• Mein erster Arbeitsstag in der Curia war zuende und der Heimweg lag bereits hinter mir.


    Eigentlich hätte ich zufrieden sein können, denn ich hatte schon einiges im Rathaus in Angriff genommen und geschafft. Wären da nicht die frühlingshafte Luft und die verliebten Pärchen auf dem Weg hierher gewesen...


    Dadurch wurde mir wieder bewusst, dass ich zwar auch frisch verliebt, aber ebenso alleine war. Ein Zustand, den ich so nicht länger bereit war zu ertragen.


    In der Villa angelangt, drückte ich meine Palla einer Sklavin in die Hand und begab mich sofort auf die Suche nach Sophus. Ich suchte überall, aber finden konnte ich ihn nirgends. Nicht mal in seinem Studierzimmer, in welchem er inzwischen wohnte, traf ich ihn an.


    Resigniert setzte ich mich auf eine Liege, bestellte mir eine große Portion Leckereien und begann ein Frustessen.

  • Ich fragte mich, warum schwärmten Dichter eigentlich immer so von der Liebe. Ich fand, sie tat einfach nur weh.


    Gedankenschwer schleckte ich den Zimthonig mit Orangensoße und fühlte in mich hinein. Meine Kraft, meine Energie, mein fröhliches Gemüt – es war einfach alles weg. Und alles nur, weil er mir fehlte. Ärgerlich über mich selbst, biss ich in das Feigenbrot hinein.


    Plötzlich ging die Tür auf. Eine Sklavin schaute herein und fragte mich, ob sie die Zimmer durchlüften sollte. Was interessierten mich jetzt die Frühlingsluft in den Zimmern! Meinetwegen konnte wieder Winter werden!


    Ich griff nach einer Tonschale und warf sie Richtung Tür.


    „Ich will alleine sein!“

  • Nachdem ich eine große Schüssel mit Obst, Eis und Karamellsoße gegessen hatte und mich noch immer nicht besser fühlte, beschloss ich schwimmen zu gehen. Vielleicht würde mich körperliche Erschöpfung vom inneren Schmerz ablenken.


    Wenig schwungvoll, aber entschlossen begab ich mich zum Schwimmbad der Villa. Ich streifte meine Tunika ab und setzte mich an den Beckenrand. Wie freudlos das Leben doch sein konnte... Zwar besaß ich fast alles, was man sich wünschen konnte und doch… selbst jeder, der einen Hund besaß, war reicher als ich, denn er war nicht allein.
    Tränen stiegen mir in die Augen. Ich ließ sie nicht erst herunter laufen, sondern rutschte schnell ins Wasser hinein.


    Die Zeit war schwer wie ein Stein, ich registrierte nicht, dass sie verging. Bahn um Bahn legte ich zurück, bis ich meine Gliedmaßen nicht mehr spürte. Als ich aus dem Wasser stieg, zitterten mir förmlich die Beine. Erschöpft legte ich mich auf eine Liege und starrte in die Luft.


    Mit der Erschöpfung kam der Schlaf und mit ihm ein Traum…

  • Eine Hand streifte mir Haare aus dem Gesicht, glitt sanft über den Hals… die Seite… hinunter zum… Ich hielt die Augen geschlossen – fürchtete, es könnte nur ein Traum sein.


    Atem traf mein Gesicht bevor ich Lippen spürte. Mein Herz interessierte die aufgestaute Enttäuschung nicht – es fing laut an zu schlagen. Ich hatte den Wunsch, mich an ihn zu schmiegen, hob meine Arme und … griff ins Leere.


    Vollkommen irritiert wachte ich auf.


    Die Öllampe warf ein mattes Licht über das Wasser der Schwimmhalle. Ich war auf meiner Liege eingeschlafen und mir war kalt. Weder hatte ich mich vorhin angekleidet noch zugedeckt. Ich angelte mir eine wollene Decke und kuschelte mich darin ein.


    Enttäuscht von der Liebe und von ihm, weinte ich mich erneut in den Schlaf…

  • Der Morgen kam und ich erwachte von Vogelzwitschern. Mit geschlossenen Augen dachte ich an den gestrigen Tag. Mein Gemütszustand wechselte ständig zwischen Enttäuschung, Frust und großer Sehnsucht hin und her. Gestern war ich einfach nur traurig – heute wieder sehnsuchtsvoll.


    ‚Na prima’, dachte ich bei mir. ‚Bloß nicht drüber nachdenken. Das Ganze ist geeignet, jemand in den Wahnsinn zu treiben.’


    Ich seufzte, stand auf und ging zur Waschstelle. Vorsichtig schaute ich in den Spiegel. Das auf Hochglanz polierte Metall warf ein müdes Bild zurück. Leicht geschwollene Augen und nirgends den Anflug eines Lächelns.


    Nachdem mich Wasser erfrischt hatte, die Haare gebürstet und die Augen nachgezeichnet waren, fühlte ich mich zumindest optisch wieder besser. Aber was anfangen mit dem Tag? Er war leer wie jeder andere.


    Ich setzte mich einfach wieder auf meine Liege und lehnte mich an die Wand. Mit angezogenen Beinen und eingehüllt in die wollene Decke und meine langen Haare, ließ ich mich von meiner Phantasie forttreiben. Tagträume – man konnte sich völlig in ihnen verlieren…

  • Ich konnte nicht sagen, wie lange ich im Regen gestanden und Sophus bei seiner Abreise hinterher gesehen hatte. Irgendwann musste ich in die Villa zurückgekehrt sein und fand mich nun in meinem Schwimmbad wieder. Ich war vollkommen durchnässt und fror. Klappernd setzte ich mich an den Beckenrand und schlang die Arme um die angezogenen Beine.


    Diesen Ort suchte ich immer dann auf, wenn ich allein sein wollte. Heute war mal wieder so ein Tag. Ich fühlte mich bedrückt, jeder Atemzug fiel schwer. Der Abschied machte mir zu schaffen.


    Warum hatte ich nur so eine ausgeprägte Anhänglichkeit Sophus gegenüber entwickelt? Warum fühlte ich mich so unvollständig, wenn er nicht in meiner Nähe war? War das normal? Ist das so, wenn man liebt oder war ich anders als die anderen? Besäße ich eine Mutter, würde ich sie fragen.


    Nach Stunden des Grübelns raffte ich mich auf. Ich musste an meine Pflichten als Magistrata denken. Seufzend verließ ich ohne jeden Schwung den Raum.

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