Im Schatten der Casa

  • Nachdem sie beide nachdenklich zum Brunnen gegangen waren begann sich Sextus dort die Hände und das Gesicht zu waschen. Die Kleidung war so nicht sauber zu bekommen, sonst ging es aber leidlich.


    "Vielleicht wollt ihr erst meine Geschichte hören?"


    fragte Sextus als er Aelia wieder ansah

  • Die Ähnlichkeit war so frappierend, dass mir der Atem stockte.
    Ohne etwas zu antworten nickte ich. Dunkel glaubte ich mich zu erinnern, dass irgendwann mal von einem verschollenen Bruder die Rede war. Das musste er sein.
    Und ich hatte ihm gleich vorgejammert, wie sehr ich Sulla doch "mochte".

  • "Geboren wurde ich als Sextus Sergius, Bruder des Spurius Sergius doch das Schicksal geht manchmal seltsame Wege."


    sagte Sextus und setzte sich auf den Rand des Brunnens, Aelia mit einer Handbewegung dazu einladend es ihm gleichzutun


    "Bis zu einer Seereise nach Korinth vor 19 Jahren verliefen unsere Schicksale gleich. Doch dann..."


    Sextus stockte

  • "Wir wurden von Piraten überfallen"


    Wie ein Kloss sass es Sextus im Halse er stockte immer wieder als er die Geschichte erzählte, berichtete wie seine Mutter getötet, sein Vater fast getötet wurde. Wie Spurius in einem Anfall von Grössenwahn zum Angriff überging und über Bord geschleudert wurde. Wie er selbst...


    "...mich nahmen sie mit."

  • Gebannt hatte ich zugehört. Fast klang es wie eine dieser Geschichten, die Eltern ihren Kindern erzählen, um sie zu erschrecken. Doch die Art wie er erzählte zeigten mir, dass es wirklich so passiert war.
    "Und...was...was ist mit dir seither passiert?"

  • "Die Piraten verkauften mich, zum Glück an gute Leute. Reiche Perser bei denen ich als Sklave aufwuchs. Von einem griechischen Hauslehrer habe ich viel gelernt, wurde ich doch mit den Kindern der Herren aufgezogen. Als weisser Farbtupfer sozusagen."


    Tiefe Traurigkeit sprach aus Sextus Worten


    "Als mein 'Herr' vor zwei Jahren starb kam ich frei, doch war ich kein Römer mehr. Wohin sollte ich mich wenden? Erst nach einer längeren Wanderschaft kam ich nach Tylus und wurde dort vom König als Bürger anerkannt."

  • "Warum bist du nicht zurück nach Rom gekommen? Deine Familie ist doch hier...", fragte ich.
    Andererseits...eine Reise nach Rom war nicht ganz billig...als Sklave verdiente man ja nicht wirklich gut...
    Außerdem konnte er ja niht wissen, dass seine Familie noch am Leben war.

  • "Ich traute mich nicht, ich war allen römischen Einflüssen über so lange Zeit entzogen und ich schämte mich. Erst in Tylus konnte ich mit der Hilfe des Königs einiges von eurer ähh meiner Kultur lernen. Ich bin erst seit zwei Wochen wieder im Reich, war kurz in Germanien und bin seit heute in Rom"


    Sextus sah Aelia eindringlich an


    "Ich kenne Dich nicht, weiß nicht mal Deinen Namen und spüre trotzdem ein tiefes Gefühl der Vertrautheit. Warum? Ich breite mein Leben vor einer Fremden aus und fühle mich gut dabei. Warum? Weder mein Vater noch mein Bruder wissen das ich lebe und doch habe ich keine Eile sie zu sehen. Warum?"


    Sextus seufzte


    "Doch auch Du hast eine Geschichte."

  • Warum? Ich wusste es nicht. Ich hatte zu viele andere Dinge, die mir im Kopf herumschwirrten.
    "Ja...meine Geschichte...", murmelte ich und holte Luft.


    Ich begann zu erzählen. Von der Verlobung, vom ersten Zusammentreffen mit Sulla, von den Wochen voller Streit und schließlich auch noch von Victors Fehltritt und Sullas Geständnis vor kurzem.
    Irgendwie tat es gut, das Ganze nochmal zu erzählen, auch wenn ich mich dadurch nicht wirklich beruhigte.


    "Vielleicht verstehst du jetzt, warum ich nicht unbedingt gut auf deinen Bruder zu sprechen bin..."

  • "Als wir sechs waren hatten wir eine Katze und diese Katze fiel ins Wasser, in einen reissenden Bach. Ohne irgendwelche Rücksicht auf sich und andere sprang Spurius hinter ihr her und rettete sie. Er selber wäre beinahe dabei ertrunken. Und alles um mir zu beweisen das er doch schwimmen kann was ich vorher angeweifelt hatte. So ist mein Bruder immer noch, ich habe von seinem Ritt zu Laeca gelesen. Wen er liebt dem will er beweisen es auch wert zu sein."


    Sextus nahm eine Handvoll Wasser aus dem Brunnen und trank


    "Seine Falle für Victor möchte ich nicht entschuldigen kann sie aus Spurius Vita heraus aber ein wenig verstehen, denn..."

  • Nachdenklich starrte ich ins Wasser.
    'So ist mein Bruder immer noch...', sagte er gerade, als mir einiges über Sullas Wesen klar wurde. Und dennoch konnte ich nichts dafür, ich liebte ihn nunmal nicht. Zu viel war geschehen...
    "Denn?"

  • "...denn vielleicht hätte ich gehandelt wie er und versucht zu beschützen was nicht beschützt werden muss. Doch ich habe nicht miterlebt wie meine Mutter starb und mein Bruder verschleppt wurde während ich hilflos im Wasser trieb. Es entschuldigt ihn nicht, doch vielleicht hilft es Dir ihm zu verzeihen."

  • Fest biss ich die Zähne zusammen und schüttelte den Kopf.
    "Ich weiß, ich bin vielleicht ungerecht, aber wie soll ich ihm das verzeihen? Er ist dein Bruder, mir ist klar, dass du ihn in Schutz nimmst, ich habe selbst ein paar Geschwister...aber das mit Sulla ist endgültig am Ende."


    Langsam glitt mein Blick wieder in Richtung Casa Sergia.
    "Aber ich halte dich auf, du solltest zu deiner Familie gehen und nicht hier herumsitzen und dir mein Gejammer anhören."

  • "Ich sage das nicht um für meinen Bruder zu bitten, sondern weil ich hoffe Dir damit zu helfen. Du scheinst ihn nicht zu lieben, er Dich dagegen sehr, da ist es besser wie es ist. Du schienst mir allerdings Deinen Ärger mit Victor und Spurius auf die ganze Welt zu übertragen und das verdient selbst diese Welt nicht."


    Sextus schloss die Augen, sprach aber weiter


    "Du hälst mich nicht auf, denn wenn man eines als Sklave lernt ist es Zeit zu haben und die schönen Momente zu nutzen. Hör nur die Stadt, sie ist für mich nur eine schleierhafte Kindheitserinnerung, Tylus ist so klein, ruhig und beschaulich dagegen. Ist Rom Deine Heimatstadt?"

  • Naja, an irgendjemandem musste ich den Ärger ja auslassen, wenn weder Sulla noch Victor hier waren. Da blieb also nur der Rest der Welt.


    Auf seine letzten Worte hin schwieg ich und hörte auf die Geräusche um mich herum.
    Hier ein paar Frauen, die miteinander redeten und lachten, dort ein Hund, der genüsslich gähnte...ja, Rom schlief nunmal nie...wäre um diese Uhrzeit wahrscheinlich auch nicht sehr sinnvoll.


    "Ja, ich wurde hier geboren.", antwortete ich und dachte an meine Kindheit zurück. Es schien alles schon so lange her zu sein.
    "Seltsam...wenn du ihm nciht so ähnlich sehen würdest, würde man gar nciht merken, dass ihr beide verwandt seid, du bist ganz anders als dein Bruder."

  • "Wir waren immer schon anders und waren oft eins und oft uneins. Dazu kommen all die Jahre des anderen Lebens, keiner von uns ist bei Vater aufgewachsen. Das muss einfach anders prägen."


    Wir lauschten einige Zeit gemeinsam bis Sextus das Schweigen brach


    "Ich kenne die Stadt aus Büchern und Du lebst hier. Sollen wir unser Wissen vergleichen? Es gibt hier so vieles was zu sehen und zu entdecken ist."

  • Skeptisch blickte ich von Setus zu dessen Hand. Für ein Stadtführung war ich zwar überhaupt nicht in Stimmung, aber vielleicht schadete ein wenig Ablenkung auch nicht.
    Also stieß ich mich vom Brunnen ab, übersah aber erstmal geflissentlich die entgegengestreckte Hand.
    "Was willst du denn sehen?"

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