• Das Flußufer wird gesäumt von mehreren hölzernen Stegen, an denen regelmäßig die Lastschiffe festmachen, die die Legion versorgen. Auch die Händler der Stadt profitieren von dem vergleichsweise gut ausgebauten Hafen und können ihre Produkte besser verkaufen.


    Im Moment herrscht gerade wenige Betrieb am Hafen, nur zwei Lastschiffe schaukeln auf dem Wasser. Eines wird gerade entladen, das anderer wartet darauf, dass seine Besatzung aus einer der Kneipen Mantuas zurück kehrt...

  • Erste Schwierigkeit war, die Stelle zu finden, an der der Optio das Schwimmtraining aufnehmen wollte. Ich begab mich einfach auf direktem Wege zum Fluss, so wie wir immer zu ihm gelangten, und landete beim Hafen.


    Bis auf zwei Lastschiffe, von denen eines gänzlich ruhig im Hafen lag, war nicht viel zu entdecken. Ich setzte mich also an das Flussufer, kaute auf einem Grashalm herum und beobachtete die Besatzung des zweiten Schiffes beim Löschen der Ladung.

  • Nach und nach trafen mehr Soldaten der Legio I ein und schließlich auch der Optio.


    "So, Männer, gleich geht's ab ins kühle Nass. Aber hier am Steg ist es langweilig, wie folgen dem Uferpfad dort ein paar hundert Schritt flußabwärts."


    Er marschierte los und die Soldaten folgten ihm in einer langen Reihe. Nach kurzer Zeit erreichten sie eine Stelle, wo das Ufer flacher war, so dass alle Soldaten bequem Platz fanden. Der Fluß war hier aber auch etwas breiter.


    "So, erstmal für diejenigen, die noch bei keiner Wasserübung dabei waren - was meint ihr, wie wir 'rüberkommen?"

  • Tja, ich war noch nie bei einer Wasserübung dabei. Eine Zeitlang grübelte ich, versuchte mir Schild und Rüstung im Wasser vorzustellen und gab schließlich auf.


    „Hm, wie wäre es mit einem Floss?“


    Zwar wusste ich, dass wir zum Schwimmtraining angetreten waren, aber dennoch erschien mir ein Floss zur Überquerung die beste Lösung zu sein. Der Fluss war breit, die komplette Marschausrüstung nicht unerheblich von Umfang und Gewicht, ein Floss trug zugleich mehrere Soldaten, Äxte führten wir immer mit, denn auch beim Lagerbau mussten Bäume gerodet werden.


    Meine Überlegungen gingen weiter...


    "Ich würde auch als erstes einmal testen, ob mein Scutum auf dem Wasser treibt oder sich vollsaugt, um unterzugehen. Erst danach kann ich wirklich beurteilen, ob es mir Hilfe oder Last beim Überqueren ist."


    Ich sah interessiert zu den anderen Soldaten und war auf deren Ideen gespannt.

  • Zitat

    Original von Herius Vesuvius Claudius
    "Ich würde auch als erstes einmal testen, ob mein Scutum auf dem Wasser treibt oder sich vollsaugt, um unterzugehen. Erst danach kann ich wirklich beurteilen, ob es mir Hilfe oder Last beim Überqueren ist."


    Der Optio grinste: "Tja, es würde sich vollsaugen, ganz bestimmt - und trotzdem wird es uns eine Hilfe sein!"


    Viele Vorschläge waren ähnlich wie die bereits geäußerten und der Optio kommentierte sie alle kurz. Dann setzte er wieder zu einer längen Erklärung an:


    "Also, das Floß ist schon mal keine ganz falsche Idee, die kann man einsetzen. Machen wir hier aber nicht.


    Schaut euch den Fluß mal genauer an. Warum bin ich hierhin gegangen, und nicht am Hafen geblieben? Nun, hier ist der Fluß breiter, aber das Ufer flacher. Der Fluss breitet sich in der Fläche aus, aber er wird dadurch flacher. Wir werden ihn hier zu Fuß durchqueren können - allerdings wird euch das Wasser bis zum Hals gehen! Das wäre nicht gut für eure Ausrüstung.
    Und da kommt jetzt das Scutum ins Spiel. Ein Scutum ist ein guter Schild und nachts im Zelt nehmt ihr es als Bett - und jetzt nehmt ihr es als Tragevorrichtung! Ihr nehmt den Schild, legte alle schwere Ausrüstung hinein, hebt das ganze über euren Kopf und könnt so den Fluß durchschreiten, ohne das die Ausrüstung Schaden nimmt.


    Damit ihr nicht von der Strömung weggedrückt werdet, können wir noch ein oder zwei Seile spannen - wer meldet sich freiwillig, um sie auf der anderen Seite fest zu machen?"

  • Mein erster Gedanke: Das war unfair. Natürlich bin ich davon ausgegangen, dass man den Fluss NICHT durchwaten kann. :D


    Den Liegekomfort eines Schildes hatte ich nun auch schon während zweier Märsche erproben dürfen und mir dabei etliche Muskelverspannungen geholt. Nun kam also seine Rolle als Tragevorrichtung ins Spiel. Ein gutes Armtraining, dachte ich bei mir, wenn man Kopfschmerzen durch das Gewicht von Schild und Ausrüstung vermeiden will, indem man den Schild nie ganz absetzt.


    Der Gedanke an die unterstützenden Seile sagte mir zu und da sich sonst niemand meldete…


    „Ich übernehme das.“


    Sofort legte ich meinen Schild auf den Boden, Rüstung und Waffen hinein. Nur noch mit Tunika bekleidet wartete ich auf die Seile und den Befehl.

  • "Na dann, 'rüber mit Dir", meinte der Optio und warf ihm ein langes Tau zu.


    "Die anderen können ihre Ausrüstung auch schon mal für den Transport vorbereiten.


    Und macht euch keine Hoffnung, dass wir mit einmal 'rüber und zurück schon fertig sind! Das ist nur zum Aufwärmen..."

  • Mit einem Grinsen quittierte ich die letzten Worte des Optios. Ich hatte mich bereits an den Drill gewöhnt. Problematisch für jeden Neueinsteiger, aber das lag hinter mir. Nach der Ausbildung in der Zeit als Probatius erschien mir jedes nachfolgende Training leichter. War wohl eine Art Gewöhnungseffekt. Vielleicht stieg auch die Kondition, vielleicht sank auch die Härte der Ausbildung. Wer weiß?


    Ich schlang mir das Tau um den Leib, um die Arme zum Schwimmen frei zu haben. Davon versprach ich mir ein schnelleres Überqueren des Flusses, als wenn ich zu Fuß marschieren würde. Der Widerstand, den mein Körper dabei in Gänze dem Wasser entgegensetzten würde, wäre ein viel größerer.
    Während der ersten Schritte ins Wasser hielt ich die Luft an. Es war verdammt kalt! Bloß nicht stehen bleiben, sondern immer in Bewegung, dachte ich. Bei den Kältegraden schrumpfte einfach alles. :D


    Mit kräftigen Arm- und Beinbewegungen ging es relativ schnell bis zu Mitte, dann wurde die Strömung stark und die Anstrengung groß. Es war wohl mehr der Wille als die Kraft, der mich über die Flussmitte hinwegbrachte. In Richtung Ufer ging es wieder einfacher, obwohl das Tau mich beständig zurückzuhalten schien. Dennoch, wenn auch ziemlich ausgepumpt von der ungewohnten Betätigung, stieg ich schließlich an Land und atmete erst einmal kurz durch. Dann suchte ich mir einen kräftigen Baum in der Nähe des Ufers, schlang das Tau darum, zog es straff bzw. versuchte es und befestigte es anschließend.


    Natürlich hing das Seil durch. Es war nass und damit schwer und nicht zuletzt lang. Ich war gespannt, ob der Optio eine Idee hatte, wie es trotz alldem noch mehr gestrafft werden konnte. Abwartend sah ich zum anderen Ufer. Falls es so in Ordnung war, würde ich zurückschwimmen bzw. mich diesmal durch die Flussmitte hangeln.

  • Dass das Seil ein gutes Stück im Wasser hing störte den Optio nicht weiter. Schließlich sollte es die Männer ja auch daran hindern, von der Störmug weggedrückt zu werden, und dazu musst es nun mal da sein, wo die Männer waren - im Wasser. Zum Festhalten am Seil hatte ja ohnehin niemand eine Hand frei, wenn er seinen Schild über den Kopf halten müsste.


    "Gut gemacht - komm' wieder 'rüber," rief er Claudius zu und winkte mit seinem Optiostab.


    Dann liess er die Soldaten entsprechend ihrer Zugehörigkeit zu einem Contubernium antreten. "Erstes Contubernium - auf geht's. Sobald ihr drüben seid: Rüstung wieder anlegen und Kampfbereitschaft herstellen.
    Zweites Contubernium folgt in kurzem Abstand und stellt ebenfalls Kampfbereitschaft her."


    Während sich die betroffenen Soldaten ins Wasser begaben, bereitete sich der Optio selber ebenfalls auf die Flussdurchquerung vor.

  • Der Optio zeigte sich zufrieden und so trat ich den Rückweg oder besser die Rückdurchquerung an. Im letzten Drittel traf ich die erste Soldaten, die mit ihrem Marschgepäck nicht besonders schnell vorankamen. Wenig später ging ich an Land.
    Ich gönnte mir einige Minuten der Verschnaufpause, griff mir dann mein Scutum und reihte ich mich in meine Contubernia ein, die auch schon zur Flussüberquerung schritt.


    So lange das Wasser nicht allzu tief war, kamen wir recht gut voran. Schwieriger wurde es in der Mitte des Flusses. Jeder Schritt kostete Kraft, denn der Körper musste das Wasser annähernd entgegen der Fließrichtung verdrängen. Das Seil leistete dabei erstaunliche Hilfe, wenn es auch nicht sonderlich angenehm war, permanent dagegen gedrückt zu werden.


    Nachdem die Flussmitte hinter uns lag, ging es wie erwartet leichter. Dennoch gelangte ich durchaus geschafft an das andere Ufer. Es war schließlich auch meine dritte Durchquerung gewesen. Die Arme waren mehr als lahm von Halten des Schildes mit all der Masse an Gewicht.


    Ich folgte dem Beispiel der anderen und legte meine Rüstung und Cingulum an und nahm Waffen und Schild auf. In einer Reihe traten wir an.

  • Der Optio durchquerte zusammen mit dem dritten Contubernium den Fluß. Den Helm hatte er einfach auf dem Kopf behalten, der Rest der Ausrüstung lag in dem Schild über seinem Kopf. Mit dabei befand sich auch ein grauer Leinensack mit unbekanntem Inhalt.
    Auf der anderen Seite angekommen, legte er wieder seinen Panzer an, hängte den Gladius um und zog das Cingulum fest.


    Er gab mit einem Wink dem nächsten Contubernium das Zeichen, mit der Überquerung anzufangen. Dann zog er die lederne Schützhülle von seinem Scutum, nahm den Sack auf und trat zu den wartenden Soldaten, die inzwischen auch alle wieder ihre Ausrüstung angelegt hatten.


    "So, Gruppenübung ist angesagt. Wir warten jetzt noch, bis die acht Mann da auch hier drüben sind, dann haben wir vier Contubernia hier. Zwei spielen Angreifer, zwei sind die Verteidiger.
    Die Verteidiger haben die Aufgabe, ihren restlichen Kameraden die sichere Flußüberquerung zu ermöglichen - die Angreifer sollen genau das verhindern und stören, soviel sie können.
    Pila bleiben liegen, die sind zu gefährlich, auf die Schwerter setzt ihr Lederkappen"
    - die sich natürlich in dem geheimnissvollen Sack befanden.


    Das vierte Contubernium war inzwischen vollzählig durch den Fluß gekommen, wurde auch noch entsprechend eingewiesen und machte sich bereit zum Gefecht.


    "Alles klar? Los geht's - für Rom!" :D


    Sim-Off:

    Claudius, Du suchst Dir einfach aus, ob Du in der Angreifer- oder Verteidigergruppe bist.

  • "Für Rom!" :D :D


    Als die Aufgabe klar war, entschied ich mich spontan für die Verteidiger. In fliegender Eile gingen mir Gedanken durch den Kopf: Keine Bogenschützen, keine Pila, nur Schild und Schwerter… wir waren keinesfalls einkesselt, sollten aber die Flussüberquerung weiterer Soldaten sichern, also kam eine Formation, wie die der Schildkröte oder des defensiven Kreises auch nicht in Betracht… Was blieb, war schlicht und ergreifend ein möglichst geordneter Abwehrkampf, der sich dann zu unseren Gunsten verbessern würde, wenn die imaginären restlichen Kameraden das Ufer erreicht haben würden.


    Mehr Zeit zum Überlegen blieb nicht, denn die „Angreifer“ fackelten nicht lange und griffen an. Bei diesem Kampf Fußsoldat gegen Fußsoldat konnte aber auch nicht jeder machen was er wollte, eine Führung musste her, die die Handlungen aller koordinierte und damit die Disziplin gewährleistete. In Ermangelung eines Offiziers übernahm ich jetzt einfach das Kommando. Das war ich bereits vom zweiten Übungsmarsch bei meiner Zeltgemeinschaft her so gewöhnt.


    Beide Contubernia“, betonte ich, „hören jetzt auf mein Kommando! Reihe bilden, Schilde hoch, denkt an die Lebensversicherung. Nur so viel Platz zwischen den Schilden, dass ein gezielter Stoß des Schwertes angebracht werden kann. Stellung halten bis die Kameraden das Flussufer erreicht und Kampfbereitschaft hergestellt haben.“


    Die Angreifer waren im Zugzwang, die Zeit arbeitete gegen sie. Erste vereinzelte Attacken wurden schnell als wirkungslos erkannt. Die Verteidigungslinie stand wie eine Mauer. Nun ging man auch auf Angreiferseite koordiniert vor. Deren Linie zog sich auseinander. Zehn Mann beschäftigten die Verteidigerwand, der Rest begann einen Vorstoß auf die Seiten.


    „Flanken absichern!“, rief ich und die äußeren Verteidiger rückten seitlich herum. „Schilde wieder auf Schluss setzen! Angreifer aus der Verteidigung heraus attackieren, sonst wird der Druck zu groß.“


    Aus relativ sicherer Position heraus agierend, gelang manch einem der Verteidiger, die vehement gegen den Verteidigungsblock anlaufenden Angreifer mit der geschützten Klinge zu touchieren. Fluchend quittierte der jeweils Getroffene den Stoß.
    Als sich zugleich mehrere Angreifer auf nur eine Stelle unserer Verteidigungsfront konzentrierten, kam die Linie ins Wanken.


    „Nerven, Männer!“ Warum haben wir eigentlich keine Pila, fluchte ich innerlich. Die wären genau das Richtige für die zweite Linie. „Die jeweils Äußeren verstärken das bedrohte Glied in der Reihe zu meiner Rechten. Die Zweitäußeren ziehen zum Sichern der Flanke nach. Den erneuten Schildschluss nicht vergessen!“


    Eine Reihe von 14 Soldaten reichte noch immer zum Absichern der entsprechenden Stelle, an der die nachfolgenden Kameraden das Ufer erreichen würden. Diese mussten auch bald heran sein, wenn man von einem normalen Verlauf der Überquerung ausgehen konnte…

  • Ruhig und abwartend beobachtete der Optio von der Seite, wie sich die beiden Gruppen anstellten. Auf beiden Seiten hatten sich rasch Soldaten gefunden, die das Vorgehen koordinierten.
    Vorbildlich versuchten die Verteidiger, eine geschlossene Reihe zu halten und damit den Punkt, an dem ihre Kameraden aus dem Fluss kommen würden, abzuschirmen. Die Angreifer hatten zunächst auf schnelle Störaktionen gesetzt in der Hoffnung, dass die Verteidigung noch unorganisiert war. Dann gingen auch sie gezielter vor und versuchten es mit Angriffen von zwei Seiten zugleich. Auch hier reagierte die Verteidigung gut und sicherte ihre Flanken.


    Die Angreifer zogen sich ein Stück zurück und formierten sich für einen neuen Versuch. Die nachrückenden Truppen für die Verteidiger waren zwar schon fast durch den Fluss, aber nachdem sie das Wasser verlassen hatten, würden sie noch zeit zum Anziehen der rüstung brauchen. Und es würde für diese Soldaten Platz gebraucht, wenn sie nicht im Wasser warten wollten. Und zwar mehr Platz, als die Verteidiger mit einer dichten Linie abdecken konnten.


    Der Optio nutze die Pause, um kurz zu jeder der beiden Gruppen zu laufen und sich zu erkundigen, ob es zu keinen ernsthaften Verletzungen gekommen war. Das war zum Glück nicht der Fall und er machte rasch wieder Platz auf dem "Schlachtfeld", als er die Angreifer in einer kleinen Keilformation auf die Schildmauer der Verteidiger zurücken sah.
    Ein besonders kräftiger und erfahrener Soldat hatte sich an die Spitze der Formation gesetzt und links und recht von ihm bildeten mehrere Soldaten mit ihren Schilden eine nach schräg hinten laufende dichte Mauer. Nicht alle Soldaten waren in die Formation eingebunden, sondern liefen im Inneren des Keils locker mit, um entweder nachzustoßen, oder plötzlich auf einer Seite hervorzustürmen.
    Im leichten Laufschritt näherte sich die Gruppe nun den Verteidigern, wurde kurz vorher noch etwas schneller und krachte Augenblicke später ganz gezielt in die Linie der Verteidiger...

  • Während der kurzen Pause, die uns der Optio zwecks Verletzungskontrolle zukommen ließ, überlegte ich, wie groß wohl die Anzahl der „restlichen“ Kameraden gedacht war, die in unserem Rücken bzw. in unserer Vorstellung jeden Moment aus dem Wasser treten würden und natürlich Platz zum Anlegen ihrer Rüstung benötigten. Mehr als ein Contubernium sollte es jedoch nicht sein.


    Schnell nahm die kurze Auszeit ein Ende und ich sah die Angreifer in einer geschlossenen Formation auf uns zukommen. Ohne lange zu überlegen, denn viele Möglichkeiten hatten wir nicht, entschied ich mich für eine defensive Formation, die ich aus den Grundlagen des Abwehrkampfes entlehnte.


    „Die Reihe formiert sich augenblicklich neu und zwar in Form eines geschlossenen Halbkreises. Die vorhin bereits zur Unterstützung Gerufenen dorthin, wo der erste Aufprall zu erwarten ist. Zack, zack, Männer! Das muss jetzt schnell gehen! Wir behalten bis zur vollständigen Kampfbereitschaft unserer Kameraden die defensive Kampfweise bei und das heißt jetzt nicht Köpfe einziehen, sondern aus der geschlossenen Deckung heraus mit den Gladii agieren. Eine idealere Stichwaffe gibt es in diesem Nahkampf nicht. Zeigt, was ihr im Waffentraining gelernt habt! Und nun Achtung!“


    Im selben Augenblick krachte die gegnerische Formation in unsere Reihe, die durch den Aufprall ins Wanken kam. Glücklicherweise hatten wir zur Unterstützung zwei weitere Soldaten auf diesen Punkt gezogen, die auch sofort die entstandenen Lücken in der Deckung nutzten und auf die Angreifer einstachen.


    „Die Abwehr wieder schließen und aus ihr heraus attackieren. Denkt an die Schilde.“


    Ich hatte überhaupt keine Zeit, mich umzusehen und wusste somit auch nicht, ob meine Ratschläge nötig oder nichtig waren. Allerdings dachte ich mir, besser einmal zu viel erwähnt als einmal zu wenig.


    Plötzlich sah ich mich selbst mit einem Angreifer konfrontiert. Während die Rechte wieder und wieder zustach, versuchte ich nun selbst permanent an die richtige Haltung meines Schildes zu denken. Für mich der zweite Schwertkampf gegen einen echten Gegner. Zunächst mit Vorbehalten, schließlich kannte ich ja den „Feind“, aber in der Hitze des Gefechts war auch diese Hemmschwelle schnell überwunden und der Ehrgeiz siegte über die Zurückhaltung. Ich war noch nie gut im Verlieren.


    Ich besaß während dieses Kampfes keinerlei Zeitgefühl. Waren nur wenige Minuten vergangen oder gar schon eine halbe Stunde? Komplett verschwitzt, mit einigen Blessuren an mir und einigen mehr noch an meinem Zweikampfpartner, hörte ich nicht auf zu attackieren und meine Kameraden gleichzeitig zum Halten der Linie zu ermahnen. Ein prüfender Seitenblick, kaum dass ich ihn mir wagen konnte, ließ mich beruhigt auf meinen eigenen Zweikampf konzentrieren. Der defensive Halbkreis stand. Verbissen kämpften alle Soldaten ohne dass ein entscheidender Vorteil für die Angreifer oder Verteidiger erkennbar war…

  • Zufrieden registrierte der Optio, dass die Linie der Verteidiger unter dem kontrollierten Angriff nicht gebrochen war. Was natürlich bedeutete, dass er zugleich mit den Angreifern nicht zufrieden war. Allerdings hatte die Wucht des Aufpralls gereicht, die Verteidiger bis fast ans Ufer zurück zu drängen, so dass die äußeren Männer aufpassen mussten, nicht ins Wasser gestoßen zu werden. Die im Wasser wartenden Kameraden hatten jedenfalls größte Mühe, ans Ufer zu kommen. Erst einer hatte Platz gefunden, um seine Sachen am Ufer abzulegen und begann nun hastig und noch mit den Füßen im Wasser seine Rüstung anzulegen.


    "Den Druck auf die rechte Seite verlagern - die können kaum noch manövrieren. Wir drücken sie in den Fluss!" brüllte einer der Angreifer und schon rannten einige der Soldaten nach rechts und warfen sich als zweite Reihe in den Kampf. Dadurch gab es zwar auf dem linken Flügel Entlastung für die Verteidiger, aber diese konnten dort nur noch ins Leere stechen.


    Die Maßnahme der Angreifer schien Erfolg zu haben und die Schlachtreihe machte eine deutliche Drehung - die einen Verteidiger hatten plötzlich das freie Feld vor sich, die anderen sahen sich mit doppelter Kraft in Richtung Fluß gedrückt...

  • Während die Angriffsformation in unsere Reihe krachte, ging bereits der erste Soldat in unserem Rücken an Land. Hastig begann er, seine Rüstung anzulegen. Der Platz für die nachrückenden Kameraden wurde jedoch durch die Wucht des Aufpralls knapp.


    Unterdessen erging an die Angreifer ein neuer Befehl. Abgelenkt durch die Verlagerung des Angriffspunktes nach rechts, ließ der Druck auf die Mitte unsere Linie kurzzeitig nach. Ich sah die Entlastung und nutzte die Chance.


    „Zieht euch an der rechten Seite zwei Schritt zurück! Lasst sie dort ins Leere laufen, zeitgleich Angriff für die Mitte unserer Reihe, stellt die Formation eines Halbkreises wieder her! Die beiden Soldaten der zweiten Reihe verstärken den Abwehrblock auf der bedrohten Rechten.“


    Die Verlagerung der Verteidigungslinie zwei Schritt nach links erzeugte zunächst ein Überlegenheitsgefühl auf Seiten der Angreifer und das war durchaus so gewollt. In der Annahme, eine Wende im Kampf errungen zu haben, stieg deren Überheblichkeit. Eine menschliche Schwäche, deren ich mir durchaus bewusst war. Nachlässigkeit war die Folge. Vielleicht wäre bei weiterhin abgeklärter Vorgehensweise eine Wende in diesem Kampf erzielt worden, aber oftmals schleichen sich bei vorschneller Siegesfreude kleine, aber dennoch bedeutsame Fehler ein.


    Die Verteidiger drängten erfolgreich mittig die zu siegessichere Angriffslinie zurück und schufen so den nötigen Platz für die nach und nach eintreffenden Kameraden. Der erste Soldat hatte indes seine Kampfbereitschaft hergestellt und vermeldete das.


    „In die zweite Reihe zur bedrohten Rechten!“


    Weitere Soldaten legten ihre Rüstungspanzer an…

  • Die zweite Maßnahme der Angreifer brachte die Situation fast zum kippen - aber eben nur fast. Der Platz, den die Verteidiger freihalten konnten reichte, damit einzelne Soldaten an Land gehen konnten. Eilig machten sie sich bereit und verzichteten als Zeitersparnis darauf, die Schildhüllen von den Scuta zu nehmen. Einer machte sich sogar nicht einmal die Mühe, das Schwert umzuhängen, sondern ging gleich mit gezogener Waffe ins Gefecht und liess die leere Scheide einfach liegen.


    Mit der wachsenden Zahl der Verteidiger war die Sache bald entschieden und der Optio unterbrach die Übung. "Stop! Pause und Lagebesprechung. Das war eine gut Leistung der Verteidiger, auch wenn wohl etwas Glück dabei war. Die Angreifer haben auch nicht schlecht agiert, aber da fehlte eindeutig die Durchschlagskraft. Wenn ihr im Keil angreift, dann müsst ihr eine einfacher Linie auch sprengen. Und wenn ihr euch entscheidet, den Druck auf eine Seite der Schlachtlinie zu legen, dann müsst ihr dort auch vorwärts kommen und den Gegner bis in den Fluß drängen!"


    Er ging ans Ufer und gab einem weiteren Contubernium das Zeichen zum Überqueren des Flusses.


    "Wenn die Kameraden hier sind, machen wir das ganze nochmal - diesmal mit je drei Contubernia auf jeder Seite und mit getauschen Rollen. Die Verteidiger von eben sind gleich Angreifer und umgekehrt."

  • Schnell beruhigte sich mein Atem als der Optio alle Soldaten zur Lagebesprechung rief. Mit jedem Trainingstag wurde unsere Kondition besser. Übungen wie diese waren keine Seltenheit.


    Aufmerksam folgte ich den Ausführungen des Offiziers, der die Auswertung vornahm. Ganz offensichtlich war der Ausbildungsstand aller teilnehmenden Legionäre relativ gleich und so entschieden Kleinigkeiten über Sieg oder Niederlage der jeweiligen Gruppe. Die Erwartungen des Optios an die Erfolge der Angriffstaktiken blieben besonders in meinem Kopf haften, sollten doch nach der Überquerung von einem weiteren Contubernium die Rollen der Gruppen getauscht werden.


    Während wir auf das Eintreffen der Kameraden warteten, überlegte ich mir, was die Durchschlagskraft der Angreifer hätte erhöhen können. Nachdenklich schritt ich am Ufer auf und ab und betrachtete ausgiebig den Ufersand, so als könne er mir Auskunft darüber geben. Auch war genau diese Keilformation, die mir am effektivsten erscheinende. Gedanklich ging ich bereits unseren Angriff durch, der sich kaum von dem der anderen Gruppe unterscheiden würde. Was hatte sie falsch gemacht? Einzige Variable in dieser Rechnung war die Anlaufgeschwindigkeit. Diesen Gedanken behielt ich im Kopf.

  • Das nächste Contubernium hatte schnell den Fluß durchquert und sich Einsatzbereit gemacht, so dass nun auf jeder Seite 24 Mann zur Verfügung standen. Der Optio macht wieder Platz auf dem Schlachtfeld und gab' das Zeichen zum Loslegen.


    Die Verteidiger hatten sich in eine große und zwei kleine Gruppen aufgeteilt und erwarteten nun ruhig den ersten Angriff. Hinter ihnen stiegen die Kameraden des nächsten Contuberniums ins Wasser.

  • Ich beschloss, den von uns erwarteten Angriff als solchen wörtlich zu nehmen und setzte noch eins oben drauf. Nach meiner Vorstellung sollte es ein Sturmangriff werden. Dieses besprach ich bereits im Vorfeld mit den Soldaten meines Contuberniums und denen der beiden anderen Zeltgemeinschaften.
    Zwei Vorteile lagen auf unserer Seite, die es galt, nicht zu verschenken. Zum einen die Schnelligkeit unserer Reaktionen und zum anderen die der Laufgeschwindigkeit.


    Mit besonders großer Anlaufgeschwindigkeit gedachte ich, die gegnerische Abwehrfront zu durchbrechen. Wusste ich doch - war solch ein Durchbruch erst einmal gelungen, brach oft Verwirrung oder wenigstens Aufregung aus, was eine gezielte Gegenwehr erschwerte und das Nachrücken weiterer Angreifer zur Folge hatte. Einen solchen Zustand war ich bestrebt herbeizuführen.


    Unmittelbar nach der Freigabe durch den Optio, formierte sich daher in fliegender Eile die Angriffsformation und brach auf die Verteidiger los. Ich wollte denen so wenig wie möglich Reaktionszeit zukommen lassen.


    Auch ich wählte die bereits von der Vorgruppe benutzte Keilformation, in deren Innern etliche Soldaten mitliefen, die den Auftrag hatten, nach dem Durchbrechen der Verteidigungsfront die Gegner in die Zange zu nehmen. In schnellem Lauf, so weit es das Gewicht der Kampfausrüstung zuließ, stürmten wir die Verteidigungsfront, die tatsächlich unter der Wucht des Aufpralls nachgab. Etwa sechs Angreifer befanden sich nun hinter der Verteidigerlinie, die nicht mehr geschlossen werden konnte, da sich auch zwischen ihr gegnerische Soldaten befanden. Während etwa zwei Contubernia die Verteidiger sowohl vorn als auch hinten beschäftigten - tödliche Verletzungen konnten nur angedeutet werden und die Verteidiger kämpften trotz dieser weiter :D - , stellte sich das dritte Contubernium dem Kampf der von der Verteidigung eilig gebildeten kleinen Einzelgruppen…

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