Irgendwo in der Suburbia

  • Die Dämmerung brach langsam herein.
    Ich hatte mich davongestohlen.
    Ich musste es einfach.
    Diese Tortur war zu grausam gewesen und die nächste würde folgen. Noch immer schwirrte mir der Kopf und ich hörte die leiernde Stimme des Priesters.


    Ich war eine wichtige Persönlichkeit geworden.
    Ich grinste.
    Zumindest nach den Soldaten zu urteilen die mich unauffällig im Auge behalten sollten.
    Es waren sicher gute Männer.
    Erfahren im Kampf.
    Allerdings hatten sie so ihre Schwierigkeiten mir zu folgen.
    Übung mach den Meister.
    Oh, ihr Götter, jetzt fing ich auch schon an mit diesen klugen Sprüchen.
    Ich musste wirklich aufpassen, das das nicht abfärbte.


    Aber ich hatte wirklich Übung darin unauffällig zu verschwinden.
    Sie wollten sicherlich nur mein Bestes.
    Aber nicht heute Nacht.


    Ich brauchte Abwechslung.
    Ein kleines bezahltes Abenteuer.
    Ein wenig schlechten Wein, ein kleines Spielchen.
    Ja, danach stand mir der Sinn.
    Ich musste den Kopf freibekommen.
    Vorsätze hin oder her.


    Die Insula ragten vor mir auf und tauchten die enge Strasse in völliges Dunkel.
    Der Geruch war typisch.
    Der Dreck ebenfalls.
    Die Suburbia.
    Um diese Uhrzeit waren nur noch wenige unterwegs.
    Alle hatten es eilig.
    Ich auch.
    Viel länger als nötig sollte man nicht an einem Platz verweilen.


    Und noch was hatten wir Nachtschwärmer gemein.
    Alle hatten eine Hand in der Tunika.
    Ich vermutete mal das sie so was ähnliches wie ich dort verborgen hatten.


    Ich hatte mir einen mit Blei beschwerten Handschuh besorgt.
    Eine Gladiatoren Waffe.
    Und einen Dolch.
    Als Patrizier hätte ich wohl auch mit einem Gladius herumrennen können ohne Ärger zu bekommen.
    Aber ich bevorzugte das Unauffällige.
    Und ausserdem konnte ich mit Handschuh und Dolch
    umgehen. Was bei einem Gladius nicht der Fall war.


    Ich beäugte jeden dem ich begegnete vorsichtig, wie die meisten auch mich beäugten.


    Dann hatte mein Ziel erreicht.
    Aus Erdgeschoss einer grossen Insula klangen vertraute Gräusche zu mir.


    Ich öffnete die Tür.


    Der erwartete Gestank von Schweiß, Erbrochenem und noch einigen nicht näher Definiertem schlug mir entgegen.
    Ich schaute mich um und ich muss zu meiner Schande gestehen, irgendwie fühlte ich mich heimisch.
    Abenteurliche Gestalten und ehrbare Bürger, die alle nicht erkannt werden wollten, mischten sich.
    Würfel rollten.
    Etliche wohlgeformte Rundungen stachen mir ins Auge.


    Meine Finger juckten, ich fühlte mich schon viel besser.


    Ich trat ein.

  • Ich führte nun schon seit geraumer Zeit ein Schattendasein in der Suburbia, dort wo sich der Abschaum der Stadt und jene die nicht gefunden werden wollen tummeln. Nie wurde ich vom Pater Familias der Gens Flavia als einer der seinen akzeptiert, eigentlich dürfte ich diesen Namen gar nicht tragen.
    Hier also vegetierte ich vor mich hin, meine Herkunft verleugnend (meine Lebenserwartung nähme drastisch ab, wenn ich hier meinen Namen preisgeben würde) bis an den heutigen Tag.
    Wie jede Nacht verbringe ich meine Zeit in einer Spelunke wie es sie zu Dutzenden in diesem Teil der Stadt gibt. Eigentlich verlief bisher alles in gewohnten Bahnen, Würfelspieler die ihr Glück suchen (und sicher nicht finden), Betrunkene auf der Suche nach schnellem und billigem Vergnügen..


    Bis dieser eine Mann eintrat.


    Irgendwie scheint er doch hierher zu gehören. Die eine Hand in der Tunika, der wachsame Blick.. Andererseits aber riecht er nach Olivenöl. Da ich unmittelbar am Eingang sitze (er hat mich noch nicht bemerkt, dessen bin ich mir sicher) kann ich doch mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß dieser Mann vor kurzem ein Bad nahm. Nun, das ist nichts ungewöhnliches, treiben sich doch hier einige Patrizier rum. Aber die verhalten sich nicht so wie der.
    Ein mulmiges Gefühl macht sich in mir breit.. Wer ist er? Und was will er hier?

  • Mein Blick schweifte kurz durch den Raum.
    Gewohnheit.
    Natürlich sah ich kein bekanntes Gesicht. Nicht hier in Rom. Glücklicherweise.


    Eine der örtlichen Schönheiten grinste mir zu.
    Ja, ein solches Abenteuer wäre nicht schlecht, aber ich litt nicht an Geschmacksverirrung.
    Schnell wendete ich mich ab.


    Mein Blick viel auf eine andere. Zumindest ihr Rücken war nett anzusehen und wohlproportioniert. Ihre Haare flachsblond. Mit Sicherheit keine gebürtige Römerin.
    Doch scheinbar war sie gerade in geschäftliche Verhandlungen vertieft.
    Nun dabei wollte ich nicht stören. Zumal ihr Geschäftspartner ziemlich verwegen aussah.


    Ich holte mir einen Krug Wein, wenn man das Gesöff überhaupt Wein nennen konnte, und setzte mich an einen kleinen Tisch.
    Automatisch hatte ich mir einen Platz mit dem Rücken zu Wand und in der Nähe des Vorhangs zur Garküche gesucht.
    Es gab sicherlich wohlriechendere Plätze, selbst hier, aber alte Gewohnheiten legt man nur schwer ab.


    Ich schüttete mir Wein in den Becher und nahm einen tiefen Zug.
    Oh ihr Götter, das Zeug war ja noch schlimmer als ich befürchtet hatte. Davon wurde man blind und blöd.
    Genau das was ich heute Nacht brauchte.


    Fast Genussvoll sog ich die Atmosphäre in mich auf. Ich verstand mich selbst nicht. Was machte ich eigentlich hier. Ich musste schon ein wenig verückt sein.


    Rechts neben mir waren mehrere Männer am würfeln.
    Mit Interesse verfolgte ich die Runde.
    Der Kleine spielte falsch. Und der Breite war seine Seitendeckung.
    Die anderen drei Opfer.


    Klassisch. Es juckte mich mitzumischen.


    Was machte denn die Flachsblonde ?


    Mein Blick viel auf einen Mann neben dem Eingang.
    Ich weiss nicht genau warum, aber ich hatte das Gefühl das er mich beobachtete.
    Mit einem mal war ich angespannt. Kannte ich ihn ?
    Nein, ich war mir ziemlich sicher das ich ihn noch nie gesehen hatte.
    Ich lies meinen Blick weiterschweifen. Tat so als wäre nichts geschehen.
    Hatte ich mir das nur eingebildet ?
    Konnte es sein das mir jemand nach Rom gefolgt war.
    Aber er war vor mir hier gewesen.
    Es war Unmöglich das mich jemand in dieser Spelunke erwartete.


    Ich betrachtete die Flachsblonde und nahm noch einen Schluck.


    Wie er so an der Türe saß, seine Haltung, der Platz von dem man alles übersehen konnte und sich doch im Hintergrund hielt, die wachsamen Augen.


    Ein unbestimmtes Gefühl der Gefahr machte sich in mir breit.
    Doch ich konnte es nicht greifen.
    Hatte es etwas mit dem Mann am Eingang zu tun, oder war es irgendwas was ich unbewusst gesehen hatte ?


    In diesem Moment traf mein Blick den Blick der Flachsblonde. Sie hatte sich scheinbar mit dem Verwegenen nicht einig werden können.
    Sie lächelte mich an und ich zurück.


    Zielstrebig kam sie auf mich zu.


    Und ich Idiot wischte alle beunruhigenden Gedanken und Gefühle von Gefahr beiseite.

  • Eine innere Stimme befahl mir zu fliehen, doch meine Neugierde war stärker. Ich beobachtete gespannt den Mann wie er sorgfältig die Gäste musterte, sich einen Krug Mulsum nahm und sich schließlich an einen kleinen Tisch hinsetzte. Von dort aus hatte er eine gute Übersicht. Klar, dieser Kerl machte sicher nichts Unüberlegtes.
    Dann geschah es. Sein Blick kreuzte den meinen. Obwohl er sich nichts anmerken ließ, war ich mir sicher, daß er mich bemerkt hatte. Ich Trottel musste ihn ja so auffällig wie nur irgend möglich beobachten. Ich hörte mich leise einen Fluch murmeln.
    Diese Germanin, die Attraktion des Hauses, ging nun auf ihn zu. Bei den Göttern, er interessierte sich für sie. Damit gewann ich wohl einiges an Zeit. Ich hätte mich davonstehlen können, aber ich tat es nicht.
    Was wird er jetzt unternehmen? Und noch immer brannte mir diese eine Frage auf der Zunge...

  • Die Flachsblonde hatte sich vornübergebeugt. Wir flirteten und besprachen geschäftliches.
    Ich sah ihr tief in ... die Augen.
    Was für ein Anblick.


    In diesem Moment durchzuckte mich die Erkenntnis.


    Es war die Gestalt neben dem wachsamen Mann am Eingang gewesen.
    Die Gestalt war halbverdeckt im Schatten gesessen.
    Abgewandt.
    Die Narbe am Hals und der Wange.


    Ich verfluchte meine Sorglosigkeit und Dummheit.


    Ich fuhr herum.


    Durch meine ruckhafte Bewegung flog der Krug um und ein blutroter Bach ergoss sich über den Tisch und auf die Flachsblonde.
    Sie sprang zurück und stieß einen wütenden Fluch aus.


    Da stand er.


    Keine drei Schritte entfernt.
    Auf seinem entstellten Gesicht zeigte sich ein böses Grinsen.
    In der Hand einen Dolch.


    Verdammt, was war das für blöder Witz des Schicksals.
    Mich ausgerechnet in die Spelunke zu führen, in der Miror sein letztes bisschen Hirn versoff.
    Die Welt schien wirklich klein zu sein.
    Ich hatte gehofft diesen hispanischen Halsabschneider nie wieder sehen zu müssen.
    Und ich hätte ihn eher auf einer Gallere, in den Minen, oder zwei Fuss unter der Erde vermutet.
    Die Vergangenheit hatte ihre langen Arme bis in die Gegenwart gestreckt.


    Rechts und links neben ihm näherten sich zwei weitere Gestalten.
    Einen Halbkreis bildend.


    Die übrigen Besucher hatten beim Schrei der Flachsblonden aufgeschaut.
    Die weinnasse Tunika klebte wie eine zweite Haut und zog die Blicke an.
    Sie fluchte laut, unaufhörlich und in einer anderen Sprache.


    Und sie stand zwischen mir und dem Halunken zur Rechten.


    Miror, öffnete seinen Mund mit den fauligen Zähnen und zischte mit einem Grinsen :


    "Brutus - was für ein glückliches Zusammentreffen. Ich werde deine Innereien den Hunden zum Frass geben. Und ich werde es geniesen."


    Spätestens jetzt wurde mir klar, ich steckte in Schwierigkeiten, in wirklich grossen Schwierigkeiten.

  • Ich wurde jäh aus meinen Überlegungen gerissen, als diese üblen Burschen eintraten. Der eine erkannte den Mann offenbar, er ging hämisch grinsend auf ihn zu und ließ seinen Dolch blitzen. Die anderen zwei zwielichtigen Gestalten formierten sich so, daß Brutus - so wurde er er von dem Anführer genannt - in der Falle war. Keine Fluchtmöglichkeit stand ihm mehr offen.
    Die Germanin fluchte unterdessen unentwegt weiter und genoß somit noch eine Weile die volle Aufmerksamkeit der restlichen Gäste. Die cleveren unter ihnen zogen sich aber zurück und suchten das Weite.
    Ich wollte Brutus helfen, wusste aber nicht wie. Abgesehen davon war mir überhaupt nicht klar, warum ich ihm helfen wollte.
    Ich überlegte kurz, ob ich mich nach draußen verziehen und dort nach einer Patroullie einer der Kohorten suchen sollte. Aber von denen war in diesen Zeiten keiner mehr unterwegs. Die Cohortes Urbanae waren immer noch ohnmächtig ob der Abwesenheit ihres Präfekten, dasselbe gilt auch für die Vigiles. Und Prätorianer durfte man hier wirklich nicht erwarten..
    Ich musste selbst die Initiative ergreifen.


    Ich stand auf, trat aus dem mich bisher vor neugierigen Augen schützenden Schatten und räusperte mich. Etwas besseres fiel mir beim besten Willen nicht ein.
    Es war eine ausgesprochen dumme Idee, die Chance des ersten Momentes so zu vertun. Der Anführer lugte kurz über seine Schulter und schenkte mir keine weitere Beachtung.


    Vielmehr ging er jetzt weiter auf Brutus zu.


    Das Blut schoß mir ins Gesicht als ich zu meinem Dolch griff, ihn zückte und schrie: "Halt! ..."


    Weiter kam ich nicht, denn hinter mir wurde die Eingangstür laut polternd aufgestoßen. Kurz darauf vernahm ich das mir wohlbekannte Scheppern von Schuppenpanzern. Die lorica squamata... Nicht viele Truppenteile trugen diese Art der Rüstung und noch weniger haben das Recht sie hier in der Stadt zu tragen.


    Prätorianer.


    Ich stand immer noch wie angewurzelt einige Schritte hinter dem Anführer, mit meinem kleinen Dolch eine lächerliche Drohgebärde ausführen wollend... Nun war eigentlich die Zeit gekommen sich in einer sehr dunklen Ecke zu verstecken.


    Hinter mir hörte ich wie einer der kaiserlichen Gardisten anfing zu sprechen..

  • Meine linke Hand glitt in den beschlagenen Handschuh unter der Tunike. Mit der rechten ertastete ich den umgestürzten Krug.


    Miror näherte sich langsam grinsend.
    Den Linken hatte ich immer noch nicht erspät.


    Hinter Miror erhob sich der Mann vom Eingang.
    Mir viel das Herz in die Hose.
    Noch einer.


    Doch was jetzt folgte überraschte mich wirklich.


    Der Mann räusperte sich.
    Miror warf ihm einen kurze Blick über die Schilter zu.
    Einen überaschten Blick.
    Ich nutzte diesen Moment um mit meiner rechten den Krug zu erfassen.


    Miror wante sich wieder mir zu.


    Und der Mann hinter ihm Zug einen Dolch und rief : "Halt !"


    Ich hatte keine Ahnung wer der Mann war und was er wollte, aber er war mir plötzlich überaus sympathisch. Ich hatte nicht damit gerechnet, das sich einer einmischte und noch weniger das er sich auf meiner Seite einmischte.
    Ich mochte den Kerl wirklich.


    Jetzt galt es. Ich spannte die Muskeln an und ...


    Die Türe folg auf.
    Harte schwere Schritte erfüllten den Raum.
    Brustpanzer funkelten im düsteren Licht der Spelunke.
    Die unbeteilgten Besucher sprangen zur Seite, oder wurden rüde zur Seite gedrängt, als die schwergerüsteten Prätorianer eindrangen.


    Es war als wäre die Zeit stehen geblieben.
    Miror war wie angewurzelt stehen geblieben und glotzte die so matrialisch Auftretenden an.
    Er hate sicherlich mit vielem gerechnet, nun ja, bei seinem Gehirnvolumen wohl doch nicht mit so vielem, aber definitiv nicht mit einem Eingreifen der Prätorianer.


    Den überaschten und bestürzten Gesichtern der anderen nach zu urteilen, sie wohl auch nicht.


    Marcellus, der Decurio, sah mich an und setzte an um zu sprechen :


    "Gaius U..."


    In diesem Augenblick versuchte der Halunke, der sich rechts von mir befunden hatte, sich wegzustehlen.
    Doch ihm stand die zeternde Flachsblonde in Weg.
    Er wollte sie wohl zur Seite schieben und dabei legte er seine Hand auf eine ungeschickte Stelle.
    Diese Berührung, in Kombination mit der Schmach des triefenden Weines, führte zu einer Reflexreaktion.
    Ihr Knie führ nach oben und traff punktgenau.
    Der Halunke quickt in einer seltsamen Tonlage auf und krümmte sich Augenblicke später am Boden.


    Es war an der Zeit zu versuchen den Schaden zu begrenzen.


    Mein Blick traf Marcellus.
    Er war ziemlich sauer.
    Das hatte ich befürchtet.
    Ich sah ihn bittend an und zeigte mit meinem Kopf unmerklich in Richtung Garküche.


    Marcellus sah mich wütend an, dann verstand er aber, was ich wollte und nickte.
    Er war nun wohl auch der Meinung, es wäre für alle Beteiligten am besten, wenn ich nicht hier gewesen wäre.
    Aber sein Blick versprach mir noch gehörigen Ärger.
    Naja, den nahm ich in Kauf.
    War immer noch besser als ein Dolch zwischen den Rippen.


    Die Aufmerksamkeit der Leute war noch auf die Flachsblonde und den unglücklichen Halunken, mit dem ich irgendwie gar kein Mitleid hatte, gerichtet.


    Ich warf den Krug.


    Nicht auf Miror.
    Auf den Tisch der Spieler.
    Er traf zerplitterte kurz vor dem Kleinen.
    Der kippte vor Überraschung nach hinten.


    Ich rief laut : "Gezinkte Würfel"


    Ich wartete nicht auf die Reaktion.
    Ich warf mich auf den Boden.
    Rollte unter dem Tischen hindurch.
    Durch den Vorhang zur Garküche.


    Hinter mir brach das Chaos aus.

  • Vor mir waren zwei riessige Füsse.
    Mein Blick glitt nach oben.


    Ein Berg ragte vor mir auf.
    Eine speckige kurze Tunika, die den halb fetten halb muskulösen Körper dieses Ungeheuers nur teilweise verbarg.


    In seiner kindskopfgrossen Faust ein gewaltiges Messer.


    Unwillkürlich schoss mir der Gedanke durch den Kopf, das Garküchenkoche alle miteinader verwandt sein mussten. Oder das nur reisige dicke Männer die Erlaubniss hatten Garküchen zu führen. Ich hatte noch nie kleine dünne Garküchenköche gesehen.


    Während der Koch mich noch verdutzt musterte, sprang ich auf, wünschte ihm noch einen angenhmen Abend, was ihn irgendwie aus der Fassung brachte, und hechtete mich durch das Seitenfenster hinaus.


    Ich landete in den Armen zweier Prätorianer. Das war zumindest eine Erklärung warum Marcellus mit meinem Verschwinden so schnell Einverstanden war.
    Diese Typen in Panzer stiegen gerade ziemlich in meiner Achtung.


    Die Zwei packten mich etwas unsanft und zerten mich einige Ecken weiter.
    Dort warteten wir.

  • Einige Zeit später kam Decurio Marcellus mit den restlichen Prätorianern.
    Sein Blick versprach nichts gutes.
    Er baute sich vor mir auf.


    "Was glaubst du eigentlich was du hier machst ?
    Bist du von allen guten Geistern verlassen ?
    Glaubst du ich bin dein Kindermädchen?
    Ich hätte nichts besseres zu tun als dir Nachts hinterherzurennen und in irgendwelchen dreckigen Spelunken für Ruhe zu sorgen ?
    Ich hätte nicht übel Lust dich für den Rest der Nacht einzusperren."


    Er holte Luft und schien sich zu beruhigen.


    "Wer waren eigentlich diese Kerle ?
    Nein, sag es mir nicht, ich will es eigentlich nicht wissen.
    Aber du solltest in nächster Zeit vorsichtig sein.
    Ich hab sie laufen lassen.
    Alles andere hätte zu viel Aufmerksamkeit erregt.
    So ist es besser. Eine nur eine kleine Schlägerei wurde verhindert, offiziell nichts wichtiges passiert."


    Das hatte ich befürchtet. Miror lief also noch in Rom herum. Aber es war logisch. Es würde schon genug Aufmerksamkeit erregen, das Prätorianer in der Suburba für Ruhe sorgten.
    Auch ohne Tote oder Verhaftete.


    Und ich entschloss mich spontan in nächster Zeit all meine Kraft meiner Ausbildung zu widmen.
    Ich empfand den Pantheon auf einmal als ziemlich angenhmen Aufenthaltsort.
    Zumindest in nächster Zeit. Und solange ich nichts genaues über Miror wusste.
    Mir fehlten die Verbindungen hier her. In die Suburba.
    Moment, was war mit dem Mann, der mir wohl helfen wollte ?


    Ich fragte, etwas kleinlaut, Marcellus.


    Mit einem zwinkernden Auge antwortete er mir.


    "Keine Ahnung, ich kann mich an so einen Burschen nicht erinnern.
    Abgesehen davon, ich weiß nicht, was schlimmer ist, dir versuchen den Hals durchzuschneiden, oder dir bei deinen Spielchen zu helfen."


    Ich war überrascht. Marcellus schien ja tatsächlich Humor zu haben.


    "Was hast du eigentlich angestellt da drinnen ?
    Warum war der Narbige so sauer auf dich ?"


    Ich war in Gedanken immer noch bei dem Fremden der mir geholfen hatte.
    Deswegen achtete ich nicht wirklich auf das, was ich dann sagte.


    "Meine Schuld. Als ich ihn das letzte mal traf hatte er noch keine Narbe. Der Idiot hat sich geduckt. Ich hatte auf den Hals gezielt."


    Dann wurde mir bewusst, was ich gesagt hatte.
    Schnell fügte ich hinzu :


    "Quatsch, das war ein Scherz, ich habe keine Ahnung, ich kenne den Typen nicht. Ich war einfach nur abenteurlustig. Ich hab so viel schlimmes über die Suburba von Rom gehört. Ich war einfach neugierig. Wahrscheinlich habe die erkannt, das ich dumm und unerfahren bin und wollten mich ausnehmen. Aber du hast das ja verhindert. Glücklicherweise."


    So wie mich Marcellus anschaute, glaubte er mir nicht.
    Er schaute mir in die Augen.
    Ich hatte das Gefühl, das ihm jetzt erst gerade bewusst wurde, was dort drinnen geschehen war. Und das sein spöttischer Satz vom Halsdurchschneiden der Wahrheit ziemlich nahe kam.


    Plötzlich packten mich zwei starke Hände von hinten.
    Geübt wurde ich durchsucht.


    Und dann stand Marcellus da.
    Mit beschlagenen Handschuh und Dolch.


    Die Hände liesen mich wieder los.


    Marcellus blickte auf die Gegenstände.


    "Unerfahren und dumm ? So, So.
    Sag jetzt kein Wort.
    Ich will nichts wissen.
    Wenn es nach mir ginge, würde ich dich für einige Wochen ins tiefste Loch werfen.
    Oder dir die Beine brechen.
    Ich habe das Gefühl, du wirst noch eine Menge Ärger machen."


    Dann gab er ein Zeichen und die Prätorianer verliessen mit mir in der Mitte die Suburba.



    Wer aber war der Mann gewesen der mir geholfen hatte ?
    Wie konnte ich ihn finden. Wie war sein Name ?
    In nächster Zeit würde ich keine Möglichkeit dazu haben.
    Aber vielleicht fand er ja mich.


    Und was hatte Miror vor.
    Er kannte mein Gesicht.
    Und den Namen Brutus.
    Brutus Canos.
    Er würde mich bestimmt nicht im Pantheon suchen.
    Ich musste mich nur erstmal etwas ruhig verhalten.
    Oder wusste er mehr ?


    Vielleicht kannte er noch den Namen Gaius Minor. Den hatte ich davor in Griechenland getragen.
    Ich hoffte nicht.
    Aber selbst wenn, ich glaubte nicht, das er in Griechenland Nachforschungen angestellt hatte.
    Definitiv nicht.


    Dort gab es eine Verbindung zwischen Gaius Ulpius Catus und Gaius Minor.
    Schliesslich war ich dort aufgewachsen.
    Und zu Gaius Minor wurde ich erst nach dem Tod meines Vaters.
    Als Gaius Minor war ich in Athen aktiv gewesen.
    Bis ich beschlossen hatte, das es besser wäre die Provinz und den Namen zu wechseln.
    Aber das konnte Minor nicht wissen.


    Und von Hispania war ich nach Germanien gegangen. Neue Provinz, neuer Name.


    Nein, ich war mir sicher, im Pantheon wäre ich sicher.
    Als braver Novize und gelehriger Schüler.


    Ich hoffte es zumindest.

  • Völlig außer Atem blieb ich in einer engen Gasse stehen und versuchte mich erstmal zu beruhigen. Meine Hände zitterten, meine Tunika war durchnäßt vom Angstschweiß.


    Wie spät war es? Die Nacht wich allmählich der Sonne, ich hörte die frühmorgendlichen Geräusche in den Mietshäusern zwischen denen ich stand. Allmählich wurde mir klar, was letzte Nacht alles passiert war. Der Mann, der Brutus genannt wurde, die 3 üblen Kerle, die Prätorianer.. Ohja, an die erinnerte ich mich besonders gut.


    Jemand aus einem hohen Stockwerks des Mietshauses hinter mir entleerte just in dem Moment seinen Nachttopf, was mich mehr als unsanft aus meinen Gedanken riss. Ich fluchte laut, war außer mir. Verärgert trottete ich weiter, versuchte mich daran zu erinnern in welcher Absteige ich mich einquartiert hatte.


    Ich versank wieder in Gedanken. Ich hatte Glück mit den Prätorianern, sie schienen sich weitaus mehr für die Bande die Brutus bedrohte zu interessieren. Verhaftet wurde jedoch niemand, ich sah die Kerle kurz nach meinem Verlassen der Taverne wie sie sich davonmachten. Sie waren mit einem blauen Auge davongekommen, das hinderte sie aber sicher nicht, Brutus weiterhin nachzustellen.


    Mich wunderte allerdings, daß der Anführer der Prätorianergruppe Brutus zu kennen schien. Er nannte ihn allerdings Gaius, den Nachnamen sprach er nach kurzem Zögern leider nicht aus. Vermutlich war Gaius, oder Brutus, welcher Name auch immer sein wahrer sein möge, Mitglied einer einflußreichen Familie. Und doch floh er, als ob er sich nicht in die Obhut der Garde begeben wolle.


    Ich blieb stehen. Wo in Jupiters Namen, war ich denn hier? Nach einigem Umsehen stellte ich fest, daß ich mich mittlerweile innerhalb der alten Stadtmauern befand, vor mir konnte ich eindeutig die Trajansthermen sehen. Achselzuckend ging ich schnurstracks darauf zu, ein Aufenthalt in den Thermen war durchaus angebracht, stank ich doch wie ein nasser Hund.

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