Beiträge von Nuala

    Sim-Off:

    Ist nicht schlimm! ;)


    Auch Nuala war es nicht aufgefallen, dass es Germanisch war, dessen sie sich bedienten. Sie dachte sich auch nichts weiter dabei. Erst als das Mädchen aufstand und die Küche verließ, da bemerkte sie es erst. Allerdings waren jetzt nur noch Siv und sie in der Küche. Da konnten sie sich auch weiterhin in Germanisch unterhalten.
    Siv erzählte ihr einiges über das Mädchen, das den Namen Tilla trug. "Sie hat keine Zunge mehr? Wieso? Ich meine, was ist passiert?" Wenn Siv sagte, Tilla hatte keine Zunge mehr, dann bedeutete das, sie hatte einmal eine gehabt. Sie ahnte schon, etwas Schreckliches musste ihr widerfahren sein. Ob es in diesem Haus geschehen war? Es beschlich sie das Gefühl, in diesem Haus gab es noch so manche Geheimnisse, die sie im Laufe der Zeit noch entdecke´n musste. Jedes Haus hatte seine Geheimnisse. Blieb nur die Frage, wie schlimm diese Geheimnisse waren.
    Nuala nahm sich einen Holzlöffel und begann von dem Brei zu essen. Er war wirklich süß gewesen und wohlschmeckend. So gut hatte sie lange schon nicht mehr gegessen.
    Nach einer Weile und einigen Löffeln Bre mehri, begann Siv weiter zu erzählen. Sie mutmaßte, Nuala würde bei den anderen Sklavinnen schlafen. Was war mit Siv? Schlief sie nicht auch dort? "Und du? Schläfst du nicht dort?" fragte sie Siv und schaufelte dann noch einen Löffel des Breis in ihren Mund.
    Irgendwie schien sie bei der Germanin das Interesse für ihre Fähigkeiten geweckt zu haben. Hier gab es wohl nicht sehr viele, die diese Künste beherrschten. "Ich kann griechische und römische Texte. Gedichte und Lieder und solche Sachen." Das war vereinfacht ausgedrückt, so damit Siv es verstehen konnte. "Warst du schon einmal in der Bibliothek? Ich könnte dir solche Texte zeigen und wir können sie zusammen lesen. Ich meine ich könnte dir beim Lesenlernen helfen, wenn du möchtest!" Wenn sie so interessiert war, dann nahm sie vielleicht ihr Angebot an.
    Siv erzählte noch über eine andere Sklavin, die auch ein Instrument beherrschte. In den nächsten Tagen wollte sie alle Sklaven des Hauses kennen lernen. Dann hatte sie auch Gelegenheit, mit dieser Sofia zu sprechen.
    Es war wirklich gut, Siv bei sich zu haben, dachte sie. Sie konnte über jeden in diesem Haus etwas erzählen. Sie bot sich sogar an, noch mehr zu berichten. "Kannst du mir noch etwas über die Familie sagen, die hier lebt? Orestes ist doch nicht der Einzige."

    Kurz nach Nualas Eintreffen, fanden sich auch noch die anderen Teilnehmer des Ausfluges zusammen, darunter auch Tilla, die sie an ihrem ersten Tag in der Villa bereits kennengelernt hatte. Auch hatte sie herausgefunden, wie Tilla "sprach". Aus den Bewegungen und Gesten, die sie mit ihren Händen machte, konnte man vieles herauslesen. So konnte sie auch Tillas Frage verstehen. Nuala kannte keines der beiden Pferde. Sie zuckte nur mit den Schultern, lächelte etwas unbeholfen und stimmte dann auch er blonden Frau zu. "Ich weiß nicht, Tilla. Ich nehme am besten auch das Pferd, das man mir gibt."
    Sie hob ihren Blick in azurfarbenen Himmel. Kein Wölkchen war in Sichtweite. Es versprach, noch einmal ein schöner Tag zu werden, so wie es im Sommer oft der Fall gewesen war. Vielleicht würde das einer der letzten schönen Tage sein, bevor der Winter seine Vorboten ausschickte.
    Orrestes´ Stimme kündete von seinem Eintreffen im Hof. Sie wandte sich zu ihm um, beobachtete ihn, bis er schließlich kurz bei ihr stehen blieb. Nickend antwortete sie ihm. "Ja, das habe ich, dominus!" Bevor sie in den Hof hinunter gegangen war, hatte sie noch Ersatzkleidung für ihn eingepackt. Für die Verpflegung waren die Sklaven in der Küche angewiesen worden. Darum musste sie sich nicht kümmern.

    Nuala hatte den Auftrag erhalten, alles Notwendige und sich selbst für einen Ausflug vorzubereiten. Das hatte sie auch getan und erschien im Hof, wo sich bereits ein Aurelier, eine ihr unbekannte blonde Frau, und einigen Sklaven, die sich um die Pferde kümmerten, eingefunden hatten. Es war auch noch sehr früh gewesen. Die Sonne war gerade erst aufgegangen und ihre goldenen Strahlen überfluteten den Hof mit ihrem Licht. Trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit, war es ganz angenehm. Leichte Kleidung würde heute genügen. Die Zeit, in der man wieder dicke Wollkleidung tragen musste, kam noch früh genug.
    Nuala war einen Blick auf die Pferde. Sie liebte diese Tiere. In ihrer Kindheit hatte sie oft Gelegenheit gehabt, zu reiten. Allerdings war ihr das in den letzten Jahren nicht mehr möglich gewesen, weswegen sie nun etwas unsicher dreinblickte. Hoffentlich fiel sie nicht vom Pferd und brach sich etwas.
    "Guten Morgen!" grüßte sie schließlich die junge Frau. Da sie wie immer schüchtern war, hielt sie sich weiter im Hintergund undwartete auf ihren Herrn.

    Soffchen suchte und fand Nuala auch nach einiger Zeit. Sie war ganz außer sich und bedeutete ihr gestikulierend, sie müsse sofort und ohne Umschweife im Atrium erscheinen. Der dominus würde dort schon auf sie warten. Natürlich ließ sie auch nicht unerwähnt, dass er dort nicht alleine auf sie wartete. Eine Frau, eine Besucherin, mutmaßte Sofia, sei in seiner Gesellschaft. Doch sie wüsste nicht, um wen es sich handle. Vielleicht seine Zukünftige, meinte sie verheißungsvoll mit ganz verträumtem Gesichtsausdruck. Das Soffchen hätte noch stundenlang weiter schwärmen können. Nuala hatte aber keine Lust, sich länger das Geschwätz von Sofia anzuhören. Vielmehr wollte sie auf dem schnellsten Wege ins Atrium. Es musste einen Grund dafür geben, weswegen Orestes sie dort sofort haben wollte. "Ja sicher Sofia! Aber weiß du, ich muss jetzt sofort und ohne Umschweife ins Atrium!" Sofia sah ihr ganz verständnislos nach, als Nuala so schnell davon lief.
    Froh darum, dem Soffchen so schnell entwischt zu sein, eilte katzenhaft sie ins Atrium und wirklich war es so, wie Sofia gesagt hatte! Eine junge Frau, die sie noch nicht kannte, leistete ihrem Herrn Gesellschaft. Dass Nuala die Frau nicht kannte, musste nicht viel heißen, denn sie selbst war ja auch noch nicht so lange in diesem Haus.
    Die Beiden unterhielten sich angeregt und, Nuala war es fast schon peinlich, sie bei ihrem Gespräch zu unterbrechen. Sie räusperte sich leise, um auf sich aufmerksam zu machen. "Hier bin ich domunus!"

    Sivs Achselzucken trug nicht wesentlich dazu bei, dass Nuala wieder mehr an Sicherheit gewann. Doch als sie bemerkte, dass die Germanin eigentlich nur größere Schwierigkeiten mit dem Wörtern Kithara und Rezititation hatte, wirkte sie ein wenig erleichtert. "Ach ja, also die Kithara ist ein Saiteninstrument, ähnlich wie eine Lyra, ähm eine Leier, verstehst du? Und Rezititation, das bedeutet, Texte, die jemand einmal aufgeschrieben hat, mündlich zu wiederholen. Zum Beispiel Gedichte und solche Dinge." Nuala schämte sich fast ein wenig deswegen. Sie wollte nicht belehrend wirken. Mit ihren Fähigkeiten hatte sie schon manchmal den Neid ihrer Mitsklaven auf sich gezogen. Das wollte sie in ihrem neuen Heim vermeiden. Zumindest wollte sie sich nicht gleich am ersten Abend Feinde schaffen.


    Nuala beobachtete Tilla weiterhin. Sie fand das Mädchen etwas merkwürdig, denn sie sprach nicht. Stattdessen, machte sie diese sonderbaren Zeichen mit ihren Händen. Siv und die Köchin schienen sie zu verstehen, nur Nuala verstand rein gar nichts. Offenbar hatte sie Siv nach ihrem Schlafplatz gefragt. Sivs Antwort förderte wieder ihre alten Angste zu Tage.
    "Ich, ähm.. habe keine Ahnung. Er hat nichts gesagt. Ich weiß nicht!"

    Wahrscheinlich musste sich Orestes gleichermaßen erschrocken haben, wie Nuala selbst. Er wich einige Schritte zurück und begann auf sie einzureden. Sie musste vollkommen verängstigt auf ihn gewirkt haben, was sie letztlich ja auch war. In den wenigen Stunden, seitdem sie hier war, hatte sie schwerlich zu niemandem eine Art Vertrauen fassen können. Seine beruhigenden Worte jedoch, ließen sie wieder entspannen und sie sah nicht mehr ganz so, als hätte sie gerade einen Geist gesehen.
    "Oh, Entschuldigung! Es .. ich wollte nicht einschlafen. Aber der Sessel war so bequem und ich ähm … es tut mir leid!" Sie stand auf und blickte ihn immer noch mit ihren großen Augen an. Der Schreck war bereits verflogen, doch ein wenig Furcht spiegelte sich noch in ihren Augen. Aber sie hatte gehört, was er gesagt hatte. Auf keinen Fall wollte sie noch einmal unangenehm auffallen. Zu tief saßen ihre Erinnerungen an ihr früheres Leben.
    "Ja, das ist vielleicht besser!" Dabei war sie sich gar nicht so sicher, ob sie den Weg dorthin überhaupt wieder finden würde. Die Villa war so groß. Wenn schon! Sie fand schon ein Plätzchen, wo sie schlafen konnte!
    Sie näherte sich der Tür, drehte sich dann aber noch einmal fragend um. "Soll ich dich wecken,... Morgen früh, dominus?"

    "Ich soll ihn mit meinem Kitharaspiel und der Rezitation von literarischen Texten erfreuen", wiederholte sie, diesmal leicht verunsichert. "Meinst du, er wird auch noch anderes von mir verlangen?" Sorgenfalten hatten sich in Nualas Gesicht gebildet. Sie erinnerte sich nur ungern daran, was ihr letzter Herr alles von ihr verlangt hatte und wenn sie sich weigerte, so hatte dies meist schmerzhafte Folgen für sie. Sie versuchte die Erinnerungen daran zu verdrängen. Dies war ein anders Haus und ein anderer Herr. Er war doch freundlich zu ihr gewesen, als sie vor ihm gestanden hatte. Er war bestimmt nicht von dieser Sorte!


    Für Nuala war es fast zur Normalität geworden, nicht zu wissen, woher sie kam. Sie hatte immer die Familie in Mogontiacum als ihre Familie bezeichnet. Durchaus hätte sie schon gerne gewusst, wer ihre wahren Eltern waren. Manchmal jedoch, meistens wenn sie schlief, waren diese seltsamen Bilder im Kopf und manchmal kamen ihr seltsame Worte in den Sinn, mit denen sie aber überhaupt nichts anfangen konnte. Sie tat das meist als ihre eigene Spinnerei ab und dachte nicht mehr darüber nach. "Ach, ist nicht schlimm!" In Wirklichkeit war es aber das, doch das zeigte Nuala nicht.


    In der Küche angekommen, staunte sie nicht schlecht, als plötzlich ein Mädchen, nicht viel älter, als sie selbst, zum Fenster herein geklettert kam. Die Köchin drohte ihr spaßeshalber mit dem Kochlöffel deswegen und auch Siv schmuzelte. Die Germanin hatte sie Tilla genannt. Das Mädchen machte seltsame Handbewegungen. Nuala war ganz verunsichert infolgedessen. Um die Unstände zu überspielen stellte sie sich ihr vor. "Salve Tilla, ich bin Nuala", sagte sie schmunzelnd.

    Nuala war bereits in einen tiefen traumlosen Schlaf gefallen. Sie war einfach nur schrecklich müde gewesen. Der Korbsessel lud aber auch gerade dazu ein. Er war sehr bequem. Viel bequemer, als das. was sie bisher gewohnt war. Gleichmäßig ging ihr Atem. Sie hätte gewiss die ganze Nacht darin schlafen können, wäre es nach ihr gegangen.
    Es dauerte eine Zeit lang, bis Orestes´ Worte an ihr Ohr drang und sie seine sanfte Berührung an ihrer Schulter spürte.
    Doch mit einem Mal wurde ihr wieder bewusst, wo sie war und was sie war.
    Sie wachte auf und sah ihn erschrocken an. Erst konnte sie gar nichts sagen. Dann sah sie sich um. Sie war noch immer im cubiculum ihres neuen Herrn. Was hatte er gesagt? Jetzt musste sie noch entsetzter wirken. Was sollte sie dazu sagen? Etwas sagen musste sie. Erinnerungen kamen wieder in ihr hoch. Sehr unschöne Erinnerungen waren das.
    "Bitte nicht!"antwortete sie leise und eingeschüchtert. Die Angst, die sie in dieser Sekunde empfand, war unübersehbar. Sie musste sich eingestehen, dass sie es vielleicht doch nicht so gut getroffen hatte, wie sie geglaubt hatte.

    Nualas Spiel erreichte das, was es sollte. Es besänftigte den Aurelier wieder und dies half auch ihr, die Anspannung, die in ihr entstanden war, zu lösen. Sie gab sich viel Mühe, möglichst jeden Ton richtig zu treffen, was ihr leider nicht immer gelang. Aber sie hatte ihn ja vorgewarnt und ihn störte es offenbar nicht weiter, denn er sagte nichts dazu. Bald hatte sie wieder jene Leichtigkeit inne, mit der sie auch schon früher die Kithara spielte. Nuala war glücklich. Sie war zufrieden, mit dem was sie nun hatte. Wie lange hatte sie sich danach gesehnt? Hatten all die langen beschwerlichen Jahre doch einen Sinn gehabt? Nämlich den, dass sie nun hier angekommen war?
    Nach einer Weile sah sie zu der Kline hinüber, auf der es sich Orestes bequem gemacht hatte. Er war eingeschlafen. Sie dachte noch nach, was sie jetzt tun sollte. Sie kam zum Schluss, dass es doch besser wäre, noch eine Weile zu spielen. Je mehr sie spielte, desto mehr Übung bekam sie. Allerdings wurden auch ihre Augen mit der Zeit schwer und so nickte auch sie ein. Ein langer aufreibender Tag lag hinter ihr.

    Die Germanin beschwichtigte sie nochmals. Schläge musste sie hier nicht erwarten, normalerweise. Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken, was dieses normalerweise zu bedeuten hatte. Die Vergangenheit hatte sie aber gelehrt, vorsichtig zu sein und vor allem, sich nicht zu früh auf etwas zu freuen, was allerdings nicht hieß, dass sie Sivs Worten keinen Glauben schenken wollte. Ganz und gar nicht! Sie hatte gleich bemerkt, Sivs Freundlichkeit war aufrichtig und nicht gespielt.
    Langsam gingen sie weiter. Nuala musterte die Sklavin von der Seite, als sie erklärte, eine Haussklavin zu sein. Sie dachte sich nichts weiter dabei. Jeder von ihnen hatte seine Aufgabe. Das war eben so! Auch Nuala hatte bereits erfahren, was ihre Aufgabe war und sie war dankbar darum gewesen, wieder das tun zu können, was sie so liebte. So erzählte sie Siv völlig sorglos davon. "Der dominus wünscht, ich soll ihn mit meinem Kitharaspiel und der Rezitation von literarischen Texten erfreuen." Natürlich würden auch noch andere, banale Aufgaben auf sie warten. Das hatte Orestes ja bereits angedeutet.


    Wie Nuala vermutete hatte, lagen Sivs Wurzeln im freien Germanien. Eine Chattin also! Sie hatte einige Chatten kennengelernt, als sie noch in Mogontiacum lebte. Einige der Sklaven dort, waren Chatten. Es hatte aber auch Freie gegeben, die ihr Glück im Imperium suchten.
    "Nein, ich bin keine Germanin. Eigentlich weiß ich gar nicht, was ich bin. Eines Tages war ich einfach da. Als Kind, ich muss damals drei oder vier Jahre alt gewesen sein, haben mich Männer von zu Hause fortgebracht." Die spärlichen Erinnerungen, die ihr aus dieser Zeit geblieben waren, waren so verwirrend gewesen. Sie sprach nicht gerne darüber. Sie wusste nur, sie war damals sehr traurig gewesen. Ein weinendes Kind, das den Eltern entrissen wurde. Sie sah wieder auf und versuchte zu lächeln.
    Mittlerweile waren sie in der Küche angekommen. Siv war wieder ins Lateinische übergewechselt und stellte Nuala den Anwesenden vor. Mit "Salvete!" grüßte sie alle, die sich gerade in der Küche aufhielten.

    Nichts wollte diese Stille durchbrechen. Nicht das kleinste Geräusch. Es war fast schon gespenstig. Nuala wurde es bange. Sollte sie nicht zu seiner Zerstreuung hier sein? Ihm die Zeit versüßen und dafür Sorge tragen, dass von ihm die Lasten des Alltags abfielen? Dann hatte sie bereits jetzt schon versagt!
    Orestes wirkte abwesend, gefangen in seiner Welt, aus der er nicht so einfach ausbrechen konnte. Nuala begann sich Sorgen zu machen, weniger um ihn, als um ihre eigene Zukunft, die sie bereits jetzt schon wieder schwinden sah. Nach so kurzer Zeit bereits den Unmut ihres neuen Herrn erregt zu haben, war tatsächlich rekordverdächtig. Sie wartete eigentlich nur noch darauf, fortgeschickt zu werden. Vorbei der Traum! Zerplatzt wie eine Seifenblase.
    Dann durchbrach er die Stille. Spiel etwas für mich..., bitte. Sie sah überrascht auf. Sie hatte mit etwas anderem gerechnet, nicht mit der Aufforderung, zu spielen. Seine Worte klangen herrisch, doch durch das bitte am Ende wurden sie entschärft. So war es schon fast wieder eine Bitte, kein Befehl.
    Sie nickte eingeschüchtert und nahm die Kithara zur Hand. Etwas zögernd begann sie darauf eine besänftigende Melodie zu spielen. Sie hoffte, mit ihrer Auswahl seinen Geschmack getroffen zu haben. Möglicherweise konnte sie so wieder gut machen, was sie vermeintlich falsch gemacht hatte.

    Sie sah wieder auf und fand ihn in einer nachdenklichen Pose. Hatte sie das augelöst? Bisher hatte sich niemand Gedanken um ihr eigenes Schicksal gemacht. Im Gegenteil, man hatte ihr versichert, ihr würde es viel besser gehen, als den meisten anderen, die ihr Schicksal teilten. Selbst in der Färberei, war ihr damaliger Herr der Meinung, ihr ginge es viel zu gut.
    Da Nuala nicht wusste, was sie als kleines Kind verloren hatte, sehnte sie sich auch nicht danach. Es gab keinen Grund für sie, sich an ein fernes fremdes Land zu hängen und sich danach zu sehnen, so wie das andere Sklaven taten, die erst wenige Jahre zuvor zu Sklaven geworden waren. Doch hätte sie schon gerne gewusst, wer ihre Eltern waren. Dieser Wunsch würde aber sicher unerfüllt bleiben. Nuala vermied es, sich längere Zeit mit solchen Gedanken zu beschäftigen. Sie machten sie nur traurig!


    Orestes hatte sich von Nuala abgewandt, war in sich gekehrt. Er wirkte mit einem mal melancholisch. Sie konnte die Verse hören, die er vor sich her murmelte. Vielleicht hatten sie eine Bedeutung für ihn.
    Sie verstand nicht und suchte, wie gewohnt, die Schuld für diesen Stimmungswandel bei sich selbst. Was hatte sie nur wieder gesagt oder getan? Es war ausgeschlossen, sie konnte nicht nachfragen! Sie konnte sich nicht erkundigen, was ihn bewog, so zu reagieren, so gerne sie es auch getan hätte. Dafür fehlte ihr einfach der Mut. Noch vor wenigen Stunden hatte sie diesen Mann noch gar nicht gekannt und auch jetzt war ihr Wissen um ihn nur spärlich. Sie kannte nur seinen Namen und wusste, dass sich ihre Vorlieben für Literatur überschnitten. Mehr nicht!
    Nein, sie sagte nichts. Eine beklemmende Stille entstand.

    Ihr Name? Oft schon hatte sie sich gefragt, woher er denn stammte und vor allem, was er bedeutete. Ihren Namen hatte sie schon, seit sie denken konnte. Er war immer schon da gewesen. Ein Relikt aus der Zeit, als sie noch bei ihrer Familie lebte, im Irgendwo. Sie erinnerte sich noch, als man sie als kleines Mädchen nach Mogontiacum gebracht hatte. Nuala war das Einzige, was sie sagen konnte. Das Einzige, was die Fremden, die dann zu ihrer neuen Familie wurden, verstanden hatten. Sie hatten ihr dann den Namen gelassen, wahrscheinlich weil er so exotisch klang. Vielleicht hätte damals der Händler Auskunft geben können, woher Nuala eigentlich kam. Er hatte es aber nicht getan und wenn er es getan hatte, so hatte man es ihr niemals verraten. Vielleicht aus Unachtsamkeit, vielleicht aber auch, um sie vor ihrer eigenen Vergangenheit zu „schützen“, damit sie nicht mehr weiter grübeln musste. Gegrübelt hatte sie aber immer.
    "Nuala ist der Name, den mir meine Eltern gegeben haben."


    Er rezitierte den Anfang des ersten Gesanges von Homers Odyssee in griechischer Sprache und Nuala fühlte sich wieder zurückversetzt, in die Zeit, als sie diesen Text lernte und aufsagen musste.
    "Welcher so weit geirrt, nach der heiligen Troja Zerstörung,
    Vieler Menschen Städte gesehn und Sitte gelernt hat,
    Und auf dem Meere so viel unnennbare Leiden erduldet,
    Seine Seele zu retten und seiner Freunde Zurückkunft."

    Einen Moment herrschte Stille. Ja, sie hatte auch eine Irrfahrt hinter sich und war hier nun gestrandet. Doch dies war nicht ihre Heimat. Also war ihre Irrfahrt auch lange noch nicht zu Ende.
    "Ja hier bin ich nun gestrandet!" erwiderte sie nachdenklich.

    Es war nur verständlich, zu erfahren, wer Nuala war und es freute sie, dass er ihr so viel Beachtung schenkte. Orestes hatte sich wieder auf die Kline gelegt und betrachtete sie. Nuala ihrerseits, legte die Kithakra neben dem Sessel ab, damit sie die Hände frei hatte.
    "Ich bin in Germanien aufgewachsen, aber dort wurde ich nicht geboren. Woher ich genau komme, kann ich nicht sagen. Damals war ich noch zu klein. Ich erinnere mich an ein Schiff, das übers Meer fuhr und an Männer. Ich weiß aber nicht mehr, wer diese Männer waren. An meine Eltern kann ich mich auch kaum erinnern. In Mogontiacum kam ich zu einer Familie, die eine Tochter in meinem Alter hatte. Ihr Name war Flora. Das waren wohlhabende Leute, die neben ihrem Stadthaus auch eine villa rustica außerhalb der Stadt hatten. Dort waren wir immer im Sommer. Ich war die Spielkameradin der jungen domina. Wir waren Freundinnen. Es war eine schöne Zeit. Aber eines Tages geschah etwas Furchtbares. Flora und ich hatten uns unerlaubterweise zwei Pferde genommen. Wir wollten ausreiten. Dabei ist sie von Pferd gestorben und einige Tage später starb sie an ihren Verletzungen. Man gab mir die Schuld, obwohl es gar nicht meine Idee war. Der dominus hat mich dann verkauft. Damals war ich zwölf." Nuala unterbrach ihre Geschichte. Es ging ihr immer noch nah, wenn sie an Flora denken musste. Dieses Ereignis hatte einen tiefen Einschnitt für ihr Leben bedeutet. Von da an, war das schöne Leben für sie vorbei gewesen.
    "Ich kam dann zu einem alten Mann. Der war Färber und lebte in Cambodunum und hatte dort seinen Betrieb. Dort musste ich in seinem Betrieb arbeiten. Ich arbeitete in den Färberbecken, den ganzen Tag. Ich war öfters krank. Irgendwann hat er mich wieder verkauft und dann kam ich Italia und schließlich auch nach Rom. Mein letzter Herr war ein Händler, der mit Gewürzen handelte. Er hatte einige schlechte Geschäfte gemacht, bei denen er sehr viel Geld verloren hatte. Da verkaufte er mich und jetzt bin ich hier.“ Nun lächelte sie ein wenig. Um ihm ihren Lieblingsautor zu nennen, musste Nuala nicht lange nachdenken! "Am liebsten habe ich bisher die Schriften von Homer gelesen. Seine Odyssee habe ich verschlungen.“

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    So wirds wohl sein. Warte noch ein oder zwei Wochen, dann meld dich - so es nicht funktioniert - bei der Spielleitung.


    Ok, also dann bei dir? :D

    Ich habe da ein kleines Problem mit dem Privatforum. Ich würde mich dort gerne mit meinem ID Namen Nuala einloggen, allerdings wird mir jedesmal der Zugriff verweigert. Mit meiner anderen ID habe ich diese Problem nicht.
    Liegt es vielleicht daran,dass Nuala einfach noch zu frisch ist? :D

    Nualas Ankunft löste so einiges an Verwirrung bei Orestes, aber auch bei ihr aus. Sie wusste nicht, wie sie diese Äußerung aufnehmen sollte. Sie war Nuala! Das stand fest. Aber dann, als er sie zu "erkennen" schien, verstand sie. Es sollte eine Art von Kompliment sein, das er als Scherz getarnt hatte, weil sie sich nach dem Bad so verändert hatte. Sie begann, sanft zu lächeln und näherte sich dem Sessel. Dort nahm sie Platz. "Ja, das haben sie,dominus." Siv hatte sie zuerst in die Küche geführt, wo sie sich erst einmal satt essen konnte, danach zeigte sie ihr den Rest, von dem, was zumindest am Anfang wichtig war.
    Nuala sah sich um. Der Raum war sehr ansprechend eingerichtet und die Wände waren kunstvoll bemalt.
    Orestes hatte auf der Kline Platz genommen und erklärte ihr, was sie zu tun hatte. Sie hatte nicht geahnt, nur als Einschlafhilfe eingesetzt zu werden. Aber sie ließ sich nichts anmerken.
    "Ich denke nicht, dominus. Es müsste auch so gehen. Nur, ich habe schon lange nicht mehr gespielt. Mir hat jahrelang die Übung gefehlt." Sie fand, es wäre besser, ihn vorzuwarnen, damit er sich hinterher nicht beschweren musste. :D

    Bevor sie sich auf den Weg zu ihrem neuen Herrn machen konnte, fragte Nuala einen Sklaven nach einer Kithara. Nach langem Suchen fand sich doch noch ein solches Instrument. Es war etwas angestaubt, was darauf hinwies, dass es lange her sein musste, seit es das letzte Mal in Gebrauch war. Mit der flachen Hand wischte sie den Staub ab, dann ließ sie noch einmal ihre Finger über das Instrument gleiten. Wie schön und aufwändig es hergestellt war. Dann strichen ihre Finger über die Saiten. Der Klang hörte sich schrecklich an. Bevor sie darauf spielen konnte, musste sie das Instrument erst stimmen. Das tat sie dann auch.


    Das war vor einigen Stunden gewesen, nun war sie mit allem bereit, damit sie sich auf den Weg machen konnte. Den Weg zum cubiculum ihres neuen Herrn ließ Nuala sich weisen. Ihre Sandalen bewegten sich leise aber zielsicher durch den Gang. Die Kithara hielt sie in der rechten Hand. Sie war in eine einfache, aber saubere Tunika gehüllt. Ihr Haar hatte sie sich geflochten und dann hochgesteckt. Der Staub der letzten Tage war fortgewaschen. Sie fühlte sich fast, wie neugeboren. Jetzt war sie bereit für ihr neues Leben.
    Schließlich hatte Nuala ihr Ziel erreicht. Sie klopfte und trat ein.
    "Hier bin ich ,dominus! Ich habe eine Kithara mitgebracht, so wie du es wolltest."

    Siv sprach einen anderen Dialekt, den man jenseits der Grenze sprach. Nuala kannte ihn und hatte ihn gelegentlich schon vereinzelt gehört. Er war ihrem Dialekt sehr ähnlich. Daher hatte sie auch keinerlei Probleme damit, sie zu verstehen.
    "Ja, ich bin dort aufgewachsen." Wenigsten konnte sie das mit Bestimmtheit sagen, denn wo sie ursprünglich herkam, konnte sie nicht sagen. Sie war damals noch zu klein gewesen, als man sie von ihrer Heimat weg holte.
    Die Küche! Ja, das war gut. Ihr Magen knurrte schon ganz rebellisch und forderte seinen Tribut. Danach war noch genügend Zeit, um sich mit halbwegs gefülltem Magen den Rest des Hauses anzuschauen. Nuala nickte zustimmend und folgte Siv.
    Als sie der Germanin durch die Gänge folgte, begriff sie langsam, wie riesig groß diese Haus im Vergleich zu den früheren Häusern war, in denen sie gelebt du gedient hatte. Bis sie endlich wusste, wer oder was sich wo hinter welcher Tür verbarg, konnte es noch einige Zeit dauern. Aber Nuala war sich sicher, das wäre das Leichteste, was sie zu lernen hatte. Wichtig war jetzt erst einmal Klarheit darüber zu gewinnen, wo sie denn nun tatsächlich gelandet war. Darüber konnte ihr Siv Auskunft geben. Da sie beiden sich in Germanisch unterhielten, konnte sie auch ganz offen sprechen und musste nichts befürchten.
    Die Germanin blieb bei Nuala stehen und begann zu erzählen. Was sie hörte, war sehr aufschlussreich. Es stimmte also alles, was Trautwini ihr gesagt hatte. Sie hatte wirklich großes Glück gehabt! Die Götter meinten es wieder gut mit ihr. Vielleicht übertrafen dieAnnehmlichkeiten in der Villa Aurelia sogar alles, was sie in Germanien, bei "ihrer" Familie hatte. Nuala lächelte erleichtert. Die ganze Anspannung, die sie hatte, seitdem sie hier war, fiel mit einem Mal von ihr ab.
    "Das ist wirklich schön zu hören! Bei meinem letzten Herrn ging es mir nicht so gut. Er hat mich auch manchmal geschlagen, wenn er getrunken hatte und das passierte ziemlich häufig." Sie hatte allen Grund, fröhlich zu sein, auch wenn die Germanin alles andere als fröhlich wirkte. "Und du, bist du eine Haussklavin? Woher kommst du eigentlich? Du sprichst einen Dialekt, den man im freien Germanien spricht, nicht wahr?"