Beiträge von Tolimedes

    “Das is' der Neue.“ So hatte ihn Dareios den anderen beiden vorgestellt.


    “Tolimedes heißt er. Woher kommst du, Tolimedes? Aus Griechenland, nicht wahr?“


    Dareios hatte ihn angesehen. Durchaus freundlich, denn er war ein höflicher Mann und gar nicht so hochmütig, wie er hätte sein können.
    Denn Dareios war eine lebende Legende, der beste Auriga seiner Generation, besser und erfolgreicher noch als Diokles, der auch für die Blauen gefahren war, oder das furchtbare Dreigestirn der Praesina; Marsyas, Lupus und Plinius. Dareios hatte sie alle überragt, und jetzt war er sein Trainer.


    “Ja, aus Griechenland. Aus der Argolis, genauer gesagt. Die Stadt in der ich geboren wurde heißt Prosymna.“


    Er wusste, was man zuhause über ihn sagte. Das er verstockt wäre, dass er schweigsam sei und den Mund nicht auf bekam, anders sei und nur Pferde und Wagenrennen im Kopf hätte. Er wollte es besser machen und so rang er sich immerhin diese drei kurzen Sätze ab und dazu noch ein scheues Lächeln. Aber dann verfiel er doch wieder in Schweigen.


    “Prosymna? Kenne ich nicht.“, hatte Dareios daraufhin gesagt und ihm die anderen beiden vorgestellt, die ihn mit einer Mischung aus Neugierde und Ablehnung ansahen.
    “Das ist Mehaf, aus Alexandria. Aegypter.“
    Er zeigte auf den Ägypter, der wohl einige Jahre älter war und so aussah, als hätte er schon viel gesehen. Die Art, wie er ihm zunickte, wirkte wie eine Herausforderung.


    “Und das is' Casetorix, aus Gallia. Seine ganze Familie fährt Wagenrennen.“


    “Meine Mutter nicht.“, gab der Gallier zurück, biss sich aber sogleich auf die Zunge, weil er wohl großen Respekt vor dem großen Dareios hatte.


    “Ich freue mich euch kennen zu lernen.“, sagte Tolimedes brav.


    “Wir sehen werden was du kannst.“, war Mehafs schroffe Antwort in schlechtem Latein und in der kehligen Aussprache seiner Heimat.

    Tolimedes war kein Römer, er war neu in der Stadt und erst vor wenigen Tagen hier angekommen. Hätte ihm einer der Stallburschen aus dem Stabulum der Veneta nicht gut zugeredet, dann hätte er an diesem Tag kaum den Umweg über das Forum genommen. Aber heute gäbe es hier etwas zu sehen, hatte der Bursche gemeint, auch wenn Tolimedes nicht so ganz verstanden hatte, worum es eigentlich ging. Da gab es wohl einen General, der war in Gefangenschaft geraten und jetzt wieder frei und nach Rom zurück gekommen. Das war alles, was er verstanden hatte.


    Tatsächlich waren auf dem Forum Romanum jede Menge Menschen und Tolimedes sah, wie von mehreren Wagen aus Brot verteilt wurde. Vor einem nicht besonders auffälligen und auch gar nicht so großen Gebäude standen Männer mit breiten Purpurstreifen auf ihren Gewändern. Das waren die Senatoren, soviel wusste Tolimedes dann doch.


    Die Menschenmenge stieß ihn ab. Aber er sagte sich, dass er das Gedränge und den Geruch der Masse, ihre Geräusche und ihre physische Präsenz aushalten musste, dass er sie sogar trotz allen Widerwillens suchen sollte. Im Circus Maximus würden es noch viel mehr sein und dann, auf der Rennbahn, blieb ihm keine Zeit, sich daran zu gewöhnen.
    Also schob er sich weiter durch die Reihen der Neugierigen und Derjenigen, die versuchten, ein Brot zu ergattern.

    Das ist das domicilium, die Wohnung, des Tolimedes. Sie befindet sich im ersten Stock einer 6-stöckigen Insula, direkt über einer Garküche, die für ihre deftigen Zwiebelgerichte bekannt ist. Von daher rührt der durchdringende Zwiebelgeruch im ganzen Haus. Es steht an der Kreuzung zweier schmaler Gassen am Nordhang des Mons Aventinus.
    Tolimedes' Unterkunft ist wahrlich kein Palast, aber innerhalb des Mietshauses eine der besseren und er wohnt mietfrei hier! Denn er ist ein 'Venetusi', ein Auriga der Blauen, und der Hauseigentümer ein Anhänger und Gönner dieses Rennstalls. Die Factio sorgt für ihre Leute, zumindest so lange sie das versprechen, was sie verlangt: Erfolge auf der Rennbahn.
    Deshalb ist Tolimedes fast nur zum Schlafen hier, und sonst im Circus Maximus oder dem Stabulum der Veneta zu finden.