• Bevor ich mich versah, lag eine Binde über meinen Augen.


    „Verus, was tust du da?“


    ‚Dieser Bruder stürzt mich von einer Überraschung in die nächste’, dachte ich.
    Verflixt, und Laufen ging auf diesen Wegen und ohne Sicht wirklich nicht gut. Am Ende stolperte ich und wurde auch noch getragen. 8o


    „Aber das machen wir lieber nicht noch einmal“, schimpfte ich gespielt ernst. Wirklich böse war ich nicht, aber es kam so überraschend und ich wusste nicht, ob ich mich dabei wohl fühlen sollte oder nicht. Als Kind hatte mich Vater ab und zu getragen. Damals, als alles noch stimmte, als wir noch EINE Familie waren.


    „Ein kranker Hengst? Gesund gepflegt?“


    Schon wollte ich die Binde von den Augen ziehen, da nahm sie mir Verus ab.


    „Oh! Ist das der Hengst?“


    Noch bevor ich eine Antwort erhielt, blitzte es am Himmel und ich fuhr zusammen, als der Donnerschlag kam. Wofür ereilte mich jetzt der Zorn? Weil ich mich durch die Gegend habe tragen lassen? Urplötzlich setzte bei mir ein schlechtes Gewissen ein.

  • "Das ist der hengst, und das Gewitter haben nicht wir uns verdient weil ich bin während genau dieses Gewitters aus Rom abgereist."


    Verus lächelte und sagte:


    "Nun, hast du einen Platz für ihn? Ich hab och keinen Namen für ihn, aber ich hab ihn immer Renatus genannt, da es aussah als würde er sterben."


    Es regnete mittlerweile schon ziemlich und das haar und der Bart hangen Verus schon in Zotteln herunter, auch die Frisur der armen Deandra sah dementsprechend aus :D
    Verus bot ihr seinen Mantel an, bie hm war ja nichts mehr zu verhindern.


    "Nimm meinen Mantel. Ich bin eh schon nass, aber du kansnt dir so einen neuen Termin zum Frisieren ersparen:D"

  • Ich war skeptisch wegen dem Gewitter, mein schlechtes Gewissen hielt.


    „Ja, sicher habe ich Platz für ihn. Das Gestüt ist neu und reichlich in seiner Planung angelegt. Es beeindruckt mich, dass du nach so langer Zeit noch weißt, dass ich für Pferde schwärme. Renatus…“


    Ich runzelte etwas die Brauen. Sollte er den Name behalten? Meine Pferde hießen in der Regel anders, aber auch er selbst war anders als sie.


    „Welcher Rasse gehört er überhaupt an? Ich meine, wie ist seine Abstammung?“


    Den Regen bemerkte ich kaum, weil ich gedanklich so beschäftigt war. Mehr mechanisch nahm ich den Mantel von Verus an.

  • Verus lächelte, das war Deandra er sagte:


    Soweit ich weiß wurde zuerst in der Zucht eine spanische Mischung gezüchtet, die sich dann langsam immer mehr mit Arabern gemischt hat, dies ist dann so in etwa 7/8 Araber gepaart mit einem... ich glaube Afrikanischen Ross. Er ist tatsächlich Wiedergeboren, weil ich habe aus den Geschäftsbüchern der Villa Aurelia erfahren, dass unser Vater seinen Vater gekauft hat.


    Er lächelte und führte Deandra mittlerweile im strömendem Regen zum Stall, er selbst hatte mittlerweile tatsächlich goldene Haare, er war wohl ein echter Aurelius, die Nässe schien die Haare zu verfärben :D.

  • „Oh, er führt Araberblut? Nicht zu fassen. Spanische Pferde sind rittig, das sagt man ihnen zumindest nach.“


    Ich ging kontrollierend um den Hengst herum, prüfte die Winkelung der Hinterhand und die Schräge der Schulter.


    „Er ist gut. Du sagst, er ist von unserem Vater gekauft? Lieber wäre es mir er wäre von meinem Onkel erworben worden. Allem was Vater tat, haftet etwas Negatives an.“


    Während wir den Stallungen zustrebten, dachte ich noch lange über Vater nach.


    „Was weißt du eigentlich über Vater? Was er tat und wie er war in der letzten Zeit?“

  • Ich meinte dass der Vater dieses Hengstes von unserm Vater, nach dessen Zeugun gekauft wurde.


    Er lächelte und sagte:


    Ja, er ist gut.


    Dann wurde er ernst:


    Ich weiss nicht was unseren Vater dazu gebracht hat uns solange allein zu lassen, aber er hat sich verändert, nicht ins positive...

  • "Er kam urplötzlich in diese Villa geschneit, sagte kurz hallo, bezog nicht einmal sein Zimmer und ging wieder weg. Aber dieses Mal nicht etwa wieder nach Syrien, nein, er ging durch die Straßen und hat unschickliche Parolen in das Reich gesetzt. Ich habe mich für ihn geschämt, er hat den Namen der Familie beschmutzt. Die Aurelia ist schwer gebeutelt, gerade in der letzten Zeit. Wenn doch nur alle zusammenhalten würden… “


    Sorgenvoll sah ich meinen großen Bruder an. Ich wusste nicht einmal, wo er stand. Traurig genug, dass man sich das überhaupt fragen musste. Früher gab es nur einen Stand, den innerhalb der Gens. Heutzutage war die Familie zersplittert.

  • Was? Das ist unerhört, unser Vater doch nicht!


    Verus war entsetzt.


    Als er sich etwas gefangen hatte sagte er:


    Die Gens Aurelia hat schlimme Zeiten hinter sich, und solange es sich um 2 Familien handelt die beide wie eine eigene Gens denken, sehe ich kein Licht hinter der Dunkelheit.

  • "Dunkelheit hat die Aurelia schon seit längerem bedroht, nun ist sie völlig darin gefangen."


    Tränen der Wut und der Enttäuschung stiegen mir in die Augen.



    "Ich möchte meine alte Gens zurück, koste es was es wolle.
    Gut, Sophus' Platz sollte es nicht kosten. Er ist Pater familias schon immer gewesen und er sollte es auch weiterhin sein und zwar von einer ungeteilten Gens."


    Meine Miene war ernst, die Sorgen erdrückten mich fast. Ich sah, wie meine Familie, die mir alles bedeutete, sich zuerst teilte und schließlich in kürzester Zeit zerbrach. Ich hoffte sehr, dass Sophus eine Lösung mit Commodus finden würde und wenn nicht?


    Ich würde nicht aufgeben, es nicht einfach hinnehmen. Was bliebe, wäre ein Kampf gegen die bestehenden Gesetze, die Sophus zu einer Teilung gezwungen hatten und die ich gern soweit beugen würde, dass dieser fatale Schritt rückgängig gemacht werden konnte.


    Der Preis? Er konnte vielleicht mein Leben bedeuten. Wer konnte das vorausagen? Aber was war mein Leben schon wert ohne geeinte Familie? Nichts! Es hatte jeglichen Sinn verloren.

  • Im Gestüt und vor den Ställen angekommen, tauchte ich meinen Kopf erst mal in die Pferdetränke.


    „Mann ist das heute heiß!“ Verwunderung und Lächeln war in den Gesichtern der Andern zu sehen. Wahrscheinlich hätten sie das nicht gemacht. Egal, ich hatte mich erfrischt.


    Während ich meinen Bart auswrang sagte ich:
    „Komm Leone, wir ruhen kurz aus und dann bringen wir die Tiere in die Ställe und füttern sie.“


    Ich sah die beiden fragend an.


    „Dann sind wir doch fertig, oder? Ich bin nämlich mit einem Wildschwein verabredet.“

  • Endlich trafen wir in Mantua ein.


    Ich wusste nicht, ob ich über Assindius lachen oder den Kopf schütteln sollte. Was der immer machte ... So verhielt man sich doch nicht. Was sich Deandra bloß dabei gedacht hatte, als sie ihn erwarb. Sie war doch Patrizierin und die Sklaven von Patriziern sollten dementsprechend auch gesittet und gepflegt sein.
    Na ja, langweilig war es jedenfalls nie mit ihm. Seine Einfälle waren mitunter sehr amüsant, wie auch jetzt die Verabredung mit einem Wildschwein. Ich musste lachen.


    Während die Männer die Pferde in die Ställe brachten, ging ich bereits zur Villa. Sie wollte beim Eintreffen der Herrin vorbereitet sein, d.h. ich musste aufräumen und putzen. Womöglich war noch ein Einkauf nötig, aber das würde sich zeigen.

  • „So, das hätten wir! Alle im Stall und alle gefüttert. Samira ist in die Villa gegangen und ich werde jetzt mal in den Wald verschwinden. Das dauert nicht lange. Bis nachher Leone!“


    Ich machte mich auf den Weg, während der Fahrt hatte ich schon gesehen wo ich die Wildschweine jagen konnte. Das war nicht allzu weit von hier. Unterwegs fragte ich mich was wohl die Herrin dazu sagen würde wenn einer ihrer Sklaven einfach ohne sie zu fragen auf die Jagd geht. Na ja, sie musste es ja nicht erfahren.

  • Der Germane benahm sich merkwürdig. Da steckte er doch nicht etwa den gesamten Kopf in eine Pferdetränke. Na, Leone sollte das egal sein.
    Er nickte Assindius zu und lud mit ihm die Pferde ab. Nachdem sie im Stall standen fütterte er noch und ging anschließend in seine Unterkunft.


    "Bis dann."

  • Obwohl ich schon länger in Mantua weilte hatten ich nie die Zeit gefunden die Umgebung der Stadt zu erkunden.
    Die frische Luft und die weite Landschaft taten mir gut und waren eine erquickende Abwechslung von meinem kleinen Arbeitsplatz.
    Eigentlich schade, dass mich geschäftliche Dinge nun zum Gestüt der Aurelia brachten.
    Schöner wäre es wohl gewesen durch Zufall hierhinzukommen oder noch etwas durch die Landschaft zu streifen.
    Aber die Pflicht steht nun mal über den eigene Wünschen...


    Der Weg den ich genommen hatte führte mich an einer Koppel vorbei, und obwohl ich kein Pferdekenner war,
    erkannte ich die sich dort frei bewegenden Pferde als starke, schöne und recht schnelle Angehörige ihrer Art.


    Ich passierte das Tor, ritt auf den Hof des Gestüts und schaute mich nach Bewohnern um.

  • Während Leone mit dem Ausmisten der Ställe beschäftigt war, bemerkte er den Besucher. Er stellte die Gabel zur Seite und trat hinzu.


    "Kann ich behilflich sein?"

  • Ich nickte dem Mann freundlich zu, stieg von meinem Pferd und fragte:
    "Wo kann ich die Leiterin des Gestüts finden?"


    Ich hätte gern nochmehr gefragt, jedoch fehlte erstmal die Zeit, da das Geschäftliche Vorrang hatte.
    Vielleicht könnte ich mich später nochmal mit diesem Mann treffen und über seine Herkunft reden,
    denn Männer und Frauen schwarzer Hautfarbe waren zwar keine Seltenheit in diesem Reich,
    doch waren sie für mich immer noch eine Erinnerung an weit entfernte Länder und Kulturen.

  • "Ich kann sie holen gehen, wenn es recht ist."


    Leone wusste, dass die Herrin, wenn sie in ihrer Rolle als Gestütsleiterin gefragt war, immer vor Ort Anliegen klärte. Die Villa war allein für Privatbesuche vorgesehen. Ohne auch nur eine Antwort abzuwarten, machte er sich auf den Weg.

  • Ich schaute dem Mann hinterher.
    Als er aus meinem Sichtfeld verschwunden war,
    schaute ich mich etwas um und brauchte mein Pferd zum Wassertrog,
    damit es etwas zu trinken habe.
    Gespannt erwartete ich das Auftauchen der Besitzerin.

  • "Mein Name ist Corvius Ingeniosus, Stadtschreiber von Mantua. Ich bin ein Halbbruder von Cadior.
    Als ich euch das letzte mal traf, Aurelia Deandra, wart ihr in unserer Casa zu Gast."

    Ich verneigte mich kurz vor ihr.

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