Ein anderes unscheinbares Haus

  • Ich führte den jungen Sklaven in unser gemeinsames Haus hinein. Es war - wie von uns gefordert war - ein ganz normales unscheinbares römisches Haus in Rom.


    Unser Haus ist ein ganz gewöhnliches Haus. Wie wir auch fast ganz gewöhnliche Menschen sind. Nur eines sollst Du wissen, hier in diesem Haus bist Du kein Sklave und ich kein Freier, sondern wir sind beide Menschen, Kinder Gottes.


    Während ich so redete kamen wir in die Culina, wo ich einige Brot, Käse, Wein und Obst zusammensuchte und dann die Speisen und unsern Gast in ein Triclinium mitnahm.


    So, setz Dich doch einfach.


    Dann bediente ich Ganymed.


    Wünscht Du sonst noch etwas?

  • "Kein Sklave? Aber wie kann das sein? Ich meine..." Er verstummt und folgt Iustinus schweigend.


    Neugierigen Blickes folgt er ins Triclinum und setzt sich dort etwas schüchtern. Sein Blick geht suchend umher, als ob er den blutigen Schrein ausmachen wollte.


    Hungrig starrt er auf das Essen. Doch eher zögerlich nimmt er ein Stück Käse und kostet vorsichtig davon. Sein Zögern wird dann von dem Hunger besiegt und er nimmt sich auch etwas Brot zu dem Käse und danach einige Trauben. Er schüttelt den Kopf.


    "Noch was wünschen? Nein, das ist wirklich sehr lecker alles...Danke!" Sein Blick schweift im Haus umher.


    "Warum muss das Haus gewöhnlich sein? Hab ihr Christen Angst vor dem Kaiser?"

  • Zitat

    Original von Ganymed
    "Kein Sklave? Aber wie kann das sein? Ich meine..." Er verstummt und folgt Iustinus schweigend.


    Nimm es einfach hin. Du bist in diesem Haus nicht weniger wert als sagen wir mal: der Kaiser!


    Zitat


    "Noch was wünschen? Nein, das ist wirklich sehr lecker alles...Danke!" Sein Blick schweift im Haus umher.


    Schau Dich ruhig um. Wenn Du willst, kann ich Dir auch unseren Versammlungsraum zeigen, in dem wir Gott loben und das Abendmahl feiern.


    Zitat


    "Warum muss das Haus gewöhnlich sein? Hab ihr Christen Angst vor dem Kaiser?"


    Vor diesem Kaiser nicht, doch seine Vorgänger haben uns immer wieder verfolgt, den Tieren zum Fraß vorgeworfen und gekreuzigt. Unser jetziger Kaiser toleriert uns, aber wir dürfen nur in gewöhnlichen Häusern wohnen, wir dürfen also keine extra Häuser für unsere Gottesdienste haben - aber das brauchen wir auch eigentlich gar nicht. Denn Gott wohnt nicht in Tempeln, sondern Du und ich wir sind lebendige Tempel

  • "Wie der Kaiser?" Ganymeds Augen werden groß und er schüttelt ungläubig den Kopf. "Ich denke, dass sehen mein Dominus und der Kaiser etwas anders. Und die Praetorianer auch!"


    Er beißt sich auf seine Unterlippe und mustert Iustinus. "Aber dann ist es ja auch kein Wunder, dass der Kaiser euch in den Circus wirft, wenn ihr solche Sachen sagt. Schließlich ist er Göttlich!"


    Aber wieder neugierig geworden schweift sein Blick umher. "Was macht ihr denn so in eurem Versammlungsraum? Opfert ihr dort? Was ist das Abendmahl?"

  • Zitat

    Original von Ganymed
    "Wie der Kaiser?" Ganymeds Augen werden groß und er schüttelt ungläubig den Kopf. "Ich denke, dass sehen mein Dominus und der Kaiser etwas anders. Und die Praetorianer auch!"


    Naja. Was ich damit sagen wollte ist, dass wir hier bei uns keinen Unterschied in der Person machen. Hier bei uns, unter uns. Draußen in der Welt gibt es sehr wohl Unterschiede, das wissen wir beide.


    Zitat


    Er beißt sich auf seine Unterlippe und mustert Iustinus. "Aber dann ist es ja auch kein Wunder, dass der Kaiser euch in den Circus wirft, wenn ihr solche Sachen sagt. Schließlich ist er Göttlich!"


    Da muss ich Dir nun widersprechen. Der Kaiser ist nicht göttlich, jedenfalls nicht göttlicher, als Du oder ich. Er ist ein sehr mächtiger Mensch und von Gott begnadet, aber nicht mehr. Nur von einem Menschen kann man sagen, dass ER wirklich göttlich ist, Jesus. Er ist Gott, hielt aber nicht daran fest, sondern wurde Mensch, damit wir Menschen göttlich werden, jeder und nicht nur der Kaiser.


    Zitat


    Aber wieder neugierig geworden schweift sein Blick umher. "Was macht ihr denn so in eurem Versammlungsraum? Opfert ihr dort? Was ist das Abendmahl?"


    Wir opfern nicht, Gott braucht keine Opfer. Im Gegenteil wir glauben, dass Gott sich - in Jesus - für uns geopfert hat. Er ist nämlich gekreuzigt worden wegen unserer Schuld und auferstanden für unsere Erlösung. Und das feiern wir, wenn wir sein Wort hören, ihm Danken und das Brot brechen und den Wein teilen, und miteinander essen. Das ist das Abendmahl.

  • "Ach so!" erwidert Ganymed und kaut auf einem Stück Brot herum. "Der Kaiser ist natürlich Göttlich." Er schüttelt den Kopf. "Du hast wirklich seltsame Ansichten."


    Er grinst dann. "Essen als Opfer. Das gefällt mir!" Er greift noch nach einigen Trauben. "Aber was meinst Du mit Erlösung? Wovon Erlösung?"

  • Wir glauben, dass jeder Mensch göttlich ist, dass Gott uns nach seinem Ebenbild erschaffen hat. In diesem Sinne ist natürlich auch der Kaiser göttlich.


    Auch ich nahm mir ein paar Trauben und fuhr dann fort:


    Wir Menschen machen immer wieder Dinge falsch. Damit meine ich jetzt nich, dass wir uns mal verrechnen oder so etwas. Sondern wir verletzen, wo wir heilen sollen. Wir bringen Streit, wo Friede sein soll. Wir hassen, wo wir lieben sollen. Kurz gesagt wir machen uns schuldig, wir sündigen. Das ist seit Anbeginn der Menschheit so. Und doch haben wir eine Sehnsucht nach Liebe, Frieden und Heil. Erlösung bedeutet nun, dass Gott uns zusagt, dass ER uns heil machen will. Wenn Du Schulden hast und sie selber nicht zurückzahlen kannst, brauchst Du -um die Schulden loszuwerden- einen "Löser". Gott sagt nun ich will Euch von allen Euren Sünden erlösen. Dazu ist ER Mensch geworden, gestorben und auferstanden.

  • Vollkommen verständnislos sieht Ganymed Iustinus an. "Häh? Heißt dass, ihr Christen dürft alles machen und kommt durch euren Gott trotzdem in die elysischen Gefälle und nicht in den Tartarus?" Er schüttelt überfordert den Kopf.


    "Ich glaub, ich verstehe deinen Glauben nicht wirklich. Das ist mir zu kompleziert. Unser Götterglauben ist da doch sehr viel einfacher. Da weiß man, wann man wen anbeten muss. Jeder Gott mit seiner Aufgabe!"


    Er krazt sich unschlüssig am Kinn. "Ist Dein Gott wie Prometheus, der uns das Feuer gebracht hat, dafür jedoch jetzt ewig leiden muss?"

  • Ganymed zuckt erschrocken zusammen als es an der Tür klopft. Er wird blass. "Ist das die Stadtwache?" Er sieht sich panisch um. "Mein Besitzer ist Kommandant der Stadtwache. Die dürfen mich hier nicht finden..." Wieder irrt sein Blick gehetzt durch das Haus.

  • Als es klopfte reagierte Ganymed etwas aufgeregt, also versuchte ich zuerst ihn zu beruhigen:


    Mein junger Gast. Du brauchst Dich nicht zu fürchten. Das wird schon nicht die Stadtwache sein, wieso auch? Aber wenn es Dir lieber ist, kannst Du durch einen Nebeneingang verschwinden, wenn Du möchtest.


    Ich zeigte ihm, wo dieser Nebeneingang wäre.


    Wahrscheinlich wird es aber nur jemand aus der Gemeinde sein. mach Dir also keine Sorgen.


    Dann wartete ich auf eine Reaktion seinerseits, um mich danach zur Tür aufzumachen, um zu sehen, wer es wirklich sei.

  • Ganymed holt tief Luft und nickt. "Ach so, ja natürlich!" meint er etwas verlegen. Sein Blick geht zum Nebeneingang, dann rafft er sich etwas.


    "Wenn es die Stadtwache ist, kann ich ja immer noch schnell verschwinden! Ich warte erst mal..."


    Neugierig blickt er dann in Richtung Tür, aber auch mit einer leichten Nervosität.

  • Ich ging zur Tür und öffnete und traute meinen Augen nicht, so dass ich vor Freude kurz aufschrie, es war Angelus, der erste unter den Gemeindevorstehern hier in Roma, der da an unserer Tür stand. Lange hatten wir nichts von ihm gehört und nun stand er hier vor der Tür, so dass ich voller Freude zu ihm sagen konnte:


    Sei mir gegrüßt, Bruder im Herrn.

  • Ganymed spähte von den hinteren Räumen. Als der Schrei ertönt, springt er hastig auf und hat den Impuls doch zu fliehen. Doch bei den Worten von Iustinus schließt er erleichtert die Augen und läßt sich wieder auf seinen Sitzplatz zurücksinken.

  • "Der Friede sei mit dir mein lieber Bruder Iustinus!


    Ich war auf Reisen und habe unsere Schwestern und Brüder in Korinth besucht. Diese haben eine schwere Verfolgung hinter sich und ich habe ihnen Unterstützung und gute Wünsche mitgebracht. Ich soll meinerseits auch die herzlichsten Segenswünsche an alle Christen in Rom überbringen.


    Nun aber bin ich wieder da und wollte mit dir über die Situation von uns Christen in Rom reden, wie wir besser an einem Strick ziehen können und unser Leben organisieren können.


    Nur wenn wir alle fest zusammenstehen und zusammenhalten können wir hier bestehen.


    Ich sehe, du hast Besuch... Ich werde mich solange hier niedersetzen und an meiner Glaubensunterweisung weiterschreiben, später sprechen wir dann darüber. Ist das dir so recht?"

  • Angelus war also wieder in Roma, das würde die Brüder sehr freuen. Ich brachte ihn in ein Nebenzimmer, wo er arbeiten konnte dabei sagte ich:


    Sehr gut, mein Bruder! Ich komme dann zu Dir. Dann können wir reden.


    Danach ging ich wieder zu Ganymed:


    Wie ich Dir sagte, Du musst keine Angst haben. Es war Angelus. Einer der Brüder, der jenige den wir den Diener aller nennen. Er ist so etwas wie ein Vorsteher. Du kannst also beruhigt sein.

  • "Ein Bruder, Vorsteher und Diener? Alles in einem? Das ist wirklich komisch." Er nickt ernst dabei. "Aber dann bin ich ja ungelegen und außerdem sollte ich wohl wieder gehen..." Er steht etwas ratlos auf.

  • Wir sind schon komische Leute. Doch Du kannst bleiben, wenn Du willst, wenn du möchtest kannst Du aber auch gehen. Hier kannst Du frei entscheiden, was Du willst.,


    antwortete ich, als ich sah wie Ganymed wieder aufstand.

  • Unschlüssig bleibt Ganymed stehen. "Also, da gibt es etwas, was ich noch gerne wissen...oder ähm...sehen will. Wenn Du es erlaubst?"


    Er fährt sich nervös über sein Kinn. "Nun, ich würde gerne mal bei einen der Opferungen dabei sein...ähm...Eurem Abendmahl. Aber nur, wenn ihr wirklich keine Kinder oder Sklaven opfert. Und kein Blut trinkt." Er sieht ihn naiven Blickes an. "Geht das?"

  • "Du kannst zu einem unserer Gottesdienste kommen, aber - und da muss ich Dich enttäuschen - wenn es zum Abendmahl kommt musst Du uns verlassen."


    Jetzt würde er wohl doch wieder diese komischen Gerüchte glauben..., dachte ich bei mir und fuhr daher fort:


    Das liegt aber nicht daran, dass wir dann etwas verbotenes machen, sondern nur weil es uns so heilig ist, dass wir nicht möchten, dass jemand dabei ist, der nicht ganz zu uns gehört. So müssen auch die Leute, die schon zu uns gehören wollen, aber noch nicht aufgenommen sind uns dann verlassen. Du wärest also noch nicht einmal der einzige der dann geht.

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