Domus Aeliana - Atrium

  • “Nun, ich denke, für einen fleißigen Mann voller Tatkraft stehen langfristig viele Wege offen. Aber du hast es wohl schon selbst erkannt: Eine gewisse Ausdauer gehört auch zu den Tugenden die nötig sind.


    Hast du schon einmal eine Karriere in der Provinz in Erwägung gezogen? Oder in einer kleinen Colonia, hier in Italia? Mein Verwandter Aelius Callidus ist mittlerweile zum Magister Officiorum hier im Palast aufgestiegen. Er genießt das persönliche Vertrauen des Kaisers und dabei begann er seine Karriere einst auch nur als Stadtschreiber in Misenum.“


    Er sah forschend zu seinem Klienten und ergänzte:
    “Damit will ich nicht sagen, dass du lediglich den Posten eines einfachen Scriba anstreben sollst. Immerhin kannst du durch deine Tätigkeit im Cursus Publicus auf einen gewissen Erfahrungsschatz verweisen. Was ich zum Ausdruck bringen möchte: Eine Karriere außerhalb von Rom muss keine Sackgasse sein, ganz im Gegenteil.“

  • „Der einzige Einstieg in einer der anderen Städte hier in Italien wäre doch wohl, als Magistrat zu kandidieren, auch wenn das sicherlich nicht allzu einfach wäre, da ich in entsprechenden Städten nicht den Bekanntheitsgrad wie jemand 'Einheimischer' hat.“


    Mit den Fingern fuhr ich nachdenklich über den nicht vorhandenen Bart, schließlich fuhr ich fort.


    „Oder ich sollte wirklich in Erwägung ziehen, in Hispania Fuß zu fassen. Bisher war ich stets der Meinung, in Rom, in der Nähe vieler großer Männer würde ein Aufstieg zügiger gehen, aber wenn du mich hiermit eines besseren belehrst werde ich wohl ernsthaft in Erwägung ziehen, es einmal auswärts zu versuchen...“

  • “Ich empfehle es jedem, der mich hinsichtlich seiner Karriere um meinen Rat fragt und dessen bisherige Laufbahn der deinen gleicht.


    Vielleicht irre ich mich auch, aber was ich sehe ist doch, dass in Rom viel mehr... nun ja, Gedränge herrscht. Scheinbar glaubt jeder junge Mann, er müsse unbedingt ein Amt in dieser Stadt inne haben um seine Karriere zu beflügeln.
    Ich glaube das nicht und ich meine auch, dass ein strebsamer Mann in der Provinz mehr Gestaltungs – und Entfaltungsmöglichkeiten hat. In manchen Regionen des Imperiums wird sogar händeringend nach fähigen Leuten gesucht, wie ich immer wieder höre.
    In Hispania gibt es jetzt, nach dem jüngsten Aufstand, bestimmt sehr viel zu tun. In Germanien werden immer gute Männer gesucht, denen das raue Klima nichts ausmacht. Ich könnte für dich auch einmal bei einem Verwandten meiner Frau nachfragen. Er ist der Vetter ihres Vaters und der Kaiser hat ihn erst kürzlich zum neuen Statthalter von Ägypten ernannt.


    Natürlich liegt es letztlich bei dir, es ist deine Entscheidung. Leider kann ich dir aber momentan keinen Posten in der Palastverwaltung anbieten. Zurzeit ist sie ausreichend besetzt und für die wirklich interessanten Posten genügt es nicht, ritterlicher Abstammung zu sein, sondern man muss persönlich den Status eines Eques innehaben.“

  • "Hm ... ja, das leuchtet schon ein. Wenn jeder so denkt, wie ich bisher, stimmt das voll und ganz, was du sagst."


    Die Möglichkeit, meinen Blick etwas zu öffnen und die Vielfalt Roms einer wesentlich größeren Vielfalt und vor allem größerer Karrierechancen weichen zu lassen schien mir nach den wenigen Worten Quartos sehr gelegen. Vermutlich hatte er recht, er war ein erfahrener Mann, der wohl schon die ein oder andere Geschichte mitgemacht hatte.


    "Ägypten sagst du ... das wäre auch eine Wahl. Ich denke, es kann nicht schaden, sich einmal zu erkundigen und möglichst viele Gelegenheiten in der Hinterhand zu halten. Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du die Zeit finden würdest, diesen Verwandten deiner Frau zu benachrichtigen. Dann werde ich entscheiden, was mir am ehesten zusagt..."

  • “Ich könnte ihm einen Brief schreiben, mich darin für dich verwenden und ihn unverbindlich fragen, ob er vielleicht einen Platz für dich in seiner Verwaltung hat.
    Ja, dass könnte ich wohl tun, wenn du es möchtest. Die Antwort müsste er aber direkt zu dir senden, denn ich werde Rom in Kürze verlassen und seine Antwort kann etwas dauern, denn er ist erst vor kurzem nach Alexandria aufgebrochen, glaube ich. Vor ein paar Tagen war ich zumindest noch Gast auf seiner Hochzeit.“

  • „Daran soll es absolut nicht scheitern. Auf eine solche Verzögerung kommt es dann schließlich auch nicht mehr an und ich will dich nicht vor wichtigen Reisevorbereitungen abhalten. Ja, du würdest mir einen großen Gefallen tun, das Angebot nehme ich dankend an. Ich denke, er kann ein paar helfende Hände brauchen, je nachdem, wie die Situation 'dort unten' aussieht. “


    Zufrieden nickte ich und verdrängte den Gedanken, wohl bald wieder den kleinen Rest der Familie wieder zurück zu lassen.

  • “Das könnte durchaus sein. Es hat dort wohl gewisse Schwierigkeiten gegeben. Vielleicht hast du es auch mitbekommen: Das Getreide wurde hier in Rom zeitweise knapp, weil die Lieferung aus Ägypten ausgeblieben ist. Vermutlich war das auch ein Grund, warum der Kaiser den alten Praefectus Aegypti abgelöst hat.


    Du wohnst bis auf weiteres hier in Rom in der Casa Sergia, nehme ich an?“

  • "Von dieser Schwierigkeiten habe ich gehört. Es war auch äußerst schwer, nichts davon zu erfahren, schließlich war es ja zeitweise überall im Gespräch.


    Ja, nun wohne ich wieder in der Casa Sergia. Ein Brief wird mich dort in jedem Fall erreichen!", bejahte ich beide seiner Fragen, unterstützt von einem simplen Nicken.

  • Genau darauf hatte die Frage des Senators abgezielt und nun nickte er zufrieden.


    “Gut. Ich schreibe ihm gleich morgen früh.“


    Er griff erneut zum Becher und prostete seinem Klienten zu.


    “Alexandria... es soll eine sehr faszinierende Stadt sein. Ich selbst war leider noch nie dort und als Senator ist mir ein Besuch Ägyptens auch strikt untersagt.“

  • „Alexandria ist mir bisher auch fremd, aber ich habe sehr viel von dieser – anscheinend – großartigen Stadt gehört. Ich habe einige Bekannte, die von dort kommen, oder öfters einmal dort hin reisen.
    Wirklich zu schade, dass den Senatoren der Zugang zu solch Kulturschätzen und Sehenswürdigkeiten verwehrt bleibt.“

  • “Ja, gewiss, sehr schade. Aber Augustus war klug, als er so entschied und kein Kaiser hat es bisher für richtig befunden, an dieser Regelung etwas zu ändern.
    Nun ja, ich sollte mich nicht beklagen. Das Imperium ist schließlich groß. Ich werde mich in Kürze nach Syria begeben müssen und vermutlich noch weiter nach Osten. Das wird auch eine lange Reise werden und eine beschwerliche dazu.“

  • Aelius Quarto plauderten noch eine Weile miteinander. Dann verwies der Senator nochmals auf seine bevorstehende Reise und die damit verbundenen Vorbereitungen und bat seinen Gast um Verständnis, dass er ihn nun verabschieden müsse. Er versicherte nochmals, dass er dem Praefectus Aegypti schreiben würde und brachte Sergius Curio höchstpersönlich bis zur Porta.

  • Die Sonne stand schon hoch am Himmel als sich Vespa im Atrium einfand. Sie setzte sich an den Rand des Beckens und ließ mit dem Finger kleine Wellenkreise im Wasser entstehen denen sie zusah bis sie verschwanden. IHre Gedanken zogen fort, kamen zu jenem Tag an dem sie Balbus Vater besucht hatte und ihn zum ersten Mal kennen lernte. Ein sehr netter alter Mann, der viel erlebt hatte und nie seine Freundlichkeit verloren. Der Tag an dem sie die Verlobung eingetragen haben und dann der Tag als sie vom Mord des Consuls hörte. Ein grauenvoller Tag und es schmerzte sie fast so wie damals als sie die Kunde von ihrem Vater erfuhr. Dann zogen ihre Gedanken weiter zu ihrem Onkel, der so weit von seiner Heimat im Krieg war....


    Eine leichte Brise begann nun ihrerseits das Wasser zu kräuseln und kleine Wellen darauf abzuzeichnen. Sie war erfrischend und tat so gut an diesem heißen Tag. Doch schnell ließ das Lüftchen wieder nach und die kleinen Wellen auch....

  • Frisch gebadet, gerieben, massiert, mit allen kostbaren Ölen und Düften, die der Markt so bot eingeölt und was sonst noch alles dazu kommt und vor allem in den frischen und so ungewöhnlichen weichen und geschmeidigen Kleidern, die genau auf ihn geschnitten waren (kein Wunder, die Vorlage wandelte ja schon seit Ewigkeiten durch die Hallen des Palastes), tritt Pulcher ins Atrium. Zufrieden schaut er sich um, streckt sich und atmet tief ein: Endlich fühlt er sich wieder wie ein Mensch.


    Da sein Bruder nicht da ist, spaziert er ein bisschen durch die Gegend und schaut sich ein bisschen um...

  • Doch bald darauf erscheint auch der Bruder im Atrium, nachdem ihm von Sklaven gemeldet worden war, dass Pulcher seine "metamorphose" vollzogen habe.


    > Du siehst gut aus, Publius. <


    ...sagte er, während er das Atrium betrat. Callidus ging zum marmornen Becken, das in der domus Aeliana keine kleinen Ausmaße annahm, sondern üppig und reich verziert war.


    > Es wird nötig sein, dass ich dich noch dem Rest der heir lebenden Familie vorstelle. Die Gemahlin des Quarto Aelia Adria, der kleine Paetus, ihr und Quartos Sohn. Aelia Paulina lerntest du bereits kennen. :P
    Desweiteren hat Quarto ein Familienmitglied der Claudier adoptiert, Marcellus. Er und seine Tochter leben nun ebenfalls in der domus. Marcellus hat das Amt des praefectus annonae inne. Man kann also mit Recht behaupten, dass die wichtigsten Positionen Roms durch Aelier besetzt werden. Ein Zustand, den es zu wahren gilt. Iulianus steht den Aeliern sehr wohlwollend gegenüber, er erhob mich in den ordo equester und rief mich an das palatium.
    Wie du siehst, konnten wir nach Domitianus nie klagen. Die Familie erhielt ihren ihr zustehenden Platz.
    Als weitere Mitglieder in Rom befinden sich Aelia Vespa, die Versprochene des Prudentius Balbus. Er ist Klient Quartos und Sohn des Prudentius Commodus, du hörtest sicher vom Attentat auf den Consul?! Die Sklavenschaft wirst du mit der Zeit kennenlernen, sie sind alle sehr umgänglich, der Familie treu ergeben.
    Du sagtest, du wolltest dich nun Rom widmen? Der Politik? <

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

  • Erfreut dreht Pulcher sich zu seinem Bruder um. Er wirkt wie ausgewechselt und strahlt vor Lebenskraft. "Nett habt ihrs hier, ich muss schon sagen. Prunkvoll und elegant, aber doch dezent. Vor allem nicht kitschig, wie es in solchen Häusern ja gerne der Fall zu sein pflegt. Wenn du dich zum Beispiel noch an die Villa Fabiana Persica in Misenium erinnern kannst - mit den bukkolischen Gemälden, den pergamesischen Putten und Naturgeistern, einfach fürchterlich..." Bei dieser Erinnerung muss er schmunzeln. "... vor allem dieses komische Krokodil am Brunnen mit dem pfeifenden Vögelchen aus Kupfer. Mannomann..."


    Interessiert hört er seinen Bruder zu, als dieser über die Familie erzählt. "Dann hat unsere Familie also einigen Zuwachs bekommen seit ich weg war. Das mit Paulina tut mir übrigens leid, da hab ich wohl ein wenig überreagiert...


    Und was ist mit Quarto? Weilt er nicht in Rom?" Schade, Pulcher hatte diesen Mann wirklich gut in Erinnerung. "Und er hat einen Claudier adoptiert. Haha, scheint so als würden diese Patrizier endlich kapieren, dass ihre Zeit endgültig vorbei ist.


    Dass die Aelier wieder zu ihren alten Würden gelangen konnten, freut mich natürlich sehr. Die Ulpier waren uns ja schon immer sehr nahe. Ich kann mich noch erinnern als Traianus mal bei Vater zu Gast war. Die beiden waren sich sehr ähnlich, sehr traditionsbewusst. Wie macht sich sein Sohn so? Hat er die Lage im Griff?" Gleich darauf bekommt Pulcher seine Antwort, als Callidus vom Tod des Consuls erzählt. "Oh... Nein, das wusste ich nicht... Weiß man schon, wer es war?" Das durch die Zeit unter Domitian entstandene Familientrauma hatte auch bei Pulcher nicht Halt gemacht und er kann die Sorgen des Bruders bezüglich einer unsicheren Zukunft sehr gut teilen.


    "In die Politik? Sagte ich das?" Pulcher wundert sich. Der Senat und die Ämterlaufbahn sind für ihn mehr überflüssige Relikte einer Vergangenheit, deren Wiederbelebung ihm alles andere als wünschenswert erscheinen. "Wenn du unter "Politik" eine Karriere im cursus honorum verstehst: Du weißt, dass ich von den Institutionen des Senates nicht viel halten. Dort sitzen doch nur die eitlen Köpfe der alten Familien und versuchen, sich Privilegien zuzuschachern, wie ihre bäuerlichen Vorfahren Kühe und Frauen. Ganz ehrlich: Der Senat repräsentiert die Vergangenheit, ich bin für die Zukunft. Ich will dem Kaiser als guter Verwalter dienen und dort meinen Einfluss gelten machen. Die Cliquenwirtschaft des Senats nützt dem Reich in nichts."

  • "Hört, Hört!" hallte es laut aus der anderen Ecke des Atriums.


    Marcellus, der gerade das Atrium betreten hatte und noch die letzten Sätze mitbekommen konnte, ging auf die beiden Männer zu. Callidus kannte er zwar vom sehen bzw. hatte er einiges über ihn gehört, die beiden waren sich jedoch bisher noch nicht offiziell vorgestellt worden und daher war es höchste Zeit, dass sie sich endlich einmal über den Weg liefen. Bei dem Mann neben Callidus war unverkennbar, dass es sich um seinen Bruder handeln musste. Von diesem hatte Marcellus jedoch bisher weder etwas gehört, noch ihn zu Gesicht bekommen. Jedoch war dies auch nicht all zu verwunderlich, da er ja selbst noch nicht recht lange ein Aelier war.


    Gut für den Mann war jedoch, dass Marcellus den zuvor gesagten Satz über die Patrizier noch nicht gehört hatte. Auch wenn er nun ein Plebejer oder viel mehr ein Eques war, hatte er seine Herkunft nicht vergessen und war sich immer noch seiner herausgehobenen Stellung in der römischen Gesellschaft bewusst. Nun jedoch marschierte Marcellus auf die beiden Männer zu und nickte grüßend, ehe er weiter sprach.


    "Ich wage zu bezweifeln, dass du dir mit dieser Einstellung zur Zeit viele Freunde in Rom machen wirst. Vor allem nun, wo sich der Kaiser am anderen Ende des Reiches befindet und der Senat dadurch wieder an erheblichen Einfluss gewinnt.


    Verzeiht mir meine schlechten Manieren – Lucius Aelius Claudianus Marcellus, der Adoptivsohn von Quarto."

  • Pulcher blickt etwas ungehalten in Richtung des pötzlich auftauchenden Störenfriedes. Schließlich fand hier gerade ein vertrauliches Gespräch zwischen zwei Brüdern statt. In der Öffentlichkeit hätte sich Pulcher nie zu einer solchen Aussage hinreißen lassen. Dennoch setzt er ein freundliches Lächeln auf und blickt zu dem Mann:


    "Es gibt hier nichts, was einer Entschuldigung bedürfte. Wenn ich mich vorstellen darf: Publius Aelius Pulcher, Sohn von Gnaeus Aelius Rufus und Marcus' Zwillingsbruder." Dann mustert er Marcellus kurz. Scheint so, als wäre dieser Mann der adoptierte Patrizier, von dem Callidus gerade sprach. "Und um eventuelle Missverständnisse aufzuklären: Ich sprach nie davon, in Opposition zum Senat zu stehen. Ein gemäßigtes, dem Kaiser treu ergebenes Gremium weiser und erfahrener Berater ist meiner Meinung nach durchaus wünschenswert, ebenso kann der Senat ein Gegengewicht zu einen allzu tyrannischen Kaiser bieten, man denke da zum Beispiel an die Zeiten des Domitianus. Meine aufrichtige Besorgnis galt eher der Frage, ob der Senat den Kaiser zum Wohle der Allgemeinheit berät oder ihn zum eigenem Vorteil benutzt..." Pulcher wäre nicht Pulcher, würde er einfach klein beigeben. Die politische Erfahrung hat ihn noch nicht gelehrt, dass es ab und zu notwendig ist, sein Mundwerk zu halten. Darum setzt er gleich noch einen drauf 8): "Und wie hältst du es so mit der Tradition, Marcellus?" Ein Patrizier, der in eine plebeische Familie wechselt und von alten Werten spricht, ist doch eher ungewöhnlich...

  • Mit einem Schmunzeln auf den Lippen hob Marcellus beschwichtigend seine Hand. Es sah fast so aus, als hätte er den Aelier auf dem falschen Fuß erwischt. Nicht gerade der beste Einstand beim kennen lernen neuer Familienmitglieder.


    "Es freut mich dich kennen zu lernen Pulcher! Und keine Sorge - es gibt weder Missverständnisse noch, so wie du bereits richtig festgestellt hast, müsstest du dich für irgend etwas entschuldigen. Ganz im Gegenteil. Unsere Gedanken zu diesem Thema stimmen in vielen Dingen sogar überein. Ich selbst habe nach meiner Adoption in eure ehrwürdige Gens die ritterliche Laufbahn vorgezogen, anstatt mich in den Senat berufen zu lassen, wie es nach meiner zweimaligen Quaestur ebenso möglich gewesen wäre. Und ich bin auch nun im Nachhinein noch froh, dass mich Quarto dabei unterstützt und beim Kaiser ein gutes Wort für mich eingelegt hat."


    Marcellus wusste nur zu gut, auf welchen Umstand die Frage nach seinem Traditionsbewusstsein zurückzuführen war. Sie kam nicht von ungefähr und vor allem patrizischen Kreisen war seine Adoption in eine plebejische Familie, auch wenn dieser der Nobilitas angehörte, immer ein heiß diskutiertes Thema. Marcellus selbst hingegen sah dies eher gelassen. Schließlich hatte es er auf diesem Wege nun sogar zum Praefectus Annonae geschafft, während viele seiner früheren patrizischen Wegbegleiter darum kämpfen mussten, überhaupt an derartige Posten heran zu kommen – was ihnen in den meisten Fällen aber dennoch nicht gelang.


    "Was meine persönliche Einstellung zu Traditionen betrifft, so bin ich durchaus ein Mensch, der an sie glaubt und bis zu einem gewissen Grad an ihnen fest hält. Jedoch bin ich andererseits viel zu sehr Realist, als das ich nicht auch erkennen würde, wann eine Tradition ausgedient hat und es einer Veränderung bedarf. Führst du heute einen neuen Brauch ein, dann wird man in fünfzig oder hundert Jahren ebenso von einer alten Tradition sprechen."

  • Als Pulcher das Haus der Aelier lobte, hakte Callidus vorläufig lieber nicht ein, dass in den Gartenbereichen der domus ebenfalls so ein furchtbarer Brunnen stand, den Quarto wohl einst von einem Griechen geschenkt bekommen hatte. Wer genau diesen Brunnen schenkte, wusste Callidus bis dato nicht.


    > Iulianus, der Neffe des Traianus, führt Rom und seine Provinzen mit besonnener Hand. Seine Entscheidungen zeigen stets Voraussicht und die Züge philosophischer Ansätze. Manchmal jedoch wünschte ich mir mehr Strenge in seinem Handeln. <


    Den letzten satz sagte Callidus, da er sich der Tatsache bewust war, dass niemand öffentlich zuhören konnte.


    > Soweit ich von meinen Patron, Caecilius Crassus, dem praefectus praetorio, hörte, ist noch niemand gefasst, der für diese Untat zur Rechenschaft gezogen werden könnte.
    Dann verstand ich deinen Wunsch, dich für Rom einzusetzen, falsch. Gewiss ist der Weg als eques ein vielfältiger und wird in unserer Familie auch beschritten. Doch unterschätze nicht den Einfluss des Senates, Publius, der Beraterstab des princeps besteht nur aus jenen Männern. Es ist gut, dass Lucius dem Gremium angehört, es würde unseren Einfluss gewiss sonst mindern. Iulianus scheint besonders bedacht auf die Einbindung des Senates, überlässt er doch auch ihm oftmals Gesetzesentwürfe und reicht kaum eigene ein, die der Senat abnicken soll. <


    Kurz nach dem Gesagten trat Marcellus ins Atrium ein, mit dem Callidus bisher weniger die Gelegenheit zu sprechen hatte, als mit dessen Tochter.


    > Sei gegrüßt, Aelius Claudianus Marcellus! Welch Freude, dass du gerade in diesem Moment da bist. <


    ...so lernte Pulcher wenigstens schon einmal den Familienzuwachs kennen.


    Callidus bedachte den Mann mit einem Nicken und einem freundlichen Lächeln. Dann folgte er dem sich anschließenden Wortwechsel seines Bruders mit dem Adoptivsohn Quartos. Dass sein Bruder nicht gerade zimperlich oder vorsichtig bei der Wortwahl vorging, zeigte sich erneut, doch glaubte Callidus nicht, dass er sich vom Claudier auch noch eine Ohrfeige würde einhandeln können.
    Was die Tyrannen betraf, war es die Sicht des Senates, und wohl auch die jedes objektiven Römers, doch war Callidus auch klar, dass gerade jener herrschsüchtige Domitian die Grundsteine legte, die es Callidus ermöglichten einen solchen Posten in der kaiserlichen Verwaltung zu übernehmen. Ohne jenen hätte Trainaus diese Verwaltung nicht übernehmen und ausbauen können. Dem Groll, den man gegen den damaligen dominus et deus wegen der Verbannung der eigenen Familie hatte, tat das aber keinen Abbruch.
    Dann fügt Callidus an...


    > Wie ich den princeps kenne, lässt er sich wenig durch den Senat beeinflussen, er trifft noch seine eigenen Entscheidungen. <

    Quidquid agis, prudenter agas et respice finem.

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