[Officium] Legatus Legionis

  • Befehle, die in der Principia aushingen, wurden eigentlich immer schnell an denjenigen weitergesagt, den sie betrafen. Darauf hatte Ursus sich verlassen und es hatte ja auch geklappt. Der Optio war erschienen, und zwar ziemlich prompt. Daher mußte er auch gar nicht warten, sondern wurde sogleich zum Legaten vorgelassen.

  • "Salve, Optio Tallius", grüßte Ursus zurück und musterte den Mann, der vor ihm stand. "Centurio Iulius ist voll des Lobes über Dich. Aus diesem Grund möchte ich Dich mit einer kleinen Sonderaufgabe betrauen." Er beobachtete aufmerksam die Reaktion auf seine Worte. Immerhin war es keine so ganz ausschließlich dienstliche Angelegenheit, auch wenn ein Kräftemessen für einen Soldaten immer eine sinnvolle Angelegenheit war. "Der Leibwächter meiner Frau ist ein Germane. Und er ist noch nicht vollständig von den Fähigkeiten römischer Soldaten überzeugt. Er hält eine Axt für eine brauchbare Waffe gegen einen trainierten Legionär. Wie würdest Du das beurteilen?"

  • Auf die Ankündigung einer Sonderaufgabe zeigte der Optio erst einmal überhaupt keine Reaktion. Sonderaufgaben gab es schließlich häufiger in dieser oder jener Form. Als er dann nach seinem Urteil gefragt wurde, kam ihm die Frage etwas seltsam vor. Was eine Axt anrichten kann, war für ihn keine Frage von Urteilen, sondern Fakten. "Eine kleine Axt macht nichts. Eine große Axt kann tödlich sein."

  • Das war nicht ganz das, was Ursus wissen wollte, daher hakte er noch einmal nach. "Du bist also der Meinung, ein Mann mit einer großen Axt hat einen Vorteil gegenüber einem Legionär? Obwohl eine große Axt doch recht unhandlich ist und der Benutzer sie weit schwingen muß, um die richtige Kraft zu entwickeln?" Baldemar hatte nicht von einer großen Axt gesprochen, nur von einer kleinen, die leicht umgearbeitet war. Dennoch war die Frage interessant.

  • Wieder einmal wurde dem Optio klar, dass viele Offiziere nur Theoretiker waren. Ein Praktiker würde kaum auf solche Fragen kommen, dachte er sich. "Er hat keinen Vorteil. Aber er kann den Legionär töten." Und damit war es eine brauchbare Waffe und danach hatte der Legat gefragt.

  • In der Tat war Ursus ein Theoretiker, was ernsthafte Kämpfe mit so verschiedenen Waffen anging. Die Erfahrung eines Soldaten konnte eben nur ein waschechter Soldat mitbringen. Es gab also keinen Vorteil, alles würde sich durch die Fähigkeiten der Kämpfer entscheiden. "Ich würde den Sklaven gerne gegen einen der Soldaten antreten lassen, schon um ihm Respekt vor den Fähigkeiten der Männer beizubringen. Suche Du mir einen geeigneten Mann aus, falls Du nicht sogar selbst Interesse an dieser Begegnung hast."*






    Sim-Off:

    Falls Du Priscus nicht in den Kampf schicken möchtest, würdest Du dann den Soldaten spielen? Leider haben wir ja keinen, auf den wir zurückgreifen können.

  • Der Optio verzog leicht den Mund. Einzelkampf war seiner Meinung nach eine Sache für Gladiatoren, nicht für Legionäre. Aber er hatte auch keine Lust, darüber zu diskutieren, weder mit dem Legaten noch mit den Soldaten seiner Einheit. Also fasste er die Anweisung als direkten Befehl auf, die Sache selber zu übernehmen. "Verstanden, Legat. Das übernehme ich selber. Wann?"

  • Da der Optio seine Gedanken nicht laut äußerte, konnte Ursus sie auch nicht erahnen und machte einfach weiter. "Du willst selbst gegen ihn antreten? Das freut mich, auch wenn ich Dich keineswegs dazu verpflichten wollte." Es war kein Befehl gewesen und dies wollte er noch einmal sicher stellen. Auch wenn er wußte, daß Priscus sein Wort nicht zurücknehmen würde, selbst wenn er ihn zuvor falsch verstanden haben sollte. "Sagen wir in drei Tagen? So habt ihr beide Gelegenheit, euch auf die Begegnung vorzubereiten. Zu welcher Tageszeit werden Deine sonstigen Pflichten am wenigsten beeinträchtigt?" Es wäre nicht gut, durch eine eher private Aktion den Tagesablauf einer ganzen Centurie zu stören und er kannte den Dienstplan des Optio nicht. "Und wir brauchen einen Ort, der möglichst nicht zu öffentlich ist."

  • "Vorbereiten? Ein Legionär ist immer vorbereitet", antwortete der Optio und grinste. Wie sollte er sich auch großartig vorbereiten? "In drei Tagen also. Zur vierten Stunde, nach dem morgentlichen Exerzieren. Und wenn es öffentlich sein soll, dann auf dem Exerzierplatz." Das Intervallum tat es zwar genauso gut, aber zum Kämpfen war nun einmal der Exerzierplatz da.

  • Ursus schmunzelte. "Nichts anderes habe ich von Dir erwartet. Doch der Sklave hat lange nicht gekämpft und erbat sich etwas Vorbereitungszeit. Ich finde, diese Gelegenheit sollte er haben, damit es nicht am Ende heißt, Du wärest zu sehr im Vorteil gewesen." Zu dem Termin nickte er. "In drei Tagen zur vierten Stunde. Aber wie ich schon sagte: Eher nicht so öffentlich. Sonst artet es in eine Art Circusspiele für die Männer aus und das möchte ich eigentlich vermeiden."

  • "Der Hof der Fabrica. Das ist eine sehr gute Idee. Dann also in drei Tagen, zur vierten Stunde auf dem Hof der Fabrica. Ich bin sehr gespannt auf die Begegnung. Du warst in Parthien dabei, nicht wahr? Aber gegen Germanen hast Du noch nie gekämpft? Oder bist Du ihnen im Kampf schon begegnet?" Ursus wußte nur wenig über den Optio, aber das konnte man ja ändern.

  • "Ja, ich habe in Parthia gekämpft", bestätigte der Optio. Das traf schließlich auf fast alle zu, die länger bei der Legio I waren. "Gegen Germanen noch nicht. Ich habe meinen ganzen Dienst bisher bei der Legio I verbracht." Und die Legio I war in dieser Zeit eben nie in Germania gewesen.

  • "Nun, dann bist Du sicher ebenso gespannt wie ich, was für Überraschungen Baldemar so bereit hält. Ich habe die Germanen als sehr gerade heraus, aber eben auch sehr stark und unnachgiebig erlebt. Allerdings habe ich nicht gegen sie gekämpft." Sein Erinnerung ging zurück zu jenem diplomatischen Besuch, der für ihn wie ein Blick in eine völlig fremde Welt gewesen war.

  • Wenn Priscus ehrlich war, hielt sich seine Spannung in Grenzen. Er sollte mit diesem Gegner kämpfen und wenn er den Auftrag richtig verstanden hatte, sollte er ihn auch besiegen, aber nicht töten. Ob der Gegner dabei etwas tat, womit Priscus jetzt schon rechnete oder nicht war ihm zumindest im Moment noch ziemlich egal. "Frische Rekruten halten auch manchmal Überraschungen bereit", sagte er daher nur. "Soll er den Kampf überleben?"

  • Der Optio schien keinen Zweifel zu haben, daß er siegen würde. Ursus nahm dies durchaus zufrieden zur Kenntnis. "Ja, er soll überleben. Möglichst ohne Verkrüppelung, denn seine Aufgabe als Leibwächter meiner Frau erfüllt er sehr gut. Es soll ein Übungskampf sein, keiner auf Leben und Tod."

  • ~ noch vor der Abreise von Septima nach Rom


    Für heute hatte sich Septima vorgenommen, ihren Mann in seinem Officium zu besuchen, damit sie in einer möglichst neutralen Umgebung miteinander reden konnten, ohne dass sie gleich wieder übereinander her fielen. Septima verstand selbsts nicht, weshalb es ihr so viel Lust bereitete, sich von Ursus lieben zu lassen, doch sie nahm es stillschweigend und gerne hin. Er gab ihr damit das Gefühl, geliebt zu werden und das Ergebnis trug sie bereits unter ihrem Herzen. Liebevoll strich sie sich mit der Hand über den leicht gewölbten Bauch, der ihrer Schwangerschaft entstammte.
    Septima atmete noch einmal tief durch, ehe sie die Principia betrat und an all den Soldaten vorbei schritt, die dort an ihren Schreibtischen saßen und ihrer Arbeit nachgingen. Vor dem Scriba des Legaten blieb Septima stehen. „Ich würde gerne mit meinem Mann sprechen. Hat er gerade Zeit?“ erkundigte sie sich und beäugte neugierig den jungen Soldaten. Sie war sich nicht sicher gewesen, ob sie um einen Termin bitten sollte, doch hätte das gewiss einen merkwürdigen Eindruck hinterlassen, wenn sie, als seine Frau, um einen Termin gebeten hätte. Nein, besser Ursus hätte gleich Zeit für sie.

  • Was für eine Schönheit! Der Soldat geriet direkt ins Träumen, als er die schöne Frau auf sich zukommen sah und hätte darüber fast vergessen, angemessen zu grüßen. Natürlich wußte er, wer sie war. Jeder in der Castra wußte, daß der Legat eine wahre Schönheit zur Frau hatte, jeder hatte schon einmal einen Blick auf sie geworfen und viele Gespräche in den Unterkünften drehten sich um sie. Ein wenig zu spät sprang er auf. "Salve... äh, edle Tiberia. Also ja,... ich meine ja, natürlich. Er ist allein, natürlich kannst Du hinein." Er stolperte über seine eigenen Worte, errötete zutiefst und deutete daher umso eindringlicher auf die Tür.

  • Es ging ihr nicht, dass ein paar Blicke ihren Bewegungen folgten, doch schob Septima dies auf ihren deutlich sichtbaren Zustand und nicht auf ihr Aussehen. Es war für Titus ein gutes Zeichen, dass er eine schwangere Frau hatte und Septima fühlte sich in ihrer Rolle zur Zeit sehr wohl. Somit schenkte sie dem Soldaten ein strahlendes Lächeln. „Ich danke dir.“ Und ging an seinem Schreibtisch vorbei, direkt in Ursus Officium.
    „Salve, Liebster.“ grüßte sie ihren Mann mit zärtlich leiser Stimme und ging auf ihn zu. „Dein Scriba meinte, du hättest ein wenig Zeit für mich.“ Sie lächelte. In der linken Hand hielt sie einen Brief, den sie erst kürzlich aus Rom erhalten hatte und über den sie unter anderem mit ihrem Gemahl sprechen wollte. „Ich hoffe es stimmt, was dein Scriba sagte?“

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