• Gemächlich war Straton die Straßen entlang geschritten, er hatte es nicht wirklich eilig - und Rom bot so vieles zu sehen. Bürger, die um die Mittagszeit noch unterwegs waren und ihren Mittagpuls in einem irdenen Gefäß mit sich herumtrugen, um ihn nach Hause zu den Kindern zu bringen. Reiche Bürger, die in Sänften geschleppt wurden. Noch reichere Bürger, ebenfalls in Sänften, mit einem großen Aufgebot an Sklaven - es gab vieles in Rom zu sehen, und für einen Mann, der gerne beobachtete, wahrscheinlich noch das Meiste. Stunden hätte er mit diesem Auftrag verbringen können, und er genoss es, sich durchzufragen. Als er endlich vor der villa Aurelia angelangt war, hatte er gut eine Stunde gebraucht, um den eigentlich nicht so langen Weg hinter sich zu bringen, und klopfte dann kräftig an der porta an. Eigentlich lächerlich, so viel Aufwand für einen dummen Liebesbrief - aber sein Herr mochte so etwas. Für Straton waren Liebesbriefe allgemein eher Zeit- und Ressourcenverschwendung.

  • Ebenso gemächlich wie manch römischer Bürger oder Sklave um diese Zeit durch die Straßen Roms schreiten mochte, streifte Leone gerade durch die villa aurelia, in der es auch so einiges zu sehen gab. Das tat er selbstverständlich nur dann wenn es an der porta ruhig war, oder ihn niemand von den Herrschaften dabei ertappen konnte.
    Gerade im Moment betrachtete Leone sein Ebenbild, welches sich im impluvium spiegelte und schnitt Grimassen, als er das deutliche Pochen an der Tür vernahm. "sowasaberauchnichtmalfünfminutenhatmanseineruhe" murmelnd eilte Leone sogleich zur Eingangstür und öffnete sie einen Spalt.


    "Salv..." Leone stockte kurz, als er die fremdländisch anmutende Gestalt vor der Türe bemerkte und ertappte sich dabei, wie er unbewusst auf dessen Ohren starrte. Wieso er das tat, wusste nicht mal Leone selbst. Schnell fand er jedoch wieder in seine Routine als Ianitor zurück und lächelte den Fremden freundlich an. "Salve! was kann ich für dich tun?"

  • "Salve," sagte der Grieche in ruhigem Ton und betrachtete sein Gegenüber einige Momente lang. Was starrte der ianitor ihn so dämlich an? Hatte er etwa vergessen, die Haare sauber zu frisieren? Aber eigentlich vergaß Straton solche Dinge nie. Wäre man unfreundlich, hätte man ihn sicher irgendwann auch treffend als einen selbstfixierten, eitlen Pedanten bezeichnet. "Ich habe von meinem Herrn Caius Flavius Aquilius eine Nachricht an die domina Aurelia Prisca und bin angewiesen worden, diese nur persönlich zu übergeben. Ich hoffe doch, dass sie derzeit anwesend ist?" Wahrscheinlich stimmte es, was man über Schwarze sagte - dass sie alle ein bisschen gaga waren. Dem Blick dieses Mannes nach zu urteilen war die Behauptung jedenfalls nicht allzu weit von der Realität entfernt.

  • Schon wieder? ... da waren doch erst vor ein paar Tagen zwei flavische Sklaven hier gewesen!? dachte sich Leone, obwohl er eigentlich gar nicht darüber nach denken wollte. Sollten doch die Herrschaften machen was sie wollten. Den Brief durfte der Bote gerne selber überbringen, denn Leone wollte eigentlich nur so schnell wie möglich zurück ans impluvium, wo immer noch sein Spiegelbild im Wasser auf ihn wartete.


    Hoffentlich wäre die Herrin heute in besserer Stimmung. Mit Sicherheit, schließlich war der Brief ja von dem Flavier ... "Du hast Glück, sie ist anwesend. Ich bringe dich gleich zu ihr. Bitte folge mir." Leone öffnete die Türe ganz und lies den Boten eintreten.

  • Schade, dachte Straton, das machte die Möglichkeit auf einen zweiten Ausflug durch die Stadt, bei dem er sich nicht beeilen musste, leider zunichte. Andererseits würde er den verdammten Liebesbrief loswerden, bei dem er stets die Befürchtung hatte, das darin gespeicherte, schwülstige Empfinden würde noch auf ihn abfärben.
    "Danke," erwiederte der Grieche dann schlicht und folgte Leone in das Innere der prächtig ausgestatteten villa.

  • Als Leone die porta öffnete, war er in nicht geringem Maße erstaund, den Didier so schnell wieder vor ihr anzutreffen. "Salve, dominus", grüßte er. "Was kann ich diesmal für dich zun?"

  • "Das gleiche wie letztes Mal, ich würde gerne Aurelius Corvinus sprechen."


    Zwar beatwortete er die Frage des Sklavens nicht in dem Sinne was er für ihn tun konnte, aber er nahm einfach an, daß die Sklaven eines angehenden Senators so intelligent waren um zu erkennen was er wollte. Wenn nicht, nun dann würde er empfehlen neue anzuschaffen. Möbel wechselte man schließlich auch aus, wenn sie kaputt gingen.

  • Viele Wochen waren seit Ostia ins Land gegangen. Regen und kalter Wind beherrschten Rom, in dem ich mich wieder niedergelassen hatte. Der Kontakt zu meinem Vater war spärlich, Ofella hatte ich bis zu ihrer Abreise, mit Ausnahme auf dem Weinfest, nicht zu Gesicht bekommen. Ab und an führte ich Gespräche mit Epicharis, ansonsten vergrub ich mich in der claudischen Villa. Irgendwann erreichte mich die Bestätigung der Entlobung, die mich zwang, der Realität ins Auge zu sehen. Es dauerte wiederum Tage, bis ich mich dazu durchringen konnte, der wohl schwierigsten Begegnung meines Lebens nicht länger aus dem Weg zu gehen. Zu sagen, es wäre nicht alles besprochen, war maßlos untertrieben, denn im Grunde stand ich vor einem einzigen Fragezeichen. Aber Antworten mochten die Situation auch nicht besser machen, das war mir klar. Dennoch ...


    Die Frage, was ich dann eigentlich hier wollte, ging mir durch den Kopf, als die Sänfte das Anwesen meiner ehemaligen Familie erreichte. Vielleicht war es Orientierung, möglicherweise auch eine rückständige Klärung, eine abschließende Regelung, ich konnte es nicht sagen. Nieselregen fiel auf die hochgesteckten Haare, als ich dem Reisegefährt entstieg und der Porta zuschritt. Einer der Sklaven klopfte, denn ich wollte nicht wie sonst üblich unangemeldet eintreten. Eine Erklärung sparte ich mir jedoch, an diesen Boten zu geben, immerhin kannte mich annähernd jeder der aurelischen Sklaven und der Ianitor sowieso. Mein Blick schweifte während der Wartezeit über die Gartenanlage. Einsicht bot ausgerechnet der Teil, in den ich vor Jahren die verschiedenen Zwiebelgewächse einbringen ließ. Ungeachtet des Wetters setzte ich mich in Gang und strebte den Beeten zu, während die Sklaven zurückblieben.

  • Zitat

    Original von Quintus Didius Albinus
    "Das gleiche wie letztes Mal, ich würde gerne Aurelius Corvinus sprechen."


    Um ein haar hätte Leone gefragt, ob der Didier diesmal Senf dazu wünschte, aber da der noch nicht erfunden war, ließ er es bleiben und geleitete den Besucher daher seinem Wunsch entsprechend in die villa Aurelia hinein. :]

  • Die klopfenden Knöchel hatten das Holz noch nicht wieder verlassen, da öffnete Leone bereits die porta. Verblüfft blickte er in bekannte Gesichter... "Sal..vete!" betonte er erfreut, als er Minna und Fione gewahrte. "Na ihr beiden Hübschen? Was führt euch denn hierher?" Da sonst keine Herrschaft anwesend zu sein schien, ging er davon aus, dass sie aus eigenem Interesse hergekommen waren.

  • Kaum hatte Fiona geklopft, schon ging auch die Tür auf, so als hatte Leone, Ianitor auf uns gewartet.
    "Salve! Unsere Herrin, Claudia Aureliana Deandra bittet um Einlaß!
    Offensichtlich kannte er sie noch. Es war ja schließlich noch gar nicht solange her, seitdem sie, Minna und Fiona, unter einem Vorwand krampfhaft um Einlaß baten, um in der Villa das Samhainfest feiern zu können.

  • Leone blinzelte verwirrt. Er hätte sich ja schon etwas mehr erhofft als eine schlichte Arbeitsanweisung. Aber da die Rothaarige das scheinbar anhand seines lockeren Kommentares nicht bemerkte, wandte er sich nun also der Aufgabe zu. Nur... "Ehm... Und wo bitte ist die domina?" fragte er und sah sich um. Nirgendwo konnte er sie erspähen. Er zuckte mit den massigen schwarzen Schultern.

  • Schon wieder waren sie bei der Villa Aurelia zu Besuch. Heute allerdings ging es nicht auf ein Fest. Die beiden Sklavinnen begleiteten die junge Claudia zu einem ernsten Gespräch.


    Der Ianitor an der Porta schien sie wieder zu erkennen, so fröhlich, wie er sie begrüßte. Freundlich zwinkerte Minna ihm zurück. Warum hatte die Villa Claudia nicht so einen charmanten Ianitor?
    Fiona hatte ihm bereits von ihrem Anliegen unterrichtet. Als er nach der Herrin fragte, drehte sie sich erstaunt um. Ja, wo war Deandra denn nur? Sie war doch gerade noch hinter ihnen gewesen. Ratlos blickte sie umher. "Warte einen Moment, ich werde nachsehen, wo sich unsere Herrin befindet." Kaum hatte sie das gesagt, machte sie sich auf den Weg in den Garten. Es dauerte nicht lange, da hatte sie Deandra auch schon entdeckt. Sie stand gedankenverloren bei den Beeten. Minna stutzte einen Moment. Wieso betrachtete sie sich denn jetzt irgendwelche Gewächse? Und das bei diesem ungemütlichen Wetter. Zielstrebig lief sie auf sie zu. "Herrin, ist alles in Ordnung? Du kannst jetzt eintreten."

  • Das Kraut der Zwiebelgewächse war um diese Jahreszeit längst verwelkt und verrottet, daher gähnte Leere an den Stellen, die mir dafür bekannt waren, im Frühjahr einen schönen Farbteppich in diesen Garten zu zaubern. Ich fragte mich, wer wohl jetzt für die Gartengestaltung sorgte und ob meine Zöglinge an Ort und Stelle bleiben durften. Minnas Frage schreckte mich aus den Gedanken und stieß gleichzeitig die Überlegung an, was ich auf die Nachfrage antworten sollte. Ich wandte den Kopf und suchte ihren Blick, ließ zwei Atemzüge vergehen und erwiderte leise: „Erinnerungen, Minna. Sie kommen immer dann, wenn man sie nicht braucht.“ Ein Mundwinkel schien zu lächeln, eine Schulter zu zucken, aber in Wirklichkeit zupfte nur der Wind an der Palla und pustete eine Haarsträhne ins Gesicht.


    „Ja, dann lass uns mal die Villa betreten“, sagte ich mehr zu mir als zu ihr, während ich mich in Bewegung setzte. Plötzlich spürte ich die klamme Kleidung und begann zu frösteln. Einerseits wünschte ich mir warme, trockene Wäsche, andererseits besaß ich nun einen Grund, die unweigerlich aufkommende Aufregung, wie auch immer sie sich bemerkbar machen würde, darauf zu schieben. Ich fasste die Palla enger, als ich auf die Porta zu und am Ianitor vorbei schritt.


    „Melde mich bei Corvinus an“, gab ich einer Sklavin in Auftrag, doch bevor ich den Eingangsbereich durchquert hatte, verhielt ich den Schritt, drehte mich um und hob den Arm. „Ach, warte. Das ist Blödsinn.“ Fast hätte ich mich selbst zum familienfremden Besuch degradiert. „Ich suche ihn selbst auf, sag mir einfach, wo er sich gerade aufhält.“

  • Es war wie gehabt - Straton war der Bote für seinen Herrn, aber diesmal war es ihm leider nicht möglich gewesen, allzu viel Zeit damit zu verbringen, Roms Schönheit zu betrachten. Dieses Mal befand sich sein Herr auf einem ehrfurchtgebietenden, riesigen Pferd hinter ihm und wartete, genau wie einige andere Sklaven des flavischen Haushalts, die eine Sänfte flankierten. Wofür die Sänfte? hatte er noch gefragt, aber da man nicht sicher wusste, ob die domina Aurelia Prisca reiten konnte, hatte man sich eben auf alle Eventualitäten vorbereitet. Und nun blieb es - wieder einmal - bei Straton, zu jener verschlossenenn Türe zu schreiten und die Hand zu erheben. Ein kräftiges Klopfen ertönte und während sein Herr anscheinend nichts besseres zu tun hatte, als mit diesem riesigen Ding von Pferd zu sprechen, wartete der Grieche geduldig ab, ob sich im Inneren der villa etwas rührte.

  • Zugegeben, ein bisschen aufgeregt war ich schon. Letztendlich hing von diesem Ausflug dann doch einiges ab - eine erfolgreiche Verbindung mit der gens Aurelia war zwar nicht ganz so prestigeträchtig wie mit der gens Claudia, aber auf Dauer würde es der Familie zumindest eine halbwegs offene Türe sichern, was diesen Bereich der städtischen Politik anbelangte. Es war in sofern ganz praktisch, dass ich noch ungebunden war, Furianus' Ehewerbung war bislang nicht in die Richtung der Aurelier gegangen, und ich hatte auch nicht vor, mit meinem Vetter ins Gehege zu kommen. Und wenn man diese ganze Politik einmal beiseite ließ, ging es hier immerhin auch um das Leben zweier Menschen. Ich kannte Prisca wenig, und da das Fest der Meditrinalia mir nur wenige Möglichkeiten offeriert hatte, mit ihr überhaupt ein unbeobachtetes Gespräch in aller Ruhe zu führen, hatte ich mir diese Möglichkeit eben schaffen müssen, ganz entgegen jeglicher Konvention. Ob ihr gefallen würde, was ich vorbereiten hatte lassen? Ob sie wohl mit mir gemeinsam auf Lapsus, meinem schwarzen, eigentlich gutmütigen Hengst, reiten würde?


    Zumindest in einem war ich mir sicher - ich wollte sie näher kennenlernen, und auch vielleicht das Thema einer Hochzeit anschneiden, damit sie gleich wusste, dass es mir ernst war. So vieles gab es dabei zu bedenken, und ich war mir längst nicht sicher, ob ich bereit für eine Ehe war, ob sie es war - aber man musste eben sehen, was passieren würde. Ich freute mich jedenfalls auf die Gelegenheit, ein wenig Zeit mit ihr zu verbringen, mit ihrem sonnigen Gemüt, ihrem offenen Lächeln - und alles weitere würde sich zeigen. So wartete ich geduldig, dass mein Straton uns ankündigte, und klopfte dem unruhig auf der Stelle tänzelnden Lapsus den Hals, damit er sich wieder beruhigen würde.

  • Wer klopft denn da schon so früh am Morgen? Dachte sich Leone und schlurfte gähnend zur Tür. Seine Haltung änderte sich aber schlagartig, sobald er die porta öffntete. Zuerst sah Leone nur den Boten, den er bereits vor ein paar Tagen herein gelassen hatte. Dann aber fiel sein Blick auf die Sänfte und den Herrn samt Pferd. Natürlich wusste Leone sofort, warum das flavische Gefolge sich heute hier eingefunden hatte.


    Schließlich liefen auch in der villa Aurelia bereits die Vorbereitungen für den Ausflug der domina Prisca. Nur ob die Herrin ebenfalls schon darauf vorbereitet wäre? Mit einem unbemerkten Fingerschnippen hinter seinem Rücken, gab Leone einem ebenfalls herbei geiltem Sklavenjungen den vereinbarten Wink, sich sofort zum cubiculum der Herrin zu begeben, um ihr die Nachricht vom Eintreffen des Flavius Aquilius zu überbringen.


    Währenddessen würde er sich um die Gäste kümmern und er öffnete die porta weit. "Salve! Seid gegrüßt. Ihr werdet bereits erwartet.", richtete er das Wort zunächst an Straton. "Die gens Aurelia freut sich sehr über den Besuch deines werten Herrn Flavius Aquilius. Die Herrin Prisca wurde bereits von seiner Ankunft in Kenntnis gesetzt und wird sicher gleich hier sein." Na ja, das hoffte er zumindest. "Tretet ein! ... Oder wollt ihr lieber hier auf sie warten?", fragte Leone weiter freundlich nach, da er sah wie sich der Herr gerade mit seinem Pferd beschäftigte und vielleicht wollten sie ja auch so schnell wie möglich wieder aufbrechen.

  • "Salve und auch einen guten Morgen!" Soviel Höflichkeit musste schon sein. Und öhm ja, was wollte sein Herr eigentlich? Straton blickte sich kurz und fragend zu Aquilius um, eine Braue hebend. Und nachdem der Flavier genickt hatte, tat der Grieche das Ergebnis der nonverbalen Kommunikation auch gleich kund: "Mein Herr wird die domina Aurelia Prisca sicher gern in ihrem eigenen Haus begrüßen, auf der Straße ist dazu nicht der geeignete Ort." So etwas musste ja auch nicht sein, die Begrüßung einer Frau aus gutem Haus auf die Straße zu verlegen. So trat Straton zurück, um seinem Herrn Platz zu machen, der bereits von seinem riesigen Pferd herabgerutscht war - er selbst blieb bei den wartenden Sklaven und achtete darauf, dass kein Schindluder mit der Sänfte getrieben wurde. Manchmal kamen Sklaven da auf die seltsamsten Ideen.

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