Kleochares kam sich ein wenig blöd vor bei Cassims Worten, als ob er nicht wüsste, dass die Frauen das Alphabet noch nicht beherrschten ... aber er ließ sich das nicht anmerken. "Natürlich könnt ihr nicht sofort den Text lesen ... aber schließlich müsst ihr bald Silben und Wörter üben und da könnt ihr genauso gut schon diesen Text hier nehmen, dann sind sie später damit schon vertraut. Die Wachstäfelchen sind hier, einen Moment..." Er ging zu einer Kiste an der Wand und holte einige Täfelchen heraus. Die einfachen Griffel waren praktischerweise gleich daran befestigt und das Wachs im Inneren nach dem letzten Gebrauch wieder säuberlich geglättet worden. Er gab jeder der Frauen und auch Cassim eines in die Hand.
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Ein Lächeln huschte über Kleochares' Gesicht. "Wunderbar! Ich hole schnell die Rolle für die anderen und dann können wir endlich anfangen. Einen Moment, es wird nicht lange dauern."
Also lief er schnell zur Tür hinaus und ging in die Bibliothek, die er glücklicherweise frei nutzen konnte. Er suchte kurz danach, aber der Herr hatte eine vorbildliche Ordnung und so fand er sie schnell. Zum Glück wusste er noch, in welchem Buch die Szene war, um die es ihm ging.
Schon stand er wieder vor den anderen. "Achso, zu dem was du vorhin gesagt hast, Cassim...ich denke nicht, dass du das Satyricon noch einmal lesen musst, es geht ja nicht um inhaltliche Details. Am besten wäre es vielleicht, wenn du simultan versuchst, ihnen das Lesen beizubringen und nebenbei ein paar sprachliche Übungen machst, oder so..." Ganz wusste er selbst noch nicht, wie das funktionieren könnte, aber das würde Cassim schon merken, wenn er dabei wäre.
Er rollte die Rolle auf. "Das ist eine recht lustige Szene, in der sich die Hauptpersonen der Geschichte auf einem Schiff befinden und merken, dass sie dem Kapitän und einer Frau an Bord einmal übel mitgespielt haben und nun überlegen sie, wie sie unerkannt bleiben...hier ist sie."
Er entrollte sie bis zu der Stelle, an der er die Szene vermutete, suchte noch ein bisschen und fand sie schließlich.
(Enkolpius, der Erzähler und Hauptperson, spricht: )
"Wir müssen erst noch irgendeinen Weg zu unserer Rettung ausfindig machen. Prüft, was mir eingefallen ist: Eumolpus hat als Schriftsteller jedenfalls Tinte bei sich. Mit diesem Mittel wollen wir also unsere Hautfarbe wechseln, vom Scheitel bis zur Sohle! So werden wir dir als Mohrensklaven ohne Folterqualen vergnügt aufwarten und zugleich mit dem Farbwechsel unsere Feinde hinter das Licht führen." „Das fehlte noch", sagte Giton: „beschneide uns auch, damit wir wie Juden aussehen, und durchbohre uns die Ohren, damit wir Arabern gleichen, und mach uns mit Kreide die Gesichter weiß, damit Gallien uns für Landeskinder hält: als ob hier Farbe allein die Erscheinung umkrempeln könnte und nicht vielerlei gemeinsam zusammenstimmen müßte, wenn ein Schwindel unter allen Umständen auf festen Füßen stehen soll. Nimm an, das Gesicht würde mit dem aufgetragenen Mittel länger durchhalten können; stell dir vor, kein Wasserspritzer hinterließe den geringsten Fleck an unserem Körper und unsere Kleidung bliebe nicht an der Tinte kleben, die sich häufig auch ohne Beigabe eines Bindemittels festsetzt - sag einmal, können wir etwa auch die Lippen zu widerlichen Wülsten auftreiben? Etwa auch die Haare mit der Brennschere kräuseln? Etwa auch die Stirnen mit Malen zerschlitzen? Etwa auch die Beine O-förmig spreizen? Etwa auch auf den Knöcheln einherwatscheln? Etwa auch einen Bart von exotischer Form gestalten? Künstliche Färbung beschmiert den Körper, verändert ihn nicht. Hört zu, was mir in der Angst eingefallen ist: wir wollen uns die Kleider um den Kopf wickeln, ins Meer springen und uns untergehen lassen." „Nun, das sollen Götter und Menschen verhüten", ruft Eumolpus aus, „daß ihr auf so elende Weise eurem Leben ein Ende macht! Nein, tut lieber, was ich sage! Mein Diener ist, wie ihr an seinem Rasiermesser gemerkt habt, Barbier. Der soll euch beiden auf der Stelle nicht nur die Köpfe, sondern dazu die Augenbrauen rasieren. Dann komme ich und zeichne eure Stirnen mit kunstgerechter Aufschrift, daß ihr wie gebrandmarkte Sträflinge ausseht. So werden die gleichen Buchstaben erstens den Verdacht eurer Verfolger ablenken und zweitens eure Gesichtszüge unter schattenhafter Exekution verstecken."
Ohne den Streich aufzuschieben, schlichen wir uns an die Bordwand des Fahrzeugs vor und hielten unsere Köpfe samt Augenbrauen dem Barbier zum Glattrasieren hin. Eumolpus malte beiden die Stirn mit riesigen Buchstaben voll und zog uns das bekannte Symbol für entlaufene Sklaven mit freigebiger Hand über das ganze Gesicht. Als sich gerade ein Passagier an den Schiffsbord lehnte und seinen seekranken Magen erleichterte, fiel ihm der Barbier im Mondschein auf, wie er sich zur Unzeit seinem Handwerk widmete; er verwünschte das Omen als Gleichnis für das letzte Stoßgebet Schiffbrüchiger und taumelte wieder in seine Koje. Wir überhörten den Fluch des Seekranken und wandten uns wieder einer wahren Serie von Sorgen zu; schweigend legten wir uns nieder und verbrachten die übrigen Nachtstunden in unruhigem Schlummer.An diesem Punkt schaute Kleochares durch ein riesiges Loch. Nanu, wie kam das denn dahin? Wer behandelte denn eine Rolle so schlecht? Sie musste auf jeden Fall neu abgeschrieben werden, aber darum konnte er sich später kümmern.
"Hm...hier ist zwar ein Loch drin, aber da hat jemand wenigstens die richtige Stelle erwischt, zum Glück ist hier sowieso der Abschnitt zuende" , meinte er, schief grinsend.
"Das reicht erst einmal für eine Weile...alles weitere schaffst du allein, oder?"Sim-Off: Wenn sich jemand für den lateinischen Text interessiert, der ist hier zu finden: http://thelatinlibrary.com/petronius1.html , § CII <...> adhuc aliquod iter bis zum Ende von § CIII
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Kleochares biss sich kurz auf die Lippe, als Bridhe meinte, dass es ihr nicht schnell genug ginge. Es tut mir leid, dass ich mir soviel Zeit nehme, doch ich muss schließlich wissen, welche Fähigkeiten jeder von euch hat, ich kann ja schlecht ins Blaue hinein reden. Ich hoffe, du verstehst das. Und schnell wieder nach Hause ... nun, jede Art von Bildung ist nicht von jetzt auf gleich zu erlangen, soetwas braucht Zeit. Er wollte sie nicht maßregeln, aber er fand die Vorstellung merkwürdig, schnell etwas zu lernen und dann wieder zu verschwinden. Es gab soviel zu wissen! Dann überlegte er einen Moment. In Anbetracht der Tatsache, dass du es eilig hast, wäre es vielleicht nicht sinnvoll, die Satyrica zu lesen ... vielleicht sollte ich euch einen Abriss der Literaturgeschichte geben? Würde euch das etwas nützen, ihr beiden? Allerdings könnte das recht ermüdend werden... Kleochares hatte nämlich kein sehr großes Vertrauen in sein erzählerisches Können, vor allem bei soetwas Allgemeinem.
Sobald er die Antwort gehört hätte, würde er erst einmal die Rollen aus der Bibliothek herholen - oder eine Rolle, je nachdem. Er wusste auf jeden Fall schon, welche Episode er den drei Frauen geben würde.
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Als Merit ihm auf Griechisch antwortete, freute ihn das sehr, denn Kleochares hatte seit seiner Ankunft in Rom noch keine Griechisch sprechenden Sklaven kennengelernt, obwohl der flavische Haushalt solche natürlich hatte. "Nun, das ist verständlich, aber du wirst es schnell lernen, da bin ich sicher, genau wie die anderen hier. Ich hatte meinen Namen übrigens noch gar nicht genannt - ich heiße Kleochares." Er wollte schon sagen, dass es nun unhöflich wäre, weiter Griechisch zu reden, als Micipsa ihn unterbrach, und ehe er darauf antworten konnte, hatte schon Cassim das Wort ergriffen - ein kleiner Disput entwickelte sich.
Kleochares lächelte ob des gekränkten Stolzes des Parthers. "Immer mit der Ruhe. Möglicherweise hat ja Micipsa auch mich gemeint, und so unrecht hat er nicht, denn ich habe tatsächlich noch nie eine Gruppe dieser Größe unterrichtet." Im Gegensatz zu Cassim hatte Kleochares keine Probleme damit, Unzulänglichkeiten zuzugeben, wenn sie denn stimmten.
Kleochares grübelte kurz über den Vorschlag des Nubiers. Er hatte sich ja schon die ganze Zeit darüber Gedanken gemacht, wie er alle beisammen halten konnte. Eigentlich war ihm vorhin ein Gedanke gekommen, der so gut wie alle Probleme beseitigt hätte: er wollte Petrons Satyricon lesen, witzig für die, die schon etwas gebildeter waren, lehrreich für die, noch ein wenig Bildung brauchten (zumindest mit den richtigen Stellen und Korrekturen) und die, die die Sprache noch lernen mussten, lernten kein Poeten- oder Rhetorenlatein. Allerdings würde es für die einen tatsächlich zu schnell gehen oder für die anderen zu langsam. Micipsas Vorschlag war daher nicht von der Hand zu weisen. Auf der anderen Seite konnte er die Frauen doch nicht schutzlos in die gierigen Hände Cassims ausliefern ... bei diesem Gedanken hätte er fast gelacht. Ach, die Frauen wussten sich sicherlich zu verteidigen, er hoffte nur, dass er ihnen keinen Unsinn beibrachte. Aber schließlich waren sie im selben Raum und er konnte ein Auge auf die anderen haben. Vielleicht konnte man bei fortgeschrittenen Kenntnissen auch beide Gruppen wieder zusammenführen."Ich denke, dass dein Vorschlag einen Versuch wert ist. Cassim kann die drei Frauen übernehmen und ich unterrichte dich und Bridhe. Wir werden aber ein gemeinsames Werk lesen und zwar Petrons Satyricon. Das ist ein Roman, der euch hoffentlich ein bisschen Freude machen wird...Cassim, kennst du ihn vielleicht?"
Gehört hatte er von ihm sicher schon - aber hatte er ihn auch gelesen? -
Erst musste Kleochares ein wenig grinsen, so perplex hatte Cassim dreingeschaut. Dann stutzte er und zog ein wenig die Stirn kraus. Er hatte ja mitbekommen, dass der Mann nicht so recht hier herein passte, aber dass er so gebildet war, hätte er nicht gedacht.
"Hm, nun, ohne unhöflich erscheinen zu wollen ... aber ich glaube, dann bist du hier am falschen Platz. Selbst wenn es hier nicht nur um Grundlagenwissen gehen würde, hätte ich dir sicherlich nicht mehr viel beizubringen, wenn deineBildung tatsächlich umfassend ist." Er überlegte einen Moment. "Auf der anderen Seite...vielleicht ist es gar nicht schlecht, dass du hier bist. So wie vier Augen mehr sehen als zwei, wissen auch zwei Köpfe mehr als einer. Was sagst du dazu? Überleg es dir in Ruhe, wir können ja noch darüber sprechen." Dann schaute er wieder in die Runde. Eigentlich konnte man drei der Frauen gleich zusammen nehmen: Siv, Fhionn und Merit (wenn er die Namen im Gesprächsgewirr richtig verstanden hatte) stammten alle aus unterschiedlichen Gebieten und mussten Latein von Grund auf lernen. Merit konnte eventuell dem Namen und auch dem Aussehen nach Ägypterin sein. Vielleicht sprach sie Griechisch?
"Ihr drei", er ließ seinen Blick zwischen ihnen wandern, "wollt oder müsst sicherlich Latein sprechen lernen ..." Sein Blick kam bei Merit zur Ruhe. "Du heißt Merit, richtig? Sprichst du Griechisch? Die letzte Frage hatte er in besagter Sprache, seiner Muttersprache, gestellt. -
Kleochares schmunzelte. Das war ja irgendwie zu erwarten gewesen. "Also auch nicht schlauer wie ich", murmelte er kaum hörbar. Aber gut, damit hatte er wenigstens mehr eigenen Spielraum. Und mit Lesen und Schreiben hatte er ja schon einen Ansatzpunkt.
Langsam kristallisierte sich ein Plan heraus, wie er der Sache Herr werden könnte, aber ob es funktionieren würde, müsste sich erst herausstellen.
"Fein, hoffen wir, dass ich deinen Herrn zufrieden stellen kann." Dann wandte er sich zu Cassim und war gespannt, was dieser antworten würde: "Und wie steht es um deine Kenntnisse?" -
Obwohl es ihm unangenehm war, die Gespräche zu unterbrechen, beschloss Kleochares, den Unterricht zu beginnen, schließlich waren die Leute hier, um zu lernen und nicht, um zu quatschen.
Eine zusammengewürfelte Truppe hatte sich hier versammelt. Schon ohne zu fragen konnte er sie etwas einschätzen, nachdem er sie ein Weilchen beobachtet hatte. Einige mussten Latein fast von Grund auf lernen, andere konnten sie schon recht gut und bei dem Rest wusste er doch noch nicht so recht, was auf ihn zukam, zum Beispiel bei dem doch recht schweigsamen Nubier oder Cassim, der offensichtlich glaubte, schon alles zu wissen. Aber dieser schien ja sowieso nicht dazu zu gehören.Er räusperte sich, um die allgemeine Aufmerksamkeit zu erlangen und suchte nach Worten. "Ich grüße euch. Man hat mir befohlen, euch ein wenig Bildung beizubringen. Bis jetzt war mir allerdings nicht klar, was hier auf mich zukommen würde...ihr seid ein recht bunter Haufen, sodass es schwierig werden wird, alle unter einen Hut zu bringen. Aber ich denke, das werden wir schon hinkriegen." Er lächelte freundlich und hoffte, dass alle ihn verstanden. "Man sagte mir nicht, welche Art von Bildung erwünscht ist, oder wie weit sie gehen soll. Vielleicht wisst ihr Näheres oder vielleicht wisst ihr auch, was euer Herr mit euch vor hat. Auf jeden Fall möchte ich erst einmal wissen, wie weit eure Bildung schon gediehen ist. Ich habe bemerkt, dass einige grundsätzlichen Sprachunterricht benötigen. Aber wie sieht es mit den anderen aus? Könnt ihr lesen und schreiben?" Weitere Bildung, dachte Kleochares, würden die Sklaven kaum haben, denn dann wären sie hier fehl am Platz. "Bitte fange du an." Er schaute den Nubier an und nickte aufmunternd.
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Als er den Gesprächen lauschte, die die Frauen miteinander führten, die nach und nach eingetroffen waren, hätte er sich innerlich an die Stirn klatschen können. Er hatte überhaupt nicht daran gedacht, den Sklaven Latein erst überhaupt einmal beizubringen. Auf der einen Seite irgendwie logisch - schließlich gab es immer viele verschiedensprachige Sklaven in einem großen Haushalt - auf der anderen Seite machte sich jedoch wahrscheinlich kaum ein Herr darüber Gedanken, ob ihre Sklaven ausreichend gut Latein beherrschten. Grundlegendes eignete man sich recht schnell durch die anderen Sklaven an, und mehr musste man meistens auch nicht können. Und sowieso gab es soviele griechische Sklaven, wie er ja auch selbst einer war, dass man unter sich meistens nicht einmal viel Latein sprechen musste. Allerdings bemerkte Kleochares auch, dass hier keine griechischen Sklaven darunter waren, sondern, wenn er richtig lag mit seinen Vermutungen, zwei Keltinnen, eine Germanin und eine Ägypterin. Bridhe sprach wahrscheinlich schon genug Latein, es sei denn, ihr Herr hatte mehr mit ihr vor. Nur Cassim passte nicht so ganz im Bild. So, wie er die Frauen anschmachtete, konnte sich Kleochares nun fast denken, was dieser hier wollte. Es passte ihm gar nicht - was wollte er schließlich mit einem Weiberhelden, der nicht interessiert war an dem, wozu er hier war? Aber vielleicht würde ihn gerade das dazu bewegen, schon bald wieder zu verschwinden; hinauskomplimentieren konnte er ihn ja schließlich schlecht. Er konnte ihn jedoch auch recht gut verstehen - die anwesenden Frauen waren allesamt ausnehmend hübsch.
Nun gut ... mittlerweile waren fünf Personen anwesend...würden noch mehr kommen? Er war sich nicht sicher, wielange er warten sollte, aber da die Frauen unter sich noch schwatzten, konnte er die Frage getrost ein wenig nach hinten verschieben. Er lehnte sich bequem an den Tisch hinter sich und lauschte den Gesprächen.
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Kleochares zog kaum wahrnehmbar eine Augenbraue nach oben. Wenn dieser Mensch wegen dem Unterricht hergekommen war, würde er einen Besen fressen, komplett mit allem Drum und Dran. Er wusste zwar nicht, was sein Gegenüber genau wollte, aber wenn er nun teilnehmen wollte - warum nicht?
Dann kam eine weitere Sklavin herein, die Bridhe zu kennen schien. Naja, es war ja auch unwahrscheinlich, dass sich keiner hier kannte, auch wenn Sklaven zweier unterschiedlicher Haushalte aufeinander trafen.
"Grüß dich", sagte er auch zu ihr, und bot ihr mit einer Hand einladend einen Stuhl an. "Setzt euch beide doch", sprach er weiter, mit einem kurzen Blick zu dem ihm noch Unbekannten, aber da hatte er sich schon selbst einen Stuhl genommen. Er hatte jedoch keine Zeit, zu fragen, wie er hieß, denn Bridhe wandte sich an ihre Bekannte und fragte nach zwei weiteren Sklavinnen.Er war gespannt, ob die beiden noch kommen würden, beziehungsweise, wieviele es überhaupt sein würden. Er würde einfach noch etwas warten und wenn einige später kommen würden, machte das auch nichts.
Derweile machte er sich Gedanken darüber, wie man wohl Erwachsenen beibrachte, lesen zu lernen. Genauso wie bei Kindern? Immer wieder Silben lesen lassen, dann Wörter, dann Sätze? Kinder konnte man mit kleinen Spielchen bei der Stange halten - auch wenn sich kaum ein Lehrer die Mühe machte, sondern lieber mit dem Rohrstock nachhalf, sodass später die meisten Leute sagten, die Schulzeit wäre die schlimmste Zeit ihres Lebens gewesen - aber Erwachsene? Da musste er sich wahrscheinlich noch etwas Nettes einfallen lassen. Dass jeder seiner neuen Schüler lesen und schreiben konnte, fand er immer noch unwahrscheinlich.
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"Bridhe? Kommst du aus dem Norden?" Kleochares konnte den Namen nicht direkt zuordnen, glaubte aber, dass er keltisch sei. Als er einen Schritt näher trat und der Tisch nicht mehr ihren Bauch verdeckte, bemerkte er, dass sie schwanger war. "Oh, du bist ja guter Hoffnung! Ich wünsche dir alles Gute für das Kind."
Ein Geräusch an der Tür und der Blick Bridhes ließen ihn sich umdrehen. "Hallo, willst du nicht hereinkommen?" Der Mann sah nicht so aus, als ob er zielstrebig hergekommen wäre, um an seinem Unterricht teilzunehmen. Er stand eher abwartend da. "Bist du wegen dem Unterricht hier?", fragte er daher nach.
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Kleochares ging mit gemischten Gefühlen dem Studierzimmer entgegen, in Gedanken versunken, ohne zu bemerken, was um ihn herum passierte.
Kaum war er im seinem neuen Haushalt angekommen, sollte er schon eine größere Menge an Sklaven unterrichten. Er wusste nocht nicht, wieviele es sein würden und auf welchem Bildungsstand sie waren. Konnten schon welche lesen und schreiben? Wieviel sollte er sie lehren? Von den wenigsten Sklaven wurde erwartet, dass sie Vergil rezitieren oder sogar verstehen konnten, dagegen waren einfache Schreib-, Rechen- und Lesekünste schon eher gefragt. Aber das würde sich sicher ergeben.
Er würde einfach so anfangen, wie er beim flavischen Nachwuchs angefangen hatte, nämlich indem er fragte, was sie denn schon beherrschten.Als er bei dem Zimmer angelangt war, stand die Tür schon offen, Sciurus war da, würde aber sicherlich nicht mehr als nötig eingreifen.
Auch die erste Schülerin saß schon auf einem Platz - eine flavische, wie er schätzte, da er sie irgendwann in den letzten Tagen schon einmal flüchtig im Haus gesehen hatte."Grüß dich, ich bin Kleochares und werde hier unterrichten. Ich hätte nicht gedacht, dass schon so früh jemand hier ist. Du bist auch aus diesem Haus, richtig?"
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Lucius Flavius Serenus, liebster neuer Schüler, deine Sklaven machen ihre Sache nicht gerade gründlich ... dein Posteingang ist nämlich schon wieder voll
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Herzlichen Glühstrumpf
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In der RE steht allerdings auch nicht viel mehr, aber immerhin etwas: Sie waren für die Teile des Staatsarchives zuständig, die sich nicht mit dem Rechnungswesen befassten (zum Beispiel die Aufbewahrung der Senatsbeschlüsse, bei deren Aufzeichnung sie seit hadrianischer Zeit auch beteiligt waren).
Dazu noch eine Literaturangabe: Revillout, Les questeurs urbains, Mémoires de la Société des Sciences Morales, des Lettres et des Arts de Seine-et-Oise 7, 1866 ... die Zeitschrift gibts in München, Saarbrücken und Berlin laut Zeitschriftendatenbank. Bei etwas modernerer Recherche ließe sich bestimmt auch neuere Literatur finden...*g*
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Kleochares schmunzelte. Er wusste noch zu genau, wie quälend die ersten Texte auf Latein gewesen waren und nur allmählich hatte er gelernt, es nahezu so zu lesen, wie seine Muttersprache.
Zu den Philosophen hatte er eine, gelinde gesagt, andere Meinung, vor allem, was Serenus' Großmutter anging. Aber schließlich hatte in Griechenland die Philosophie einen anderen Stellenwert in der Literatur als hier in Rom...aber er konnte es dem Jungen nicht verdenken, schließlich dachten hier fast alle so. Allerdings konnte die Philosophie vielleicht tatsächlich warten. Sie war wertvoll, aber es brachte niemandem etwas, wenn er den beiden Dinge beibrachte, die alle anderen als nutzlos ansahen. Oder doch? Darüber musste er wohl noch einmal genauer nachdenken.
Was die Redekunst anging..."Nun, ein glänzender Redner bin ich wohl nicht und kann es vor allem nicht mit den großen aufnehmen - aber ich kann dir beibringen, was du wissen musst; und was man braucht, um ein wirklich guter Redner zu sein, kann dir wahrscheinlich sowieso niemand beibringen, das muss man im Blut haben.
Für eine kräftige Stimme musst du mit viel Übung selbst sorgen. Aber da mache ich mir keine Gedanken. Du weißt sicher, was man sich über Demosthenes erzählt. Er hatte eine recht schwache Stimme und so hat er mit Kieseln im Mund gegen das Meer angeschrien und es so zum berühmtesten Redner Griechenlands geschafft. Du scheinst fleißig zu sein, und so eine schwache Stimme hast du nicht, also wirst du das leicht schaffen. Das Meer ist zwar nicht um die Ecke ... aber schließlich gibt es eine Menge Möglichkeiten, um Krach zu machen." Ein weiteres Schmunzeln huschte über Kleochares' Gesicht. -
Kleochares konnte sich ein leises, anerkennendes Pfeifen nicht verkneifen. "Das ist ja allerhand für dein Alter. Normalerweise solltest du vielleicht gerade einmal mit Vergil angefangen haben, stattdessen scheint deine Literaturausbildung schon fast fertig zu sein...aber ich frage mich, wenn du schon so weit bist, wie erschöpfend dein Unterricht gewesen sein kann, oder hast du alles allein gelesen? Dann könnte man da sicherlich noch einiges vertiefen."
Er atmete innerlich tief durch und überlegte, was denn nun am besten mit beiden anzufangen sei. Der eine schien für sein Alter genau richtig weit zu sein, aber Kleochares wusste ja nicht, dass der junge Mann nie bei einem 'richtigen' Lehrer gewesen war und der andere war seinem Alter weit voraus.
Er hatte schon ein paar Ideen, beiden konnte die griechische Redekunst nützen, dem einen als Grundlage, dem anderen als Zusatz, dazu ein wenig Dichtung, aber was daraus, wusste er noch nicht genau. Serenus würde später dann natürlich die lateinischen Reden lesen und dann wären da noch die obligatorischen Übungen...aber das würde noch Zeit haben.
Dann kam ihm eine Idee, die seinem Vorbild Quintilianus vielleicht gefallen hätte. "Was würdet ihr beide denn noch gerne lesen oder besser verstehen?" Nicht, dass er alles lesen würde, was die beiden vorschlugen, aber vielleicht hatten sie ein paar kluge Einfälle.
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Kleochares nickte erfreut. Ein Taugenichts schien er nicht zu sein, er hatte sich ja ein recht ordentliches Repertoire angeeignet. Allerdings konnte man ja lesen und lesen. Hatte er nur kurz alles überflogen, es ordentlich gelesen oder es auch richtig durchdacht, nicht nur vom Inhalt, sondern auch von der Bedeutung und vom Stil? Er konnte schlecht fragen - der junge Mann würde ihm sicher nicht die Wahrheit sagen, wenn er nur kurz reingeschaut hätte, das konnte er ihm an der Nasenspitze ablesen. Das müsste er also im Laufe des Unterrichts herausfinden müssen.
"Nun, das ist ja schon einiges, vor allem, was die Geschichte angeht. Aber abgesehen von Vergil, Ennius, Lukrez und Lucanus scheint mit die Dichtung etwas zu kurz gekommen zu sein, vielleicht könnte man da ja noch etwas tun ... auch wenn es dazu vielleicht schon etwas spät ist. Und eventuell etwas griechische Redekunst, damit du auch die Grundlage dafür hast." Was noch? Achja: "Die Komödiendichter sind auch nicht schlecht, falls uns langweilig werden sollte." Die waren zwar sonst bei Lehrern nicht ganz so beliebt, aber Kleochares fand sie ganz witzig, man musste ja nicht immer völlig trockenen Stoff lehren. Das gleiche galt für Martial...aber das wäre wohl zu viel des Guten und könnte ihm glatt den Ruf einbringen, seine Schüler verderben zu wollen. Obwohl das bei einem in Lucanus' Alter sicher nicht mehr möglich war...
"Und jetzt zu dir, Serenus. Was hast du bis jetzt gelernt?"
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"Hm..." Kleochares strich sich abwesend über seinen Kinnbart. "Das ist ja schön und gut, aber was hast du bei deinem Lehrer gelernt? Und was hast du bis jetzt gelesen?"
Das äh des jungen Mannes klang nicht gerade vielversprechend...war er womöglich so ein Tunichtgut, der sich um nichts scherte, den nichts interessierte? Offensichtlich hatte er sich da zwei schöne Halunken angelacht. Aber mal sehen, noch sollte er keine voreiligen Schlüsse ziehen.
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Ah, da kam doch noch einer, der auf das Bild, das er sich von seinem zukünftigen Schüler gemacht hatte, besser passte. Offensichtlich hatte er nun zwei Schüler...sollte er beide gleichzeitig unterrichten? Das würde schwierig werden, bei den unterschiedlichen Altersstufen...
Der Blick auf Serenus und das kurze Stocken verriet Kleochares, dass der Knabe wohl kein leichter Schüler werden würde. Nunja, man wuchs an seinen Aufgaben, nicht wahr?
Etwas überrumpelt sah er Gracchus nach, als dieser aus dem Raum verschwand. Sollte es das gewesen sein? Seinem Herrn schien es völlig egal zu sein, ob er ein guter Lehrer war oder nicht, beziehungsweise, über welche Kenntnisse er verfügte. Wahrscheinlich würde er es merken, wenn die Bildung der beiden nicht den gewünschten Zuwachs nahm und dann entsprechende Vorkehrungen treffen...
Auf in die Schlacht.
"Ich grüße euch beide. Am Besten ist es wohl, wenn wir gleich in medias res gehen. Um euch eine angemessene Erziehung und Bildung angedeihen zu lassen, muss ich wissen, was ihr bisher gelernt und gelesen habt. Und auch, ob ihr griechisch könnt, denn ich möchte, dass ihr sowohl mit der lateinischen als auch mit der griechischen Literatur vertraut seid. Nun, wie steht es damit?"
Er war gespannt, was die beiden antworten würden. Je nachdem, wie weit die beiden auseinander waren, konnte er sich dann erst überlegen, was sie lesen würden und ob ein gemeinsames Unterrichten überhaupt Sinn machte.
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Bei ionisch Serapnia kommt eine Erinnerung aus dem Griechischunterricht hoch...könnte es vielleicht mit dem Eta/Alpha-Unterschied zu tun haben, der im attischen und öhm, dorischen ... (?) Dialekt herrscht, siehe Athena/Athene?