Mannes deiner Herkunft würdig.
    Aber du hast deine Stelle hier im Palast gerade erst angetreten. Willst du trotzdem schon bei den nächsten Wahlen antreten? Ich würde denken, dass käme noch ein wenig zu früh.
    Dein Name ist, verzeih mir bitte wenn ich das sage, aber er ist noch recht unbekannt, auch wenn es der Name deiner gens nicht ist und wenn deine Ahnen und nächsten Verwandten ein ruhmreiches Licht auf dich werfen.“

  • Sabinus nickte zustimmend. Das, was sein Patron da sagte stimmte durchaus! Allerdings hatte er ja nicht behauptet schon bei den nächsten Wahlen zu kandidieren... "Da hast du sicher recht, Patron", sagte der Vinicier. "Meinen neuen Posten überstürzt zu verlassen um bei den nächsten Wahlen zu kandidieren macht sicher keinen guten Eindruck, und ist auch nicht in meinem Sinne. Aber eine Erhebung in den Ordo Senatorius wäre doch trotzdem möglich, profilaktisch sozusagen?"

  • Sein Patron wiegte den Kopf hin und her. Dabei machte er ein etwas sauertöpfisches Gesicht.


    “Das wird nicht einfach, nein, einfach wird das nicht. Nach landläufigen Vorstellungen ließe dein neues Amt vermuten, du würdest eine ritterliche Karriere anstreben. Du bist, wie gesagt, noch sehr jung und weithin unbekannt. Was für dich spricht, ist deine Herkunft, doch dein Vater war, soweit ich weiß, ein Eques. Deine Berufung in den Ordo Senatorius wird deshalb nicht leicht zu bewerkstelligen sein, zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt, denn die Begründung, weshalb der Imperator Caesar Augustus dir diese Ehre widerfahren lassen soll, ist etwas dürftig. Leichter wäre es, wenn du dir bereits einen Namen gemacht hättest. Ich kann es dennoch versuchen und meinen Einfluss nutzen. Versprechen aber, nein, versprechen kann ich es dir nicht.“

  • Sabinus nickte zögernd. Eigentlich hatte Quarto ja recht. Aber vergaß er nicht, dass die unzähligen Patrizier, die in den Ordo Senatorius erhoben wurden auch nicht sehr viel mehr als ihren Namen vorzuweisen hatten? Naja, der Vinicier wollte seinem Patron nicht andauernd widersprechen. "Danke", sagte er, als Quarto sich entschloss sich doch für des Viniciers Erhebung in den Ordo Senatorius einzusetzen. Dann aber machte er ein fragendes Gesicht. "Wie kann ich denn, deiner Meinung nach meine Bekanntheit und damit meine Chancen steigern, Patron?" So direkte Aufstiegschancen hatte er ja nicht, als Primicerius...

  • “Da gibt es natürlich verschiedene Möglichkeiten.
    Die beschwerlichste und eine sehr langwierige, aber auch die am meisten Erfolg versprechende, ist, sich durch fleißige und verlässliche Arbeit in einem verantwortungsvollen Amt hervor zu tun. Allerdings gibt es natürlich Ämter, in denen man von der Öffentlichkeit und vor allem von den Senatoren mehr wahrgenommen wird, und solche, die weniger Aufmerksamkeit erregen, in manchen Fällen zu unrecht.
    Ein geradezu klassischer Weg führt über die Gerichte. Viele große Männer haben sich in der Vergangenheit einen Namen gemacht, in dem sie die Anklage oder die Verteidigung in einem spektakulären Prozess übernahmen. Dabei spielte es oft gar keine Rolle, ob sie ihn gewonnen haben, oder verloren. Viel wichtiger war, wie eloquent und wortgewandt, mutig und gewitzt sie auftraten. Allerdings lässt sich ein Gerichtsverfahren, dass Aufmerksamkeit erregt, kaum herbei zaubern. Zudem braucht man dafür natürlich die Zulassung als Advocatus.
    Man kann auch Spiele veranstalten, Gladiatorenspiele zum Beispiel. Auch damit kann man sich interessant machen. Jedoch ist das sehr kostspielig.
    Zu einer vierten Möglichkeit habe ich vor einiger Zeit einem anderen meiner Klienten geraten und er hatte Erfolg damit und wurde zum Vigintivir gewählt. Er hat seine Kandidatur dadurch vorbereitet, dass er rechtzeitig vor der Wahl eine Reihe einflussreicher Senatoren persönlich aufgesucht und mit ihnen gesprochen hat. Er hat für sich geworben, ihnen mit Geschenken geschmeichelt und es gelang ihm, sie in ausreichend großer Zahl von seinen Vorzügen zu überzeugen und ihre Unterstützung zu erlangen. Auch so geht es.“

  • Balbus war im Windschatten des Sklaven zum Tablinum gekommen und dann jedoch am Eingang stehen geblieben, wo er wartete bis Quarto zustimmte ihn zu empfangen.
    Als er dies aus dem Inneren des Raumes vernahm, trat er dann auch ein.


    "Salve, Senator Aelius." begrüßte er seinen Patron förmlich, um von vornherein den unerfreulichen, offiziellen Grund seines Besuches zu betonen.


    "Ich danke dir, dass du mich empfängst, auch wenn ich unangemeldet an deiner Tür erschien."


    In seinen Händen hielt er noch immer den Brief des Tiberiers.

  • “Aber mein lieber Tiberius Prudentius ich empfange dich doch jederzeit gerne.“


    Ihm lag die Frage nach dem befinden seiner Nichte auf der Zunge, die mit dem Procurator verheiratet war.
    Doch dann bemerkte er dessen betonte Förmlichkeit. Scheinbar ging es um eine offizielle Sache.


    “Bitte, setz' dich doch.“, forderte er ihn deshalb auf, und: “Was führt dich zu mir?“

  • Balbus nickte und nahm Platz.


    "Es geht um eine unangenehme Angelegenheit. Ich habe einen Brief von Senator Tiberius Durus erhalten. Er ist an den Imperator adressiert und fordert ein Eingreifen des Kaisers in seiner Funktion als Censor."


    Er reichte den Brief an Quarto.


    Ad
    Imperator Caesar Augustus
    C Ulpius Divi Iuliani F Aelianus Valerianus
    Palatium Augusti



    Pontifex pro Magistro M' Tiberius Durus Imperatori Caesari Augusto C Ulpio Divi Iuliani F Aeliano Valeriano Censoriae potestate s. p. d.


    Ich schreibe Dir aufgrund einer unerhörten Handlung, die sich während der Sitzung des Senates ANTE DIEM VIII ID APR DCCCLIX A.U.C. (6.4.2009/106 n.Chr.) zugetragen hat. Möglicherweise hat der ehrenwerte Consular Aelius Dir bereits davon berichtet, doch da ich nicht nur in meiner persönlichen Ehre, sondern auch der meiner Familie stark gekränkt wurde und die Ehre und Würde des Senates in Gefahr sehe, wende ich mich dennoch an Dich in Deiner Funktion als Wächter über sie Mores Maiorum.


    Im Laufe jener Sitzung hat jener Quintus Germanicus Sedulus, der ANTE DIEM IV NON SEP DCCCLVIII A.U.C. (2.9.2008/105 n.Chr.) von Dir mit der Würde eines Senators geehrt wurde, nachdem er seine Quaestur absolviert hatte, nachdem er sich, anstatt der Sitzung zu folgen, ständig ungerechtfertigte Einwürfe gegeben hatte, sich plötzlich von der diskutierten Sache abgewandt und ist in wüste Beleidigungen verfallen. Insbesondere bezeichnete er mich als verschwenderischen Faulenzer und die gesamte Gens Tiberia, die Dein göttlicher Vater einst aufgrund ihrer zahlreichen Verdienste um die Res Publica unter die Patrizier adlegierte, als ein Geschlecht von "Erbsenzählern". Abgesehen davon, dass er damit indirekt Deine Entscheidungen und die Deines Vaters, meiner Gens und mir derartige Ehren zuteil werden zu lassen, wie es getan wurde, als falsch und ungerechtfertigt abtut, verletzt er damit die Sitten unserer Vorväter aufs Schärfste, indem er einen deutlich ranghöheren Senator in aller Öffentlichkeit beleidigt.


    Besonders schwer wiegt dieser Frevel jedoch, weil er nicht etwa in einer Gasse der Subura oder in einer Taverne, sondern in einer Versammlung des Senates, jener heiligen und ehrwürdigsten Institution der gesamten Res Publica, in der die besten und weisesten Männer des Reiches versammelt sind, getätigt wurde. In Deiner Funktion als Träger der censorischen Gewalt und als Wächter über die Mores Maiorum bitte ich Dich daher, gegen eine derartige Beleidigung des Staates vorzugehen.



    Mögen die Götter Dich behüten und Dir ein langes Leben schenken!
    [Blockierte Grafik: http://img157.imageshack.us/img157/6083/siegelmtdsenatorhc0.gif]


    "Da du in dem Brief als Zeuge des Vorgangs genannt bist, wollte ich dich zuerst dazu befragen, bevor ich entscheide, ob ich den Praefectus Urbi oder lieber den Kaiser direkt damit belaste."

  • Aelius Quarto atmete hörbar aus.


    Er hielt den Brief noch immer in Händen, als er zu antworten begann:
    “Wie du vielleicht weißt, ist Quintus Germanicus Sedulus mein Schwager und mein Klient. Gleichzeitig betrachte ich den Verfasser dieses Schreibens ebenfalls als politischen Weggefährten. Es ist eine höchst unangenehme Situation, wenn sich Freunde in den Haaren liegen.“


    Er gab den besagten Brief an Prudentius Balbus zurück.


    “Tiberius Durus und die beiden Germanicii-Senatoren, also neben Germanicus Sedulus auch sein Onkel Germanicus Avarus, haben sich in letzter Zeit häufiger Wortgefechte im Senat geliefert, teilweise auch recht heftige. Daran erinnere ich mich sehr gut. Aber 'verschwenderischen Faulenzer' oder 'Erbsenzähler'... nein, ob diese Worte gefallen sind, dass vermag ich jetzt nicht zu sagen. Möglich ist es, aber ich erinnere mich nicht mehr.


    Doch selbst wenn es so war, ist es ein sehr weitgehender Schritt, dass sich Tiberius an den Imperator Caesar Augustus direkt wendet. Er weiß natürlich ganz genau, dass eine Beleidigungsklage vor einem Praetor keine Aussicht auf Erfolg hat, denn was innerhalb des Senats in der Curia Iulia gesagt wird, entzieht sich traditionell den einschlägigen Delikten über Beleidigung und übler Nachrede.“


    Quarto fuhr sich nachdenklich über den Bart.


    “Der Praefectus Urbi ist nur selten im Senat anzutreffen. Er weiß wenig über die dortigen Gepflogenheiten und macht auch stets den Eindruck, dem Senat gegenüber wenig Wertschätzung entgegen zu bringen.“, bemerkte er, scheinbar aus einer spontanen Eingebung heraus.

  • Da ihm diese ganze Sache mehr als unangenehm war, seufzte Balbus leise, als Quarto offenbarte, dass er sich nicht erinnern konnte, ob die Anschuldigungen tatsächlich gerechtfertigt waren. In seinem Geist sah er sich schon mit den Senatssklaven um das Sitzungsprotokoll streiten um hinterher alle bei der Sitzung anwesenden Senatoren zu befragen. Kurz kam ihm der Gedanke die ganze Sache einfach unter den Tisch fallen zu lassen oder sie tatsächlich einfach an den Stadtpraefecten weiterzuleiten, damit dieser sich der Angelegenheit annehmen konnte.
    Doch da er weder den Zorn des Tiberiers auf sich ziehen wollte, noch den Praefectus Urbi genug respektierte um ihm eine angemessene Entscheidung zuzutrauen, wischte er diese Gedanken schnell beiseite.


    "Tiberius Durus ist, ebenso wie Germanicus Avarus, ein recht einflussreicher Mann, wobei ersterer ein wenig mehr von Valerians Vertrauen zu haben scheint. Ich kann diese Sache also schwerlich auf sich beruhen lassen, aber andererseits scheint auch mir der Praefectus Urbi nur bedingt der geeignete Mann zu sein, diese Angelegenheit zu klären." sagte er und rollte eher unbewusst den Brief wieder zusammen.


    "Ich möchte allerdings auch deinen Bruder nicht damit belasten, bevor ich ihm nicht auch mitteilen kann, ob die Anschuldigungen berechtigt sind."
    Letzteres sagte er weniger förmlich als er den Rest des Gespräches geführt hatte, fast so als suche er eher einen Rat, als dass es um eine offizielle Angelegenheit ging.

  • “Nun ja“, sagte Aelius Quarto, öffnete die Hände und blickte kurz nach oben, als ob er sich göttlichen Rat erhoffte: “ich möchte wahrlich nicht Partei ergreifen und die Entscheidung liegt natürlich auch nicht bei mir. Doch wenn ich sie zu treffen hätte, dann würde ich finden, dass Tiberius Durus über das Ziel hinaus schießt. Natürlich muss man von einem Senator erwarten, dass er sich seiner Stellung Zeit seines Lebens als würdig erweist und man muss sich wünschen, dass sich an ihm die alten römischen Tugenden zeigen. Auch halte ich viel von Höflichkeit und von würdigem Auftreten.
    Selbstverständlich ist die Curia Iulia ein geheiligter Ort und verlangt danach, dass man dies achtet. Allerdings ist es auch ein Ort engagierter Debatten und manchmal auch heißherziger Leidenschaften. Selbst wenn diese Worte gefallen sein sollten, kämen mir kaum die Konsequenzen in den Sinn, die Durus in seinem Brief fordert. Im Senat muss Platz für ein offenes Wort sein und man muss auch ertragen können, wenn manch einer vielleicht bisweilen über das Ziel hinaus schießt. Jeder Senator sollte Mann genug sein sich selbst zu wehren, mit einer Entgegnung, die den Gegner zu entwaffnen vermag – verbal versteht sich.
    Das ist meine Auffassung. Aber ich muss darüber auch nicht befinden, wie gesagt.“

  • “Mmh, ja, mach das. Vielleicht hast du Erfolg und das wäre bestimmt das Beste. Leicht wird es sicher nicht, wenn ich daran denke, wie sehr die beiden in letzter Zeit aneinander geraten sind. Aber ein Versuch kann kaum schaden.“

  • In Aussicht auf ide Gespräche, die er in dieser Angelegenheit würde führen dürfen, erfasste ihn eine Mischung aus Mißmut und Tatendrang und so gern er auch noch geblieben wäre, so schade fand er es, dass er nun auch leider schon wieder gehen musste.


    "Dann danke ich dir für deine Hilfe und möchte dich jetzt auch nicht weiter mit dieser Angelegenheit belästigen." sagte er. "Und ich bitte dich auch zu entschuldigen, dass mein Besuch bei dir dieses Mal leider so kurzer und formeller Natur sein musste, aber diese Angelegenhiet erscheint mir einfach recht wichtig und soll nicht unnötig verschleppt werden."
    Er setzte dazu an sich zu erheben um sich dann zu verabschieden.

  • Nachdem der Sklave Tiberius zum tablinum geführt hatte und der Senator ihm nun Eintritt gewährte, ging der Decimer auf den Aelier zu und zollte diesem mit einer leichten Verneigung seine Ehrerbietung.


    "Ich freue mich, dass du für meine Anliegen Zeit finden konntest, ehrenwerter Senator Aelius Quarto."

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