Das Gefühl von Freiheit

  • Ich saß auf Skadi, seit längerer Zeit einmal wieder. Ich hatte beschlossen, mich wieder mehr um mein wunderschönes Mädchen zu kümmern. Wir hatten gerade einen schnellen Galopp hinter uns, ziemlich untypisch für eine römische Staatsbürgerin, doch ich brauchte es einfach einmal wieder.


    Dieses Gefühl zu fliegen, wenn der Wind einem um die Ohren braust. Durch ein kleines Waldstück hatte uns unser Weg auch geführt, wir ritten einfach ins Ungewisse. Ich wusste, niemals würde Skadi zulassen, dass mir etwas zustößt. Niemals würde sie zulassen, dass ich falle, also breitete ich meine Arme einmal wie Flügel aus.


    Nun hatten wir eine Rast eingelegt. Ich saß noch immer auf dem schnaufenden Pferd. Es war anstrengend gewesen, für uns beide. Ich stieg nun ab und ließ Skadi laufen, sie würde zu mir zurückkehren. Genau wusste ich nicht wo ich war und dieses Gefüh genoss ich ebenfalls. Wir würden zurück nach Rom finden. Ich setzt mich ins Gras und im Schneidersitz und sah über die Landschaft....

  • Auch Maximian war an diesem Tage unterwegs. Das Herumsitzen in der Stadt hatte ihn träge gemacht - auch wenn diese Stadt Rom war und er das erste Mal dort. So hatte er Hungaricus gebeten, ihm eines seiner Pferde für diesen Tag zu überlassen und ihm eine Route zu beschreiben, die er nehmen konnte, um lange unterwegs zu sein und den Kopf frei zu bekommen.


    Er saß auf dem dunklen Pferd, dessen Name Max schon wieder vergessen hatte. Es bewegte sich geschmeidig und ließ ihn auf seinem Rücken mitwippen. Der junge Mann genoss es - daheim in Valentia hatte er keinen Tag zugebracht, ohne Nigidius ein paar Stunden zu reiten.


    Er ritt schon eine Weile lang durch einen Wald, der ein wenig Kühle spendete. Der "Schwarze", wie Max das Pferd einfach nannte, ging ausdauernd im Trab und schien die Bewegung genauso wie sein Reiter zu genießen. Es belebte, es beflügelte und schmeckte nach... nach Zuhause.


    Gedankenverloren ließ Lucius Decimus Maximian den Blick über die Landschaft streifen, als ihm ein Farbklecks inmitten des grünen Meeres auffiel. Er verlangsamte das Tempo des Schwarzen und konnte mit angestrengt zusammengekniffenen Augen den Umriss eines Menschen erkennen. Mit schnalzender Zunge lenkte Max sein Pfers herum und folgte einem Trampelpfad, der in die Richtung der Person führte.

  • Ich beobachtete lächelnd meine Skadi. Sie war kein sehr großes Pferd, doch es gehörte auch nicht zu den Kleinen. Es war ein stämmiges und schnelles Pferd. Und es hatte eine wundervolle Seele in sich. Ich lächelte bei meinen Beobachtungen. Sie tollte ausgelassen über das grüne Gras, jedoch ohne sich besonders weit von mir zu entfernen.


    Wenn ich an die letzte Zeit meines Lebens zurückdachte, konnte ich mich kaum jemandem entsinnen, den ich wirklich in jeder Sekunde um mich herum haben wollte ausser Skadi. Selbst von meinen beiden Brüdern brauchte ich eine kleine Auszeit. Hoffentlich war mir Valentin nicht böse, dass ich mich ohne verabschiedende Worte aus dem Staub gemacht hatte.


    Während ich der vor sich hin schnuppernden Skadi mit dem Blicke folgte, ging sie ein wenig den Hügel hinunter auf dem wir waren und weiter unten im Grasmeer konnte ich eine dunkle Silhouette erkennen, die da stand. War es ein Mensch? Nun bewegte sich der Punkt gezielt in meine Richtung und da bestand für mich kein Zweifel mehr. Wer wohl außer mir hier in dieser Gegend war?


    Es geschah selten, dass ich jemanden traf der nicht bei den Legionen, in den Tempeln oder anderweitig beschäftigt war und für mich würde es auch bald Zeit werden, wieder nach Confluentes zurückzukehren. Womöglich würde ich mein Amt auch niederlegen.


    Und während ich meinen Gedanken nachhing kam mir der Punkt immer nähe und inzwischen konnte ich eine aufrecht sitzende Person auf einem Pferd erkennen.

  • Der Weg vor sich schlängelte sich wie eine Schlange durch die Landschaft und es schien schier eine Ewigkeit anzudauern, bis Max den Farbklecks, der sich zu zweien entwickelte, allmählich erreichte. Die letzten Meter ließ er sein Pferd im Schritt gehen, denn so hatte er mehr Zeit, die im Gras sitzende Person zu mustern. Er erkannte bald, dass es eine Frau war, die dort saß.
    Neugierig kam der junge Mann näher. Er hatte nicht gedacht, dass er hier draußen jemandem begegnen würde. Die letzte Seele, der er begegnet war, war ihm vor mehr als 3 Stunden über den Weg gelaufen.
    Schließlich war Maximian nah genug und ließ den Schwarzen mit einer kaum sichtbaren Bewegung anhalten. Das Pferd schnaubte und reckte die Nüstern zum Gras herab, das sich unter dem heftigen Atem des Tieres immer wieder bog und aufstellte. Mit den Ohren spielte es in allen Richtungen herum, als es das andere Pferd gewittert hatte. Die Zügel nur locker in der Hand haltend, rutschte Max sich zurecht und nahm eine gemütliche Haltung ein.


    Kurz nur wanderte sein Blick prüfend zum Pferd, das frei herumlief. Dann flog er wieder zurück zur im Grase sitzenden Person und musterte sie neugierig.


    "Salve. Ist alles in Ordnung?"

  • Fortwährend folgte ich ihm. Es schien dort einen Weg zu geben oder er hatte ein wenig Wein konsumiert, denn es war keine gerade Linie der er folgte. Schon bald erkannte ich, dass es ein Mann... wenn auch ein Recht junger Mann... auf dem Rücken des Pferdes saß.


    Mich überkam ein mulmiges Gefühl als er sich mir näherte. Ich war völlig allein, niemand würde mir helfen können, wenn er böse Absichten hegte. Aber war ich nicht auch allein am Strand von Ostia? Damals bei den Ludi Apollini war das etwas anderes gewesen.


    Meine Hände legten sich beinahe automatisch ineinander und ich stand auf, bereit mich auf mein Pferd zu begeben und davonzureiten. Doch umsobesser ich ihn erkennen konnte, umso weniger erschien er mir feindselig. Als er mich ansprach atmete ich beinahe schon erleichtert auf. Er musste mich ja für ein scheues Rehkitz halten.


    "Sei mir gegrüßt und danke der Nachfrage, mir geht es bestens! Wie lautet dein Name? Ich bin Iulia!"


    Ich beschloss erst einmal nicht weitere Teile meines Namens zu verraten. Ich lächelte zu ihm hinauf und meine Nervosität schwand. Er schien ganz in Ordnung zu sein.

  • Das Pferd unter ihm stapfte mal einen Schritt nach rechts, mal nach links, um noch mehr des frischen Grases zu bekommen, das es in Büscheln vom Boden zupfte und laut malmend kaute. So wackelte Maximian in regelmäßigen Abständen, was ihn jedoch nicht daran hinderte, die junge Frau zu beobachten. Sie war aufgestanden, kaum dass seine Frage gestellt hatte und zu ihrem Pferd gegangen. Er dachte sich nichts weiter dabei und verblieb einfach dort, wo er war.


    Und es freute ihn, als sie ihn nach seinem Namen fragte und ihm ihren nannte. Iulia. Er musste schmunzeln, hießen doch ziemlich viele Frauen Iulia. Wahrscheinlich hieß aber nur eine Frau Iulia, die sich hierher allein traute. Das Schmunzeln wuchs noch ein bisschen zu einem Lächeln an.


    "Lucius Decimus Maximian - freut mich, Iulia."

  • Ich sah ihn verblüfft an. Was hatte er da gerade gesagt? Als wenn sich bei seinem Anblick nicht ohnehin schon die Ahnung breit gemacht hätte. Nun wunderte sie sich gar nicht mehr, warum sie ihm so schnell begann zu vertrauen. Die Ähnlichkeit war aber nach kurzem überlegen nicht abzustreiten.


    Decimus Maximian? Bist du der Sohn des Decimus Meridius? Zumindest seht ihr euch ziemlich ähnlich ihr beiden. Um meinen gesamten Namen zu nennen: Iulia Duccia Germanica!


    Noch immer war ich ziemlich überrascht. Nun verspürte ich wenigstens keinerlei Furcht mehr, denn die Familie war in meinen Augen sehr ehrenhaft. Es wunderte mich nun auch nicht weiter, warum hier ein Reiter aufkreuzte, es schien auch in der Hinsicht wie bei Meridius zu sein.

    Aber steig doch von dem Pferdchen ab, es wird ja noch ganz unruhig bei dem vielen Gras. Es wird dir nicht davon laufen, doch vermutlich weißt du es besser als ich. Irre ich mich in der Annahme, dass ihr eine Pferdezucht habt?


    Ich lächelte. Skadi sah auch schon ganz aufgeregt herüber. Länger schon hatte sie nicht mehr mit anderen Pferden getobt und wahrscheinlich würde es ihr eine willkommene Abwechslung werden.

  • Maximian musste sich allmählich daran gewöhnt haben, dass man ihm mit Verwunderung begegnete, hatte er erst einmal seinen Namen genannt und doch überraschte es ihn wieder einmal. Seinen Vater kannte anscheinend wirklich jede Seele zwischen dem äußersten Zipfel Spaniens bis nach Rom hin - und wer wusste, bis wohin man den Namen Decimus Meridius noch kannte.
    Wieder einmal nickte Maximus ein wenig schief lächelnd und stützte sich dann auf der Kruppe des schwarzen Pferdes ab, um fragend zu mustern.


    "Woher wusstest du, dass ich sein Sohn bin? Ich könnte doch auch sein Bruder sein... Aber ja, ich bin Meridius Sohn."


    Den vollen Name der Iulia nahm Maximian hin und merkte ihn sich gut - er kannte noch keinen der Gens Duccia.
    Sollte er absteigen und ihr ein wenig Gesellschaft leisten? Er überlegte einen Moment, wollte er doch eigentlich noch ein Stückchen Weg zurücklegen. Just in diesem Moment forderte Iulia ihn auf, vom Pferde zu steigen, damit es noch ein wenig grasen konnte. Maximian nickte einverstanden und schwang sich behände vom Rücken. Doch den Zügel des Schwarzen Leihpferdes gab er erstmal nicht frei. Der Gedanke, dass das Tier doch nicht wieder zu ihm zurückkehren würde, missfiel ihm - vor allem, weil er dann einen Haufen von Problemen hätte.


    Während er sich dort, wo sein Pferd das Gras abrupfte, niederließ, sah Maximian sein Gegenüber sehr überrascht an.


    "Du musst unsere Familie gut kennen, wenn du das mit der Zucht weißt. Ja, wir züchten Pferde. Es sind wunderschöne Tiere, doch der hier gehört nicht zu ihnen."


    Kurz sah Maximian zu dem Pferd, dessen Nüstern genau neben seinem Knie suchten, dann sah er mit freundlich neugierigem Blick wieder auf.


    "Woher kennst du Meridius?"

  • Hätte ich doch den Mund gehalten. Inzwischen war ich längst über Meridius hinweg. Allerdings... Nun, ein guter Freund ist und würde er immer bleiben und ich nickte nachdenklich. Ich sprach zu ihm hinauf.


    Warum ich denke dass du sein Sohn bist? Ganz einfach, als sein Bruder wärest du vermutlich älter! Vielleicht ein Vorurteil, aber es hat sich bewahrheitet. Ich wusste bisher gar nciht, dass Meridius Kinder hat!


    Ich musste grinsend den Kopf schütteln. Nun, verständlich, dass er mit mir nicht über alles gesprochen hatte. Er stieg ab, doch er schien seinem Pferde noch ein wenig zu misstrauen. Doch nachdem er den Grund genannt hatte, konnte ich es gut verstehen.


    Naja, ich kann nicht wirklich von mir behaupten die Gens und deinen Vater überaus gut zu kennen. Ich habe ihn einmal bei den Wagenrennen kennen gelernt. Er hat mich aus einer ziemlich unangenehmen Situation "errettet", als ich von einem komischen Burschen angemacht wurde und der mir keine Ruhe ließ. Vielleicht nervt es dich ein wenig, wenn man dich immer gleich mit ihm in Verbindung bringt? Önnte ich gut verstehen, Maximian!


    Ich kannte es nicht, doch ich könnte es wirklich gut nachvollziehen. Doch er würde wahrscheinlich ebensogut nachvollziehen können, warum bei ihm jedem Meridius einfiel. Er sah dem Vater wirklich sehr ähnlich.

  • Ja, wer hatte schon gedacht, dass Meridius Kinder hatte? Maximian musste schmunzeln, wenn er an die erste Begegnung zurückdachte und zupfte sich nun selber einen Grashalm aus dem Boden.


    "Das wusste nicht einmal er bis vor Kurzem. So wie ich nicht wusste, dass er mein Vater ist."


    Immer noch schmunzelte Max, wobei er nun den Grashalb wieder wegwarf und einen neuen auszurupfen begann. Er konnte es ja fast immer noch nicht glauben, dass er jemandem auf dieser Tour begegnet war, der zudem auch noch seinen Vater kannte.
    Und dann erzählte Julia ihm von diesem Kerl, der sie angemacht hatte und vor dem Meridius sie gerettet hatte. So wie Maximian die junge Frau, die kaum älter als er sein durfte, betrachtete, konnte er seinen Vater durchaus verstehen. Ein Gefühl tief im jungen Decima nämlich hatte ihn überhaupt erst den Weg einschlagen lassen, als er den Farbklecks erkannt hatte. Es hätte auch nur ein Reiter sein können, eine Bote - sonstwer. Und doch hatte er gedacht, dass er nachsehen sollte, ob man nicht seine Hilfe brauchte - aber das war Maximian nicht wirklich bewusst.
    Er lächelte wieder, schüttelte aber leicht den Kopf.


    "Nein, es nervt mich nicht. Es ist viel eher... jedes Mal aufs Neue eine Überraschung. Und doch, manchmal, wenn man nur einen Spaziergang machen will und auf der Straße promt angesprochen wird... Naja, ich werde mich schon noch daran gewöhnen."


    Nun legte er den Kopf leicht schräg. Die Sonne schien beinahe senkrecht von Himmel und so wie er saß, konnten die Sonnenstrahlen ihm direkt auf den Kopf scheinen durch ein Loch im Blätterdach über ihnen, wodurch er ein Auge zusammenkneifen musste.


    "Was machst du alleine hier draußen? Du bewegst dein Pferd, das sehe ich. Ich meine, so ganz allein. Ist es nicht ein wenig zu gefährlich?"

  • Ich sah ihn fragend an. Das waren seltsame Worte. Mir gefielen seine sanften Züge, das war anders als bei Meridius. Meridius sah nicht unbedingt böse drein, aber der Gesichtsausdruck vermittelte schon mehr Respekt als der dieses jungen Decimers. Es war seltsam. Sie hatte eigentlich, seit sie wieder im römischem Reich und außerhalb der Provinzen war nicht mehr mit ungefähr gleichaltrigen gesprochen.


    Meine Familie wirst du sicherlich nicht kennen. Wir sind eine germanische Gens und noch nicht besonders lange Staatsbürger des Imperium Romanum. Mancher mag meinen großen Bruder Flavius Duccius Germanicus kennen, aber ansonsten? Auch komisch, wenn man die Rolle des Nesthäkchens spielt.


    Ich folgte seinem Blick. Es glich wahrlich schon einem warmen Sommertag und ich genoss die Wärme. Vorallem die Schatten die durch die Blätter auf den Boden geworden werden betrachtete ich gerne, wie sie sich im Wind bewegten.

    Gefährlich? Ich glaube kaum. Ich... nun es kann durchaus sein, dass ich angegriffen werden, aber aus welchem Grund? Da wüsste ich nämlich wiederum keinen. Ich habe niemandem etwas getan und Stammeskämpfe gibt es hier in Italia nicht. Schon gar nicht in der Nähe Romes. Ich wollte einfach mal wieder die Freiheit wöhrend des Reitens um mich herum genießen, die Räder der Zeit in der Natur vergessen und mich nicht durch Menschenmassen quälen. Ich brauchte soetwas einfach hin und wieder. Und du?


    Ich lächelte. es klang nahezu theatralisch was ich sagte.

  • Nein, die Familie kannte Maximian nicht, weshalb er den Kopf schüttelte, dann jedoch musste er seufztend nicken, als sie die Rolle des Nesthäkchens ansprach.


    "Alle sorgen sich ständig: Zieh den Mantel drüber, iss ordentlich, wage dich nicht so weit fort, bleib bei deinem Großonkel..."


    Er grinste und verdrehte theatralisch dabei die Augen. Oh, wie er das... liebte, wenn er Daheim in Tarraco war. Wahrscheinlich ging es dem Mädchen ihm gegenüber nicht anders, sonst hätte sie es ja nicht angesprochen. Schon hatten sie noch etwas gemeinsam, was Max Iulia sehr sympathisch machte.
    Als sie von den Gefahren sprach, musste Maximian sich eingestehen, dass es vielleicht wirklich nicht so gefährlich für eine junge Frau war, hier draußen allein zu sein, als er gedacht hatte. Und doch konnte er den Gedanken nicht beiseite legen.


    "Das ist wohl wahr - und trotzdem: Gesindel gibt es überall."


    Moment einmal? Hatte er das gerade gesagt? Maximian zog die Stirn kraus, als wolle er seinen Worten selber widersprechen. Herrje, er klang schon beinahe wie seine Mutter... Wieder musste Maximian grinsen und dabei den Kopf schütteln. Gerade sprachen sie noch von der ewigen Bemutterei, nun machte er es selber. Genug.


    Maximian sah Julia aufmerksam zu, als sie in Worte fasste, was sie hier raustrieb und es hörte sich für ihn wunderbar an. Hatte sie eine Gabe, was das Benutzen von Wörtern anging, wenn sie etwas beschrieb?


    "Genau das ist auch mein Beweggrund. Ich komme vom Land, aus einem kleinen Fischerdorf in Hispana. Es ist nicht zu vergleichen mit Tarraco oder gar Rom und doch hat es seine Reize. Dort gibt es nur wenige Häuser, ein paar Familien und vor allem viel Freiraum."


    Bei den Erinnerungen an den Ort, der 16 Jahre lang seine Heimat gewesen war, trat ein verträumtes Lächeln aufs Gesicht des jungen Mannes. Nur einen kurzen Moment kamen ihm dabei die Gesichter seiner Mutter und der Halbgeschwister vor Augen, doch er schob sie unterbewusst schnell wieder weg. Über das Gras vor sich streichend, was auf seiner Handfläche ein angenehmes Kitzeln hervorrief, fuhr er fort:


    "Ich hab's in der Stadt nicht mehr ausgehalten."


    Nun suchte Maximian wieder den Blick der Reiterin. Er grinste irgendwie schräg.

  • Ich beobachtete ihn, wie er sich bewegte, seine Gebärden. Es machte mir Spaß, mich mit ihm zu unterhalten. Vorallem schien er die nötige Zeit zu haben. Es war schön wieder einmal mit einem Menschen zu sprechen, der ebenso zu fühlen schien wie ich.


    Ja, auch bei mir ist es nicht anders. Ich mag vielleicht auch sehr energisch wirken und in meinen guten Momenten bin ich es auch, doch ich habe manchmal unerklärliche Schwächeanfälle und werde auch schnell krank. Kein Medicus hat bisher herausgefunden, warum das so ist. Und meine beiden Brüder sorgen sich immer sehr. Ich kann es ihnen nicht verübeln, sie haben mich schon so manches Mal bewusstlos aufgefunden. Aber inzwischen ist es schon lange her, es scheint sich zu bessern!


    Warum erzählte ich es ihm eigentlich? Vermutlich interessierten ihn meine Leiden nicht besonders, würde mir auch nicht anders gehen. Nun, jetzt habe ich es gesagt und es ließ sich nicht mehr ändern, vielleicht einfach das Thema wechseln. Ich winkelte nun meine Knie an und legte meine Arme um sie herum.


    Warst du schon einmal im Norden? In Gegenden wie Germanien oder Britannien? Vorallem Britannien hat es mir angetan. Das Meer kann mich ebenso faszinieren wie Wälder und Wiesen. Sie haben dort unglaubliche Klippen, wenn man dort oben steht und bei Sturm die Wellen gegen den Felsen kämpfen sieht ist das.... ein unbeschreibliches Gefühl, nahezu als wenn man abheben könnte. Es gibt Momente in denen man der Reailität einfach entfliehen muss und es gibt kaum schönere Orte als die Magie ausstrahlenden Waldlichtungen mit dem Vogelgezwitscher und dem leichten Geplätscher eines Baches!


    Ich musste bei meinen Gedanken lächeln. Es geschah wirklich nur allzu selten dass ich aus mir herauskam. Es machte mir Spaß anderen Leuten diese freien Gefühle zu vermitteln, von anderen schönen Gegenden zu erzählen. Mit einem Arm hatte ich mich von meinen Beinen gelöst und strich ebenso wie er mit der Hand über das hohe Gras, welches sich sanft im Wind wiegte und an der Handfäche begann zu kitzeln.


    Manchmal bleibe ich zulange von zuhause weg. Das liegt wahrscheinlich in der Familie, doch mich hält nie lange etwas im Haus. Ich habe immer das Bedürfnis nach draußen zu gehen, das hast du wahrscheinlich auch bereits aus meiner Rede schließen können. Meine Cousinen sind in diesen Hinsichten ebenso wie ich. Doch erzähl mir ein wenig von dir, was machst du so?

  • Maximian genoss vor allem die Stille um Julia und ihn herum. Es gab hier keine Häuser, keine polternden Wagen und keine Menschenmassen - das hatte ihm gefehlt. So lauschte er auf das Geräusch des Gräser und Blätter, die sich sacht vom Wind wiegen ließen und dem Singen der Vögel und Brummen der Insekten.
    Dann sprach Julia diese Krankheit an. Maximian kannte diese Krankheit oder zumindest glaubte er das. Er hatte eine Halbschwester gehabt, der manchmal ähnliches zugestoßen war. Doch sie lernte damit zu leben und keiner hätte gedacht, dass diese Krankheit irgendwann einmal zu einer richtigen Bedrohung würde werden können. Aber sie wurde es - wenn auch nur indrekt. Das kleine Mädchen, damals 9 Jahre alt, war wieder einmal herumgetobt und hatte sich vom Haus entfernt. Sie kam nicht zurück. Am nächsten Tage fand man sie am Fluss. Offensichtlich hatte sie die Krankheit während des Schwimmens übermannt, sodass sie ertrank.
    All das war schone viele Jahre her und doch stimmten ihn die Erinnerungen ein wenig traurig. Vor allem aber alarmierte es ihn, denn die junge Frau ihm gegenüber wäre, wie seine Schwester, hier draußen völlig hilflos.


    Er wollte ja etwas sagen, da sprach sie aber schon weiter und wechselte das Thema. Vielleicht war es ihr unangenehm darüber zu reden, dachte Maximian und zwang sich, seine Gedanken für den Moment zu vergessen. Jetzt war er ja hier, sodass er ihr hätte helfen können, wenn...
    Über dieses Gedanken musste Maximian jedoch schon wieder leicht schmunzeln. Auch er beobachtete das Mädchen nun wieder. Sie saß ihm mit einigem Abstand beinahe gegenüber, mit angewinkelten Knien. Er spürte, dass sie ein vorsichtiger Mensch war und erkannte das auch in ihrer Haltung. Und doch war sie angenehmer als die meisten anderen Menschen. Wahrscheinlich lag das daran, mutmaßte Max, dass sie genau das mochte, was er auch mochte - so schien zumindest bislang.


    "Nein, weder in Germanien noch in Britannien. Bislang habe ich nur unser Fischerdorf, jetzt Rom und den Weg dazwischen kennengelernt. Und natürlich Tarraco. Aber ich habe mich schon immer gefragt, wie es im Norden aussieht und jetzt verspüre ich Lust mich auf das Pferd zu schwingen und einfach dorthin zu reiten... Tag ein und Tag aus, bis ich dort schließlich angelangt bin."


    Leise lachte Max, denn der Gedanke einfach auszureißen gefiel ihm tatsächlich recht gut. Dann lehnte er sich zurück, stützte die Arme auf dem Boden ab. Sein Blick suchte kurz das Pferd von Iulia, das immer noch ausgelassen herumlief und sich seines Lebens erfreute. Ja, so ähnlich musste man sich wahrscheinlich fühlen, wenn man ausriss.


    "Was ich so mache? Hmmm..."


    Maximian tat sehr nachdenklich und grinste nach einer Weile seiner Gesprächspartnerin zu.


    "Als ich noch in diesem Fischerdorf wohnte, habe ich die meiste Zeit draußen verbracht. Ich habe den Kindern das Reiten beigebracht, habe Geld dafür bekommen, wenn ich den Bauern ihre jungen Pferde einritt. Ansonsten habe ich viel gelesen und überall geholfen, wo es nur ging. In einem Dorf gibt es nie genug zu tun."


    Sein Blick war während der Worte abgeschweift und durch das Waldstück gewandert. Nun legte er den Kopf leicht schräg und fasste Iulia wieder ins Auge.


    "Jetzt... Jetzt reise ich und lerne, was man als Decimus wissen muss."


    Ja, das tat er jetzt. Er musste schmunzeln, denn alles war es bestimmt nicht. Und trotzdem, das reichte schon.


    "Du lebst in Rom, richtig?"

  • Er sah mich so seltsam an, doch ich vermochte nicht zu beurteilen, was dieser Blick barg. Er schien wirklich nicht besonders positiv auf meine Worte bezüglich der Krankheit zu reagieren. Hatte er schlechte Erfahrungen gemacht oder mochte er so etwas einfach nicht hören?`Ich würde nicht nachhaken, so gern wie ich ihn mochte würde dies sicherlich nicht unser einziges Treffen bleiben.


    Nun, einfach auf und davon ist wundervoll. Auf diesem Wege bin ich auch nach Rom gelangt. Ich muss sagen, dass es nicht besonders fein von mir war, denn daheim machen sich meine Brüder nun bestimmt Sorgen. Wahrscheinlich auch deshalb, weil meine Cousine das Gleiche getan hat. Ob sie wohl wieder da ist? Nun, wie ich bereits sagte, diese Suche nach der Freiheit liegt wohl wahrhaftig in unserem Blute.


    Ich kniff ein wenig die Augen zusammen und blickte über die Felder. Weit und Breit war absolut nichts zu sehen außer der Natur. Ich genoss es einfach hier zu sein. Und bevor Maximian hier war hatte ich mir auch nicht vorstellen können, dass es noch schöner ist hier zu sein und sich noch mit jemanden zu unterhalten. Ich hatte erst gefürchtet, meine Ruhe würde gestört werden, doch er war ein äußerst angenehmer Gesprächspartner. Ich sah ihn an.


    Nein, ich lebe nicht in Rom. Für einen kurzen Zeitraum bin ich einmal Einwohnerin dieser großen Stadt gewesen, doch sie war mir zu groß, wenn ich ganz ehrlich sein soll. Zurzeit bin ich im äußerst kleinen Confluentes als Duumvir tätig, werde aber vermutlich dieses Amt ablegen. Da hat man kaum Zeit auch nur einen Schritt aus dem Officium zu machen. Das ist nichts für mich. Ich werde mich noch bemühen meine Versprechen einzuhalten und dann werde ich mich zurückziehen. Ich werde wahrscheinlich wieder nach Britannien zurückkehren. Ich bin mir noch nicht ganz im Klaren.


    Ich sah ihn an und betrachtete ihn ganz genau. Er hatte sehr feine Züge. Und er wirkte auf mich als ein sehr feinfühliger Mensch. Das allein zeigte schon, dass er sich hier wohler als in einem Theater fühlte. Es war nicht mehr so sehr in Mode in der Natur seine Ruhe zu suchen. Heute feierte man lieber.


    Wenn du einmal nach Confluentes möchtest, solange ich dort lebe, kannst mich gerne besuchen kommen. Ich würde mich freuen. Dort sind ganz andere Pflanzen als hier und insgesamt kann es dort kälter werden und ich würde schätzen dort regnet es auch öfter. Und trotzdem ist es eine wunderbare Atmosphäre.

  • Was er hörte, überraschte Maximian. Julia erschien ihm ausgeglichen und natürlich - da passte es irgendwie nicht ganz so ins Bild, dass sie einfach "ausgerissen" war. Wobei... hatte Maximian nicht gerade von soetwas geschwärmt? Einen Moment lang blinzelte er verwirrt, dann kratzte er sich unauffällig hinter dem Ohr. War das jetzt... Zufall, oder wie sollte er das verstehen? Schließlich lächelte er schräg und mit immer noch leicht gerunzelter Stirn.


    "Wenn ich es Recht überlege... Vielleicht ist das mit dem Ausreißen doch keine so gute Idee. Ich möchte zumindest nicht in der Haut deiner Brüder stecken, wenn sie nicht wissen, wo ihre Schwester und dazu noch ihre Cousine steckt."


    Damit verschwanden die Runzeln, das Grinsen jedoch blieb noch ein wenig, bis Maximian erkannte, dass Julia sich gerade mit der Landschaft beschäftigte. Er folgte ihrem Blick schweigsam, rupfte erneut einen Grashalm aus und warf ihn weg, als sie ihn wieder ansah.


    "Das kann ich verstehen. Ich bin gerade ein paar Tage hier und habe mich schon nach mehr Freiheit gesehnt. Und.... Nein, eine Arbeit in einem Officum passt nun wirklich nicht zu dir."


    Sein Gegenüber musternd, schüttelte Max bei dieser Feststellung leicht aber bestimmt den Kopf. Dann legte er seinen Kopf schief, als könne er sie so aus einem anderen Lebenswinkel sehen und schob den Unterkiefer beiseite. Ob so manch berühmter Dichter aussah, wenn er über einem seiner später brillianten Werke brütete?


    "Ich könnte mir gut vorstellen, dass du in Britannien eine Pferdezucht eröffnest. Eine, die Tiere hervorbringt, wie dein elegantes und doch stämmiges Pferd."


    Ob sie es sich auch vorstellen konnte? Maximian jedenfalls fand, dass es zu ihr passen würde, weil sie dann viel Zeit mit dem Reiten verbringen könnte und außerdem auf einem gehöft leben würde, das ruhig ein wenig abgelegen liegen konnte. Ja, das passte zu der jungen Frau mit dunklen Haaren und genauso dunklen Augen, die Mut hatte und zugleich beinahe scheu wie ein Rehkitz wirken konnte - egal was sie sagen würde.
    Er schmunzelte und zwinkerte einmal mit dem einen Auge, dann setzte er sich wieder anders hin. Dabei klemmte er den Zügel seines Schwarzen unter ein Knie, sodass er nun mit beiden Händen das Gras betasten konnte.


    "Confluentes? Vorausgesetzt ich kann mir den Namen merken und finde den Weg dorthin, würde ich dich dort gerne einmal besuchen kommen. Und im Gegenzug biete ich dir an, mich und meine Familie in Tarraco besuchen zu kommen. Wir könnten den Landsitz und die Zucht besichtigen - ich muss gestehen, dass ich sie selber noch nicht gesehen habe."


    Eine Hand legte er sich nun in den Nacken.


    "Aber so lange lebe ich ja auch noch nicht in Tarraco."

  • Ich habe meinen Brüdern einen Brief hinterlassen... Der Grund für meine "Flucht" hat mehrere, tiefere Hintergründe. Ich habe eine sehr schwere Vergangenheit hinter mir, in der ich auch völlig abgeschieden von meiner Familie war. Und als ich wieder daheim war, habe ich mit meinem älteren Bruder über alles gesprochen. Gar nicht lange darauf, ich hatte ihn nicht mehr lang gesehen, zog er nach Numantia. Und dann wurde ich darauf angesprochen, wo mich das alles ohnehin schon sehr verletzte... In dem Moment habe ich gehandelt, ohne weiter nachzudenken. Begonnen habe ich mit dem Planen eines Urlaubes, geendet habe ich mit einer Flucht.


    Bei meinen Worten beobachtete ich Skadi. Ich hatte einfach beschlossen, ehrlich zu Maximian zu sein, auch wenn die Wahrheit erschreckend sein mochte. Ich bin aus Angst weggelaufen, ich konnte nicht über meinen Bruder Flavius sprechen, solange ich ihn in Gefahr wähnte. Dafür liebte ich ihn zu sehr und die Angst vor einem eventuellen Verlust verzehrte mich. Genauso wie ich damals noch Angst um Meridius hatte. Ich hatte damals - wie ich schon befürchtet hatte - überschnell reagiert, weil ich aus meiner Abgeschiedenheit zum ersten Male wieder mit einem Manne gesprochen hatte.


    Eine schöne Idee, die du mit der Pferdezucht hast. Sollte ich einmal das Geld für eine gute Verpflegung von Pferden aufbringen können, dann ist das sogar die beste Idee die ich mir für meine Zukunft vorstellen könnte. Auch wenn ich mich vielleicht doch einsam fühlen würde, wenn ich halt unter Menschen kommen möchte gehe ich eben in den nächsten Ort. Ich habe mir damals eine ausfüllende Stelle gesucht, um meine traurigen Gedanken ein wenig zu vertreiben, doch im Büro scheint mir die Arbeit zu trocken zu sein. Es ist schön, wie man mit dem Volk zusammenarbeitet, aber da fehlt einem doch die Luft zum atmen.


    Ich betrachtete mir das Pferd mit welchem Maximian hier angelangte. Es schien unbedingt zu Skadi zu wollen. Aber so wie Skadi sich benahm, war das kein Wunder. Sie schwärmte ihm ja nahe zu vor, wie schön es ist, ohne Zügel frei zu galloppieren. Ich grinste leicht, konnte ich mir doch gut die Sorgen von Maximian vorstellen. Es wäre wirklich eine dumme Situation, wenn es auf einmal doch weg wäre. Sicher war es ein sehr kostbares Tier. Und es war sehr schön.


    Nun, das Angebot einmal nach Hispania zu kommen hat mir dein Vater auch einmal gemacht und immer mehr neige ich zu einem "Ja". Und schwer zu finden ist Confluentes nicht. Direkt bei Confluentes liegt die Reitereinheit und sich dorthin durchzufragen ist ein Kindespiel. Das einzige südliche Land in dem ich bisher war, ist Italia. Ich habe schon viel Gutes über Hispania gehört und es reizt mich sehr, einmal dorthin zu kommen. Ob mein Bruder wohl noch dort ist und wie es ihm wohl geht?


    Ich hatte bemerkt wie nicht weit von ihm ein Grashalm auf dem Boden landete. Schon allein in den Augen des Pferdes konnte man es lesen. Und aus den Augenwinkeln war es auch nicht zu übersehen gewesen. Ich sah Maximian schweigend an.

  • Es passte zu ihr, was Maximian nun hörte, dachte er. Aus ihrer Vorsicht hätte man schließen können, dass ihr irgendwann einmal irgendetwas widerfahren war, dass sie hatte vorsichtig werden lassen. In ihren Augen konnte Maximian zwar nicht lesen, aber er sah, dass sie schon vieles gesehen hatten.
    Während er ihren ehrlichen Worten folgte, sah er sie aufmerksam und ersnt an. Er wusste nicht weshalb, aber da sie ihm mit solch einer Offenheit entgegentrat, wollte er sie nicht verletzen - das hatten wahrscheinlich schon ausreichend Menschen genug getan.
    Und er konnte sie verstehen. Wenn man auf etwas angesprochen wurde, das einem sehr schwer auf dem Herzen lag, dann schwappte häufig alles über einen herein wie eine Welle auf den Strand. Damit kam der ganze Schmerz wieder hoch und weil man sich nicht anders zu helfen wusste, flüchtete Mann. Die Menschen sind Fluchttiere, hatte ihm mal irgendeiner gesagt und er glaubte, dass er nicht anders reagieren würde, wenn man... wen man ihn auf den Tod Violas ansprechen würde. Bislang hatte er jedoch "Glück" gehabt, denn kurz nach ihrem Tod hatte man ihn nach Rom gehen lassen - und das noch vor ihrer Beerdigung. Maximian wusste bis heute nicht, ob es richtig war, davor schon zu gehen. Er vermisste sie... Aber das wusste nur er und so war er geschützt - keiner konnte ihn darauf ansprechen.
    Mit leicht verlorenem Blick betrachtete Max das Gras vor sich, dann nickte er leicht.


    "Nicht anders hätte ich reagiert, wahrscheinlich. Dabei hatte ich eine gute Vergangenheit. Für dich tut es mir leid und ich will dich auch gar nicht dazu drängen, mir mehr zu erzählen... aber...", druckste er herum, bevor er den Kopf anhob und nur ganz knapp an Iulia vorbeisah. "Wenn es dir besser ginge..."


    Hmmmm... Was dann? Maximian lebte in Rom - gegenwärtig noch - und sie in Confluentes. Dass sie sich einfach so wieder über den Weg laufen würden, wäre an ein Wunder gegrenzt. Und trotzdem... Sie brachte ihm einen Teil ihrer Vergangenheit entgegen, also vertraute sie ihm, weshalb er ihr im Vertrauen begegnen wollte. Wenn er ihr also auf irgendeine Weise hätte helfen können, hätte er es gerne getan.
    Er seufzte und lächelte ein wenig verlegen.


    "Ich meine natürlich nur, wenn du es irgendwann vielleicht einmal wolltest... und wir uns noch einmal sehen würden... Wenn ich dir irgendwie helfen könnte, damit es dir besser geht, würde ich es tun. Gerne sogar."


    Letzteres hatte er mit einem Grinsen gesagt, denn nach seinem Gedruckse - warum hatte er es nicht ohne sagen können? - musste er über sich selbst schmunzeln. Und über die Situation, Zufälle...


    Dann fiel der Stadtname Numantia und Maximian war vor seiner unfreiwilligen Stotterei gerettet und wurde zugleich von Neugier überfallen.


    "Numantia? Ist dein Bruder Soldat? Mein Vater und ein Großteil meiner Cousins und Onkels, allesamt Soldaten, sind dort nämlich auch bis vor kurzem stationiert gewesen. Oder zumindest vorübergehend, weil der Winter den Truppen das Vorrücken unmöglich machte. Wenn dein Bruder bei ihnen ist, dann geht es ihm gut - da bin ich mir sicher."


    Während seinen Worten hatten sich der eingeklemmte Zügel unter seinem Knie gelöst. Noch war er nicht ins Freie gezogen worden, doch mit Sicherheit würde er das bald tun, so wenig Halt wie er jetzt noch hatte und so stark der Schwarze zwischenzeitlich zu Julis Pferd hingezogen hatte. Es war nur noch eine Frage der Zeit, ehe das Pferd seine Chance wittern würde, doch Maximian ahnte nichts. Julias Interesse an Hinspanien hatte ihn im Bann.


    "Oh ja, Hispania ist ein schönes Land. Es gibt Berge und im Gegensatz dazu überall Hügel und Täler. Grün oder Gold, von Gras, Wein, Olivenbäumen bewachsen oder Korn - was du dir nur vorstellen kannst. Im Sommer sind die Tage lang und die Luft beinahe brennend heiß, sodass die Straßen um die heißeste Zeit des Tages wie ausgestorben sind. Und am Abend dann kommen sie alle heraus und erledigen, was es zu tun gibt. Die Menschen dort sind aber die Perle des ganzen Landes. Sie sind immerzu energisch gut gelaunt und können sowohl schwer arbeiten als auch ausgelassen feiern." Er musste leise kichernd den Kopf schütteln. "Ich rede und rede... Jedenfalls wärest du uns willkommen, man trifft nicht häufig solch einen netten Menschen."

  • Ich musste einmal schlucken, als ich an Früher dachte. Meine Kindheit war wunderbar gewesen, wie mit all den Familienmitgliedern in einem Raum geschlafen hatte. Meistens war ich immer die erste gewesen, die aufstand um Wasser zu holen. Lucia begleitete mich jedesmal. Ichvermisste Lucia, ich hatte sie lange nicht mehr gesehen. Und Flavius... Aber...wenn... Ich biss mir auf die Lippen und sah in die entgegengesetzte Richtung, denn es bildeten sich Tränen und er sollte nicht sehen, dass ich weinte... Sie würden schon wieder verschwinden. Was er wohl jetzt dachte? Sicherlich konnte er erahnen, was los war, doch sehen sollte er es dennoch nicht. Ich kann auch nicht gut damit umgehen wenn jemand in meiner Umgebung weint und so geht es den meisten. Es dauerte nicht lang und die eine Träne die ich nicht mehr hatte zurückhalten können war unter der warmen Sonne auf meiner Wange getrocknet. Dann sah ich Maximian wieder an, nicht weiter das Thema Vergangenheit berührend.


    "Mein Bruder ist Tribunus Angusticlavius bei der Legio II Germanica. Mein ältester Bruder. Der Valentin, auch älter als ich arbeitet in der zivilen Gegend. Aber ich denke schon, dass es Flavius gut geht!"


    Ich lächelte ihn fröhlich an, auch wenn noch immer der Schatten der Vergangenheit über mir lastete und eine leichte Trauer in das Lächeln hineinschmuggelte. Irgendwie fiel mir das Sprechen gerade schwerer als noch vor ein paar Minuten, mir wollten die Worte nicht so recht einfallen und meine Lippen in Bewegung bringen. Ihm musste es auch komisch vorkommen, wenn ich immer nur von meinen Brüdern und Cousinen sprach. Meine Eltern hatte ich jedoch bereits verloren. Damals, bei dem Überfall... Ich stand flugs auf und versuchte meiner Traurigkeit Einhalt zu gebieten. Ich lächelte ihn an.


    "Wollen wir nicht noch ein wenig gemeinsam reiten? Einfach weiterhin drauf los, ohne ein bestimmtes Ziel?"

  • Auch wenn er das Wasser in ihren Augen nicht gesehen hatte, so konnte Maximian sich vorstellen, dass Julia versuchte ihre Tränen vor ihm zu verbergen. Er senkte kurz den Kopf, sah betreten zu Boden, denn er hätte ihr gerne geholfen - worauf sie jedoch gar nicht mehr einging. Als er den Schopf wieder hob, sah er mit seltsamer Miene drein. Nicht wta feindselig oder belustigt, nein... eher das Gegenteil.
    Wahrscheinlich brauchte es einfach Zeit, dann würde er ihr vielleicht doch helfen können. Unbewusst aber entschlossen, nahm es sich der junge Mann fest vor, Julia Trost zu spenden, wenn die Zeit gekommen war - und diesen Punkt würde sie bestimmen, wenn sie ihn denn überhaupt bestimmen wollte.
    Schließlich erwiderte er ihr Lächeln. Er lächelte milde und aufmunternd, sprach jedoch mit viel ruhigerer Stimme.


    "Wenn du denkst, dass es ihm gut geht, ist es gewiss so. Bei manchen Menschen kann man das spüren."


    Natürlich hatte er bemerkt, dass ihr das Thema nun eher unangenehm geworden war. Er würde also nicht weiter nachhaken und sich an seinen im Unterbewusstsein beschlossenen Plan halten, wenn sie ihn lassen würde.
    Plötzlich stand sie auf und fragte ihn, ob sie nicht zusammen ein Stück reiten könnten. Zustimmung wurde auf seinen Gesichtszügen lesbar, während er nach dem Zügel unter seinem Knie griff und bereits aufstehen wollte.


    "Eine gute Idee! Wir könnten... huh?"


    Die Hand, die nach dem Zügel gegriffen hatte, tastete im Gras herum und fand nichts. Als er den Kopf drehte, um dem auf den grund zu gehen, konnte er den Zügel tatsächlich auch nirgends erkenne. Himmel!
    Die Augend es jungen Mannes wurden groß und wie von einer Tarantel gestochen sprang er auf und drehte sich im Kreise. Da! Da stand das Pferd! Nein, es lief!


    "Schwarzer, was....?! Bleib stehen! Hörst du?!"


    Einen kurzen Blick Julia zuwerfend, ging Maximian ein paar Schritte, nur um zu merken, dass das schwarze Tier schneller ging, je näher Max ihm kam. Er beschleunigte seinen Gang, was das Pferd ihm abermals gleichtat, dann blieb Maximian stehen. Was sollte er nur tun? Da trabte der Schwarze, munter und vergnügt immer weiter weg von Maximian.

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