Tarraco - dieses kleine bescheidene Städtchen im Norden der iberischen Halbinsel - wurde von den Römern nach seiner Eroberung ad urbe condita 535 dazu auserkoren den Statthalter der Provinz Hispania Citerior zu beherbergen. Von hier aus sollten diese Männer des Senats und später des ersten Kaisers Augustus die Stämme in das römische Herrschaftsgebiet integrieren. Kein einfaches Unterfangen, zogen sich diese Kämpfe doch mehrere Hundert Jahre hin, mischten die Karthager unter Hamilkar Barkas, dem "Blitz" - der so manches römische Heer in ärgste Bedrängnis gebracht hatte - sowie unter Hasdrubal und Hannibal kräftig mit. Es war ein langes Ringen, welches dem römischen Volk und dem karthagischen einen hohen Blutzoll abverlangte. Städte wurden erichtet, befestigt, erobert und wieder verloren, vernichtet und wieder aufgebaut und die iberischen und keltischen Stämme, welche in diesen Gebieten siedelten, schlugen sich einmal auf die eine, dann auf die andere Seite, entschlossen sich dazu mit den übermächtigen Besatzern zu kooperieren, sich ihnen auszuliefern oder diese zu bekämpfen. Es muss eine Zeit gewesen sein, die unübersichtlich war, in der die Menschen nicht wussten, was der heutige und der morgige Tag bringen würden, in denen sie nicht wussten, ob die Götter ihr Land nun gesegnet oder verflucht hatten. Es wurde jedoch auch weiterhin geboren und vor allem viel gestorben.
Eine der ersten Familien, die sich auf die Seite der Römer stellten, war die Familie der späteren Decima gewesen. Vieles der Vorgänge ist in der Zwischenzeit nicht mehr im Einzelnen genau aufzuklären und meine Bemühungen in dem Familienarchiv, aus Briefen und Dokumenten meiner Vorfahren die Wahrheit herauszufinden waren nicht immer von Erfolg gekrönt. Ich hatte meinen Vater befragt, mit meinen Onkeln und Cousins gesprochen, alte Freunde der Familie aufgesucht, die Grabsteine unserer Ahnen studiert und sogar das städtische Archiv von Tarraco durchforstet. Viele Fragen blieben offen, doch was sich mit Sicherheit immer wieder bestätigte, war die Tatsache, dass meine Vorfahren für Rom gekämpft hatten.
Erste gesicherte Zeugnisse bezeugen meine Vorfahren in der Gegend schon seit den Feldzügen des Publius Cornelius Scipio Africanus.
[Blockierte Grafik: http://img299.imageshack.us/img299/5070/scipioafricanustheelderzl4.png]
Als nämlich im Jahr 542 der Stadtgründung Roms Scipios Vater Publius Cornelius Scipio wie auch sein Onkel Gnaeus Cornelius Scipio Calvus im Kampf gegen Hannibals Bruder Hasdrubal Barkas getötet worden waren, was für den jungen Scipio ein schmerzhafter Verlust und für die Familie eine gewaltige Kathastrophe gewesen sein musste, entschloss sich Scipio im folgenden Jahr trotz allem dazu das Kommando für den Befehl einer Armee anzunehmen, welche die die karthagischen Besitztümer in Hispania erobern sollte. Und diese waren gewaltig. Der Senat, begeistert von diesem mutigen und heldenhaften Verhalten sah sich vielleicht sogar verpflichtet dem jungen Scipio die Rache zu ermöglichen, die genauen Beweggründe sind nicht mehr zu rekonstruieren, jedenfalls wurde der junge Scipione ohne Gegenstimmen zum Oberbefehlshaber der Spanienarmee gewählt und zugleich als Prokonsul bestätigt. Scipio verließ Rom mit zehntausend Infanteristen und tausend Reitern, die auf 30 Quinqueremen transportiert wurden.
Als Scipio 543 am Fluss Ebro landete, war ganz Hispania unterhalb des Ebro unter karthagischer Kontrolle. Den Winter des Jahres nutzte er zur Verstärkung seiner Armee, indem er Allianzen mit den umliegenden spanischen Stämmen einging. Zudem ließ er das Umland und größere Städte der Punier ausspionieren. Es heißt, und so erzählt eine Legende meiner Familie, dass der Urgoßvater meines Urgroßvaters als Anführer einer iberischen Gruppe junger Krieger damals die Gegend rund um die römischen Lager sicherte und auch an einigen dieser Spionageaktionen beteiligt gewesen sein soll. Er musste so erfolgreich gewesen sein, dass er nach der Ankunft des jungen Scipio diesen in seinem Feldherrenzelt sogar zweimal gesprochen habe. Welcher Art diese Unterredungen waren wissen alleine die Götter, besagter Vorfahr konnte seiner Familie davon jedoch selbst nichts darüber berichten, denn er wurde nach einem dieser Treffen auf einer Mission vor einem karthagischen Lager aufgegriffen, von den Puniern gefoltert und anschließend ohne viel Federlesens erdrosselt.
Scipio selbst lies sich von sochen Rückschlägen nicht einschüchtern, erkundigte sich überall auf das eingehendste nach der Lage beim Gegner und erfuhr, dass das karthagische Heer in drei Teile geteilt sei. In der Tat stand Mago diesseits der Säulen des Herakles im Lande der Konier, Hasdrubal, der Sohn Giskos, befand sich mit seinen Truppen in Lusitanien an der Mündung des Tagus, der andere Hasdrubal - vewirrend wie viele es gab, belagerte eine Stadt der Karpetaner. Keiner aber von ihnen war weniger als zehn Tagesmärsche von CArthago Nova entfernt. Diesen strategischen Vorteil nutzte Scipio aus und er konnte die Stadt durch einen Überraschungsangriff fast im Handstreich erobern.
Bei der Einnahme der Stadt und der damals üblichen Plünderung bewies Scipio laut dem antiken Geschichtsschreiber Livius einmal mehr seine Ritterlichkeit: Der Legende nach bemächtigten sich seine Soldaten neben der Schatzkammer auch einer schönen Frau, die sie Scipio als Kriegspreis anboten. Scipio war zwar von ihrer Schönheit überrascht, hörte aber, dass die Frau die Verlobte eines keltischen Stammesführers namens Allucius war. Daraufhin gab er sie ihrem Verlobten zusammen mit dem von ihren Eltern gestellten Lösegeld zurück. Ein Bruder des vorhin genannten Urgroßvaters unserer Familie war bei diesem Gnadenakt anwesend gewesen und die ehrenhafte Tat das Scipio Africanus - die Götter mögen seine Nachkommen auf alle Zeiten segnen - galt weithin als Verkörperung des idealen Mannestums. Die Iberer jedenfalls schätzen Scipio und die Vorfahren meiner Familie stellten sich umso entschlossener auf die Seite Roms.
Durch die Einnahme Carthago Novas und damit des wichtigsten Anlaufhafens der Punier zerstörte Scipio die Verbindung zwischen Hispania und dem Mutterland der Karthager. Doch trotz der Eroberung der Stadt standen noch immer drei gewaltige und vor allem kampferprobte punische Heere in Hispana. Dennoch gelang es den Römern, immer mehr Stammesfürsten auf ihre Seite zu ziehen, sodass sich Hasdrubal zum Handeln gezwungen sah. Und auch Scipio wollte die Entscheidung. Auf dem Weg aus seinem Winterquartier bei Tarraco in Richtung Baetica stellte sich Hasdrubal ihm auf einer Anhöhe bei Baecula mit 25.000 bis 30.000 Männern entgegen. Scipio, der seine nur 35.000 bis 40.000 Mann starke Armee noch mit etwa 10.000 iberischen Söldnern verstärkt hatte, sah sich in der strategisch schlechteren Lage und zögerte zunächst. Da allerdings die Schlachtordnung der Karthager noch nicht hergestellt war, entschloss er sich zum Angriff und überraschte sie somit erneut. In der Schlacht starben zwei weitere Vorfahren meiner Familie, die Namen konnte ich nicht herausfinden, doch es sollen zwei Brüder gewesen sein, die sich gegenseitig mit dem Schild gedeckt hatten, bis sie von einem Trupp punischer Kämpfer aus dem hinteren Africa niedergemetzelt worden waren. Trotz des taktisch wichtigen Sieges kostete der Frontalangriff auch die Römer sehr viele Menschenleben und der Formarsch wurde fürs Erste aufgehalten.
Im darauffolgenden Jahr versuchte Scipio die Streitmacht des Mago Barkas zu bekämpften, doch dieser zog sich rasch zurück. Hierbei fanden die Römer einen jungen Knaben numidischer Abstammung vor. Sein Name war Massiva, ein Neffe des ostnumidischen Königs Massinissa. Seiner Ritterlichkeit treu, ließ Scipio den Gefangenen gut behandeln und sandte den Jungen zu seinem Onkel zurück, der ihn reich beschenkte. Gleichzeitig besuchte er den Westnumider Syphax und erneuerte mit ihm das Bündnis beider Völker. Nachdem Hasdrubal nach Italien abgezogen wurde, avancierte Mago zum Oberbefehlshaber der karthagischen Streitmacht in Hispania. Mago verbrachte den Winter mit der Rekrutierung neuer Truppen, um sich zur Entscheidungsschlacht zu rüsten. So gelang es ihm, eine Armee mit 70.000 Infanteristen, 4.500 Reitern und 32 riesigen Elefanten im Frühjahr nach Osten zu führen. Scipios Armee hingegen bestand nur noch aus 45.000 Infanteristen und etwa 3.000 Berittenen. Erneut sah er sich in einer strategisch schlechteren Lage, da die Karthager abermals einen Hügel bei Ilipa besetzt hatten. Diesmal stand jedoch auch die Schlachtformation, sodass Scipio zunächst passiv blieb. Daraufhin griffen die Karthager an, konnten jedoch keinen Erfolg erzielen. Da die Schlacht mit Unterbrechungen mehrere Tage andauerte, erkannte Scipio die Müdigkeit aller Kämpfer und befahl seinen Männern eines Morgens, schlachtbereit Aufstellung zu nehmen, während der überwiegende Teil der Punier noch schlief und somit ohne das wichtige Morgenmahl zur Schlacht antreten musste. An diesem Tag gelang es Scipio, die Karthager zurückzudrängen, zeitgleich griff seine Reiterei deren Flügel an. Die dort stationierten Elefanten gerieten schnell in Panik und zerstampften dabei die eigenen Soldaten. Zudem gerieten die Reihen Magos in Unordnung, sodass er den Rückzug anordnen ließ. Einer meiner Vorfahren soll an der Schlacht teilgenommen haben, es ist jedoch nicht mit hundertprozentiger Sicherheit zu sagen, unter welchen Umständen dies der Fall gewesen war, ob er selbst mitten im Gefecht stand oder zusammen mit anderen iberischen Söldnern eine der Abteilungen bildete, die zur Nachhut abgestellt worden waren.
Nach der Schlacht räumten die Karthager Hispania und Scipio begann mit der Unterwerfung der restlichen Städte. Einige der Stämme, die die Römer 542 verraten hatten, ließ er zudem bestrafen. So marschierte er in der Folge gegen Andobales und besiegte hier eine keltische Armee völlig. Auch eine Meuterei unter seinen Soldaten wegen zu spät gezahlten Solds konnte er beruhigen. Durch den Sieg bei Ilipa eröffnete sich für Scipio die Möglichkeit, die Punier direkt in Afrika anzugreifen. Am Ende des Jahres kehrte er nach Rom zurück und ließ sich im Alter von 31 Jahren im Jahr 548 zum Konsul wählen. Ein Ereignis, das auch am Stammsitz meiner Familie mit einem fröhlichen und mehrtägigen Fest gefeiert wurde.