Spaziergang in Gedanken

  • Ich ging langsam. Mein Haar flatterte im Wind, woher auch immer er stammen mochte. Es tat gut, wie er mich erfrischte und er schien einige meiner trüben Gedanken mit sich zu reißen. Wenn cih auch nicht Flavius' seltsames Gesicht nicht vergessen konnte..

  • Irgendwann hatte er sich aufgerafft. Aber er hatte nicht vorgehabt ihr nachzugehen. Er wollte, tja, wenn er das gewusst hätte.
    Und dann sah er sie in der Ferne und seine Füße trugen ihn ganz von alleine. Ohne, dass er etwas dafür oder dagegen tun konnte. Es war, wie ein magisches Band, an dem er zu ihr gezogen wurde.

  • Ich begab mich zu den Toren und wollte hinaus ins Freie, dort einen klaren Kopf bekommen. Zielstrebig ging ich dort hin... Dort war die Freiheit wo ich sein konnte wie ich wollte, wo ich mich nicht den Römern anpassen brauchte. Ich lächelte. Am Tor selbst blieb ich kurz stehen und sah in den Wald...

  • Ich sah nun wie erstarrt in den Wald, ich hörte Schritte die wie ein Echo in mir wiederhallten... Ich ahnte gleich würde die Tür aufgehen und angstvoll sah ich aus meinen Kinderaugen dorthin. Er trat ein...


    Mein Herz klopfte ich schaffte keinen Schritt weiter vorwärts und gerade stehend versuchte ich mich langsam herumzudrehen. Da sah ich Flavius, doch nur mein Herz erkannte ihn, mein Verstand sah die hochgewachsene Gestalt..

  • "Julia?"
    Plötzlich war sein blasses Gesicht voller Sorge.
    Er kannte den Ausdruck in ihren Augen.
    "Ich bin es, Flavius," sagte er sanft. Sanfter, als er in den letzten Wochen auch nur einmal fähig gewesen war. Die Düsternis war aus seinen Augen für den Moment verschwunden und nur liebevolle Sorge zu sehen.

  • Ich sah ihn stumm an, verdammt. Warum konnte ich nicht einfach vergessen? Warum konnte ich ihn nicht einfach vergessen? Ich ging ein paar Schritt auf Flavius zu, bis ich direkt vor ihm stand. Noch immer schweigend. Ich sah zu ihm auf, doch an seinen Augen vorbei.

  • Er hob wie mechanisch seine Hand und strich ihr sanft über das Haar.
    "Es ist alles gut. Es ist vorbei. Du bist im hier und jetzt und in Sicherheit."
    Er drehte ihr Kinn so, dass sie ihm in die Augen sehen musste.
    "Niemals mehr, wird Dir jemand etwas antun und wenn es wer versucht, werde ich ihn eigenhändig dafür büßen lassen."
    Niemals mehr sollte etwas geschehen, was die Familie auseinaderriss und ihnen ein solches Schicksal einbrachte.
    "Es tut mir leid, dass ich es nie habe verhindern können. Alles hätte ich dafür gegeben. Auch mein Leben."

  • Ich nickte bei seinen Worten leicht... Es fiel mir schwer, am liebsten würde ich über alles sprechen wie es war, doch gleich bei welchem meiner Brüder: Ich würde die Schuldgefühle nur steigern.

    Ich weiß, doch das hätte ich nicht gewollt. Geschehen ist geschehen und es lässt sich nicht mehr ändern. Wir können nur das Beste aus allem machen.


    Ich hob meine Hand und strich ihm zärtlich über seine Wange.


    Mir... uns wird bestimmt nichts mehr geschehen. Ich weiß mich schon zu wehren und ich denke das passt allgemein auf alle Duccia!

  • Er legte sanft die Hand in ihren Nacken und zwang, fast schon zärtlich, ihr Kinn mit der anderen Hand so hoch, dass sie ihn ansehen musste. Lange sah er ihr in die Augen. Sein Blick spiegelte so unendlich viel wieder wie auch der ihre.
    Dann beugte er sich vor und küsste sie sanft auf die Stirn.
    "Ich liebe Dich, kleine Schwester. Und irgendwann möchte ich die Geschichte hören."
    Er sprach sanft und wusste, dass sie wusste, welche er meinte.

  • Nun ließ ich sämtliche Distanz verschwinden und warf mich förmlich an ihn, am liebsten würde ich weinen. Weinen, weil ich erst jetzt wieder Geborgenheit fühlte. Weinen, dass ich solche tollen Brüder hatte. Weinen, bei den Erinnerungen an die Vergangenheit. Weinen vor Glück.


    Ich dich auch, Bruder... du bist für mich mit der wichtigste Bestandteil meines Lebens... Ich bin immer für dich da, so wie auch du für mich, ich möchte dich nicht sehen wenn du etwas in dich heineinfrisst...


    Ich musste nun doch weinen, zugleich lächelte ich. Jeder der uns nicht kannte und an uns vorüber ging, dachte sicherlich wir waren ein Paar. Doch sollten sie das ruhig denken. Ich liebte ihn und es mochte sein, dass es etwas über die geschwisterliche Liebe hinausging, ich mochte es nicht beurteilen. Doch mein Herz hatte ich ohnehin Maximian geschenkt... Der Gedanke daran würde Flavius sicherlich verletzen... Ich seufzte leicht und wechselte in meinen Gedanken das Thema.


    Den Großteil kennst du ja bereits und ich glaube, es wäre nicht gut darüber zu sprechen. Es ist vergangen und es würde dir nur noch wehtun, was wir uns ersparen können.


    Ich sprach mit sanfter Stimme und genoss die Nähe meines Bruders, den ich so selten an meiner Seite hatte.

  • Er hielt sie fest und atmete den Duft ihres Haares. Seine kleine Schwester.
    Ihn verletzen?
    "Kleines, es kann mich nicht mehr verletzen als alles, was bisher war. Aber es verletzt Dich, jeden neuen Tag und jede Nacht, in der Dich die Alpträume quälen. Ich mag nicht immer da sein, aber ich bin nicht blind.
    Er sprach sanft und so leise, dass nur sie ihn hören konnte, auch wenn niemand in der Nähe war.
    Vielleicht würde es ihr endlich helfen darüber zu reden.

  • Ich sah verbittert auf den Boden. Der Regen war schon ein wenig her, doch würde es erneut beginnen so wäre es wie perfekt geschaffen für eine traurige Theatervorstellung... Ich seufzte tief und kämpfte - erfolglos - gegen die Tränen an. Woher wusste er von meinen Albträumen?

    Ich bin nicht klein..


    versuchte ich mit einem spaßigen Boxer in seinen Bauch, das Thema zu wechseln. Doch nach einem Blick in seine Augen wusste ich, dass meine Worte mehr als unangebracht waren... Würde ich es ihm erzählen können? Würde ich es durchstehen? Würde er verstehen? Würde ich es überhaupt so wiedergeben können, wie es war?


    Ich erzähle es dir... Allerdings nur unter einer Bedingung: Auch du kommst mit Sorgen zu mir, wenn du welche hast. Ich bin zwar immer noch schutzbedürftig, doch ich liebe meine Brüder und auch sie müssen einmal sprechen..


    Damit würde er sich automatisch verpflichten, es mir zu sagen wenn es ihn zu sehr treffen würde. Die Aussprache würde unserem Verhältnis sehr gut tun, doch verletzen wollte ich ihn nicht.

  • Ich sah mich kurz um und griff meines Bruders Hand um hinter die Tore zu gehen. Wir setzten uns auf einen umgefallenen Baumstamm und ich schnupperte. Es roch so nach nassem Gras, ich liebte diesen Duft. Die nicht häufigen Bäume um uns herum strahlten in schönem Grün und ich rang mir ein kurzes Lächeln ab, doch als ich meine Worte zusammensuchte verschwand es. Murmelte leis...


    Wie geht es wohl dem Baum, den ich damals gepflanzt habe? Ob er noch steht oder ob auch er gefällt wurde...


    Ich sah zu Boden, ich hatte es wahrlich geschafft aus einer kleinen Frucht einen Eichenbaum heranwachsen zu lassen. Das war damals mein ganzer Stolz gewesen. Ich sah zu Flavius.

    Du erinnerst dich, ich... wurde damals entführt. Der Weg führte nach Gallia wo... Er wohnte, ich weiß es nicht. Ich wachte zumindest eines morgens in einer kleinen Hütte auf. Hübsch eingerichtet...


    Ich redete drum herum, doch was brachte es mir? Ich sah zu Boden und sah auf das Gras. Wieviel Leben sich dort wohl tummelte dass wir so nicht zu sehen vermochten? Und wieviele wohl mit einem Schlag getötet wurden? So wie ich damals...?


    Doch weniger hübsch von den Bewohnern her... Die ersten Tage kam ich hervorragend mit den beiden aus. Ich schätze sie auf Mitte 30, beide. Vielleicht Brüder? Sie verpflegten mich gut, doch... eines Nachts... legte sich mein Entführer zu mir und... Verlangte nach mir, als ich Schreien wollte hatte er mich niedergeschlagen...

  • Seine Kiefernmuskel spannten sich und die Zähne bissen zusammen, aber er hielt ihre Hand sanft fest, unverändert und solange sie ihn nicht ansah, würde sie nicht merken, wie es in ihm langsam zu kochen begann.
    "Erzähl weiter," sagte er leise und sanft.

  • Sollte ich wirklich weiter erzählen? Konnte ich es weiter erzählen? Ich atmete tief durch und ließ ein paar wenige Minuten die frische Luft durch meine Lungen strömen. Ich wunderte mich sehr, dass meine Tränen nicht kamen.


    Das wiederholte sich nahezu Tag für Tag. Ich wurde schlechter behandelt als ich es mir je zu träumen wagte, bekam kaum noch zu Essen und... Ich weiß nicht was war, doch den anderen habe ich nicht mehr wiedergesehen - ob er zuvor für mein Wohlbefinden zuständig war?


    Ich mochte nicht weitererzählen, glaubte mein Herz würde zerbersten. Ich öffnete meinen Mund ein Stück um weiterzuerzählen doch kam nur ein erstickter Laut heraus. Ich war allerdings eher in Trance denn am Weinen, denn meine Stimme war teilnahmslos als ich fortfuhr...


    Jedenfalls wurde ab dem Tag alles schlimmer... ich wurde für Geld - vermute ich - anderen Männern dargeboten, doch kann ich mich nur noch an einen wirklich klar erinnern, die meiste Zeit verbrachte ich ob Unterernährung im Halbschlaf. Und...


    Ich schweig und starrte vor mich hin.

  • Er nahm sie in den Arm, zog sie an sich ran. Sein Gesicht war blass. Die Kiefern fest zusammengepresst. Seine Arme umschlungen sie beschützend und er sprach leise und sanft in ihrer Sprache auf sie ein.
    Seine Hand fuhr ihr beruhigend über die Haare und dann über den Rücken. Er sagte nichts, hielt sie nur fest und war da. Er wäre auch nicht in der Lage gewesen etwas zu sagen. Er wusste nicht, was er sagen sollte. Wenn er dieses Schwein erwischen würde. Seine kleine Schwester, sie war noch ein Kind gewesen. Nicht einmal annähernd eine Frau. Perverser Bastard.
    In ihm kochte es, brodelte es gefährlich, aber er liess es sie weder spüren noch sehen.

  • Ich weinte nicht. Warum? Hatte ich zuviel geweint? Hatten zuviele klare Tränen den Boden benetzt? Ich dachte an damals... meine halbe Zeit hatte ich benommen auf dem Bett verbracht. Ich... Hatte ich Flavius das alles gerade wirklich erzählt? Was sollte es helfen? Es schien, als erahnte ich seine Gedanken, doch dass er diesen ...


    Er ist tot...


    Sprach ich monoton. Nein, der "Stammkunde" leider nicht, doch wenigstens der "Verkäufer". Ich hatte nie Hass empfunden, doch einmal vom Hass zerfressen trägt man ewig Kälte in seinem Herzen. Und Trauer. Depressivität die mich mein Leben verfolgen würde und manches mal sicher in den Wahnsinn treiben wird.

  • Er hörte die Worte und in ihm wurde ein Klumpen eiskalt und hart.
    "Wie?"
    Er fragte immer noch sanft und seine Hand streichelte sie weiterhin.
    Aber in ihm starb etwas, oder wurde etwas wiedergeboren, was bis dahin tod gewesen? Er spürte zum ersten Mal etwas in sich brodeln, was er seit dem Tag dort draussen nicht mehr gespürt hatte, damals, als er dachte, sie seien alle Tod und dann Val gefunden hatte, lebend und doch zugleich tot.

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