Beiträge von Tiberius Artorius Tacitus

    Angst und Respekt ... nun sicherlich hatte Tacitus Respekt und davon wohl nicht gerade wenig, schließlich war Caecilius Crassus, der Praefectus Praetorio wohl der derzeit mächtigste Plebejer. Führer der Cohortes Praetoriae, der Elite und Leibwache des Kaiser, Chef des kaiserlichen Postdienstes und die zweite Wahl als Stellvertreter des göttlichen Imperators, sollte sein Sohn, der Caesar einmal verhindert sein. Wer empfand vor dieser Person keinen Respekt und mitunter ein wenig Ehrfurcht? Aber Angst nicht wirklich. Zwar war im klar, dass er eines Morgens nicht mehr aufwachen könnte, sollte er den Praefekten sich zum Feind machen, aber das hatte er schließlich auch nicht vor.


    Als Crassus endlich das Wort erhob, tat er es zu seiner Enttäuschung nicht an ihn, sondern nur an seiner Sklaven. Gut, was hatte er erwartet? Dass er sofort 'Ja' schreien würde und ihn darauf hin brüderlich umarmen würde? Nein, weder das erste und das zweite erst recht nicht. Einen Klienten umarmt man schließlich nicht brüderlich. Aber er war nervös und deshalb schwirrten ihm viele Gedanken im Schädel herum. Warum er zum Beispiel denn nicht doch einfach eine klare Antwort geben konnte, aber das würde sich noch hinauszögern, als Tacitus nach einem kurzen und dankenden Nicken des Weines wegen – es war guter Farlerner, den bekam man nicht alle Tage – die nächsten Worte des Praefekten hörte. Er wollte mehr wissen ... verständlich, denn man wollte ja nicht das Patronat über irgend wen übernehmen, sondern dieser jemand sollte auch nützlich und loyal sein.


    “Ich danke Dir für Deine Bekräftigung.“ Der Artorier nickte nur und faltete unmerklich seine Hände, nachdem er seine Tunika glatt strich. Das machte er sonst nie, aber wie erwähnt war er sehr nervös und suchte eine unauffällige Beschäftigung, bei der er sich abregen konnte. “Natürlich, ich werde jede Frage beantworten.“ erwiderte er und wartete dann auf die erste Frage ab.
    Sie verwunderte ihn und für einen kurzen Augenblick fühlte er sich sehr seltsam. Hatte er gesagt, dass Corvinus bereits sein Klient war? Das war übel für ihn, warum hatte er sich nicht bei ihm erkundigt? Er hätte ihn einfach fragen müssen oder von seinem Vorhaben unterrichten können. Wieder nickte er nur, bevor er seine Antwort formulierte: “Artorius Corvinus .... ja, er ist mein Vetter. Wir haben uns lange nicht mehr gesehen, heute das erste Mal seit - ich weiß nicht genau., aber das ist ja nun denke ich unwichtig. Ich wusste nicht ...“ kurz stockte er “ .... dass Du bereits einen Klienten aus meiner Familie hast.“


    Bearbeitung: Wörtliche Rede klarer formuliert

    Anscheinend interessierte niemand sein Problem. Das wunderte ihn sehr, schließlich kam es nicht jeden Tag vor, dass er eine neue Tunika hatte und noch seltener, dass ihn tragischerweise diese auch noch mit frischem (wie auch alten Wein) voll geschüttet worden wäre. Hätte er einen Sklaven gehabt und wäre es jener gewesen, der dieses Missgeschick verursacht hätte, würde er eine ordentliche Abreibung bekommen, denn so etwas konnte er sich ja eigentlich gar nicht erlauben. Was hatte der Cultus Deorum nur für sanftmütige Schafe beauftragt gehabt, ihre Diener zu disziplinieren. Natürlich, die Priester konnten oder durften ja keiner Fliege was zu Leide tun, deshalb ging es den Sklaven dort wahrscheinlich auch so gut. Würde nur noch fehlen, dass sein Leibeigener, wenn er einen hätte, zu ihm kommen würde und sagte, dass er gerne im CD arbeiten wollte. Mit dem Hintergedanken, dass die da sicherlich netter und feinfühliger zu ihm wären.
    “Wie ist dein Name, Sklave?“ fragte der Artorier ziemlich aufgebracht und wartete gar keine Antwort ab. Stattdessen packte er ihm am Tunikaausschnitt und riss ihn zu sich, drohend mit der geballten Faust vor seinem Gesicht rumfuchtelnd.
    “Egnatius, Herr ...“ antwortete dieser mit einer zitternden Stimme. Ein lautes Lachen war die Atwort darauf und der Artorier senkte seine Faust, nachdem er den Sklaven los ließ, welcher sich nach einer zügigen Verbeugung schnell auf den Weg machte, den Ort des Geschehens zu verlassen. “Was für ein Scheißname! Egnatius ... pff Komm ja nimmer wieder! Ich hol mir den Wein am besten grad selber.


    Sein Blick wanderte umher, um nicht vielleicht doch wen bekannten zu finden. Er hatte zwar bisher noch nicht viele Bekanntschaften in Rom geschlossen, aber das konnte man ja auch wieder ändern. Je mehr man kannte umso besser hatte man für die Zukunft gesorgt.


    Eine kleine Korrektur vielleicht: Je mehr man kannte, die gut über einen dachten, war wohl eher der Fall ;)


    Oder vielleicht war hier ja auch eine gut aussehende, junge Dame da, die Begleitung oder ein nettes Gespräch suchte. Nein, eigentlich war es egal, ob sie Begleitung oder ein Gespräch suchte, denn er würde sie auch ansprechen, wenn sie eines von beidem (oder beides) schon hätte.
    Und sie da ... dort war ja ein Prachtexemplar von Schönheit. Hm, zwar im Kontakt mit einem merkwürdigen Mann, aber sie schien auch eher nur mit ihm zu labern, als irgend etwas anderes. Sollte Tacitus ihm doch mal zeigen, wie man das machte!
    Das waren seine letzten Gedanken, bevor er sich auf den Weg zu Matinia Sabina machte. Vielleicht konnte er sie mit seinen ... * hust * tollen Umgarnkünsten gefügig machen.

    Es war besser, als Tacitus es sich vorgestellt hatte, seine Verwandten, eigentlich bisher nur seinen Cousin, wiederzusehen. Nun wusste er, was ihm die ganzen Monate über Jahre gefehlt hatte und er war glücklich, dass die Zeit nun vorbei war, in der er sich von den Artoriern abschottete. Diese Idee damals erschien in jetzt völlig lächerlich und er fragte sich, wieso seinem Plan gefolgt war und nach Mantua ging, war doch hier das einzige, was ihm wirklich von wert war.


    “Hm ... Artorius Falco ... spontan fällt mir dazu kein Gesicht ein. Ich konnte ihn wohl nicht sehr gut gekannt haben, aber es ist trotzdem traurig, dass ein Familienmitglied sein Leben lässt, egal wie bekannt, oder unbekannt es war.“ Beim besten Willen viel ihm keine Person mit dem namen Artorius Falco ein. Wohlmöglich hatte er ihn nur einmal flüchtig gesehen, wenn überhaupt, aber darüber wollte er sich jetzt gar nicht den Kopf zermartern, sondern setzte sich auf den Korbsessel, bei welchem er nun angekommen war.


    “Wein ... ja, aber mit viel Wasser vermischt. Ich hab heut noch ein wenig was vor.“ Aus den Augenwinkeln beobachtete er den Sklaven, welcher nun von seinem ursprünglichen Weg wieder auftauchte und mit einem leichten Nicken andeutete, die Aufforderung vernommen zu haben und sich nun auf den Weg machen würde, dieser nachzukommen. “Aus deinem eigenen Betrieb also? Du scheinst mir schwer geschäftig zu sein.“, grinste Tacitus. “Ich hoffe, er verkauft sich gut und du kannst mit deinem Verdienst gut für deine Frau und dein baldiges Kind sorgen!“ Der Artorier änderte kurz seine Sitzposition und begann dann mit einer 'sehr' kleinen Erzählung: “Also .. ich muss gestehen, dass mir während der ganzen zeit gar nicht wirklich viel passiert ist. Ich habe mal mehr, mal weniger erfolgreich als Leibwächter für einige Händler, aber auch Beamte gearbeitet und besaß eine kleine Wohnung in solch einer großen, mehrstöckigen Insula. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie chaotisch es manchmal in solch einer vorgehen kann. Zwischenzeitlich hatte ich einige Geldengpässe und musste Woche für Woche schauen, wie ich um die Runden kam, das hab ich aber gut überstanden.“
    Tacitus machte eine kurze Pause, um seine Gedanken zu sammeln und stellte währenddessen mit Schrecken fest, wie wenig er doch eigentlich gemacht hatte. Wenn er sich so seinen Cousin anschaut: Er war in der Stadtverwaltung, stellte eigenen Wein her, hatte Frau und bald ein Kind; Medeia ist Aedilin geworden und das war mit Sicherheit nicht das einzige. Und er? Wohnhaft in einer schäbigen Insula verbrachte er den Tag damit, reichen Geldsäcken die Mörder vom Hals zu halten und in der Nacht wanderte er von Taverne zu Taverne, ab und an auch einmal in einen Lupanar und sah nur zu, wie sein Geld schwand. Nicht sehr rühmlich.
    “Nein, viel mehr ist wirklich nicht passiert ... nichts besonderes, aber mir hat es geschickt, bis jetzt zumindest. Ich bin kurzzeitig nach Rom gekommen, um ein wenig mein Leben zu ordnen, einen Strich zu ziehen und neu anzufangen. Gut, mit meinem Alter ist das nicht mehr so einfach, wie noch vor 5, 6 Jahren ... aber mit starkem Willen geht ja bekanntlich alles!“ Bei seinen letzten Worten musste er kurz auflachen, verstummte dann aber doch recht schnell wieder.

    Die Wartezeit ging wie im Flug dahin, denn im Atrium gab es so allerhand zu bestaunen und außerdem überlegte Tacitus sich, wie ich Caecilius Crassus ansprechen sollte, beziehungsweise was er ihm sagen sollte. Schließlich war er ja nicht irgendwer, sondern der Chef der Prätorianergarde, der absoluten Militärelite des Imperiums und außerdem, oder vielmehr deswegen, einer der wichtigsten Personen im Imperium. Da konnte man schließlich nicht mal eben reinspazieren und es verwunderte den Artorier schon, dass er sich überhaupt die Zeit nahm, mit ihm zu reden, denn er dagegen war im Imperium ein Niemand. Ob er ihn direkt darauf ansprechen sollte? Vielleicht doch eher ein wenig vorher rumschleimen? Es in große Worte packen? Nein, das stand Tacitus überhaupt nicht. Er war nie ein Mann großer Rhetorik gewesen und das Schleimen und Speichel lecken hatte er noch nie gebraucht, wie auch gewollt. Sollte er 'Nein' sagen, so hatte das sicher seine Gründe und Tacitus würde es – wenn auch nicht gerne – akzeptieren. Die erste Möglichkeit also ...


    Wie gewollt erschien Crassus im Atrium, als Artorius Tacitus langsam auffiel, dass er nun doch schon ein wenig wartete. Prächtig sah der Mann aus, wie er in seiner schwarzen Rüstung, geziert mit den Phalerae, die ihn für außerordentlich gute militärische Dienste auszeichnteten, gekleidet war und trotzdem so selbstverständlich im Atrium herumging, ihn grüßte und einen Sitzplatz anbot. Natürlich war es selbstverständlich, denn es war seine Casa. Was gäbe er, um nicht auch einmal in einer solchen Rüstung durch die Straßen Roms zu marschieren? Er riss sich selbst aus seinen Gedanken, denn er wollte nicht unhöflich erscheinen. Caecilius Crassus konnte es sich erlauben, ihn warten zu lassen, andersherum war dies allerdings nicht der Fall und so sprach Tacitus:


    “Salve Praefetcus Caecilius Crassus.“ Er nickte nur leicht auf sein Angebot hin und nahm es war, indem er sich setzte. “Nun, ich muss gestehen, kein Mann in großen Reden zu sein und so erlaube mir, mich recht kurz zu fassen: Ich habe beschlossen, in meinem Leben einen Strich zu ziehen und etwas mit mir anzufangen. Die Militärlaufbahn hat es mir bisher immer angetan, aber gemeldet hatte ich mich nie. Das soll ab nun ein Ende haben und so habe ich beschlossen, demnächst der Legio I beizutreten. Wie gesagt möchte ich aus mir etwas machen und dafür benötige ich die Hilfe eines Mannes von Rang. Jemand, wie du es bist, Praefectus. Wer könnte besser geeignet sein, als jemand, der selbst die Klinge führte?
    Mit diesen Worte bitte ich dich, mich als deinen treuen Klienten aufzunehmen, der sich seinen Pflichten als dieser stets bewusst ist.“
    Nun hatte er es gesagt und hinterher viel ihm auf, dass seine Worte so kurz gar nicht waren, wie sie gedacht waren. Aber das konnte man eh nicht ändern.
    Et semel emissum volat irrevocabile verbum – Und, einmal entsandt, fliegt unwiderruflich das Wort hin, wie man auch zu sagen pflegte.

    Tacitus folgte dem Sklaven ins Atrium und ließ die Gelegenheit, die Casa von innen zu betrachten in keinster Weise aus und er war beeindruckt. Als Praetorianerpraefekt musste man so einiges verdienen, denn selten, genau genommen nie, war er in einer solch nobel eingerichteten Casa gewesen. Hier sah alles schon teuer aus, sogar der Boden und man wollte ihn schon nicht betreten, in der Furcht, dort etwas beschmutzen zu können. Dass dies erst der Gang vom Vestibulum zum Atrium war, war im erst bewusst, als er im Atrium ankam und der Sklave sagte, dass er den Caecilier holen wollte.
    So nickte Tacitus ein weiteres Mal freundlich, schaute dem Sklaven noch hinterher und machte sich dann weiter daran, die Einrichtung zu mustern. Für einen kurzen Moment hatte er sogar das Gefühl, dass ihm der Mund offen stand, aber das konnte auch Einbildung sein.


    “Ob so jemand überhaupt Verwendung für jemanden wie mich hatte?“ murmelte er in sich hinein und fasste sich kurz an die Schläfe. Der Tag war bisher recht anstrengend gewesen und ein Ende war bis jetzt noch nicht in Sicht.

    Tacitus setzte ein freundliches Lächeln auf. Ob seine Entschuldigung Wirkung gezeigt hatte, konnte er nicht wirklich sagen, aber letztendlich interessierte es ihn ja eh nicht. Er war ja auch nur ein Sklave, und wenn er zu jedem Sklave nett sein würde, dann hätte wohl den ganzen lieben langen Tag nicht besseres zu tun, als ebene nett zu sein, denn nicht umsonst gab es wohl mehr Sklaven in Rom, als alles andere. So lächelte er nur freundlich und nickte dem Sklaven zu, der ihn darum bat zu folgen und kam dann seiner Bitte nach.


    Die erste Hürde war geschafft... blieb nur noch mindestens eine am heutigen Tag, aber der Artorier glaubte eher nicht daran, dass es bei einer blieb.

    Ein wenig irritiert über den Stimmungsumschwung des Sklaven verstand er erst gar nicht den Inhalt des Sklaven, sondern wunderte sich einfach nur. Hatte der vielleicht zu viel zu tun? Strahlte Tacitus eine unbewusste Aggressivität aus? Hatte er was falsches gesagt? Zumindest hatte er vergessen etwas zu sagen, seinen Namen nämlich. Sichtlich peinlich berührt hob der Artorier die geballte Faust vor seinen Mund und räusperte sich einmal. Das war doch nicht nur die Aufregung oder?


    “Öh, ahso. Ich bin Tiberius Artorius Tacitus, entschuldige.“ Mit dieser Entschuldigung hoffte er, die Laune des Sklaven wenigstens wieder ein bisschen zu heben. Freundlichkeit war das A und O ;)

    Tatsächlich war bereits nach kurzer zeit das Tor zum Inneren der Casa Caecilia offen und auch wenn es eine Selbstverständlichkeit in einem Haushalt mit Geld und Sklaven – zu welcher die Gens Caecilia zweifellos gehörte – verdrängte die Gewohnheit dieses Wissen doch außerordentlich gut, denn in seiner Insula hatte Tacitus nie einen Sklaven gehabt und er bezweifelte auch, dass es einen anderen Insulabewohner gab, der einen hätte. So aber schaute er den Ianitor erst mit großen Augen an, nachdem sein Blick von der ansehnlichen Casa auf ihn gezogen wurde und suchte erst nach den richtigen Worten, auch wenn es halt nur ein Sklave war, mit dem er sprach.


    “Salve. Ich wünsche mit dem Praefectus Praetorio Caecilius Crassus in einer privaten Angelegenheit zu sprechen.“

    Er hatte sich extra eine neue Tunika zugelegt, ein Bad genommen und sich weitestgehend mehr gepflegt, als üblich. Gut, das hätte er nach den letzten tage heute sowieso gemacht, aber es war erstaunlich, dass er abgesehen von einem – oder waren es zwei? - Bechern verdünnten Wein keinen Schluck Alkohol angerührt hatte. Er wollte ja keinen schlechten Eindruck hinterlassen, was sicherlich passieren würde, wenn er sturzbetrunken hier auftauchen würde. Das wäre seinem Vorhaben sicherlich in keinster weise entgegengekommen. Das Gegenteil war wohl eher der Fall und er wäre im hohen Bogen vor der Porta der Casa gelandet, nachdem er keine Minute im Inneren gewesen wäre. Heute war es anders, innerlich war er stolz und äußerlich glänzte noch mehr. So ging er dann zur Porta der Casa Caecilia und klopfte zweimal gegen diese, um darauf zu warten, dass ihm ein Ianitor die Tür öffnen möge, während er ein altes Lied vor sich hersummte und das Zuhause der Gens Caecilia von außen betrachtete und auch ein Stück bestaunte.

    Mit Freuden stimme Tacitus in die Begrüßungsgeste ein. Es war ein gutes Gefühl, seinen Cousin zu sehen, überhaupt die ganze Verwandtschaft hier zumindest in der Nähe zu haben, auch wenn das ja nicht mehr ganz so lange so sein wird, wenn Corvinus bald abreisen sollte. Aber Traurigkeit hatte in diesen Moment absolut keinen Platz und wurde schneller verdrängt, als diese überhaupt aufkam. Der Familie schien es in seiner Abwesenheit glänzend gegangen zu sein sicherlich ist das Ansehen der Gens noch höher, als es sowieso schon war. 8)


    “Ich gratuliere dir. Sag ist in letzter Zeit auch irgend etwas Schlechtes passiert? Du überflutest mich mit guten Nachrichten. Deine schwangere Frau, Medeia als Aedilin ... es scheint euch ausgezeichnet zu gehen!“
    Besonders, dass Artorius Avitus Centurio in der Legio I war, fand Tacitus interessant. Das gab ihm vielleicht einen kleinen Vorteil, wenn es später einmal um Beförderungen ging. Aber er würde vorher abwarten müssen, ob er überhaupt in seiner Centurie landet und wer noch alles sein Vorgesetzter war, auch wenn er bisher keine natürlichen Feinde hatte. Denn eine uralte Weisheit besagte, dass man jeden Menschen mindestens ein zweites Mal sehen wird und wenn man es sich mit einer Person schon beim ersten Aufeinandertreffen schon verscherzte, war das eventuell gar nicht von Vorteil, spätestens wenn sich herausstellte, dass er in der Legio, schlimmstenfalls auch noch sein Vorgesetzter, war.


    Nachdem er einmal herzlich lachte, folgte er nun endlich den Blicken seines Vetters zu den Korbsesseln, nicht weit von ihm, und nickte Corvinus nur leicht zu. Schließlich ging er los, einen davon zu besetzen. Unterwegs streifte sein Blick wieder den kleinen Sklaven – Pumillus – der gerade dabei war, sich in einen anderen teil der Casa zu verziehen. So so ... hatte sich die Befürchtung, vor die Casa gesetzt zu werden also völlig in Luft aufgelöst. Zu gerne wüsste er, was dieser Sklave deshalb nun dachte, zumal er ihn als Bettler beschimpft hatte!

    Tacitus lachte kurz auf und begrüßte nur den Becher, welchen Valerius Vitcor mit Wein füllte. Er hatte heute noch gar nicht viel getrunken und so konnte er mit einem Schlückchen, oder besser einem, Becher erstens seine Kehle bringen und zweitens seine Laune wieder auf Vordermann bringen. Viel zu lange ist es her, dass ein solcher roter Saft seinen Magen füllte ... das letzte Mal war ja schon zwei Tage her! Schade nur, dass der Wein mit Wasser verdünnt wurde, so war der Alkohol nicht ganz so stark herauszuschmecken, wirkte sogar noch weniger – vielleicht war das aber im Angesicht seiner Vorhaben heute auch gar nicht so schlecht. Es käme sicher nicht gut, gerade am ersten Tag wieder bei der Familie aufzukreuzen und er war schon mehr als beschwippst.
    “Man könnte ja auch wieder argumentieren, dass man ebenso für Mantua geschaffen sein muss.“ Der Artorier zuckte kurz mit den Schultern. Ihm war es eigentlich egal, ob man lieber Roma oder lieber Mantua mochte. Tatsache war doch, dass Roma die Hauptstadt unseres geliebten Imperiums war und somit ja schon geliebt, mindestens doch gemocht werden musste und so stieß er mit seinem Begleiter auf die riesige Metropole an und trank von dem Wein-Wassergemisch: “Auf die schöne Roma!“


    Welche Wohltat es doch war, diese kühle Flüssigkeit an seinem Gaumen zu schmecken. Gut, er kannte besseren Wein und auch das Wasser darin machte einen seltsamen Geschmack aus, aber man sollte ja nicht zu hohe Ansprüche stellen, vor allem nicht in den Kneipen und Tavernen. Zu schnell konnte so etwas nämlich in einer Rangelei enden, darin hatte Tacitus ja schon Erfahrung!
    “Vielleicht werden wir und ja eines Tages in einem der Tempel wiederfinden, vielleicht aber auch nicht. Mars allein wird bestimmen, ob ich ihm als Soldat oder als Priester dienen werde. Ich werde das machen, wofür die Götter sich entscheiden. Auf Mars!“ fiel er dann ein weiteres Mal in den Trinkspruch ein und trank einen weiteren Schluck.


    “Ich werde in die Legio I eintreten. Also in einer in Italia-stationierten Legion. Man hört, dass die I. Legion die ruhmreichste ist und außerdem ist sie ihr Castellum ja bei Mantua. Da kenne ich mich wenigstens aus ... Mit den anderen Provinzen hab ich nicht viel am Hut, Achaia ausgeschlossen. Mein Herz schlägt für Italia und dort werde ich auch vorerst bleiben.“

    Die Meditrinalia. Wie käme Artorius Tacitus nur auf die Idee, diese sausen zu lassen? Eines seiner Vorzüge: Wein. Er hätte es sich nie verzeihen können, würde man ihm davon erzählen, außerdem war ja bekannt, dass es dort umsonst Wein für die Bürger Roms gab. Was konnte besser sein? Wer wäre Tacitus, wenn er nicht dort sein würde...


    “Novum vetus vinum bibo, novo veteri morbo medeor." sagte auch der Artorier im Chor mit den vielen anderen Anwesenden und trank fast schon gierig aus seinem Becher. An solche Feste konnte man sich gewöhnen. Jede Woche ein solches und er bräuchte sich nie mehr Gedanken um sein Leben machen. Einmal pro Woche sich auf Kosten des Staates voll laufen zu lassen, natürlich nur unter dem Vorwand, den Körper gesund zu halten, war doch absolut super? Was wünschte sich ein Mann denn mehr? Ja, es gab schon so ein, zwei Dinge, die vorher kamen, aber daran dachte man ja nicht, wenn man auf einem Weinfest war. Da ging es nur darum, rücksichtlos den süßen roten Saft in sich hinein gießen zu lassen und einfach nur freudig und ausgelassen mit irgendjemanden über irgend etwas völlig sinnloses zu tratschen. Das war Rom, das waren die Momente, wo er Rom liebte.


    Mit zusammengekniffenen Augen beobachtete er, was sich in der Menge so tat, aber er war enttäuscht. Die Stimmung hier war auf dem absoluten Nullpunkt, es war einfach viel zu sittlich hier. Man, das war ein Fest zu Ehren des Weines. Hier war Sitte wohl fehl am Platz! Da musste er was ändern und wie sollte das besser gehen, als selbst denn Anfang zu wagen und sich einen weiteren Becher Wein bringen zu lassen? Sollte er sich nicht so einen Sklaven mieten, der ständig am rennen war, nur um ihn mit dem kostbaren Getränk zu versorgen? Amüsant wäre es allemal und es würde sicherlich für den ein oder anderen geben, der sich darüber mal wieder aufregen würde.
    “SKLAVE! Bring mir noch 'etwas' Wein!“ rief deshalb einem zu und wartete gespannt darauf, dass er möglichst schnell wiederkommen würde. Sein Hals fing schon wieder an, trocken zu werden. So dauerte es auch tatsächlich nicht lange, bis er der Sklave des Cultus Deorum wieder auftauchte und ein merkwürdiges Leuchten den Augen des Artoriers entstand. Dieser Tag sollte in seinen Augen perfekt werden!


    Sollte ... jahaaa, wenn er wüsste :P


    Aber erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt. So sagte man auch schon im alten Rom und so war es nicht weiter verwunderlich, dass etwas passieren musste. In diesem Falle stolperte der Sklave über einen Pflastersteine und verteilte den ganzen, blutroten Wein auf der Tacitus Tunika, dessen Leuchten mit einem Mal verschwunden war und an dessen Stelle eher der Zorn in seinem Gesicht geschrieben stand. “Das darf doch nicht wahr sein!! Was denkst du eigentlich, wer du bist? Kannst du nicht aufpassen?“ blaffte er den Diener an und murmelte dann still in sich hinein. "Diese Verschwendung ... das gibt's doch nich und erst meine Tunika ... oh man, die hab ich ganz neu gekauft gehabt ..."

    In Rom darf man sich nicht gegen die Massen stellen, also einfach mit ihnen ziehen und sich ziehen lassen. Ob das der richtige Weg war? Immer das zu tun, was die Masse tat? So kam man wohl eher weniger weiter, manchmal musste man sich einfach dagegen stellen, sich hervortun und rufen: 'Ich ordne mich nicht unter!'. Gut, beim Militär wäre das sicherlich anfangs nicht so das wahre, besonders als probatus würde man dann wohl noch am ersten Tag eine kräftige Abreibung bekommen, denn dort musste man sich unterordnen, wollte man nicht am nächsten Tag die Latrinen kalken, oder einmal eine Extrarunde auf dem Exerzierplatz drehen.
    “Ursprünglich komme ich aus Achaia, wohnte dann eine kurze Zeit hier in Roma und war dann bis heute in Mantua. Also die meiste Zeit meines Lebens war somit in Italien, Rom selbst aber nicht wirklich lange. Natürlich ist Rom wohl einzigartig und kann mit anderen Städten gar nicht verglichen werden, aber es muss für einen Mann einfach geschaffen sein und was mich betrifft ... so mag ich es doch ein klein wenig gemütlicher und kleiner. Diese ganzen Superlative brauch ich nicht, denn das Mittelmaß tut es oftmals auch.“


    Obwohl Tacitus es wohl auch gefallen würde, hätte er in Mantua eine Straße voller Tavernen und direkt gegenüber einen, oder mehrere, Lupanar. So ließ es sich leben und Tacitus liebte ja den Wein und die Frauen, so war beides zusammen wohl eine Art Wunsch, den er sich hier in Rom vielleicht erfüllen konnte. Sagte man denn nicht auch, dass Rom die Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten war? Wo nichts unmöglich schien? ;)


    Ohne zu zögern folgte der Artorier seinem Führer in die Taverne, die allerdings mit den Namen 'sumpfiger Tiber' nicht die einladenste Taverne war. Obwohl, im Gegensatz zu so manch anderen Tavernen war das noch recht harmlos. Er erinnerte sich nur zu gern an den 'lüsternen Bacchus', wo darunter ein unverkennbares Bild zu sehen war, was aber nun auch nicht weiter erwähnenswert war. Tacitus war überrascht, wie schnell der Valerier schon den Wein bestellte, denn sie saßen noch nicht richtig, da kam er auch schon zu ihnen gebracht. Entweder sehr guter Service, oder Valerius Victor war hier schon bekannt ... oder berüchtigt.
    “Meine Pflicht wird mich wohl in die Legio führen. Ich denke nicht, dass ich für einen Priester geschaffen bin und Schreibarbeit ... da brauche ich gar nicht drüber nachdenken, als der Verwaltung ein klares 'Nein' zuzuschreiben.“

    Lange saß Tacitus nicht. Er war zu unruhig, als am gleichen Fleck zu bleiben, nun wo er so nah bei seiner Familie war und sich nun entscheiden würde, ob man ihn noch kannte. Vielleicht sah er das ganze auch einfach nur zu pessimistisch, schließlich kannte er sie auch noch. Würde er sie überhaupt wiedererkennen? Medeia wahrscheinlich ... sie hatte ja diese unverwechselbar schöne Haarpracht, die man einfach nicht vergessen konnte und er hoffte zumindest, seine Vetter zu erkennen. Welch Schmach, wenn sie ihn erkannten und er nach dem Namen fragen müsste. So erhob er sich zumindest wieder von der Steinbank und schlenderte noch ein wenig durch das Atrium, jeden Winkel mehr oder weniger genau inspizierend.. Diese Casa war doch irgendwie immernoch faszinierend und jede Änderung nahm er mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen wahr. Der kleine Sklave, nicht weit entfernt, bekam keinerlei Beachtung und so störte es Tacitus auch nicht wirklich, dass er dort ein klein wenig genervt dreinschaute.


    Ja, das war so seine Art. Sklaven waren nunmal einfach ... nicht beachtenswert, lag ganz einfach an daran, dass sie Sklaven waren, da gab es nichts zu rütteln. Natürlich gab es so die ein oder andere kleine Ausnahme und hübschen Sklavinnen, wie Olympia. Bei denen durfte auch schonmal mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden und manchmal auch mehr, als sie das vielleicht wollte, aber das gehörte ja auch zum Aufgabenbereich einer solchen ... so dachte er.


    “Corvinus?“ fragt er vorsichtshalber nach. Aber nein, er war sich sicher, es war Corvinus, der dort das Atrium betrat. Er hatte ihn erkannt und Corvinus hatte ihn erkannt,. Besser konnte es doch gar nicht laufen und somit verflog seine Angst, wieder vor der Porta zu landen im Nichts. “Corvinus ... es freut mich dich zu sehen. Nun, eigentlich seid ihr der Grund, weshalb ich in Rom bin. Ich dachte, es wäre einmal ganz angebracht, einmal vorbeizukommen, nachdem wir uns doch eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatten ... wir alle.“ beantwortete Tacitus die Frage seines Vetters mit einem Strahlen, welches sein Äußeres nun doch erheblich verbessern musste. “Aber sag, wie geht es dir und dem Rest der Familie? Ich hoffe doch gut!“

    Die patera war in diesen Momenten wirklich nicht, oder zumindest nur schlecht zu sehen. Es wäre aber auch unnormal gewesen, hätte Tacitus sie entdeckt, würde sie sichtbar am Gürtel des Valeriers baumeln. Da war er dann doch nicht ganz so aufmerksam, wie er sein sollte und besonders jetzt, wo er wieder von Roms Glanz und Prächtigkeit förmlich erschlagen wurde, lag seine Konzentration verständlicherweise woanders. Nicht, das Mantua nicht ebenfalls schön wäre, nein, dort ließ es sich ebenfalls gut leben und es gab viele nette Einwohner, mit denen man mal einen heben konnte, für ihn selbst war Mantua aber nie wirklich eine Heimat gewesen, dafür ging es ihm dann doch zu schlecht. Hier fühlte er sich aber fast schon wieder heimisch, auch wenn die tatsächliche Dauer seiner Aufenthaltes in den Straßen dieser riesigen Stadt nicht einmal einen Tag ausfüllen konnten.
    “Dann folge ich dir einfach mal. warf der Artorier dem Fremden hinterher und heftete sich dann an seine Fersen, seine Blicke allerdings galten eher der Umgebung, als dem Weg vorhin, was ihm auch fast wieder in eine missliche Lage gebracht hätte, als plötzlich einer der vielen, etwas dickeren Händler schweißgebadet aus einer der schmalen Gassen rücksichtslos angerannt kam, und ihn fast über den Haufen gerannt hätte. Darunter zu liegen wäre sicher nicht so prickelnd und so machte er noch einen kurzen Satz nach vorne, um ihm noch auszuweichen. “Diese Hektik hier ... hatte ich fast vermisst.“ flüsterte er mehr zu sich selbst, als zum Valerius Victor, fügte dann aber nahtlos seine Antwort hinzu. “Ja, ich bin heute angekommen. Ich wollte unbedingt meine Familie wiedersehen, mit ihnen Reden, vielleicht eine kleine Freizeitbeschäftigung mit ihnen unternehmen ... mal schauen. Sehr lange wollte ich aber nicht hier bleiben. Die Pflicht ruft ... ... oder besser das Pflichtgefühl' dachte er noch weiter und bemühte sich nun, wieder gleichauf mit dem Gottesdiener zu sein.


    “Du bist aber wohl schon eine Weile in Rom, oder? Zumindest machst Du auf mich nicht den Eindruck, dass Du dich hier fremd fühlst?!“ vermutete Tacitus und war gespannt, ob er recht hatte. Er musste ein wenig seine Menschenkenntnis trainieren, das würde sich in Zukunft noch als nützlicher herausstellen, als so manch einer denken mag.


    Da brach sie wieder hervor ... die Neugier, versteckt unter dem Deckmantel des Trainings der Menschenkenntnis. Wie man sich nur so billig selbst belügen konnte, war wohl jedem schleierhaft, aber das merkwürdige daran war ja, dass es funktionierte. Konnte man so einfältig sein?

    Es war ein absoluter Kontrast: Diese prächtige Casa im Gegensatz zu seiner Wohnung in dieser schmierigen Insula. Das war wirklich nicht mehr wie leben, eher wie hausen und im Vergleich hierzu war das noch viel weniger. Wie kam Tacitus nur auf die Idee, diesen Ort zu verlassen? Er musste verrückt gewesen sein, er war nicht mehr ganz bei Sinnen. Ja, das war die einzige logische Erklärung. Allein der Gang durch den Fauces beeindruckte ihn. Er hatte das Aussehen der Casa entweder in Vergessenheit geraten lassen, oder sie hatten es so renoviert und verändert, dass er es einfach nicht mehr wiedererkannte. Aber es war egal, Hauptsache er war nun hier. Im Atrium angekommen gab es noch wesentlich mehr zu sehen. Jedes kleinste Mosaik sog er in sich auf und jede Zierde an den Wänden war für ihn ein Unikat ohne gleichen. Besonders das mit der Kreide verwegite Spiel auf dem Boden entzückte ihn und er musste sich beherrschen, nicht wie ein kleines Kind loszustürmen, um in einen Anfall des Wahnsinns gleich, wie ein Sechsjähriger zu benehmen. Eine Woge der Zufriedenheit durchströmte ihn und es ließ ihn fast die Befürchtung vergessen, dass man ihn möglicherweise wirklich nicht wiedererkennen würde. Wenn er dann doch wieder raus musste, mit dieser dreckigen Kleidung und den leicht unangenehmen Geruch. Nicht mehr lange und seine Nase würde sich noch daran gewöhnen. Gewöhnen an etwas, was so gar nicht selbstverständlich war.


    Eigenartiger Geruch? Dreckige Kleidung? Man könnte meinen, er wollte niemals Soldat werden, denn eine solche Eitelkeit war wohl etwas fehl am Platze. Natürlich musste man zugeben, dass er schon bessere Tage erlebt hatte, aber auch als Soldat ging es ihm jetzt nicht so viel besser. In der Insula hatte er zumindest seine Wohnung für sich alleine – auch wenn man von den Nachbarn öfter mal mehr mitbekommt, als einem lieb ist. Vielleicht auch alles nur eine Phase ... Menschen waren bekanntlich wankelmütig.


    Nein, dieser Gedanke erreichten ihn sofort wieder, als sich der Ianitor mit einer anderen Sklavin unterhielt. Einer recht hübschen Sklavin noch dazu und so abgelenkt von den Reizen einer jungen Sklavin überhörte er völlig den Inhalt des Gespräches und war ein klein wenig 'enttäuscht', als sich, die ihm, fremde Sklavin entfernte und er alleine mit dem Türsklaven im Atrium blieb. Ja, andersherum wäre es für ihn wesentlich akzeptabler gewesen, aber was will man machen? Oh ja ... befehlen hätte er es können, aber er wollte ja nicht schon am ersten Tag seiner Rückkehr einen auf 'bösen Herr' machen und so ließ er seinen Blick von Olympia ab und wandte sich in Richtung Steinbank, die ihm der Ianitor noch vor wenigen Augenblicken zeigte.

    So hatte Tacitus es also tatsächlich geschafft, sich auch dieser Situation zu retten und es ging doch einfacher, als man hätte denken können. Da gab es doch viele andere Ianitores, die das nicht so einfach hinnahmen und im Zweifelsfall ihn einfach vor der Tür stehen gelassen hätten. Das hing aber wohl keineswegs mit der Freundlichkeit zusammen, denn dieser hier war genauso unfreundlich, wie eben diese anderen Türsklaven.


    Tacitus ziemlich gefühlsneutrale Miene wurde nun von einem kleinen Lächeln überzogen. Er war froh, endlich wieder in seinem eigentlichen Heim zu sein, mit seinen Verwandten reden zu können und mal ein ordentliches, heißes Bad zu nehmen. Das hatte er bitter nötig und er hatte sich schon gedacht, dass dies vielleicht einer der Gründe sein würde, weshalb ihn der Ianitor nicht in das Domus seiner Familie lassen wollte. Zwar waren seine Bedenken mit einer einfachen Geste, dem stummen Nicken des Sklaven, fortgefegt worden, aber ein kleines mulmiges Gefühl ließ sich trotzdem nicht vermeiden. Er hoffte, dass sie wirklich wusste, wer er war und über seinen jetzigen Zustand hinwegsehen konnten. In einem Anflug von Panik, doch wieder vor die Tür gesetzt zu werden, versuchte er, den Staub und den Dreck von seiner Tunika zu klopfen, was aber nicht so einfach gelingen wollte. Nach nicht einmal einer halben Minute resignierte er und folgte Pumilus mit einem schwachen “Danke“ in das Atrium.

    Ja, aufpassen musste er sehr wohl. Und es war Glück, das überhaupt ein gutmütiger Bürger kam, um ihm zu helfen. Ebenso gut, oder viel wahrscheinlicher hätte irgendeine Peregrina oder eine Serva sich vereinzelt eine Münze unrechtmäßig schnappen können und dann müsste noch eine kleine Jagd durch Rom wegen einigen lausigen Sesterzen stattfinden. Tacitus war ja nicht unsportlich, im Gegenteil, aber was nicht sein muss, muss nicht sein.


    “Ich werd's mir merken." grinste er zurück. Das sich der Spruch eigentlich auf den anderes bezieht hatte er sich schon gedacht, obwohl ihm der Sprich an sich unbekannt war. Trotzdem passte er gut zu dieser Situation und würde ihm eine Lehre sein. Jetzt erst blieb Tacitus musternder Blick ein wenig länger auf dem Fremden und versuchte einzuschätzen, wie er so war und was er tat, was ihm aber nicht gelang. Im einschätzen von Menschen war er eher schlecht und bei vielen Menschen konnte man sowieso nicht feststellen, was sie beruflich machten, da sie auch als Verwalter irgendeines Betriebes oder in Stadtverwaltung ebenso muskulös und durchtrainiert sein konnten, wie ein Legionär. Gut, die Manieren spielten da vielleicht eine Rolle, aber das Klischee des rüpelhaften Soldaten traf auch lang nicht auf jeden zu. Außerdem würde er es vielleicht ja auch bald erfahren ... bei einem Becher Wein, wie er vorschlug.


    So dankbar unser Artorier auch war, gerade in diesen Momenten spürte er schon fast, wie sein Lederbeutel wieder leichter wurde. Zu der Zeit, wo es ihm schon an Geld mangelte, fühlte er sich verpflichtet, der Bitte des Fremden nachzukommen. Es wäre natürlich ziemlich unhöflich gewesen, etwas anzubieten und dann doch zu sagen „Ne, ich hab's mir anders überlegt.“. Aber so war nun einmal das Leben und das zeigte auch, dass Dankbarkeit einem selbst nicht immer Gutes bringt.


    “Wenn Du mir verraten kannst, wo es eine gute Taverne gibt, gerne! Seit meinem letzten Aufenthalt in Rom hat sich das ein oder andere schon verändert...“ erwiderte er offen und wartete darauf, dass ihm Valerius einen Tavernennamen nannte. Obwohl es besser wäre, ihn grad dahin zuführen, mit einem Namen konnte Tacitus wohl auch nicht viel anfangen. Sein Blick löste sich von seinem Helfer und schweifte über die Umgebung, um vielleicht schon eine Taverne zu entdecken, aber er packte die Sache eher halbherzig an und beschloss dann auf halbem Weg, dass doch jemanden machen zu lasen, der sich damit auskannte.

    Verwirrung war im ersten Moment das vorherrschende Gefühl in Tacitus, Verwirrung, da er nicht wusste, wer dieser Fremde war, danach gab die Verwirrung der Klarheit die Klinke, ein Sklave wohl. Das Sklaven die Türen öffneten, daran musste sich der Artorier erst wieder gewöhnen. In der Insula hatte bisher immer er die Tür geöffnet. Das lag natürlich nur daran, dass er der einzige war, der sie öffnen konnte. Das dritte Gefühl war Entsetzen, aber nicht wegen dem Sklaven, der ihn so anmachte, nein entsetzen, weil es anscheinend berechtigt war. Tacitus musste aussehen, als wäre er aus dem letzten Loch gekrochen. Kein Wunder, dass er Sklave dachte, vor ihm steht ein Bettler. Es hatte ihm sogar im wahrsten Sinne des Wortes die Sprache verschlagen, denn eine ganze Weile stand er einfach nur schweigen da.


    Amüsanterweise steckte Tacitus in einem kleinen Dilemma. Wenn er aussah wie ein Bettler, würde man ihn sicher nicht zu einem seiner Verwandten, wie beispielsweise Artorius Corvinus oder Artoria Medeia lassen. Diese allerdings waren wohl die einzigen, die wusste, dass Tacitus kein Bettler war. Was also in so einer Situation tun? Leider konnte er auch nicht mit Wissen dienen, welches in eindeutig als Artorier identifizierte ... außer seinem Namen natürlich.


    Schließlich fand er doch seine Worte wieder und versuchte so entschlossen und selbstsicher wie möglich zu klingen. Es musste sich vom Bettleraussehen lösen, denn dann würde es vielleicht auch ohne große Überzeugungskraft schaffen lassen. “Salve Sklave. Ich suche keineswegs einen posticus, sondern meine Familie, die Gens Artoria. Ich bin Tiberius Artorius Tacitus, melde das deinem Dominus, oder deiner Domina, die werden wissen, wer ich bin!“ Vielleicht würde es wirken, wenn er schon gerade am Anfang ein wenig die Befehlsgewalt ausübte...

    Anscheinend hatte Tacitus mit seiner Reise nach Rom die Götter erzürnt, denn das war nicht das einzige Missgeschick, was heute passierte. Mit grauen erinnerte er sich daran, wie er durch halb Rom marschiert ist, ohne sein Ziel zu erreichen – am Ende fand er heraus, dass er ganz am Anfang dran vorbeigelaufen war -, oder der Karren, der ihn fast überrollt hätte. Am Ende hat dieser dämliche Peregrinus auch noch ihm die Schuld gegeben. Ja, das war bisher ein Tag, der das Pech förmlich anzog. Das mein Lederbeutel auf den Boden viel und die Münzen verteilte, war da nur die Spitze des Eisberges (hätte Tacitus Eisberge gekannt).


    Vom Pech verfolgt ... die Götter erzürnt ... Was er sich alles so Gedanken macht. Dabei ist der einfachste und logsichste Grund doch eher, dass er einfach heute einen schlechten Tag hat, nicht wirklich aufpasst. Er ist unkonzentriert und vorallem aufgeregt. Aber soetwas würde er ja nie zugeben. Nein, dafür ist er zu Stolz, es müssen ja die Götter sein, es muss das Pech sein. Eigenverschulden sollte, oder darf gar nicht erst in Erwägung gezogen werden. Aber es gibt nun einmal solche und solche. Und gut, dass es solche wie Vibius Valerius Victor gibt, die hilfsbereit sind:


    Etwas irritiert schaute der Artorier auf. Irritiert, weil er nicht damit rechnete, dass ihm jemand helfen würde. Dass der Fremde ihm die Sesterzen hinhielt, bemerkte er erst nach einigen Sekunden, die ihm fast unendlich lange vorkamen. Vielleicht hatte seine Pechsträhne ein Ende gefunden, vielleicht sollte der Rest des Tages gut verlaufen ...
    “Ich kann damit nichts anfangen, der Besitzer braucht ja nicht zu bezahlen.“ erwiderte Tacitus mit einem kleinen Grinsen und versuchte, die ganze Situation humorvoll und gelassen zu sehen. “Scherz beiseite. Ich danke Dir ... Bürger. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass mir jemand hilft.
    Tacitus nahm die Sesterzen, mit einem freundlichen Nicken entgegen und steckte sie, zusammen mit den übrigen wieder in seinen dunkelbraunen Lederbeutel, den er auch gut zusammengeschnürt wieder verstaute. Danach erhob er sich wieder langsam und klopfte sich kurz den Staub von der Tunika, auch wenn kaum etwas davon zu sehen war. “Sag, wie kann ich mich daür erkenntlich zeigen?“


    Eines der Dinge, an die man sich bei Tacitus gewöhnen musste, war wohl sein Hang, für alles dankbar zu sein. Gut, in diesem Fall war es vielleicht sogar angemessen. Solch seltene Hilfsbereitschaft musste gefördert werden, aber im Allgemeinen konnte man sagen, dass er zu jedem und wegen allem dankbar war – zumindest wenn es ihm etwas Gutes gebracht hat.